Was hat Dir dann letztendlich eigentlich rausgeholfen? Der letzmögliche Abstig in Form der Obdachlosigkeit?
@ felidaela:
Du schreibst: "Sie machte stationäre Entzüge, nahm irgendwelche Pillen.... Nichts hat gehofen" Hat sie es dann erst kapiert, als Ihr (Dein Vater, Deine Schwestern und Du) weg wart? Habt Ihr dann den Kontakt zu ihr total abgebrochen, und sie hat sich irgendwann wieder gemeldet? oder wie lief das ab?
@ Softeis
"Ein Penner wird man nicht wenn mans nicht will." Du hast recht... Vielleicht hab ich Angst davor, daß mein Bruder einer werden will....
@ Ganznette
Tja, genauso ist es bei meinem Bruder auch. Auch Quartalssäufer. Ich habe auch Angst, daß er irgendwann im Suff oder beim Entzug mal draufgeht. Manchmal denke ich, er legt es drauf an.
geht es Euch denn ganz wirklich um den Bruder oder vielleicht darum, als was ihr selbst in dieser Situation dasteht? Die edlen Ritter, die sich immer wieder bemühen und aufopfern - und der böse Bube, der immer wieder Mist baut. Vielleicht säuft er ja auch weiter, weil er dieses ständig gute Gutgemeinte nicht ertragen kann. Ich, der böse Bube und da - mein so guter aufopferungsvoller Bruder. Ihr solltet ihm zutrauen, eine eigene Persönlichkeit zu sein, statt ihn zu behandeln, als wäre er drei Jahre alt. Sich mal einfach umgekehrt vorstellen, wie es wäre, wenn ständig immer jemand da wäre, der einem die Konsequenzen des eigenen Handelns abnimmt.
Entschuldigung, daß das so krass rüberkommt - aber bei den Co's kommt es mir manchmal so vor, als hätten sie den Heiligenschein gepachtet, sooo gut, soooo verständnisvoll, soooo aufopfernd - und der böse Säufer ist soooo undankbar.
Für mich hat das aber eher damit etwas zu tun, einen anderen Menschen kontrollieren zu wollen.
Manchmal ist es besser, wenn man auch mal böse sein kann - statt immer nur gut - loslassen, mal keine Zeit haben - sich um sich selbst kümmern - nur so kann Dein Bruder auch anfangen, sich um sich selbst zu kümmern. Oder eben nicht. Er trägt für sich selbst die Verantwortung - denn ich glaube, er ist schon groß.
ZitatHat sie es dann erst kapiert, als Ihr (Dein Vater, Deine Schwestern und Du) weg wart? Habt Ihr dann den Kontakt zu ihr total abgebrochen, und sie hat sich irgendwann wieder gemeldet? oder wie lief das ab?
Zu Teil 1: Weiß ich gar nicht mal, müsste ich sie direkt mal fragen, wann ihr aufging, dass sie ein Problem mit dem Alk hat. Damals, so um '80 rum, noch dazu in der DDR??? Keine Ahnung, was genau ablief. Meine Eltern hielten es wohl für eine Willensschwäche, so dass mein Vater nach Jahren doch sauer wurde. Er sieht bis heute nicht ein, dass es eine Krankheit ist.
Meine Mutter kam von der Entziehung zurück und trank zum Abendessen bald ihr erstets Bier, was ja schließlich nicht so schlimm wäre, meinte sie. Ich denke, das glaubte sie tatsächlich.
Zu Teil 2. Ja, ich hatte 6 Jahre keinen Kontakt zu ihr, weil ich das Ende live miterlebt habe. Meine Schwestern waren in Internaten. Irgendwann traf ich sie bei einer meiner Schwestern, weil es mir zu blöd wurde (und sie trocken war), ihr aus dem Weg zu gehehen. Genauso mein Vater, wobei er sie erst nach 20 Jahren, oder so, wieder sehen wollte.
