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Saufnix  
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Dieses Thema hat 10 Antworten
und wurde 567 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Melli Melli Offline




Beiträge: 138

12.03.2004 08:44
RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo,

es mag vielleicht ein wenig zu früh sein, aber ich würde heute, nachdem ich seit Aschermittwoch mit einer Ausnahme nicht mehr getrunken habe, gern ein Resümmee ziehen, über die Veränderungen, die ich erfahre, über das was mir aufgefallen ist, sowie über die Reaktionen meines Umfeldes, sprich Mann und Arbeitskollegen. Vielleicht erkennt sich hier ein anderer in mir wieder, vielleicht habt Ihr ja auch etwas ganz anderes erlebt. Ich würde gern mit den positiven Dingen anfangen.

Rückfall

Es mag vielleicht ein Frevel für Euch alle sein, aber dieser Rückfall war das Beste was mir passieren konnte, denn er hat vieles verändert. Es war am zweiten Samstag nach Aschermittwoch, an meinem 11 Tag. Es war, wider erwarten, nicht der Saufdruck, der mich dazu trieb die Sektflasche zu öffnen, sondern lediglich ein Laune. Aller easy, alles trallalla. Habe die Wohnung gestrichen, fühlte mich wohl und habe einfach nicht nachgedacht. Es hat wohl eher mit dem Übermut zu tun, über den manche hier schreiben. Am Abend hatte ich dann 2 Fl. Sekt intus und es geschah etwas, vor dem ich bis dahin immer Angst hatte, was mir aber jetzt eine ungeahnte Kraft schenkt.
Mein Mann wurde sauer, ich würde lallen, wäre besoffen, etc. In diesem Moment sprudelte alles aus mir heraus.(hatte zwar mal mit ihm geredet, aber eher nach dem Motto, da ist zwar was aber alles nicht so schlimm).
Ich erzählte ihm absolut alles, offen und Schonungslos. Ich habe ihm von der Menge erzählt, die ich wirklich trank, von der Sucht und dem Drang. Ich erzählte ihm, das ich mir schon lange Gedanken mache, dass ich wirklich süchtig bin. Von meinen früheren Versuchen nicht mehr zu trinken, vom verschieben auf morgen, von meinem Stolz und meinen Gefühlen in den letzten Tagen und von Euch. Er hat nur ganz ruhig zugehört, während ich ihm heulend und eine Packung Tempos verbrauchend mein Herz ausschüttete. Danach tat er das, was ich nicht erwartet hatte. Er nahm mich in den Arm, sagte mir das er mich liebe und mich unterstütze und das er stolz auf mich ist. Stolz darüber, das ich mein Problem erkannt habe und das ich etwas dagegen tun will. Er glaubt an mich und unterstützt mich. Er würde auch mitziehen und die erste Zeit zuhause nichts trinken, und wenn es mich stört, könne der Alk im Hause (hierzu Gruß an Max) entsorgt werden.
Nachdem dies geschah, fühlte ich mich leicht und frei. Jetzt kann ich jederzeit mit ihm reden, und als ich gestern Saufdruck hatte konnte ich ihn anrufen und er hat mich ermutigt Danach fühlte ich mich sauwohl. Ich erzähle ihm jeden Tag meine trockene Zahl, heute bin ich bei 6 und er lobt mich. Ich brauche dieses Lob und sauge es auf wie ein Schwamm. Es macht mich wirklich glücklich und stark.
Das ist das erste positive dieses Rückfalls. Weiterhin habe ich gelernt, dass nicht der Saufdruck das gefährliche ist, ich bin dann ja schließlich eine kleine Kampf-Melli, das gefährliche sind die Launen, die leichten trallalla Launen, bei denen man nicht nachdenkt. Das habe ich durch diesen Rückfall gelernt. Deswegen habe ich mich auch am Tag danach nicht geärgert oder gegrämt. Ich nehme daraus für meine Zukunft etwas mit und habe, wieder mal gemerkt, wie viel Glück ich mit meinem Mann habe.

