ich bin neu hier. Habe aber seit geraumer Zeit das Forum verfolgt.
Kurz zu mir, ich bin Angehörige eines Alkoholikers. Mein Mann ist zur Zeit in einer Klinik zur 16-wöchigen Therapie. Er hat bereits eine dekompensierte Leberzirrhose, Bauchwassersucht, Nierenversagen, Varizen und auch eine HE. Ende vorigen Jahres habe ich mich von ihm getrennt. Aus der gemeinsamen Wohnung war ich schon eher ausgezogen. Leider hatte ich mich dann wieder auf ihn eingelassen.
Über meine "Co-Abhängigkeit" bin ich mir im Klaren. Versuche auch dagegen zu kämpfen und an mich zu denken. Aber die Probleme holen mich immer wieder ein.
Akutes Problem zur Zeit ist, ein Kredit geht gerade in die Brüche. Habe mit der Bearbeiterin gesprochen. Sie akzeptieren die Summe die ich zahlen kann. Aber, da es ein gemeinsamer Kredit ist, wird auch an ihn herangetreten. Gehaltsabtretung, Pfändung.
Nun bin ich aber leider wieder in meinem Dilemma. Mit ihm war kein Reden mehr in den letzten Jahren. Jetzt weiss ich ja auch, das es vom Alkoholmißbrauch kam (warum macht man solange die Augen zu?), Ich war nun fleißig immer bemüht, alles in die Reihe zu kriegen. Bin dabei selbst immer weiter hinab. Finanziell habe ich alles übernommen (warum?), im Inneren immer mit der Gewißheit, daß es nicht gutgeht, nicht gutgehen kann. Aber nicht in der Lage die Situation zu ändern.
Nun bin ich aber in der Situation, daß ich nicht mehr alles allein tragen kann. Und es gibt keine Möglichkeit ihn da raus zu lassen. Meine ANgst ist nun, daß dadurch die Therapie gefährdet wird. Denn diese Chance soll er doch haben! Gesundheitlich sieht es ja sowieso nicht so gut aus. Aber man kommt ja nicht ran an ihn, er weißt alles von sich. Für ihn sind es nicht seine Probleme sondern meine.
Irgendwie bin ich am Ende. Meine Kraft ist alle. Jahrelang habe ich immer die starke Frau gespielt. Nun kann ich nicht mehr. Sehe gerade keinen Ausweg mehr.
ich möchte Dir einen ganz lieben Gruß schicken. Auch ich bin Angehörige eines Alkoholikers. Deine Verzweiflung, Deine Kraftlosigkeit kann ich sehr gut nachempfinden. Hilflos - ja das beschreibt das Gefühl ziemlich genau. Du schreibst:
Zitat Nun bin ich aber in der Situation, daß ich nicht mehr alles allein tragen kann.
Vielleicht musst Du wirklich erst einmal nur auf Dich schauen. Dein Mann ist im Moment kein Ansprechpartner für Deine Probleme. Hast Du Telefonnummern von der Telefonseelsorge, von einer Al-Anon-Gruppe? Es wird Dir gut tun Dich mal so richtig aussprechen zu können. So, wie es Dir jetzt geht, wünsche ich Dir von ganzem Herzen, dass Dir hier im Forum oder bei einer Selbsthilfegruppe oder bei einem guten Telefongespräch ein klitztkleines Zipfelchen Zuversicht und Kraft zuwächst. Dann wirst Du auch wieder die ganz praktischen und dringenden Alltagsprobleme meistern können.
Du schreibst "Lange Zeit hab ich immer die starke Frau gespielt, nun kann ich nicht mehr".
Weißt Du, das ist ja gerade das mit uns Co-Abhängigen, daß wir Kraft daraus schöpfen, daß uns jemand braucht. Daß man uns für so stark hält.
Nun ist Dein Mann in der Langzeittherapie. Er braucht Dich im Moment nicht.
Vielleicht ist es auch daß, was Dich etwas beunruhigt?