Heute haben wir ein gutes Verhältnis zueinander, wenn auch nicht innig. Sie kann mich mit meinen Problemen ganz gut verstehen, oder zumindest akzeptieren, was damals völlig undenkbar war.
Mein Vater hat ja lustig mitgetrunken, aber ihn hat es nicht erwischt, genauso wie meine eine Schwester. Die trinkt jeden Tag, auf Partys meist zu viel.... Körperliche Entzugserscheinungen hat sie aber nicht - sagt sie!
Ist mir auch egal, was sie tut. Aber ich bin natürlich ihr schlechtes Gewissen, deshalb greift sie mich ständig an, undzwar schmerzhaft, weil sie mich gut kennt. Ich habe zu ihr kein gutes Verhältnis, um nicht zu sagen, gar keins.
Blut ist dicker als Wein? Nein, in unserer Familie nicht.
was mir letztendlich geholfen hat rauszukommen, ist schwer auf den Punkt zu bringen. (Ich hab vom 1.ten Schritt der ANONYMEN was mitbekommen... aber das sprengt hier den Rahmen)
Was dir konkret weiterhelfen könnte, ist das was Helena vermutend schreibt, und ich denk, das war auch das, was mich angepickst hat: du und deine Familie ihr kommt so verdammt edel daher..... Das ist jetzt wieder was was dir im Grunde doch nicht wirklich weiterhilft, aber das ist was du/ihr lernen müßt, dass i h r nicht helfen könnt. tschüß einstweilen
Ameise, Michael, ich verstehe nicht, womit ich bei Euch den Eindruck erweckt haben soll, daß ich für meinen Bruder die Konsequenzen seines Handelns aus dem Weg räume oder "edel daherkäme". Ich glaube, Ihr seht in mir etwas, auf das Ihr allergisch reagiert, aber das ist ein Vorurteil.
In den 15 Jahren der Alkoholkarriere meines Bruders hatten wir genügend Zeit, alles falsch zu machen, was man falsch machen kann. Meine Eltern haben es mit angesehen, wie er eine Ausbildung nach der anderen geschmissen hat, immer wieder die Miete in einer anderen Stadt gezahlt, immer wieder gehofft, mit diesem neuen Studiengang wird es jetzt besser. Die meiste Zeit haben wir Kopf in den Sand stecken geübt, mit großem Erfolg. Vor ein paar Jahren habe ich noch verkündet, das Problem meines Bruders sei nur indirekt der Alkohol, da er nur Symptom einer Depression ist. Usw. usf.
Und die Tour "raushalten und fallenlassen" habe ich auch bereits ohne Erfolg praktiziert. Daß er selbst auf die Lösung kommen muß, das haben wir auch schon gemerkt, und deshalb haben wir aufgehört, ihm Jobs und Wohnungen zu suchen, wenn er es wieder mal irgendwo vergeigt hat, oder ihn unter Druck zu setzen, was zu unternehmen. Meine Eltern haben ihn rausgeschmissen und ein Jahr nicht mit ihm geredet.
Geholfen hat gar nichts, es ist immer schlimmer geworden. Und wenn ich mich um ihn sorge und hier in dem Forum Fragen stelle, um ihn zu verstehen, dann nicht, weil ich mich so toll aufopferungsvoll fühle und ihn so undankbar, sondern weil ich nicht will, daß es so weitergeht wie bei felidelae. Er war bereits zum stationären Entzug, er geht täglich zu Gesprächskreisen und Gruppen (sagt er wenigstens). Trotzdem säuft er weiter. Ich habe meine Eingangsfrage gestellt, weil ich wissen wollte, ob ich sein beschädigendes Verhalten als Symptom der Sauferei hinnehmen muß wie die Sauferei selbst, von der ich eingesehen habe, daß ich sie nicht ändern kann. Nicht mehr und nicht weniger.
Also nehmt mich mal bitte wieder aus der Schublade, in die ihr mich reingetan habt, und guckt nochmal genau hin.
