der Beitrag von Vicco55 beschreibt die Situation meiner Meinung nach ziemlich zutreffend.
Auch die Beobachtungen der andereren sind weitgehend richtig. Deshalb ist es unnötig, dass bereits Gesagte zu wiederholen.
Die AA´s leben nach einem spirituellen (Genesungs)Programm, welches im Wesentlichen auf eine ev.-relig. Sekte Anfang des letzten Jhds. zurückführt; ergänzt um medizin./psychol. Elemente zum Zeitpunkt damaliger Erkenntnisse aus der Alkolismusforschung.
Entgegen mancher landläufiger Meinung ist die AA stramm durchorganisiert, die Fäden laufen beim General Service Office in NY zusammen. Die AA hat vor allem in den USA bei der klin. Behandlung von Alkoholikern einen enormen Einfluss.
Ich besuche sie als Betroffener seit langer Zeit, gehöre aber eher dem "gemäßigten" Flügel an.
Also ich kann aus meinen Erfahrungen nur sagen, dass die AA-Gruppen (ich habe in meiner Anfangszeit in Gruppen an verschiedenen Tagen "reingeschnuppert") bei mir in der Gegend NICHT so stramm durchorganisiert sind. Lediglich zu Beginn des Treffens wird die "Präambel", also AA der Inhalt der AA vorgelesen, dann ist es einfach nur ein Gesprächskreis.
Gelegentlich oder wenn der Wunsch besteht, wird auch mal einer der 12 Schritte angesprochen und darüber geredet. Von "spirituellem Programm", nach dem sich alles richtet, habe ich nie etwas gemerkt.
Ich wehre mich einfach dagegen, dass hier streng geführte Gruppen - die es bestimmt auch gibt - als Maß aller AA-Gruppen genommen werden.
Natürlich ist jede Gruppe vor Ort autonom in der Gestaltung ihres Meetings. Der Gesprächsverlauf hängt von der Zusammensetzung der Meetingteilnehmer und der Gesprächsleitung (Meetingsprecher) ab. Der Gruppe ist es generell freigestellt, ob sie sich mit spirituellen Dingen, Akutproblemen aus dem Alkoholismuskomplex oder aber Fragen aus dem Kleingartenbereich beschäftigen will.
Trotzdem geht/ging es in den Meetings, die ich besuch(t)e, durchweg ziemlich formell zu. D.h. ritualisierte Abläufe, Monologe und weitgehend vorbehaltloses Weitergeben "der Botschaft" im Sinne des Programms. Kritische Töne zum "einfachen Programm für komplizierte Leute" sind eher unerwünscht. (Utilize-don´t Analyze-Prinzip)
Den zwischenmenschlichen Umgang empfinde ich allgemein als locker bis routiniert. Lachen ist kein Fremdwort. Ich glaube, man muss sehr deutlich zwischen der "institutionalisierten" und international auftretenden AA mit ihren Verwaltungsorganen, Gremien, Lobbies mit ihren sonstigen Verpflechtungen und den kommunalen Gruppen ihrer Anhänger (der Basis) unterscheiden. Erstgenannte sind m.W. nach sehr wohl durchorganisiert und stramm geführt. Ich besuche die Gruppen seit Anf. 1980. (Hoffentlich disqualifiziert mich das jetzt nicht)
meinen Beitrag über das gestrige AA-Meeting hast Du vielleicht schon gelesen.
An dieser Stelle kann ich nun schreiben, dass die AA-Meetings für mich am Anfang auch sehr gewöhnungsbedürftig waren, nach mehr als zwei Jahren weiß ich aber, dass ich mit den Regeln gut zurecht komme.
Ich besuche gelegentlich auch Meetings auf regionaler Ebene. dabei ist es interessant festzustellen, dass die Umsetzung der Regeln und die Atmosphäre in der Gruppe maßgeblich von den Gruppenmitgliedern bestimmt werden.
Bei uns gibt es eine erste Runde in "Monologform", jede/r spricht erst einmal über sich selbst.
Reaktionen auf vorangegengene Beiträge erfolgen dann im zweiten Teil und ich kann mir etwas mitnehmen oder es sein lassen.
Dass Angehörige ihren eigenen Bereich haben, finde ich auch in Ordnung. Bei Bedarf kann das ja anders geregelt werden - in Form eines offenen Meetings.
Ich war mal eine kurze Zeit mit meiner damaligen "Lebensabschnittspartnerin" in der gleichen Gruppe. Das war für uns einfach nicht zweckmäßig. Abgesehen davon war diese Gruppe - ich weiß gar nicht mal so richtig, wer der Träger war - wohl die Stadt - ein mehr als reglementierter Verein. Wehe Dir, Du erschienst nicht am Wochenende zur Familienwanderung oder hast nicht deine letzten Groschen für ein teures Wochenend-Alkoholiker-Lernseminar zusammenkratzen können... Der Umgang mit "Rückfälligen" war eine Farce. Das war für mich in keiner Weise hilfreich.
Ich denke, es gibt viele Formen der Selbsthilfe. Probieren geht da über Studieren.