Du mußt Dir einfach klar machen, daß Du als Angehörige auch Deinen Teil dazu beigetragen hast, daß Dein Mann in die Situation gekommen ist, in die er heute ist.
Ohne Deine Stärke hätte er es sich vielleicht gar nicht leisten können, soweit abzustürzen, wenn Du ihm nicht den Rücken frei gehalten hättest.
Aus der Sicht betrachtet ist es vielleicht sogar sehr gut, daß Du "nicht mehr kannst".
Da steckt die Chance drin, daß Du Deinem Mann wieder etwas zutrauen mußt, weil Du allein es nicht mehr schaffst.
Wenn er zurück kommt, wird er sich vermutlich geändert haben.
Wenn die Therapie erfolgreich war, wird er Dinge wieder selbst in die Hand nehmen wollen, die er jahrelang nicht angefaßt hat. Dann ist wichtig, daß Du auch Dinge aus der Hand geben kannst und ihn auch wieder Verantwortung mittragen läßt.
Schneeflocke hat Dir ja schon geraten, Dich mit einer Selbsthilfegruppe für Angehörige in Verbindung zu setzen.
Dort kannst Du lernen, daß es sehr schön sein kann, wenn man nicht mehr immer nur die starke Frau ist. Dort kannst Du Hilfe bekommen und lernen diese anzunehmen.
Und Du wirst auch sehen, daß dieses Gefühl "Irgendwie bin ich am Ende. Meine Kraft ist alle." ganz normal ist.
Jeder, der in Deiner Situation ist, denkt zuerst, "meine Situation ist einmalig". Dabei läuft das eigentlich immer erstaunlich nach Schema F ab. In dieser Situation, in der Du jetzt bist, ist es sehr normal, daß Du fix und alle bist, das ändert sich auch wieder.
Vielleicht kannst Du Dir dann irgendwann einen anderen Nicknamen zulegen, weil Du Dich gar nicht mehr so "Hilflos" fühlst?
Das würde ich Dir jedenfalls von Herzen.
Schönen Gruß, Regina
P.S. Auch für Deine finanzielle Situation solltest Du Dir vielleicht Hilfe holen. Warst Du schon mal bei einer Schuldnerberatung?
Liebe Hilflos, herzlich Willkommen, hier auf dem Board! Bleib nicht alleine, such dir Hilfe, dann bist du sofort nicht mehr hilflos. Jetzt wo dein Mann etwas für sich tut bietet sich doch auch für dich die Gelegenheit, etwas nur für dich zu tun. Wir Angehörige sind nämlich ähnlich krank, es ist ja eine Familienkrankheit. Da es sehr viele Menschen gibt, die ein Alkoholproblem haben gibt es noch viel, viel mehr Menschen, die ein Problem mit dem Trinkverhalten eines Menschen haben. Jetzt wo du zugibst, das Leben nicht mehr meistern zu können, nützt dir bestimmt die Erfahrung all der vielen anderen Angehörigen eines Alkoholikers. Die findest du in einer Selbsthilfegruppe und weiter auf diesem Board. Ich war erstaunt, schon am 1. Abend Menschen zu treffen, die meine Geschichte erzählten! Ich traf Menschen, deren Schicksal noch viel schlimmer zu ertragen sein musste, als meins. Sie zeigten mir, dass Leben lebenswert sein kann, wenn wir es wieder achten! Viele werden ähnliche Probleme haben wie du, mit ihnen wirst du Hoffnung, Kraft und Mut teilen können. Gönn es dir! Ich besuche seit längerem eine Selbsthilfegruppe. Es ist für mich eine Art Lebenshilfe geworden. Ich entdecke, wie schnell ich in alte Verhaltensweisen gerate, und weiss, oft durch eine Spiegelung , wie ich mir damit nur selber schade. Wenn ich etwas 100mal falsch angepackt habe, kann ich beim 101. mal nicht erwarten, dass es plöztlich richtig ist; ausser...ich gehe es neu an! Ich wünsche dir Mut zur Veränderung! Zitrin