ZitatGepostet von Markee ... weil ich nicht will, daß es so weitergeht ...
Dieser eine Satzauszug bringt es auf den Punkt : du willst nicht ... , hast du dir schon die ernsthafte Frage gestellt, was er will ?
ZitatGepostet von Markee Ich habe meine Eingangsfrage gestellt, weil ich wissen wollte, ob ich sein beschädigendes Verhalten als Symptom der Sauferei hinnehmen muß wie die Sauferei selbst
Ja, mußt du - - - kannst du anscheinend aber nicht ?
Naja Markee, jetzt hab auch mit uns Geduld... ...wir kennen uns ja auch erst seit ein paar Zeilen und wenn du das gleich geschrieben hättest, dann würden wir auch brav in eine andere Nebelrichtung stochern.
Es kann ja auch gar nicht anders gehen, wie daß Schubladen auf und zu gezogen werden, und guckst rein, ob was drinn ist für dich.
Es sieht ja wirklich so aus als müßtet ihr ihn -in aller Liebe- loslassen und das heißt hier auch fallenlassen. Weil ER scheint die besseren Nerven zu haben: "Irgendwann kommen SIE d.h. ihr schon wieder und bieten mir ihre verschissene Unterstützung an, und wenn sie mich recht bitten vielleicht nehm ich sie dann auch..." so stell ich mir seine verschwurbelten Gedanken vor.
Wie das im Detail auch sein mag, solange ihr in and der langen Leine laufen laßt, laßt ihr ihn nicht los.
soweit, so schlecht mehr weiß ich auch nicht
Michael
jaja Tommie, du hast es wiedermal auf den Punkt gebracht[f1][ Editiert von michimu am: 11.10.2003 21:49 ][/f]
Zitatob ich sein beschädigendes Verhalten als Symptom der Sauferei hinnehmen muß wie die Sauferei selbst, von der ich eingesehen habe, daß ich sie nicht ändern kann.
Hallo Markee,
was genau nimmst du denn hin, wenn er die Wohnung eurer Eltern demoliert, wo du ja nicht mehr wohnst? Und wieso lassen sie ihn immer wieder zurück, wenn er wieder was vergeigt hat? Das ist auf jeden Fall Co!
Ihr wollt definitiv verhindern, dass er weiter abrutscht aber das ist keine Hilfe was ihr da macht.
Um wen geht es dir? Um dich, deinen Bruder, deine Eltern? Um das, was die Leute sagen? Nämlich, dass ihr verantwortungslos handelt, wenn ihr ihn fallen lasst?
Unser Vater ist damals mit drei halbwüchsigen Weibern los und hat unsere Mutter sich selbst überlassen. Was unterscheidet deinen Bruder in dem Fall von meiner Mutter? Beide sind erwachsen. Du willst verhindern, dass es ähnlich kommt? Wie, was nicht coabhängig ist? Hilfe ist erst dann echte, wenn er den ersten Schritt getan hat, nämlich aufhört zu saufen (keine Trinkpause!) und euch um diese bittet.
Also ganz klar: Du musst gar nichts hinnehmen, auch nicht die Sauferei. Heißt, zieh dich von ihm zurück, dann bist du es los. Krankheit hin und her, es hat ihn erwischt und das muss er begreifen. Wie schon oft zitiert: Umfallen ist keine Schande. Aber es ist eine, nicht wieder aufzustehen. Und noch größer wird sie, wenn andere mit runtergezogen werden. Allerdings müssen letztere das zulassen.
