mir fällt immer wieder bei einigen Kollegen und Kolleginen auf, daß sie regelmäßig so ab der Mittagszeit dezent bis stärker nach Alkohol riechen.
Nun muß man dazu sagen, daß ich Angehörige eines trockenen Alkoholikers bin und deshalb vermutlich eine äußerst sensible Nase habe.
Ich weiß, daß man nicht umbedingt Alkoholiker sein muß, um mal unter Tags was zu trinken. Und ich mache mir schon Gedanken, ob ich das Thema als Co-Abhängige nicht zu sehr dramatisiere.
Andererseits denke ich, daß vielleicht auch gerade ich nicht unbedingt wegschauen sollte, wenn es zu auffällig wird.
Eine Kollegin ist eine Praktikantin, für die ich im Projekt direkt verantwortlich bin, erstens weil ich ihr die Aufgaben gebe, zweitens weil ich auch offiziell Praktianten-Beauftragte bin.
Eine andere Kollegin ist jetzt neu in mein Projekt gekommen. Ich verstehe mich gut mit ihr, beobachte aber regelmäßig gegen Mittag den Geruch und auch eine leichte Verhaltensveränderung. Das könnte Reaktion auf Streß sein, ich werde sicher auch im Laufe des Tages nicht angenehmer im Umgang. Es fühlt sich aber für mich mehr wie so ein "Angestochen sein" an, daß ich noch allzu gut von meinem Partner kenne, wenn er Alkohol getrunken hatte und gleichzeitig versuchte, noch 100%-ig zu funktionieren. Und darauf reagiere ich entsprechend sensibel. Vor allem weil wir in der Computerbranche als Programmierer einen Job haben, bei dem wir ohne klaren, nüchternen Kopf schnell komplett aufgeschmissen sind.
Nun sind wir noch nicht so gut bekannt, daß ich sie mal eben so ansprechen könnte, ob sie vielleicht ein Alkoholproblem hat. Das würde ich dann machen, wenn die Situation glasklar wäre.
Gibt es Fortbildungen, wo ich mich darin schulen lassen kann, solche Situationen besser einzuschätzen? Und wie ich dann drauf reagiere? Wie ich ein Gespräch beginnen könnte? Und das ganze unter besonders strenger Beobachtung meiner Co-Abhängigen-Verhaltensweisen.
Wie geht Ihr als selbst Betroffene oder Co-Abhängige mit diesem Thema um?
da melde ich mich gleich mit. Ich selbst bin Leiter in einem Amt mit 12 MitarbeitInnen. Nun eine Mitarbeiterin hat schon seit geraumer Zeit ein steigendes Problem mit Alkohol vor, während und nach der Arbeit. Ich habe versucht diese Problematik im Zuge eines Mitarbeitergesprächs zu thematisieren, was zwar kurzfristig eine Normalisierung brachte, aber eben nur kurzfristig. Das Dilemma ist jetzt folgendes: Meine Kollegin lebt alleine und das einzige soziale Netz das sie hat, ist die Arbeit und die Arbeitskollegen. Ich bin mittlerweile ratlos, wie ich vorgehen kann ohne tieferen Schaden zu verursachen. Übrigens habe ich schlechte Erfahrungen mit dem Betriebsrat gemacht - furchtbare Inkompetenz.
Vielleicht hat jemand ähnliche Erlebnisse und bereits eine Ausweg gefunden der für beide eine Gewinnsituation darstellt.
"Ich habe versucht diese Problematik im Zuge eines Mitarbeitergesprächs zu thematisieren, was zwar kurzfristig eine Normalisierung brachte, aber eben nur kurzfristig."
Hmm, klingt ziemlich "allgemein"..."versucht...zu thematisieren..." Wenn du sozial ambitioniert bist, solltest du IMHO _klar_ sein und dran bleiben, wenns deine Zeit erlaubt! Deine "Vorgesetzten" werdens dir nicht danken, denke male, gar nicht mitkriegen;-( Glaubs, oder nicht: Ich hatte auch mal 20+ Mitarbeiter zu "verwerten"... fallada
Oh, das Problem kenne ich. Ich habe auch einen Mitarbeiter, der ist sowas von glasklar drauf, das es mir richtig wehtut, da zuzuschauen. Ich habe ihn schon drauf angesprochen, er hat natürlich alles vehement abgetritten, aber nachmittags geht er mir seitdem aus dem weg. Neulich kam er mal um halb drei zu mir, wir hatten was zu besprechen, er hatte keine Fahne, aber seine Hände haben gezittert wie Espenlaub und ich mußte an mich denken, wie es mir damals ging. Unternehmen kan ich aber nichts, auch bei uns funktioniert es nicht mit betreibsrat und personalabteilung und da ich ja selber "vom Fach bin" hat mit mein AA-Kumpel aus der Firma geraten, dringend die Finger davon zu lassen. Jeder ist seines eigenen Glückes schmied, aber manchmal tut es schon verdammt weh, den menschen beim leiden zu zu schauen.
sicherlich ist es sehr schwer denjenigen anzusprechen. Aber hat man als Vorgesetzter nicht auch ne gewisse Verplichtung seinen Mitarbeitern gegenüber ?
