Liebe Bordmitglieder,

ich bin auf dieses Forum gekommen, weil ich eine 6-Monats-Beziehung mit einem Mann hatte, die ich dann ruckzuck beendete, weil ich entdecken musste, dass er Alkoholiker ist.
Ich möchte betonen, dass ich in meinem Herzen diesem Menschen wirklich alles Liebe und Gute wünsche und in mir keinerlei Hass oder Groll zurückgeblieben ist.

Dennoch habe ich mich in den vergangenen Wochen intensiv mit dem Thema Alkoholismus beschäftigt. Zum einen, damit ich beim berühmten nächsten Mal die Zeichen am Wege schon viel früher erkenne, zum anderen, weil ich nach wie vor meine, dass es sich bei diesem besagten Mann um einen wirklich wertvollen Menschen handelt, den ich in vieler Hinsicht bewundere, denn er hat viel geleistet in seinem Leben. Diese Anerkennung hat er übrigens auch von mir uneingeschränkt immer bekommen. Ich habe ihn nie niedergemacht oder verachtet. Das möchte ich betonen. Aber aus meiner Sicht war eine sofortige Trennung einfach unumgänglich, ganz einfach, weil ich zunehmend das Gefühl hatte, sozusagen in einem luftleeren Raum zu schweben, in einer Geisterwelt zu sein. Und vor allem, weil ich schlagartig das Gefühl hatte, es geht mit ihm rapide abwärts und er merkt es nicht mal.

Er hat eine sehr verantwortungsvolle Position und bei dem, was er macht, geht es wirklich manchmal auf Leben oder Tod. Ich weiß, dass er - durch Druck von oben - bald eine angemessene Behandlung bekommen wird, und ich hoffe sehr für ihn, dass diese Behandlung ihm seine Lebensfreude, die so dahin war, wiedergeben wird.

Ich hoffe, ich belästige Euch jetzt nicht mit meinen etwas naiven Fragen. Ich wäre Euch so dankbar, wenn ihr euch meiner annehmen würdest, weil ich einfach innerlich weiß, dass jener Mann innerlich sehr sehr unter seinem Alkoholproblem gelitten hat und ich bin mir sehr bewust, dass ich ihm absolut nicht helfen kann und ich will es auch nicht.

Es sind mir so viele Merkwürdigkeiten schon zu Beginn aufgefallen, die ich gerne mal aufzählen würde.

1. Eine sehr auffallende Schüchternheit und tiefe Unsicherheit als Mann schlechthin, der Unglaube, eine Frau wirklich für sich begeistern zu können.
2. Die Klagen, dass er seine so zahlreichen Hobbies nicht mehr ausüben kann.
3. Klagen, wie einsam und allein er sich fühle
4. Klagen, ihn wolle ja niemand mehr.
5. Eine große Merkwürdigkeit fiel mir auf, dass er mit seinem Witz und Sinn für Humor (und wir haben viel miteinander gelacht) seine tiefe Traurigkeit einfach verdecken wollte, als wolle er einen Schutzschild zwischen sich und die anderen stellen.
6. Schwer zu beschreiben, aber manchmal nahm er bei mir nur die schlechteste aller Möglichkeiten an, unterstellte mir Dinge (negativer Art) die ich wirklich nie beabsichtigt habe.
7. Ein überstarkes Bedürfnis, immer und immer wieder Bestätigung zu bekommen.
8. Ein völliges "In der vergangenheit-Leben", so nach dem Motto:wie schön war es doch damals in.........
9. Eine auffallende - wie will ich sagen - Ungeübtheit - seine Wünsche zu formulieren. Wenn, dann nur in Form einer mehr oder weniger starken Manipulation oder mit Brüllen.
10. Auffallendes Erstaunen, wenn ich bei Kleinigkeiten an ihn gedacht habe, so als wäre das das achte Weltwunder.
11. Eine - wie will ich sagen - für mich riesige Schwäche, Nähe herzustellen. Es gelang, aber dann waren es nur Momente, sehr schöne Momente.