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Da sind wieder Posts reingerutscht, während ich geschrieben habe.... Sorry, wenn sich dadurch was wiederholt
In Liebe loslassen - das ist wohl mit das Schwerste, was man sich vorstellen kann. Denn das hat viel damit zu tun, mit seinen eigenen Ängsten und Gefühlen klarzukommen. Wie kommt man mit sich, der Umwelt, mit seinem eigenen Gewissen klar, wenn der geliebte Mensch wirklich vor die Hunde geht? Insofern ist diese Krankheit schon echt gemein, weil der Betroffene einen zwingt, sich mit ihm und letztendlich, wenn man einsehen muß, daß das nichts bringt, auch verstärkt mit sich selbst zu befassen. So ganz los kommt man davon wohl niemals. Man kann nur versuchen zu lernen, so damit umzugehen, daß das eigene Leben nicht zu negativ beeinträchtigt wird. Es ist sicher nicht leicht - und eine Patentlösung hat wohl niemand dafür bereitliegen. Schon gar nicht, wenn man selbst Betroffener ist. All ihr Co's - wo steckt ihr denn? Vielleicht könnt ihr Markee bessere Antworten geben.
Aber wie man den eigenen Frieden findet, daß weiß man wohl nur für sich allein. Es ist ein Stück harte Arbeit, nehme ich mal an. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist mit Sicherheit eine gute Alternative.
leider liegt das einfach außerhalb deiner Macht, was Dein Bruder tut. Ich hab gelesen, daß Du das wohl weißt, aber Dein Problem scheint mir zu sein, daß du dein eigenes Wissen nicht ganz glauben kannst. Versteh ich voll.
Ich werde mal versuchen, diese Zusammenfassung deiner Eingangsfrage zu beantworten (ich hab Deine Antworten gelesen):
ZitatGepostet von Markee Ich habe ja inzwischen Verständnis, daß Alkoholsucht eine Krankheit ist und er halt manchmal trinken muß, bis die Therapie anschlägt. Aber kann er sich dann nicht wenigstens, wenn er merkt, es ist wieder so weit, so vorbereiten, daß kein Sachschaden entsteht? Ich begreif das nicht. Wäre nett, wenn mir einer mal seine Erfahrungen mitteilen könnte, inwieweit ich ihm da Vorwürfe machen kann oder das ein genausolcher Kontrollverlust ist wie mit dem Saufen an sich.
Ich mein, es bringt ja nix, wenn du ihm Vorwürfe für was machst, was er selbst vielleicht gerne ändern würde. Also von der Wirkung auf ihn gesehen. Andererseits seh ich keinen Grund, warum Du das klaglos hinnehmen solltest. Er ist zwar krank, aber diese Krankheit ist natürlich auch ein bequemes Alibi für jemanden der sich nicht ändern will. Es ist nicht so, daß ein Kranker automatisch nicht für sein Handlungen verantwortlich ist. Sein Verstand ist vielleicht benebelt - aber diese Benebelung führt es sich schließlich selbst zu, obwohl er weiß was Sache ist. Also da ist er schon selbst verantwortlich für das was er tut - und das kannst Du ihm auch sagen. Bequem brauchst Du es ihm nicht zu machen.
Es ist halt schwierig. Manche wollen sich nicht ändern, und manche können sich nicht ändern, obwohl sie wollen. Da steck ich nicht drin, da kann ich Dir keinen wirklichen Rat geben. Du weißt das übrigends auch nicht...denn ein Süchtiger weiß nicht mal ob er zu sich selbst ganz ehrlich ist, und von außen sieht keiner hinein.
Nur soviel: Ich hatte Phasen, da waren alle Bemühungen von außen vergeblich, und ich hatte andere Phasen in denen ich sehr zugänglich war. Manches hat sicher dazu beigetragen, daß ich mich geändert habe, und noch mehr war einfach umsonst. Das hängt von so banalen Dingen wie der Tagesform ab, aber auch davon mit welcher Erwartung ich an irgendwas rangehe undsoweiter. Die richtige Kombination von Faktoren ist auch Glücksache - nicht steuerbar.