Der Endtag? (Hierzu Gruß an Sinn)

Mein Mann meinte vor kurzem, dass Zählen der Tage wäre wohl eher ein Zeichen der Krankheit Alkoholismus und wenn es hilft sei es die erste Zeit auch gut, aber ich müsse mir immer klar darüber sein, dass es einen sogenannten Endtag, an dem ich sagen kann ich habe es geschafft und könne wieder etwas trinken, nicht gebe. Ich wundere mich darüber, dass er sich über so etwas Gedanken macht aber es ist auch etwas wahres dran. Ich muss aber zugeben, dass ich mir über Kontrolliertes Trinken noch nie Gedanken gemacht habe. Sollte ich je darüber nachdenken wird es gefährlich. Aber über ungelegte Eier möchte ich mir auch keine Gedanken machen.

Fress-Schnecke

Seit ich nicht mehr trinke bin ich ständig am Essen. Irgend etwas kaue ich immer. Und ich habe Lust auf Süßigkeiten. Ich habe sonst nie Süßigkeiten gegessen. Nicht dass ich mit Essen ein Problem hätte, ich esse gern und viel, aber Süßes hat mich nie gelockt. Seit ich nun nicht mehr trinke esse ich jeden Tag mit Hochgenuss welche. Ich hoffe das hört bald auf. Ein oder zwei Kilo mehr kann ich zwar vertragen, aber Dick möchte ich nicht werden.

Komplimente

Ameise schrieb mir mal, Abstinenz macht schön. Ich hab es zwar nicht glauben wollen, aber es stimmt. Morgens im Spiegel mag ich mich. Das Gesicht ist klarer und nicht gequollen, die Augen haben einen Stolzen Glanz und ich habe auf der Arbeit mehrere Komplimente bekommen. Das schönste allerdings kam vom meinem Chef und drehte sich nicht einmal direkt ums Aussehen. Er meinte, ich wirke so frisch und munter. Das tat gut, da ich, als ich noch trank, mich morgens total dösig, übel und dusselig und konzentrationslos gefühlt habe.
Mein Mann meinte ich sei fiel umgänglicher als früher. Sei nicht mehr launenhaft und streitsüchtig und ein viel besserer Gesprächspartner.
Ich bin zwar für mich selbst nüchtern, aber wie die meisten Frauen wohl auch, eine eitle Person, so sei allein dies schon ein Grund weiter trocken zu bleiben.

Sex

Hierzu möchte ich ja nicht viel preisgeben, nur einen Satz. Nüchtern ist er echt Wahnsinn und gibt mir noch viel mehr als früher.

Freiheit, Polizei, Burn Out, wohlfühlen, Müdigkeit, Schlaf und Träume

Seit ich nicht mehr trinke, genieße ich es, jederzeit tun zu können, was ich will. Ich habe keine Angst mehr, die Polizei morgens hinter mir zu haben. Ich fahre nachmittags öfter mit dem Auto irgendwo hin. Im allgemeinen fühle ich mich wahnsinnig gut. Ich hatte in der letzten Trinkzeit, als die Trinkmenge ihren Höchststand erreichte, so etwas wie ein Burn Out Syndrom. Ich war ständig Müde, hatte keine Lust auf nichts. War zerschlagen und einfach nur Kaputt. Jetzt springe ich früh morgens fit aus dem Bett und fühle mich einfach nur wohl. In der ersten Zeit meiner Abstinenz war ich, wie ich hier von vielen gelesen habe, immer sehr früh müde, habe mich aber tagsüber sehr gut und fit gefühlt. Ab 18 Uhr allerdings hätte ich mich ins Bett legen können. Dies ist aber, schon jetzt, sehr viel besser geworden.
Ich schlafe nachts viel tiefer, habe aber sehr intensive und teilweise recht seltsame Träume. Aber niemals Albträume und ich träumte, bisher auch noch nie davon, wieder zu trinken.