Bitte lacht mich jetzt nicht aus. Ich habe etliche Beiträge in diesem Forum gelesen und weiß jetzt, dass Alkoholismus eine Krankheit ist und Mitgefühl verdient.

Und einige Sätze sind mir so was von unter die Haut gegangen:
"Alkoholiker sind verkorkste Menschen, die zu oft in ihrem Leben ein Nein bekommen haben.2

"Der Alkoholiker sitzt in einem selbstgefertigten Gefängnis und schreit eigentlich nur: "Holt mich hier raus" (dieses Gefühl hatte ich bei diesem Mann sehr stark).

So und das letzte jetzt ist mir das Wichtigste.
"Alkoholker sind so was von einsame Menschen, die sich so sehr freuen, wenn sie nach dem Trockenwerden spüren, dass es noch eine Menschenseele gibt, die an ihn denkt."

ICh habe den massiven und erfolgreichen Druck wegen der Behandlung gemacht und ICH habe mich komplett und deutlich zurückgezogen und ihm glasklar gesagt, lass Dich behandeln oder ich bin weg.

Das ist jetzt schon eine Weile her. Eine Freundin von mir, deren Mann jahrelang getrunken hat, riet mir, weil ich den Menschen ja noch als Menschen mag, ich solle in längeren Abständen einfach mal eine belanglose SMS an ihn schicken mit Worten, aus denen hervorgeht, dass ich an ihn denke, dass überhaupt ein Mensch an ihn denkt. Ich habe eine SMS schon geschickt. Ich bin gläubig und unser Schöpfer hat mir postwendend darauf eine Belohnung zugestellt.

Bitte helft mir, wie ich es - auf Sicht von einigen Monaten - hinkriege, dass wir vielleicht keine Beziehung, aber eine vernünftige freundschaftliche menschliche Basis wiederherstellen können.

Ich danke Euch allen schon mal von Herzen und bin sehr gespannt auf Eure Antworten.
Turandot

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:Vergess IHN..in Liebe fallen lassen,ansonsten bist Du bald reif für die CouachABER...Ich persönlich bin meiner Frau sehr dankbar,das sie immer zu mir gehalten und mich nicht verlassen hat..wenn dies der Fall gewesen wäre ...ich bin mir nicht sicher ob ich mein Leben alleine wieder im Griff bekommen hätte.Und bei Dir ,weiss ich auch nicht woran ich bin,mal habe ich den Eindruck eine kalten ,herzlosen Frau,mal denke ich,das Du ihn noch liebst,dann wiederum scheint es so,als wenn du die Lage nicht voll in Griff bekommst..und das wurmt Dich! Ach noch eins ..Alkoliker brauchen kein Selbstmitleid,sondern Verständnis für Ihre Lage und Hilfestellung und das OHNE ein Ultinatum! Gruß Detlef54

Detlef54

Du kannst mir glauben, dass ich keine eiskalte Frau bin. Ich lass das mal so stehen.

Hoffentlich merkt Ihr, dass ich wirklich nicht weiß, was in einem Menschen vorgeht, der sich mit A. zuschüttet. Es ist mir so unbegreiflich.

ICH HABE KEINE AHNUNG; WIE ICH AM BESTEN VERSTÄNDNIS RÜBERBRINGEN KANN!!!!

Ich melde mich in gewissen Abständen (ca. 6 bis 14 Tage) bei ihm, einfach nur um ein Signal zu geben: Ich denke an Dich.

Am 30. März rief ich ihn an, er war erst superknurrig, hat mich dann aber zurückgerufen (Superüberaschung für mich, weil er mich ja hassen müsste) und sich erzählen lassen, dass ich vielleicht eine tollen Job für ihn habe.
Er hat sogar gesagt: "Das ist aber lieb von Dir, dass Du an mich gedacht hast".
Heute habe ich ihn angerufen und ganz belanglos ein schönes Osterfest gewünscht. Er war kühl, aber kein Wort davon: "Ich will nicht mehr von Dir hören".

