habe soeben mit Interesse die Posts gelesen, ich glaube Du wirst Deinen eigenen Weg finden müßen ...
Ich finde es schade dass Gruppen von jemandem verteufelt werden der vermutlich nivht mal ein Meeting besucht hat. Oder -wenn doch - vielleicht einfach die falsche Gruppe erwischt hat; vielleicht auch einfach nicht zuhört ... ???
Wenn's um's trocken werden geht kann ich nur aus meiner Erfahrung berichten - Informationen aus 4. oder sogar 5. Hand helfen mir da nicht viel weiter.
Was mir an Deinem Posting aufgafallen ist : ...Der Anstoß ging von meiner Lebensgefährtin aus ...."
Ich weiss dass Du darauf bereits geantwortet hast, aber ich möchte meine Gedanken noch los werden.
In meiner "Nassen Zeit" hat meine Frau (ich bin - immer noch - verheiratet und wir haben 3 Kinder) mir des öfteren gedroht mich zu verlassen - ich war mir sicher dass sie es nicht tun würde und habe munter weiter gesoffen.
Irgendwann wurde mir alles zu eng und ich habe meinen Job geschmissen und meine Familie verlassen. Das ist jetzt die stark verkürtze Form - nur ein kurzer Einblick.
Nachdem ich mich soweit 'runter gesoffen hatte dass ich die Notbremse zog und mich ins Krankenhaus einweisen lies wollte ich für meine Familie trocken werden.
Das Ergebnis waren 2 heftige Rückfälle - ich hatte es bei beiden innerhalb einiger Wochen wieder ins Krankenhaus geschafft - und mein erster Kontakt zu den AA's.
So, und weil ich bei den AA's gelandet bin kann ich auch nur über sie berichten (schönen Gruß an Biene).
Bei uns im Ort gibt es zwei Gruppen die ich beide Wöchentlich besucht habe, seit ca. 2 Jahren habe mich für eine "Stammgruppe" entschieden.
Die zweite Gruppe besuche ich immer noch wenn es mir nicht gut geht oder ich irgendetwas loswerden möchte - denn Du wirst feststellen dass längst nicht jeder die Probleme versteht die das Trocken werden mit sich bringt.
In "meiner" Gruppe habe ich gelernt dass mein größter Feind auf dem Weg in die Trockenheit das Selbstmitlied ist - als nix mit armen Würstchen die nicht mehr trinken dürfen ...
Und mit dem Christentum habe ich persönlich überhaupt nichts am Hut - aber viele finden im Laufe Ihrer Trockenheit zu einem neien Glauben - ist das verkehrt ???
Bei uns heisst es : "... eine Höhere Macht ..."; oder "... Gott wie ich Ihn verstehe ... "
Im Laufe der Zeit habe ich einige richtige Freunde in den verschiedenen Gruppen gefunden - und einige davon kann ich auch rund um die Uhr anrufen wenn's mir mal nicht so gut geht...
Und das macht eine Gruppe für mich aus : Vertrauen, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und eine Hand die einem "Neuen" gereicht wird ...
Ich bin immer noch felsenfest davon überzeugt dass ICH ohne die Gruppe niemals trocken wäre.
Ich wünsche Dir gute 24 Stunden
Frank
.... Nachtrag: wenn ich meine mit den Meetings nicht auszukommen besuche ich heute einfach die Gruppen in der Umgebung ...
Du scheinst mir ein "konkreter" Mensch zu sein, vom (Über)-Intellektualisieren hältst Du nicht viel.
Möchte nur eines sagen: wenn ich zurückblicke auf mich, es ist schon richtig, dass das Resultat wichtig ist. Glaube aber nicht, dass das alleine ausreicht, um das Resultat aufrecht zu erhalten. Aber ich wünsche Dir, dass es gut geht.
Auch wenn "konkretes", zeig und fassbares einige Vorteile im Leben hat, NICHT IMMER STIMMT ES, DASS zwei mal zwei vier ergibt.
So, nachdem ich meinen Dampf jetzt im anderen Thread abgelassen habe, kommt jetzt noch was zum eigentlichen Thema.
Zuerst mal zu mir. Ich hab sehr lange Alkoholmißbrauch getrieben und bis Anfang der 90ger Jahre jeden Tag getrunken. Ich war auch so ein Spezialist, der nach der ersten Flasche Whisky zu Hause noch leicht in die Kneipe zum Biertrinken gehen konnte. Ohne aufzufallen, wohlgemerkt.