Die negativen Dinge:

Selbstvertrauen, Empfindlichkeit

Ich habe den Alkohol nicht gebrauch, um Selbstvertrauen zu haben. Früher war ich absolut nicht Selbstsicher, aber mein Mann hat es, als ich ihn damals kennen lernte, irgendwie geschafft aus mir eine absolut selbstsichere Person zu machen, die nie an sich zweifelt, aber auch Fehler eingestehen kann um daraus zu lernen.
Aber: Ich habe jetzt, nüchtern, festgestellt, daß ich doch sehr empfindlich bin. Nicht in bezug auf Aussehen oder meine Arbeit sondern eher in dem Bereich, wie ich mich verhalte. Ich habe Angst mich zu blamieren und wenn ich mal, was ja jedem mal passieren kann, was eher peinliches sage und mein Gegenüber reagiert abwertend, schleppe ich dies Tagelang mit mir herum. Bei Meinungsverschiedenheiten (ist mir leider auf der Arbeit schon 2 mal passiert) bin ich unheimlich leicht am Wasser gebaut. Obwohl ich nicht traurig, sondern sauer bin, läuft mir das Wasser so aus den Augen. Ich bin jetzt trocken noch empfindlicher, und sogar ein blöder Spruch, wie vor kurzem hier auf dem Board, trifft mich, obwohl er mit mir absolut nichts zu tun hatte.
Das passt nicht ganz mit Selbstvertrauen zusammen, ich weiß.

Ich-Denken

Ich denke, ich bin kein Egoist, habe aber festgestellt, daß ich, jetzt gerade am Anfang meiner trockenen Zeit, sehr viel an mich selbst denke.
Vielleicht fehlt mir zur Zeit auch das nötige Einfühlungsvermögen, da ich noch oft mit mir selbst kämpfen muss? ich weiß es nicht.
Ich habe dies auch hier auf dem Board sehr stark festgestellt, da ich bei manchen Postings, als Ihr über Probleme im privaten Bereich etwas geschrieben habt, eine Antwort schrieb, sie aber nie abschickte, da ich mich eher fragte, wer bin ich überhaupt, das ich versuche Euch zu helfen, bei Dingen, von denen ich überhaupt keine Ahnung habe. Als Liesl mir antwortete und schrieb, daß sie traurig war, fehlten mir die Worte, um sie aufzubauen. Das tut mir sehr, sehr leid. Da muss ich noch viel an mir tun.

Ich denke, vieles von dem, was ich hier schrieb ist absolut klassisch und ich habe es auf diesem Board auch schon mehrfach gelesen. Ich kann sagen, daß das nicht trinken mir eigentlich nur gutes bringt, bis auf bestimmte Kämpfe, die ich bei Saufdruck mit mir selbst Kämpfe und die Sehnsucht nach dem warmen, weichen, berauschten Gefühl, die manchmal noch in mir hoch kommt.

Aber auch dabei habe ich, jetzt schon, festgestellt, daß es weniger wird. Jedem der den ersten Schritt noch vor sich hat, kann ich sagen, es lohnt sich.

Melli
(Sorry, ist ein wenig lang geworden)


NoAlktoday Offline




Beiträge: 654

12.03.2004 09:39
#2 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo Melli

Erst einmal: Meine Bewunderung für deine Worte. Ich habe sie mit Faszination gelesen und habe mich besonders darüber gefreut, dass du deinen Mann ins Vertrauen gezogen hast.
Es erinnerte mich ein wenig an meine Situation.
Nachdem ich mir selber jahrelang vorgenommen hatte, mein Trinkverhalten zu ändern, brachte erst ein bestimmtes Gespräch genau über dieses Thema (allerdings nicht das erste dieser Art bei mir) den entscheidenden Durchbruch.
Er hat bei meinem Versuch, das erste Glas stehen zu lassen, auch tagelang miterlebt, wie ich gekämpft habe, bis ich drüber weg war.

Ein Rückfall in der Phase ist aber weniger schlimm und kann jedem passieren, und solange du danach erneut dein Ziel anvisierst, trocken zu bleiben, auch kein Beinbruch.
Dieser Bruder Leichtsinn (wie Maxe immer schreibt) ist aber allgegenwärtig, man sollte versuchen, ihm auszuweichen. In manchen Fällen ist es dann schon bequemer, gar nicht erst etwas im Haus zu haben.
Es wird nicht mehr lange dauern, dann stört es dich nicht mehr, wenn andere trinken, weil es dir ja ohne dieses Suchtmittel viel besser geht.

Alles andere hast du ganz prima beschrieben und du triffst den Nagel auf den Kopf.
Der Mensch verändert sich, und diese Veränderung ist zu 100% positiv!

Es kann von Tag zu Tag nur besser werden und ich freue mich mit dir, dass es dir so gut geht.