Ich weiß, er ist einsam. Mir ist klar, dass er sehr viel aufzuarbeiten hat und dass er erst mal einen Schock zu verarbeiten hat. Mir ist klar, dass er Zeit braucht. Mir ist klar, dass er jetzt nicht freundlich sein kann.

Ich denke abr immer an den Satz, de ich irgendwo hier im Forum gelesen habe:
"Ein Alkoholiker ist ein einsamer Mensch und nach dem Trockenwerden ist er gottfroh, wenn es eine Menschenseele gibt, die an ihn denkt."

Dass ich an ihn denke, genau das will ich mit meinen sporadischen Meldungen signalisieren. Ist das richtig???

Turandot

Hallo Turandot
Ich lache Dich nicht aus. All diese Punkte die Du an diesem Mann aufgezählt hast, damit könntest Du mich beschrieben haben. Damals in meiner nassen Zeit war ich genauso drauf.
Mit der Antwort von Detlef bin ich nicht so ganz einverstanden.Auf der einen Seite knallhart "vergiss ihn" aber auf der anderen Seite vergessen, was wohl seine eigene Frau so alles mit ihm mitmachen mußte. Hatte sie immer Verständnis für seine Ausfälle ? Er hat recht, ein Alkoholiker kann erst wieder aufstehen, wenn er ganz unten ist. Der Alkohol hat aus mir damals einen selbstszerstörerischen, sich selbstbemitleidenden Narren gemacht. Das war mir aber mit 2 Promille im Blut gar nicht bewußt. Es ist richtig gewesen, daß Du Dich zurückgezogen hast, denn sonst würdest Du Dich über kurz oder lang zum Co-Alkoholiker machen, und wärst somit im Teufelskreis integriert. Daß Du das nicht mit Dir machen läßt, finde ich eine mutige Entscheidung. Signalisier diesem Mann, daß Du jederzeit für ihn da bist, wenn er Dich braucht, er aber als Basis für eine gemeinsame Zukunft trocken werden muß.

Hallo Hyperlink,

danke für die offene Antwort. Es hat mir gutgetan, von Dir zu hören, dass mich mein Gefühl nicht getrogen hat und mein Bauch mir gesagt hat, der betreffende Mann ist schon ziemlich weit unten angekommen.
Ich habe ihm in einem Brief mit sehr liebevollen Worten geschrieben, dass ich ihn achte, als Mensch wertschätze und dass ich zu ihm stehen werde, egal was kommt und dass er mir dafür nichts schuldet. Diesen Brief habe ich auch einer lieben Freundin gezeigt, damit der Ton auf jeden Fall liebevoll und nicht fordernd ist.
Leider habe ich seit dem 14. April keine Reaktion von ihm bekommen. Nachdem ich viele Beiträge hier gelesen habe, denke ich mir einfach, dass in der jetzigen Lage vielleicht noch gar nicht realisieren kann, wie mein Brief gemeint gewesen sein könnte.
Mir wird erst jetzt im Nachhinein klar, welche negativen und selbsthassenden Gedanken dieser Mann gehabt hat. Ich bin jetzt einfach mal nur geduldig und warte ab.
Wenn ich mal zurückblicke hat er nach der Hand geschlagen, die er so dringend gebraucht hat und um die er mich auch gebeten hat. Es tut mir weh, wenn ich daran denke, wie leise bittend er um Hilfe gebeten hat. Ich würde ihm so gerne vermitteln, dass ich ihn wirklich als den Menschen sehe, der er ist, und nicht als das, was der Alkohol aus ihm gemacht hat.
Bitte sagst mir, ob ich noch etwas tun kann. Antworten würden mich sehr freuen.

Turandot