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Saufnix  
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Dieses Thema hat 14 Antworten
und wurde 1.019 mal aufgerufen
 Akute Hilfe
mondsuechtig23 Offline



Beiträge: 3

30.03.2004 07:58
RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo an alle!

Ich möchte mich erst mal kurz vorstellen hier: Also, ich heiße Maggie, bin 23 Jahre alt und seit 5 Jahren Alkoholikerin. Also ungefähr seit meinem 18. Lebensjahr trinke ich jeden 3. Tag mind. eine Flasche Wein, auf jeden Fall immer so viel, bis ich mein Gehirn komplett ausgeschaltet habe.
Aber das soll erst einmal reichen als Information.

Mein Problem:

Ich habe mich am Freitag das letzte Mal betrunken und am Sonntag dann den lange hinausgeschobenen Schritt getan und bin zu den Anonymen Alkoholikern gegangen.
Nach der Sitzung hatte ich das erste Mal das Gefühl, ich kann jetzt ins Café gehen und noch ein paar Zigaretten rauchen, um die ersten Eindrücke zu verarbeiten und mir dabei ohne größere Kraftanstrengung etwas Antialkoholisches bestellen. Der Wunsch, ein Glas Wein zu trinken, war einfach absolut nicht vorhanden. Mich hat das deswegen so überrascht, weil die ganzen Jahre zuvor, als ich irgendwelche Therapien machte oder wenn ich überhaupt etwas geschafft habe, was ich mir schon lange vorgenommen habe, war danach sofort der Wunsch da, toll, jetzt hast du dein Leben wieder ein bißchen im Griff oder den ersten Schritt in die richtige Richtung getan, das feiern wir jetzt erst mal mit einer Flasche Wein... und morgen dann höre ich komplett auf mit dem Trinken.

Wie gesagt, das erste Mal in meinem Alkoholiker-Leben war der Wunsch, mich zu betrinken, einfach nicht vorhanden. Und gestern bin ich den ganzen Abend weggegangen und konnte mich auch hier problemlos an Apfelsaftschorle und Latte Macchiato halten.

Ich habe das Gefühl, in mir ist plötzlich eine Kraft, die mir die ganzen Jahre vorher gefehlt hat, einfach der kleine Rest, der es mir endlich ermöglicht, es auch umzusetzen, dass ich nicht mehr trinke.

Ich habe aber einfach wahnsinnige Angst, dass diese Kraft, so plötzlich und unerklärlich wie sie gekommen ist, auch wieder verschwindet und ich dem ersten Glas Wein dann nicht mehr widerstehen kann.
Ich habe ja immer mit Pausen von 2, 3 Tagen gesoffen. Und am ersten oder auch noch am zweiten nüchternen Tag dachte ich ja immer, du trinkst nie wieder etwas, diesmal reicht es wirklich, du machst dich kaputt, wenn es so weitergeht usw.
Aber am dritten oder vierten Tag waren all diese guten Vorsätze wieder vergessen und das Spielchen begann von vorne.
Ich habe Angst, dass in meinem Kopf auf einmal wieder der Gedanke auftaucht, also so ernst kann doch alles nicht sein, mein Gott, du bist noch jung und da trinkt man halt ab und zu mal ein bißchen beim Weggehen (und auch mal bißchen mehr) oder ich denke wieder, ein Glas kann ja nicht schaden, obwohl ich (aus langjähriger Erfahrung) genau weiß, dass ich danach nicht mehr aufhören kann.
Ich weiß, dass wenn ich die ersten 3, 4 Schluck Wein getrunken hab, mir alles egal ist und habe Angst, dass meine Gedanken mir genau hier einen Streich spielen und sagen: „Na komm, heute noch einmal betrinken, du weißt ja, das schlechte Gewissen ist schnell weggesoffen, und an deinen Selbsthaß und Ekel, den du morgen haben wirst, denkst du auch gleich nicht mehr, das einzige, was zählt, ist doch, dass es heute lustig ist...“

Ich weiß nicht, hatte jemand von Euch auch solche Gedanken, obwohl es ihm mit dem Wunsch, trocken zu bleiben absolut ernst war?
Und was kann ich dagegen tun?
Wie schaffe ich es, 24 Stunden am Tag (und dies den Rest meines Lebens) in dem Bewusstsein zu leben, eine schlimme Krankheit zu haben, die schon mit einem einzigen Tropfen Alkohol wieder zum Ausbruch kommt?

Ich freue mich über jede Antwort, die ich bekomme, weil ich auch das Gefühl habe, dieser Rest an Kraft, der mir abging, kommt daher, weil ich das erste Mal mit Menschen in Kontakt bin, die mit der gleichen Krankheit kämpfen.