Mit lieben Grüßen
Jutta


Spatzl ( gelöscht )
Beiträge:

12.03.2004 10:13
#3 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hach war das schön zu lesen !

Das macht Mut und ich hoffe ganz fest für Dich, dass es für Dich auch weiterhin so bleibt, Dir das Widerstehen immer leichter fällt und die Kämpfe seltener werden.

Wie siehts mit Sport aus? Machst Du was (kann auch ganz gut mal vom Essen ablenken.

LG


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

12.03.2004 10:25
#4 RE: Resümee Zitat · Antworten

hallo Melli,
das hört sich ja sehr gründlich an, du leierst nicht, du beschwichtigst nichts, dafür bist du froh gestimmt, nennst die Dinge aber beim Namen!! Das ist für mich immer die Hauptsache. Einschätzungen brauchst du auf der Beurteilung des Abschlusszeugnisses, zum Leben gehören Tatsachen.
„Er würde auch mitziehen und die erste Zeit zuhause nichts trinken, und wenn es mich stört, könne der Alk im Hause (hierzu Gruß an Max) entsorgt werden. ..Er nahm mich in den Arm, sagte mir das er mich liebe und mich unterstütze und das er stolz auf mich ist.“
Dann Glückwunsch auch an deinen Mann, ich traute meinen Augen kaum (positiv!), die „Meine“ hatte mich nicht mal mit dem Hintern angeguckt.
„Zählen der Tage wäre wohl eher ein Zeichen der Krankheit Alkoholismus und wenn es hilft sei es die erste Zeit auch gut“
Also ich hatte bei 1000 Tagen aufgehört zu zählen. Das war Stolz auf mich selber. Ich zählte niemals laut, also für andere, und es hat nicht geschadet. Es war auch zu keinem zeitpunkt gegen „na wer weiß“.
„jetzt, nüchtern, festgestellt, daß ich doch sehr empfindlich . . . „
das würde ich allerdings unter Positiv zählen. Warum? Na damit du das endlich mal begreifst, wie „Stark“ du vielleicht nicht bist, aber dran arbeiten sollst. Ist für mich eine positive Ent-Täuschung.
Das Beste bleibt für mich deine klare Linie!!
Bloß beim 28. Tag +/- 2 Tage könntest du mal aufpassen, da könnte eine Krise sein (Suchtgedächtnis meldet sich!).
ich grüße dich, Max


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

12.03.2004 10:39
#5 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo Melli und auch die anderen

Das war Balsam für meine Seele, Dein Beitrag.

Nach meinem letzten Rückfall und den damit verbundenen wirklich existentiellen Problemen, die ich glücklicherweise lösen konnte, habe ich zum ersten mal das Gefühl, ich kann es diesmal schaffen. Es sind so viele Krusten aufgeplatzt, dass ich erst einmal alles sortieren muss.

So sauge ich die ganzen positven Sachen hier auf dem Board auf wie ein Schwamm.


Biene2 Offline




Beiträge: 4.231

12.03.2004 12:06
#6 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo,

das mit dem Zählen ist doch im Grunde genommen ein Paradoxum,oder täusche ich mich da?????

Wie kann ich denn zählen,was es gar nicht mehr gibt????Oder,was es noch nicht gibt????
Soll ich dann auf meinem Sterbebett aufhören zu zählen und dann sagen:"Jau,ich hab's geschafft mein ganzes Leben nix mehr zu trinken...???"

Solange man noch zählt,ist da noch ein Krampf,denke ich.Zählt man die Tage,an denen man keine Sahnetorte ißt???Doch nur,wenn man auf Diät ist,und plant irgendwann mal wieder richtig zu essen,oder????

Zählt man etwa die Tage,die nach einer Scheidung liegen???
Nee,auf solch einen Gedanke kommt wohl niemand.
Warum sollte man dann unsinnigerweise die trockenen Tage katalogisieren und abhaken???

Man zählt die Tage eines Zwischenraums,aber nicht die Tage einer Unendlichkeit.
Es gibt nämlich leider kein Diplom,das am Ende steht.
Es sei denn Petrus zählt heimlich mit.