Du kannst Dich halt im Endeffekt nur vor den Auswirkungen der Eskapaden Deines Bruders schützen. Und zwar vor allem vor den Auswirkungen auf Dein Gefühlsleben. Das weißt Du zwar, aber zwischen Wissen und praktizieren besteht ein gravierender Unterschied. Und auch bei Co gibts ja sowas wie Rückfälle, wenn die Situation entsprechend ist - wenn Du heute coabhängig handelst, dann spielt es keine Rolle was Du letztes Jahr getan hast. Dein Bruder weiß ja auch, aber er praktiziert nicht.
ich bin ja nun Co-Abhängig, aber ob ich da was raten kann... erst mal ist mir wichtig, etwas zu sagen über das „edle Ritter“-Verhalten der Co´s. Mir als Co ging es nicht darum, wie ich in der ganzen Situation dastehe, bzw. daß ich den Titel des „edlen Ritters“ nicht aufgeben wollte. Wir sind in der „edlen Ritter“-Rolle drin. Das stimmt zweifelsohne. Aber wir suhlen uns nicht darin, fühlen uns nicht einmal wohl dabei. Es ist, wie beim Alkoholiker der Drang zum Trinken, der Drang, immer wieder helfen zu müssen. Der Gedanke, der Süchtige gerät ohne unsere (zugegebenermaßen falsche) Hilfe in die Gosse, ist unerträglich. Die Schuld, wenn es denn passieren würde, gibt sich der Co-Abhängige fast ausschließlich allein (der Alkoholiker ist ja krank, somit kann er nichts dafür). Es kommt schleichend und es ist schwer bis fast unmöglich, da herauszukommen. Das ist unsere Form der Sucht. Wir übernehmen die Verantwortung für das Leben des Alkoholikers. Immer mehr und mehr. Je mehr wir sie übernehmen, desto schwerer ist es, sie wieder abzugeben. Um unseren Co-Alkoholismus zu heilen, müssen wir aber genau da ansetzen. Nur... es tut weh. Das Wichtigste, was bei den Angehörigen wirklich erst ankommen muß ist, daß die Hilfe, die wir bieten, gar keine ist. Daß wir ihn nur beim Weitertrinken unterstützen, ihm alles bieten, was er dazu braucht. Die Erkenntnis, daß Alkoholismus eine Krankheit ist, macht es nicht gerade einfacher. Wie minitiger schon schrieb, es kann auch ein prima Alibi für den Trinker sein. Insofern denke ich schon auch, daß man einen Co-Abhängigen nicht überzeugen kann. Es muß von ihm selbst kommen. Ich habe in Bezug auf meinen Mann immer gesagt: Aber ich liebe ihn doch. Und jemanden, den man liebt, läßt man doch nicht fallen. Er braucht mich doch. Bis mir jemand sagte: Ja, er GEbraucht Dich, VERbraucht Dich. Das Schwierigste an der Co-Abhängigkeit ist der Gedankensprung. Vom Denken: „Ich muß ihm/ihr helfen“ zu „ich darf ihm/ihr helfen, sich selbst zu helfen, aber ich darf nicht über ihn/sie bestimmen und ich sollte mich nicht selbst dabei kaputt machen“.
Ich finde Michael hat recht:
Es gibt, um das auch noch loszuwerden auch bei den Ko's Verhaltensmuster, und glaub nur nicht, dass da Entfernung eine Rolle spielt,
Das glaube ich auch nicht. Es kommt doch vielmehr darauf an, wie nah einem der Mensch steht, um den es geht. Und je näher er einem steht, desto größer ist die Gefahr, Co-Abhängig zu werden.
Markee, natürlich kann Euch kein Mensch sagen, ob Dein Bruder endgültig unter die Räder gerät oder ob er den Absprung aus der Sucht schafft, wenn Ihr ihn loslaßt. Aber wie Deine Möglichkeiten aussehen, ist Dir schon mehrfach geschrieben worden. Entweder Ihr laßt ihn los (gebt ihm die Verantwortung für sein Leben zurück) oder Ihr renoviert weiterhin regelmäßig die Wohnung Eurer Eltern. Ändern wird sich so nämlich nichts. Vorwürfe prallen nur ab, er wird sie akzeptieren, wie ein notwendiges Übel. Aber es wird ihn nicht beim Trinken stören. Wieviel Kraft (und Geld) haben Du und Deine Eltern noch? Das heißt nicht, daß Ihr ihm nicht helfen könnt, wenn er wirklich dazu bereit ist, sich helfen zu lassen. Das muß er aber ganz allein wollen. Erzwingen oder überzeugen bringt da nichts. Er ist ein erwachsener Mensch mit eigenem Entscheidungsrecht. Er hat (so grausam das klingt) das Recht, in der Gosse zu landen, wenn er das will.
