jetzt ist es schon nach 12, aber ich war mal weg. Kann mich dem Peter eigentlich nur anschliessen (bis auf den letzten Satz). ich sehe bei mir folgende Eigenschaften: 1) habe keine "Elefantenhaut" 2) habe zuwenig Selbstwertgefuehl (zumindest im Vergleich zu den meisten meiner Mitmenschen) 3) war (speziell in meiner Jugend) mit meinem Leben und mit mir selbst unzufrieden
und das sind sicher einige Eigenschaften, die speziell damals bei mir zu vermehrtem Trinken gefuehrt haben.
Ob man das jetzt "labil" nennt, ist vielleicht eine sprachliche Definition, aber dann sind nur diejenigen nicht labil, die mit einem sogenannten "gesunden Ego" ausgestattet sind. Und das sind haeufig auch jene (unangenehmen) Zeitgenossen, die sich einen Dreck drum scheren, was ihre Umwelt von Ihnen denkt.
P.S. zu den 3 Punkten oben: seit ich Gruppe gehe, arbeite ich daran - aber es ist halt ein langsamer und muehevoller Weg...
Ich sehe den Begriff Labile von Berufswegen eher aus Techniker sicht. Ich habe Maschinenbau gelernt und als Einrichter gearbeitet. Ein LKW-Fahrer der seinen Wagen beladen muss hat dann eher die gleiche sichtweiße wie ich.
Dein obiger Link ist sehr interessant. Ich denke auch, dass die gesamte Erforschung der menschlichen Psyche, insbesondere die Forschung in der Neurologie erst am Anfang steht, was die Ursachenforschung: Sucht, Depression usw. betrifft. Wenn ich Biochemie nicht so furchtbar finden würde, hätte ich schon längst mal mich näher mit diesen Dingen beschäftigt. Mich interessieren vor allem Zusammenhänge Depression - Sucht. eine erbliche Häufung bei Depressionen ist bereits nachgewiesen. So ganz ohne praktischen Wert ist die Sache ja nicht:
1. in der Familie meines Mannes - und vor allem auch bei ihm selber sind Depressionen - schwere - aufgetreten. Ähnliche Gehirnstoffwechselprozesse laufen auch bei Süchten "fehlerhaft" ab. 2. Wir haben große Kinder. Ich jedenfalls denke sie gehen vorsichtiger mit Alkohol um, wenn sie wissen, dass sie vielleicht leichter süchtig werden können als andere.
Was "Suchtpersönlichkeit" angeht, ja auch da wird es eine gewisse Disposition geben. Fällt mir schwer da direkt Gefahren auszumachen, denn oft sind ja gerade diese Charaktereigenschaften, wenn sie nüchtern auftreten so liebenswert. Da stecke ich auch noch viel zu sehr in meiner wirren Co-Rolle drin, um mit Abstand draufzuschauen.
danke, Schneeflocke, ich hab schon geglaubt, ich steh mit meiner Meinung komplett alleine da. Immer wenn man sowas von sich gibt, wird einem sofort unterstellt, man suche eine Ausrede... Aber ich mache mir z.B. auch Gedanken, wieso meine Tochter (derzeit 8 Jahre) manchmal "freiwillig" homöopathische Medizin zu sich nimmt...
ZitatGepostet von Schneeflocke Fällt mir schwer da direkt Gefahren auszumachen, denn oft sind ja gerade diese Charaktereigenschaften, wenn sie nüchtern auftreten so liebenswert.
Stimmt, die sensibelsten Leute hab ich in der SHG kennengelernt. (Das sagt auch meine Frau als "Aussenstehende", die mittlerweile auch einige von privaten Treffen her kennt.)
Ich halte mich auch nicht für Labil, aber für Sensibel. Seid meiner trockenheit eigendlich umsomehr.Ich denke das wir Alkis (trocken natürlich) einen Hang dazu haben.Wir gehen ja auch sensibel mit den Problemen um. Wir denken mehr darüber nach was richtig oder falsch ist. es grüßt Gitti
da hast Du wohl mal wieder recht. Vielleicht haben wir deshalb überhaupt erst getrunken, weil wir sehr sensible Menschen sind. Weil wir meinten, uns selbst und unsere Gefühlsflut anders nicht aushalten zu können. Meine Sensibilität ist bis heute geblieben, aber ich weiß sie nun für mich und andere zu nutzen. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt verständlich beschrieben habe.