Miezekatz Offline




Beiträge: 731

12.03.2004 12:29
#7 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo Biene,

ich glaube nicht, dass Petrus mitzählt....da hätte der ja ganz schön viel zu tun. Ausserdem glaube ich auch nicht, dass Trinken oder Nichttrinken eine "Sünde" ist, die dir im Jenseits dann mal vor die Nase gehalten wird.

Trotzdem sehr lustig die Vorstellung....

Ich sehe das ähnlich wie du, irgendwann hörst du mal mit zählen auf, denn was am Anfang ganz schrecklich wichtig ist, was das alles beherrschende Thema im eigenen Lebensbereich ist, wird irgendwann zur "Normalität". Und so soll es auch sein. Irgendwann ist es ganz normal, trocken zu sein. Und da brauch ich dann auch nicht mehr die Tage, Wochen oder Monate zu zählen.

Trotzdem bleibt ein gewisses Datum - für mich der Tag, an dem ich kapiert und konkret aufgehört habe - wie ein Geburtstag im Gedächtnis erhalten. Ich habe erlebt, dass dieser von manchen sogar gefeiert wird, dass sie Anrufe und Glückwünsche dazu bekommen, dass sie sich selbst an diesem Tag etwas besonders Gutes tun etc. Ich finde, dass das auch jeder halten kann wie er will.

Für mich war das erste Jahr meiner Trockenheit ein "Zähl-Jahr". Ich führte einen kleinen Taschenkalender, an dem zuerst jeder Tag eine Markierung bekam, später nur noch jeder Monat und als sich der Kreis schloss ist der Taschenkalender in eine Schublade gewandert, wo er - wenn ich ihn nicht weggeworfen habe - immernoch ruht. Ich war an diesem 1. Jahrestag nachdenklich, habe eine Bilanz gezogen, war dankbar und das war's auch schon. Jetzt ist es ein ganz bestimmtes Datum im April, das mich immernoch nachdenklich, immernoch Bilanz ziehend und immernoch dankbar macht. Manchmal denke ich, oh Schreck, so viel Zeit ist vergangen, was bin ich ALT geworden... Aber das ist auch alles.

Es ist nur für mich etwas Besonderes, dass ich trocken geworden bin. Niemand schmückt mich dafür mit Lorbeeren oder rollt den roten Teppich aus. Und das ist auch gut so. Ich bin nicht so schrecklich wichtig, ich bin nicht der Mittelpunkt der Welt um den sich alles dreht. Ich bin nur ein Mensch von vielen, vielen, vielen. Und wenn ich es für mich recht mache, wenn ich meistens zufrieden sein kann mit mir und dem was ich tue oder nicht tue, dann ist alles okay. Das will ich nicht vergessen. Und das tue ich auch nicht.

In diesem Sinn grüsst in Verbundenheit die


Melli Melli Offline




Beiträge: 138

12.03.2004 13:21
#8 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo Biene 2,
eigentlich hätte ich Deinen Artikel kopieren und hier hereinsetzen sollen, denn ich denke, genau das hat mein Mann damit gemeint, daß es keinen Endtag gibt.
Um es mal mit Sinn`s Worten zu beschreiben, "Geschafft" hat man es dann, wenn man nicht mehr zählt, weil man dann nicht mehr kämpft, eben halt nicht mehr kämpfen muß.
Ich zähle im Moment noch, aber nicht um den Tag zu erreichen, wie bei einer Diät, wann ich wieder darf, sondern weil ich es zur Zeit brauche, genau wie den Lob meines Mannes.
Vielleicht merke ich ja auch irgend wann einmal, hey, was für ein Tag habe ich heute eigentlich?
Hab ja schon lange nicht mehr gezählt....
Das ist dann mein "persönlicher Endtag", nämlich der, an dem ich mich mit mir und dieser Alkoholkrankeit ausgesöhnt habe und zufrieden nüchtern damit leben kann.
Gruß
Melli


dawid Offline




Beiträge: 6

12.03.2004 13:40
#9 RE: Resümee Zitat · Antworten

Liebe Melli,

ich finde Deinen Bericht super!