Irgendwann ist es meiner Lebensgefährtin seltsam geworden, daß sie überhaupt nicht wußte, was ich nüchtern für ein Mensch bin. Wenn ich mich recht erinnere, hatte sich eine frühere Freundin da auch schon mal drüber beklagt, damals waren auch noch ein paar andere Drogen im Spiel.
Trotzdem war das alles nur Mißbrauch, ich war sicherlich nicht körperlich abhängig, und ich hatte auch nie das Gefühl, daß ich den Alkohol wirklich brauche.
Ich hab dann auf Druck meiner Lebensgefährtin - bei uns sinds übrigends auch grad 15 Jahre, und wir sind auch nicht verheiratet...und wir hatten schon mal zusammen eine Firma... - angefangen, das Trinken einzuschränken. 3 nüchterne Tage in der Woche, und an den anderen auch nicht immer sturzbetrunken. Ist auch ziemlich lange gut gegangen. Allerdings hab ich im Laufe der Jahre doch immer mehr die Kontrolle verloren, und die Abstürze sind immer mehr geworden. Es war halt tatsächlich so, wie Du es oft lesen kannst, nach den ersten ein zwei Bier gabs kein Halten mehr. An den nüchternen Tagen wars logischerweise kein Problem. Nebenbei war ich immer so ein Typ, der Beschleuniger dazu gebraucht hat - Flachmänner halt, und auch andere Drogen. Später hab ich teilweise ganz aufs Bier verzichtet und nur noch Schnaps getrunken.
Jedenfalls bin ich Anfang 2000 schon mal ziemlich umgekippt, also so weit daß mir meine Gefährtin abermals das Messer auf die Brust gesetzt hat. Ich bin zwar ziemlich eigensinnig und hab da erst mal nicht mitgespielt. Aber mir war trotzdem aufgefallen, daß ich das Trnken immer weniger im Griff hab...und diese Kontrolle wollte ich wieder. Dann hab ichs eine Zeitlang probiert, nur noch einmal im Monat zu trinken. Auch das ging 8 Monate lang gut.
Nur kam dann halt mal eine größere beruflich Streßstrecke - ich bin in der IT-Branche - und da ist mir die Trinkerei dann so aus dem Ruder gelaufen, daß mir klar wurde, daß ich am Wendepunkt stehe. Meine wöchentlichen Trockenphasen konnte ich fast nicht mehr einhalten, und ich bin auch öfter nur noch bewußtlos ins Bett gefallen. Entweder ganz oder gar nicht. Ich hab mich dann auch für gar nicht entschieden.
Soweit zu der Karriere, nun zur Trockenheit. Ich hab mir den Ruck gegeben eine meiner Trinkpausen ausgedehnt und bin in die Suchtberatung gegangen.
Die Einzelgespräche mit der Suchtberaterin haben mich am weitesten gebracht. Ich war auch in einer Motivationsgruppe..zugegeben, mit den anderen "Kollegen" konnte ich nicht allzuviel anfangen. Ich war auch sehr zielorientiert - ich wollte da durch und nicht allzulange rummachen. Die Kandidaten, die da wegen Führerschen oder so hinmußten und rumgejammert haben, daß sie das eigentlich gar nicht nötig hätten, die fand ich eigentlich nur nervig - und ich fand daß sie mir meine Zeit stehlen.
Nach 3 Monaten Besuchen bei der Psychosozialen war ich auch 3 Monate trocken. Nebenbei lief zwar ein Antrag auf Langzeittherapie, aber ich habs dann vorgezogen zu arbeiten und mich auf eigene Faust trockenzuhalten. Ich bin auch nicht in eine Gruppe gegangen.
Denn damals - und heute wieder - hab ich das Gefühl, daß ich mit Gruppe nicht allzuviel weiter komme.
Trotzdem - ich war dann halt mal wieder beruflich im Streß, und da hatte ich Angst vor einem Rückfall. Als ich noch naß war, hatte ich schon mal in einem Forum Fragen gestellt, und als ich dann eben den Streß hatte, hab ich wieder damit angefangen - vor etwa 2 Jahren. War nicht hier. Jedenfalls war da auch die einhellige Meinung, ohne Gruppe geht es nicht. Ich wollte kein Risiko eingehen und habs ausprobiert - in 2 Gruppen. Bei der ersten wars gleich klar, da waren über 30 Leute, da hat jeder einmal seinen Spruch aufgesagt dann war der Abend rum.