Alles Gute wünsche ich Dir. Ich hab für die Erkenntnisse auch mehr als 15 Jahre gebraucht und außerdem Hilfe von außen. Auch heute noch.
Dein Bruder will in die Gosse, er benimmt sich als sei er schon dort angelangt - er wartet darauf rausgeschmissen zu werden (ich selbst war in der Gosse, in jungen Jahren, selbstgewählt), er wird die Schraube soweit anziehen bis es Dir/Euch zuviel wird - und ihr werdet mit dem "schlechten Gewissen" zurückbleiben. Die Frage: muss das so sein ? Und damit meine ich "ein schlechtes Gewissen" zu haben. MUSST DU NICHT ! Es ist möglich, dass er in die Kriminialität abgleitet, es kann passieren, dass Du mit einem Steckbrief unter Pennern nach ihm suchst, und es könnte noch schlimmer kommen. ABER: er kann sich auch ändern - das "gute" an den harten Tatsachen des Lebens, also Gosse, Bekanntschaft mit der Polizei und nachfolgend vielleicht mit der Psychiatrie, ist, dass die Chance besteht, diesen Zustand zu ändern (dann, wenn a) der persönliche Leidensdruck zu groß wird, b) man noch lebt.) Ist nur ein KANN. Aber solange er in einer "geschützten Werkstätte" lebt, gibts für ihn keine Veranlassung, das zu ändern. Das SICHER.
Wenn jemand gleich ganze Einrichtungen zertrümmert, kann das nicht auch mit am Charakter liegen? Ist es nicht doch etwas zuviel verlangt, das als Teil einer Krankheit hinnehmen zu müssen?
Wie würde man reagieren, wenn irgendein x-beliebiger das Gleiche tun würde? Ließe man sich das so ohne weiteres gefallen? Findet man sowas in Ordnung? Es ist doch normal, wenn man zu Recht furchtbar wütend wird, oder?
Wenn man so ein Verhalten am ganz normalen Maßstab anlegt, vielleicht fällt es einem dann leichter, sich davon distanzieren zu können.
Vielleicht kann man am besten helfen, wenn man dem Betroffenen ganz klar mitteilt, daß man nicht grundsätzlich ihn - durchaus aber sein Verhalten verurteilt. Daß man bereit ist, zu helfen und zu unterstützen, wenn der Betroffene selbst bereit ist, etwas gegen seine Sucht zu tun. Daß man aber - bleibt derjenige uneinsichtig - aus Rücksicht auf das eigene Leben sich von ihm ganz bewußt distanziert. Ich sehe das als einzige Chance für beide Seiten.
Tja, was soll ich da sagen... es tut gut, von Euch diese verständnisvollen Postings zu lesen und Eure Einsichten und Erfahrungen zu hören. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es fast zum Lachen, aber heute hat sich das Problem von selber gelöst. Er ist abgehauen. Einfach weg. Keiner weiß wohin.
Ich schätze, Ihr hattet mehr recht, als mir lieb ist. Jetzt hab ich schön viel Zeit, mir das Hirn zu zermartern und mir zu überlegen, was jetzt passiert. Und wie ich reagiere, wenn er wiederkommt. Falls er wiederkommt.
Mag grad nicht mehr schreiben, sorry.
Danke Euch nochmal für Eure Gedanken.
Gast
(
gelöscht
)
Beiträge:
12.10.2003 22:43
#30 RE: Wieviel Selbstkontrolle vor und beim Saufen?