Zu Deinem Rückfall: Es hat mir sehr gut gefallen, wie Du mit dem Rückfall umgegangen bist. Durch das Nichttrinken wird man ehrlicher. Sich selbst und anderen gegenüber. Ich finde es gut, daß Du den Rückfall benutzt hast, diese Ehrlichkeit in der Partnerschaft wiederherzustellen. Rückfälle sind oft Hinweise des Schicksals, daß man sich auf dem falschen Weg befindet und schleunigst umkehren sollte. Und ich finde es gut, wie schnell Du das gemerkt hast, daß Du Deinem Partner gegenüber ein Bild von Dir aufrechterhalten willst, daß nun mal so nicht zu Dir paßt. Jedenfalls nimmt es mir die Angst vor einem Rückfall ein wenig, denn wie man an Deinem Beispiel sieht, kann selbst so etwas Katastrophales zu etwas gut sein.

Viele liebe Grüße
Dawid


Merryl Offline




Beiträge: 822

12.03.2004 14:02
#10 RE: Resümee Zitat · Antworten

Hallo Melli,

ich fand das, was Du geschrieben hast, wunderschön.Es hat mich an so vieles erinnert...Ich empfinde fast so etwas wie Glück, dass sich wieder jemand auf den Weg in ein trockenes Leben macht und die Sauferei mit gesunder Einsicht zur Vergangenheit werden läßt. Gibt auf Dich acht, auch bei mir waren es eher die Launen, die mich in Versuchung brachten (keine Angst, es ist nicht so schwer, dem zu widerstehen). Es mag noch ein Stück Weg vor Dir liegen, aber an diesen Weg erinnere ich mich persönlich sehr gerne. Genieße es!

Lieber Gruß
Meryl

ach so: die schokolade. das hat schlicht mit deinem Stoffwechsel zu tun. Der Alkohol erledigt da etwas, was dir nun fehlt (genau kann ich es leider nicht erklären). deshalb dieser absolut ungewohnte Heißhunger auf Süßes. Das tritt sich platt, wenn du etwas darauf achtest. Dennoch wundere ich mich auch heute noch ab und an: wieso mag ich auf einmal schokolade so gerne?

Ich bin übrigens ohne die Kalorienbombe Alkohol 8 Kilo leichter.


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

12.03.2004 14:58
#11 RE: Resümee Zitat · Antworten

@ Merryl,

.... ich bin auch 8 Kilo leichter, ohne die Alkoholkalorienbombe

@ Melli,

auch von mir ein "hurra" zu deinem Beitrag.
Allerdings weiß ich nicht recht, ob man daß du wieder getrunken hast, als Rückfall bezeichnen kann ?
Ich glaube eher, du bist auf dem Weg, du hast kapiert das du nicht mit Alkohol umgehen kannst.
Du beschreibst hier deine Gedanken um das Trockensein und das positive daran, dann warte erst mal ab, wie es dir nach einem halben Jahr gehen wird !
Es kann natürlich auch sein, das die anfängliche Euphorie etwas schwinden wird, (dazu gibt es hier auch genügend posts) aber alles in allem kann ich sagen, das es mir dauernüchtern noch nie so gut ging wie im trinkenden Rest meines Lebens.
Nimm´s mir bitte nicht übel, aber was mir in deinem post auffiel, ist diese Bestätigung von deinem Mann die du suchst. Ich für meinen Teil habe mich nicht von anderen bestätigt haben wollen, im Endeffekt tat ich das alles ( auch der Gang in die Gruppe ) ausschließlich für mich selbst. Natürlich freuten auch mich positive Kommentare meines Freundes ob der zwangsläufigen Veränderungen nach gewisser Zeit, aber ich tat es nicht für ihn !
Ich mußte mein Leben und mein Kopfkino ordnen, und da half mir das board und die Gruppe.

Noch was zum Kämpfen, also mir geht es so, das ich eher den Eindruck habe, gekämpft zu haben als ich noch trank, nicht jetzt abstinent.
Ich kämpfte trinkend mit mir selbst und machte mir das Leben schwer, belog mich um Gründe zu haben wieder zu trinken, war oft genug realitätsfremd und unzuverlässig, und hatte das dann trocken das Gefühl, mich all die Jahre nicht wirklich weiterentwickelt zu haben.
Also für mich ist es eher andersherum, ich kämpfe nicht mehr, seit ich nicht mehr trinke.
Ich freue mich der Mensch geworden zu sein, der ich betrunken immer sein wollte.

Grüßle
Bea


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