Muß sagen, daß ich ziemlich auf dem Land wohne, die Gruppen sind hier nicht so dicht gesät. Guttempler hab ich noch nicht ausprobiert, die ersten waren Kreuzbund, die zweiten hatten sich als freie Gruppe vom Kreuzbund getrennt.In der zweiten Gruppe wars mir gleich komisch - fast nur Rentner oder Frührentner, ich bin mir mit meiner Streßproblem ziemlich seltsam vorgekommen. Jedenfalls wollten sie auch gleich Telefonnummer und Adresse, und bitte anrufen falls ich mal nicht kommen kann, weil sie sich sonst Sorgen machen. Ich hab dann schon auch mal gesagt daß das nicht das meine ist und daß ich es so handhaben werde, entweder ich bin halt da oder ich bin nicht da - binden tu ich mich nicht, bin ich auch heute nicht bereit dazu. Seh ich gar nicht ein.
Es wäre aber halt schon ein ziemlicher Aufwand gewesen, eine andere Gruppe zu suchen, also hab ichs halt auch eine Weile beibehalten. Ich wollt ja auch nicht vor der ersten Schwierigkeit davonlaufen, und es wäre ja auch möglich gewesen, daß der Fehler halt bei mir liegt. Mit der Zeit ist aber immer deutlicher geworden, daß die Gegensätze einfach nicht zu überbrücken waren...ich bin mir da immer stärker umklammert vorgekommen.
Was ich schwierig fand, waren so Sachen:
ich hab das Rauchen aufgehört - und mußte mir anhören, daß das für trockene Alkis viel zu gefährlich sei. Sei demütig und froh daß Du trocken bist, aber geh bloß nicht so schwierige Sachen an.. Ich hatte einen tollen Job in Aussicht - und mußte mir anhören, daß ich mich da bloß nicht drauf verlassen soll.. Ich geh gern bergsteigen und treib gerne Sport...mein gleichaltrigen, Frührentner, hatten sich durch den Alkohol so geschädigt, daß sie da hätten gar nicht dran denken können.
Da war ich mit meinen Freuden und Sorgen auf mich allein gestellt...und dazu wollt ich mit die Kommentare dann doch nicht anhören.
Jedenfalls, dieses ganze angstgeprägte Dasein, daß alles nur noch durch den Alkoholikerfilter betrachtet wird. Klar bin ich Alkoholiker - aber in allererster Linie bin ich ja doch ein ganz normaler Mensch, mit Spaß und auch Sorgen die sogenannte Gesunde eben auch haben. Und ich hab einfach keine Lust, mein Leben unter Übervorsicht zu begraben. Da könnt ich mit gleich den Schreiner bestellen.
Gut, vielleicht ist das auch arrogant, für mich war das trotz allem nicht die endgültige Katastrophe, nach der kein lustiges Leben mehr möglich sein soll. Ich bin mir unter den Schwerbehinderten einfach fehl am Platz vorgekommen.
Momentan bin ich wieder soweit - muß nicht auf ewig so bleiben - daß ich zwar Austausch haben will. Aber auf Gruppe hab ich immer noch überhaupt keine Lust. Mir reichts, zu lesen und ab und zu zu schreiben. Ich denk, ich werd schon merken wenn das mal nicht mehr reicht.
Da bin ich einfach Minimalist. Was ich da nicht an Zeit und Energie reinstecke, das bleibt mir für andere Dinge ... die ich wirklich nicht missen will.
Fazit: ich glaub, daß jeder seinen eigenen Weg finden kann. Grad Dir, der Du unter Druck aufgehört hast, will ich sagen: was die Umwelt denkt oder glaubt oder behauptet, muß für einen selbst nicht das richtige sein. Die Umwelt verfolgt ihre eigene Ziele, und jeder Mensch hat seine eigenen Ansichten, das müssen nicht die deinigen sein. Das gilt für jeden - aber auch wirklich jeden - Menschen, dem du begegnest. Du kannst dir immer nur das rausnehmen, was Du brauchen kannst...und das kann außer Dir wirklich niemand entscheiden. Und genau das rauszufinden, was Dir wirklich guttut, das ist die eigentliche Schwierigkeit. Die Nüchternheit ist ja nur eine Grundvorraussetzung, um das überhaupt erkennen zu können.
Gruppendynamik kann übrigends auch sehr gefährlich sein. Grad wenn du vielleicht dazu neigst, viel auf andere zu hören oder es gewöhnt bist, auf andere einzugehen, was bei Deinem Beruf ja der Fall sein könnte.
Die Mehrheit hat nicht immer recht. Auch in manchen Selbsthilfegruppen tappen viele irgendeiner Führungsgestalt einfach hinterher, und mit einer fremden Meinung kommt da kein einzelner gegen an. Gruppen neigen dazu, sich einem gewissen Niveau anzunähern..manche von unten, manche von oben.. Das mußt du halt wirklich abwägen.