Liebe und absolut nüchterne Grüße,
Maggie


Lisl Offline




Beiträge: 1.980

30.03.2004 08:35
#2 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Guten Morgen Maggi

herzlich willkommen hier im Forum

23 Jahre und die Einsicht Alkoholikerin zu sein, ist ja schon mal der Anfang zur Heilung.
In zu den AA gehst du ja auch - Spitze

Freitag das letzte Mal getrunken und sonst alle 2-3 Tage wieder Wein getrunken.
Heute ist Montag also der dritte Tag und die Angst vor einem Rückfall ist da.
Da heist es jetzt durchzuhalten - das erste Glas stehenlassen.

Nicht so einfach, ich weis.
Mir hatt geholfen hier immer wieder zu lesen und zu schreiben.
Ich mache auch eine Ambulante Therapie, da das alleine aufhören können nicht funktioniert hatt
Warst du auch schon in einer Suchtberatungsstelle, da bekommst du auch viele Hilfe.

Hast du denn keine Entzugserscheinungen?

Zitat
Ich habe das Gefühl, in mir ist plötzlich eine Kraft, die mir die ganzen Jahre vorher gefehlt hat, einfach der kleine Rest, der es mir endlich ermöglicht, es auch umzusetzen, dass ich nicht mehr trinke.

Das ist ein ganz starker Satz
ich würde ihn festhalten, gerade an den verflixten Tagen

Liebe grüsse von Lis, die dich beneidet, da du mit 23 Jahren schon so ehrlich zu dir stehen kannst.
Bei mir fing das erst so mit 35 Jahren an und ich habe mit 15 angefangen zu trinken.


mondsuechtig23 Offline



Beiträge: 3

30.03.2004 09:04
#3 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo, Lisl!

Erst mal ein großes Dankeschön für deine schnelle Antwort!

Kurze Berichtigung: Heute ist Dienstag und es wird mein 4. trockener Tag. Ich bin da so penetrant, weil am Anfang ja schon jede Stunde zählt, die man ohne Alkohol ausgekommen ist

Das ich so früh zu der Einsicht gekommen bin, etwas ändern zu müssen, liegt einfach daran, dass ich die nüchternen Tage zwischen den Besäufnissen wie tot herumliege und überhaupt nichts schaffe. Ich bin z.B. seit dem Wintersemester 2002 an der Uni eingeschrieben und war insgesamt mal 4 Wochen dort. Wenn ich also weitertrinke, bin ich in paar Jahren ein Sozialhilfefall!
Früher dachte ich immer, ich hätte Depressionen und käme daher mit dem Leben nicht zurecht, aber mein Gott, ich saufe, seit ich vierzehn bin und seit meinem 17. Lebensjahr treten die Depressionen auf



Aufgrund der "Depressionen" habe ich auch schon einige Therapien hinter mir und ich hab das Gefühl, dass genau das nicht mehr helfen würde. Erstens hab ich keine Lust mehr auf "Vergangenheitsbewältigung", ich hab bis vor kurzem ja sowieso ständig im Gestern gelebt und darüber nachgedacht, was ich alles hätte anders machen können. Ich muss da einfach nach vorn schauen und vieles vergessen (ich weiß, dass ist leichter gesagt als getan, aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich das schaffe). Zweitens habe ich ja alles, was ich ändern muss, oder all die kleinen Dinge, die man machen kann, damit es einem besser geht, usw. irgendwie schon im Kopf.
Das einzige war eben, dass es bis jetzt immer an der Umsetzung gescheitert ist, weil mir eben die Kraft fehlte, und die bekomm ich glaub ich nur von Menschen, die selbst betroffen sind.

Entzugserscheinungen:
Ich weiß es nicht, die letzten Wochen, als mir klarwurde, dass ich schon seit längerem körperlich abhängig bin, hab ich darauf geachtet, wie mein Körper die nüchternen Tage dazwischen reagiert. Ich hatte eigentlich ständig unangenehme Schweißausbrüche und eine wahnsinnige Unruhe in mir. Schlafstörungen natürlich sowieso. Angefangen zu zittern hab ich dann erst, sobald das erste Glas Wein wieder vor mir stand

Ich kenn mich da nicht genau aus, aber zum Glück sind meine körperlichen Entzugserscheinungen sehr erträglich, nur vor meinem Kopf hab ich halt Angst...

Du hast recht, ich muss versuchen, diese Kraft wirklich festzuhalten und mich ständig daran erinnern, dass sie jetzt da ist und eben andauernd auf mich und meine Gedanken aufpassen.