Liebe hilflos, etwas muss ich einfach noch loswerden. Ich wünsche mir sehnlichst, dass mein Partner sich helfen lassen möchte. Deiner ist in guten Händen, die Chance dass...??? Auf dem Genesungsweg bist du viel viel fortgeschrittener als ich. Grund für mich neidisch zu werden? Nein, aber du gibst mir Hoffnung, dass sich mein Partner doch noch Hilfe suchen wird. Irgendwann.... Bis dahin zählt: Zusammen sind wir stark! Ich umarme dich Zitrin
Liebe Zitrin, leider ist es nicht ganz so positiv mit meinem Mann. Er hat (vielleicht jetzt in der Klinik) noch nicht erkannt, das er Alkoholiker ist. Da unser Sohn den Kontakt zu ihm hält, bin ich etwas informiert. Leider wird er von seinen Eltern darin bestärkt, das er doch kein alkoholiker sei, er hat zwar zuviel getrunken und ist deshalb krank geworden, aber Alkoholiker "NEIN", denn was nicht sein darf, ist nicht. Nun muß er ja nicht mehr trinekn, denn jetzt bin ich "die Böse" ja endlich gegangen. Bei Therapieantritt gab er unserem Sohn eine Kopie des Zettels aus der Klinik, ganz groß stand da, Suchtklinik, Alkoholtherapie, aber sein Kommentar "das ist eine Kur und ich werde eher wieder da sein, da ich ja nicht so bin wie die anderen. Also, die Hoffnung, daßer erkennt, begreift und sich wirklich helfen läßt ist verschwindent gering.
Für mich ist völlig klar, daß, egal wie die Therapie ausgeht, es keine Zukunft mehr gemeinsam geben wird. Zuviel ist passiert und zu tief sitzt der Schmerz. Begreifen was ist passiert, warum mußte es so schief laufen?
Die Sucht gebraucht zu werden, durch dieses Buch arbeite ich mich gerade, diese Sucht habe ich leider in mir. Dies betraf nicht nur meinen Mann. Aber nun bin ich eben wieder an einem Punkt angekommen, wo ich denke, es geht nicht mehr weiter, egal was ich mache, es geht schief und es hat keinen Sinn.
da juckt es mir doch wieder mächtig in den Fingern . Was lese ich da?
ZitatIch wünsche mir sehnlichst, dass mein Partner sich helfen lassen möchte.
...und dann ist alles besser, ne? Bis dahin eben nicht, oder wie? Du wartest immer noch. Worauf? Auf DEIN Leben?
ZitatDeiner ist in guten Händen, die Chance dass...???
... dann alles gut wird? Vorher besteht die Möglichkeit nicht? Und wer sagt, dass ein trockener Alkoholiker ein klasse Partner ist? Genau dann könnten die Probleme erst richtig anfangen. Co ist ihm dann ziemlich lästig, wenn er tatsächlich auf dem Weg der Genesung ist und sein Dasein selbst bestimmen will.
ZitatAuf dem Genesungsweg bist du viel viel fortgeschrittener als ich.
Das verstehe ich nicht. Wieso ist Ruth auf dem Genesungsweg weiter als Du? Kann zwar schon sein, aber was hat ihr Mann mit IHRER Genesung zu tun???
ZitatGrund für mich neidisch zu werden?
Worauf? Dass Ruths Mann in der Klinik ist? Und wie sie schreibt, scheint auch das nicht wirklich zu fruchten.
ZitatNein, aber du gibst mir Hoffnung, dass sich mein Partner doch noch Hilfe suchen wird. Irgendwann....
Und dann, liebe Zitrin, fängt endlich (d)ein schönes Leben an???
Ich bin trockene Alkoholikerin und sehr unbequem, wie Du merkst.
Sei umärmelt. Denk' immer wieder die ersten Gedanken, die Dich auf den Weg der Heilung gebracht haben.