Frag Dich doch mal selbst: bist Du glücklich? Das wäre vielleicht der passende Maßstab..
der minitiger [f1][ Editiert am: 06-09-2003 22:51 ][/f]
ich habe die beiden Dich betreffenden Threads sehr genau gelesen. Mir ist aufgefallen, dass Du angeblich keinen Grund hattest, zu trinken. Mmmhhh - ganz ehrlich: Das glaube ich Dir nicht! Alkohol wird wegen seiner Wirkung getrunken und bei Deiner täglichen Menge müsste man Otto Normalverbraucher bei einmaligem Genuss auf die Intensivstation einweisen. Also hast Du garantiert mit dem Alkohol irgendetwas bewirken wollen. Nur was? Depression? Ängste? Selbstwertgefühl?
Kannst Du Dir vorstellen, dass Dir die Flasche egal ist? Alk bedeutet immer Selbstschädigung!
Unter Druck heißt für mich: Die Gedanken kreiseln um den Alkohol, man überlegt, ich Alkoholiker? Nein irgendwann kann ich wieder mit Alkohol umgehen. Meistens hört man auf zu trinken um den Partner/in zu beruhigen, und nach einer gewissen Zeit steht man wieder dort wo man aufgehört hat. Mit dem Unterschied man hat alles verloren. Stelle Dich mal vor den Spiegel und sage: Ich bin Alkoholiker! Glaubst Du, Du kannst es vor Dir selber zugeben? sich selber belügen, das habe ich viele Jahre gemacht. Frage doch nach wie vielen das passiert ist. Aber trockener Alkoholiker heißt, ein Leben ohne Alk. Ist das für Dich vorstellbar?
Stell Dir die Frage vielleicht auch mal anders herum, sinn: Ist es für Dich vorstellbar, wieder zu trinken?
Wenn ich mir diese Frage stelle, zwinge ich mich dazu, zurückzusehen - zurück in mein Säufer-Elend. Und dann kann ich mir nur mit einem ganz klaren "Nein - ich will das nie mehr und ich kann es mir auch nicht vorstellen, es wieder zu tun!" anworten. Meistens ist nach dieser Frage die Frage nach dem "lebenslang nichts mehr trinken" nur noch eine einfache Konsequenz.
Gott sei Dank brauche ich nicht mehr trinken - das meinte ich im übrigen in meinem letzten Beitrag mit "Groschen fallen".
Mir persönlich reicht es nicht, nur einfach nicht zu trinken. Ich bin mit meiner Erkenntnis so weit, daß ich es genieße, nichts mehr zu trinken müssen. Für mich hat das Leben wieder eine Bedeutung, ich selbst habe endlich eine Bedeutung. Weil ich für mich selbst etwas geändert habe - und für keinen anderen.
So bin ich auch nie jemanden etwas schuldig - ich habe meine innere Freiheit erlangt - und da bin ich stolz drauf.
Übrigens, was machst Du denn, wenn Deine Freundin sagt: "Och - von mir aus kannst Du jetzt wieder trinken!" ? Tust Du das dann auch?
Was ist, wenn sie Dich trotzdem verläßt? Wenn Du trotzdem den Job verlierst? Trockensein ist keine Garantie dafür, daß immer alles so weiterläuft, wie Du es Dir im Moment damit erkauft hast.
Warum solltest Du auch dann noch trocken bleiben? Wenn Du Dir diese Frage dann noch beantworten kannst, dann sollte es mich ja freuen.
Sorry - klingt provozierend, aber denk mal drüber nach!
Trotz meiner grundsätzlichen Meinung finde ich es aber prima, daß Du schon vier Monate nichts mehr trinkst.
glückwunsch,wenn es bei Dir so unkompliziert geklappt hat mit den AAs. Bei uns im Ort gibt es auch viele AA-Gruppen. Ich hatte nur das Vergnügen Eine kennenzulernen.Stimmt. Aber bei mir in der Reha ist es seid einigen Monaten immer das gleiche Problem: Die Leute haben Ihren Zyklus durchlaufen und sind dann im Vorfeld schon auf der Suche nach einer SHG.Und auch diese "Gleichgesinnten" beklagen sich mit dieser Mentalität nicht klarzukommen. Einem Mitglied der Reha wurde sogar nahegelegt,er solle doch erst wiederkommen,wenn er direkt aus der Gosse käme,vorher wäre einem Alki sowieso nicht zu helfen. Naja,vielleicht ist diese Einstellung auch nur regional bedingt und liegt an der ostwestfälischen Luft.Keine Ahnung.