Mit Mitarbeitern meine ich natürlich auch die "Nichtalkis" die dem Alkoholiker seine Arbeit wahrscheinlich teilweise mitmachen müssen.
ich würde behutsam vorgehen :
1. Gespräch, nur das Thema ansprechen und darauf aufmerksam machen das man das nicht dulden kann. Evtl. Sehlbsthilfegruppen nennen und Hilfstel.-Nr. geben.
2. Gespräch (wenn wieder auffällig) das dies die letzte Chance ist. Bei erneutem Alkoholgeruch/Auffälligkeit würde eine Abmahnung erfolgen. Nochmal über SHG´s und Suchtberatungsstellen reden. Wenn ein gutes Verhältnis besteht vielleicht sogar persönlich mal mitgehen zur Suchtberatung/SHG um die "Schwellenangst" zu nehmen.
3. Abmahnung (wenn wieder auffällig). Hinweisen auf Therapie, sonst Entlassung bei nächster Auffälligkeit.
Ich denke alles andere ist ein jahrelanges rumgeeiere.
Für den Vorgesetzten sehe ich ein Problem darin, dass der Arbeitgeber nur auf ein Funktionieren des Betriebes bedacht ist. Ich kenne einen Fall, in dem der Suchtberater einer Uni dem Betroffenen geraten hat, es doch mit kontolliertem Trinken zu versuchen, also am Wochenende und am Abend. Damit es während der Arbeitszeit nicht auffällt.
Das löst das Problem natürlich überhaupt nicht, sondern verlängert nur das Leiden.
Zitatder Suchtberater einer Uni dem Betroffenen geraten hat, es doch mit kontolliertem Trinken zu versuchen, also am Wochenende und am Abend. Damit es während der Arbeitszeit nicht auffällt.
Wie wenn der Betroffenen das nicht selbst schon versucht hätte. Denkt der Suchtberater tatsächlich das der Betroffene nur am Arbeitsplatz säuft?
Zu Deiner konkreten Frage nach Weiterbildung kann ich Die eine Adresse mitteilen die Dir evtl. weiterhelfen kann.
Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, Bundesverband e.V. Kurt-Schumacher-Str. 2 34117 Kassel
Der Landesverband BW bietet Seminare an zum innerbetrieblichen Suchthelfer. Ich nehme an, dass es solche Seminare auch in anderen Landesverbänden gibt. Aber das können Dir die Mitarbeiter des BV sicher sagen. Zumindest kannst Du dort die Adresse des zuständigen LV erfahren.
danke für die Tipps. Ich bin für mich zu der Überzeugung gekommen eine Betriebsvereinbarung mit meiner Mitarbeiterin auszuhandeln. Beim ersten Verstoß werde ich die Kollegin nach Hause schicken (je nach Situation mit Begleitung) Weiters werde ich den Vorgang protokollieren und von Zeugen beglaubigen lassen. Die nächste Eskalationsstufe wäre die Verwahrung und die Androhung der Entlassung. Als weitere Konsequenz würde ich ein Folgegespräch vereinbaren und die Vermittlung zu einer Beratungseinrichtung anbieten und sollte all das nicht fruchten müßte ich in letzter Konsequenz das Dienstverhältnis auflösen.
Diesen Stufenplan werde ich in die Betriebsvereinbarung hineinnehmen und von meiner Mitarbeiterin unterschreiben lassen.
Bei uns herrscht Alkoholverbot während der Arbeitszeit, auch Restalkohol ist ein Grund zum einschreiten. Gesoffen wird trotzdem ..... , bestes (?) Beispiel war ich selbst .
Hallo Djehuti, nur zum Begriff "Betriebsvereinbarung": Eine Betriebsvereinbarung wird zwischen Geschäftsleitung und Betriebs-, bzw. Personalrat geschlossen. Mit Deiner Mitarbeiterin kannst Du höchstens eine "persönliche" Vereinbarung abschließen. Ob die allerdings rechtlichen Bestand hat, solltest Du abklären. Wie es auf einem Amt (Staat?) ist, weiß ich nicht, in der sog. "freien Wirtschaft" ginge der Weg wohl über Mitarbeitergespräch, Abmahnung(en) und letztendlich Kündigung, wenn keine Einsicht, bzw. Besserung. Irgendwo in Eurer Behörde dürfte es doch eine SuchtberaterIn geben. Erkundige Dich mal beim Personalrat. Gruß Viktor
Hallo Djehuti über die Formalitäten kann ich nichts sagen, aber inhaltlich zur Sache und auch die Abfolge in den Schritten finde ich gut. ich grüße dich, Max
Ich muss mal aus der anderen Richtung berichten. Ich bin 1996 wegen meiner Alkoholsucht sehr negativ aufgefallen. Hatte schon eine Abmahnung wegen zu späten Krankmelden bekommen. Dann hatte ich ein Personalgespräch im Beisein des Betriebsrats. Man hat mir auf den Kopf zugesagt, dass man eine Alkoholkrankheit vermute und mit Entlassung gedroht. Das war für mich ein Schock, denn meine sozialen Kontakte beschränkten sich auf die Arbeit. Ich habe dann meine Sucht zugegeben. Der Personalchef hat mich dann an die Werksärztin und einen Kollegen im Betriebsrat(trockener Alkoholiker) verwiesen. Dort hat man mit mir die weiteren Schritte(Entgiftung etc.) besprochen. Für mich war der drohende Verlust des Arbeitsplatzes, der Ar***tritt, den ich brauchte. Ich bin heute dankbar dafür.