@ Richie, so habe ich Deinen Beitrag eigentlich auch verstanden. Was Du geschrieben hast, kommt mir sehr bekannt vor. Ich denke auch, eine gewisse Charakterveranlagung bekommt man mit auf den Weg - wenn dann noch bestimmte äußere Faktoren dazukommen, kann es schon sein, daß man eher gefährdet ist, suchtmittelabhängig zu werden. Aber ich denke auch, da kann einen dann niemand vor schützen, diesen Weg zu gehen.
Wenn Du die drei Punkte meinst mit "Suchtpersönlichkeit" kann ich Dir natürlich zustimmen. Aber gegen alles das kann man ja was tun. Zumindest wurde mir in der LZT Gelegenheit gegeben daran zu arbeiten. Natürlich hört die Arbeit daran nie auf, aber wenn man das Problem erkannt hat bestimmte es nichtmehr das Leben oder?
Will damit sagen dass dies jedenfalls für mich keine Grund, bzw. Anlaß ist zu Alkohol zu trinken.
Und auch wenn es jetzt komisch klingt, mit denen mit "dicker Haut" möchte ich garnicht tauschen. Und deren angebliches Selbstbewustsein ist oft nur Mangel an Einfühlungsvermögen und Sensiblilität.
ZitatUnd auch wenn es jetzt komisch klingt, mit denen mit "dicker Haut" möchte ich garnicht tauschen. Und deren angebliches Selbstbewustsein ist oft nur Mangel an Einfühlungsvermögen und Sensiblilität.
Das klingt überhaupt nicht komisch. Ich kann das nur doppelt und dreifach unterstreichen!
Ich bin meiner Sucht heute sogar dankbar, denn ohne sie hätte ich wohl nie an meinen Problemen gearbeitet und mein Leben verändert. Die LZT war die wichtigste Erfahrung meines Lebens und ich möchte weder sie noch die vorangegangene Alkoholkarriere missen.
Klingt unverständlich, oder?
Nein, ich möchte nicht so dickfellig sein wie diejenigen die alles so mit links wegstecken. Eine "dünne" Haut ist eigentlich ein Geschenk das einem manches empfinden läßt was Andere nichtmal bemerken.
Ich glaube es ist schon was dran an der Aussage daß Unsensible nicht süchtig werden können.
Aber ich glaube auch daß oft Unsensibilität mit Charakterstärke und Suchtimunität gleichgesetzt wird.
Kling jetzt schon wieder irgentwie blöd, aber Phantasielose oder Unsensible habe ich noch nie unter Süchtigen gefunden.
Aber mir ist es wichtig phantasievoll und sensibel zu bleiben. In der LZT habe ich gelernt wie das geht und dafür bin ich unendlich dankbar. Noch ein Lernziel war nicht immer "Everbodys Darling" sein zu wollen und seine Bedürfnisse auch durchsetzen zu können.
Dankbar für die Sucht und die heutige Trockenheit, kannst Du das verstehen.
Nichtalkoholiker verstehen das immer nicht wenn ich sowas sage.
ich meine, hier selbst mal geschrieben zu haben, daß ich froh bin, getrunken zu haben - um letztendlich da hinzukommen, wo ich jetzt bin. Ohne diese Phase in meinem Leben würde ich wohl immer noch auf der Stelle treten. Wer dieses "Vorher-Nachher" nicht mitgemacht hat - der kann das wohl nur sehr schwer verstehen. Ich bin gerade dabei, mich von einer Freundin abzunabeln, weil durch meine neuen Denkweisen die Wellenlänge einfach nicht mehr stimmt. Sie versteht mich nicht - ich verstehe sie nicht. Das war vorher wahrscheinlich nicht anders, aber da ich dieses ungute Gefühl des "Nichtstimmens" immer zugedeckelt habe (danke Bea für dieses schöne Wort ), war mir das irgendwie egal. Jetzt, wo ich wirklich etwas zu sagen habe, merke ich, daß meine Botschaft einfach nicht ankommt - nicht verstanden wird. Umgekehrt genauso - ich verstehe sie einfach nicht mehr. Kleinkarierter Dortklatsch - er interessiert mich nicht mehr. Ich habe irgendetwas hinter mir gelassen in den letzten Monaten - ich weiß nicht, was es ist, aber es fehlt mir auch nicht. Trotzdem ist es teilweise sehr einsam da wo ich jetzt bin - ich möchte einfach aus mir selbst heraus ICH sein und nicht durch andere etwas darstellen. Ich weiß nicht, ob ich das verständlich ausgedrückt habe. "Leben und leben lassen" ist etwas, daß ich früher schon oft gehört habe, nun aber endlich begriffen habe.
Wenn ich dann hier im board vertraute Gedanken lesen kann, dann fühle ich mich nicht mehr ganz so einsam.
Es gibt sicher auch viele Menschen, die durch besiegtem Krebs oder einer Erfahrung mit Todesnähe ähnlich einsam dastehen. Auch sie haben eine Grenze überschritten, die für "normale" Menschen niemals sichtbar sein wird.
Die anderen wollen kein Abweichen vom normalen Leben - sie sind froh, wenn es wie gewohnt weiter geht. Sie wollen nicht mit anderen Ansichten belästigt werden - ich verstehe das auch, ich war ja mal genauso.
"Leben und leben lassen" - ich denke, damit fährt man sehr gut. Und das lasse ich auch diejenigen spüren, die meinen, über jeden etwas zu wissen und das auch sagen zu müssen. Die sollen alle vor ihrer eigenen Tür kehren.
ja ich kenne das Gefühl! Als ich am 2.1.1991 aus der Therapie in meine Heimatstadt zurückgekehr bin war mir alles so merkwürdig fremd.
Natürlich war das auch der "Käseglockenefekt" der Klinik, aber auch sonst betrachtete ich alles als würde ich es zum erstenmal sehen und fühlen.
Mit als Erstes stellte ich fest daß ich zu vielen meiner früheren Freunde einfach nichtmehr paßte. Wobei sich da manche "Freundschaften" von selbst erledigten, denn diejenigen die mal so "auf ein Glas" vorbeigekommen waren bleiben von selbst weg.
Ein paar alte, eben wahre Freunde sind mir gebleiben, dazu habe ich ja in der Therapie neue Freunde gewonnen. Meine Mitbewohnerin in der Klinik z.B. Wenn man 6 Monate in einem Zimmer verbringt das hält zusammen. Auchmit andere Mitpatienten/innen habe ich immer noch Kontakt auch wenn uns viele Km trennen.
Es ist also ganz normal eine andere Sichtweise zu haben nach der Therapie. Viele können damit allerdings nichts anfangen. Erfahrungen diesbezüglich kann man "normalen" Menschen meist nicht vermitteln.
Womit meine Umgebung auch zu kämpfen hatte nach der LZT war daß ich nichtmehr so "pflegeleicht" war wie vorher.
Und ich stimme Dir zu, ich nehme andere menschen heute einfach wie sie sind. In der LZT gelernt: Andere kann man nie ändern, nur sich selbst und die die eigene Einstellung zu den Menschen. Ich finde damit lebt es sich ganz prima.
Allerdings fordere ich auch ein daß man mich so nimmt wie ich bin, ich lasse mich nichtmehr verbiegen. Ich brauche heute eben keinen Cognac mehr um meinen Frust runterzuspülen weil ich unfähig bin mich zu wehren, das ist vorbei. Und ich weiß daß es an mir ist dafür zu sorgen daß es auch so bleibt.....
Ich bin sehr froh daß es mir durch die Therapie möglich gemacht wurde mein Leben nochmals neu zu beginnen und das Leben wieder zu spüren.
Du bist auf dem richtigen Weg so wie Du hier schreibst.
Natürlich wird es immer wieder Höhen und Tiefen geben, aber auch Krisen gehen vorbei und machen Dich stärker. Schlägt eine Türe zu, öffnet sich eine Andere.
Danke für Dein liebes Posting. So ein Gedankenaustausch ist für mich sehr schön.