Liebe Grüße,
Maggie


Biene2 Offline




Beiträge: 4.231

30.03.2004 09:20
#4 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo Maggie,

ein kurzer Tip,der aus dem NLP stammt:

Wenn Du diese Krfat in Deit verspürst,koppel sie sofort mit einer Geste oder noch besser,einem Ritual.
Tee kochen z.B. oder einem Kaffee trinken oder O-Saft,oder Schokolade essen oder fass Dich ans Ohr oder Ähnliches.
Mit der zeit dreht sich das dann einmal um,und Du kannst diese Kraft dann auf Abruf spüren indem Du gerade dieses Ritual machst oder die entsprechende Geste.

Grüss Dich,


Lisl Offline




Beiträge: 1.980

30.03.2004 09:38
#5 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

hallo Maggi

bemerkte eben, dass ich noch im gestern lebe, obwohl ich meine Zukunft doch im heute anfangen wollte, gel Max

Mit Depressionen kenne ich mich zuwenig aus, ich denke doch, dass dir da bald jemand schreiben wird.
Entzugserscheinungen hatte ich auch nie, ausser dass ich manchmal Kreislaufschwierigkeiten hatte, am Tag danach.
und das halt öftes.

Ich bin nun auch erst 55 Tage trocken und mir hatt an solchen beschissenen Saufdrucktagen geholfen hier zu schreiben.
Lese doch mal die letzten Threads durch, da haben wir viel über solche Tage gesprochen.
Mir hatts dieses Board geholfen, mit meinem Denken mehr Klarheit zu bekommen und im Moment ist gar kein Saufdruck da.
Ich hatte ihn immer mal sporadisch, ganz extrem und wie nicht mehr loszubekommen.
Ganz fürchterlich - musste mich selbst festhalten um nicht nach einem Glas zu greifen.
Das waren schon schlimme Tage.

Doch ich glaube ich habe es nun verstanden, denn du schreibst ja auch du hast keine Lust mehr in der Vergangenheit rumzumachen.
So wars bei mir letzten Woche auch.
Plötlich bemerkte ich, dass ich in der Vergangenheit eigentlich recht froh war meinen Kopf mit Alkohol zuschütten zu können.
Doch nun in der Gegenwart ist es ja ganz anderst, es geht mir ja sehr gut und bin zufrieden.
Ich brauche den Alkohol ja gar nicht mehr

Für was sollt ich ihn denn gebrauchen?
Damit ich nicht mehr leben kann?
ich will doch leben und das gut
Das habe ich doch verdient

Das schönste an meinem Erlebniss letzte Woche hier war, der Freund Alkohol weis nun auch dass ich ihn nicht mehr brauche
Er wollte es einfach nicht wahrhaben und deshalb hatte ich nach 13 Jahre Trockenheit, wieder einen Rückfall
Ich hatte einfach nicht mehr auf mich selbst aufgepasst, den Alkohol vergessen - ihn beiseite geschoben - ihn nicht mehr beachtet - und dann hatt er sich halt ganz schleichend an mich rangeschlichen, bis er mich wieder gekrallt hatte.

Ich wünsche dir, dass du auch die Klarheit für dich bekommst, dass du den Alkohol ja gar nicht zum studieren brauchst
Sprich doch mal mit ihm


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

30.03.2004 10:56
#6 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo Maggie !

Willkommen hier auf dem board.

Zum Saufdruck abwenden/damit umgehen kann ich dir aus meiner Warte nicht viel schreiben, ich hatte seit ich nicht mehr trinke ( 1 1/2 Jahre jetzt ) auch unerwarteterweise, keinen.
Meiner Meinung nach lag das daran, das ich mich nach vielem hin und herdenken, einer ehrlichen Bestandsaufnahme meiner selbst und auch schmerzhaften Einsichten wie, ich trinke nicht weil ich Probleme habe sondern ich habe Probleme weil ich trinke, zu der Einsicht kam, das der Alkohol schuld ist an vielen meiner Miseren, und ich doch alkoholabhängig bin.
Als ich dann nicht mehr trank, fühlte ich mich bald wie befreit, auch heute noch. Endlich stimmig. Endlich ich selbst, endlich so, wie ich betrunken immer sein wollte.
Und das schlechte Gewissen und die Scham waren weg, ich konnte mich wieder im Spiegel anschauen.
Und kein Saufdruck der Welt hätte mir das nehmen können.
Irgendwie kam so auch das Selbstbewußtsein, das ich im Alkohol immer suchte. Klingt vielleicht alles etwas komisch, aber so empfinde ich das im Nachhinein.

Ähnlich an deiner Geschichte klingt das mit dem "im Gestern leben". Das kenne ich gut, ich dachte all die Jahre ich trinke wegen meiner unglücklichen Kindheit. Ich übersah dabei, das ich so irgendwie meinen Pubertätsstatus nicht loswurde und es nicht schaffte, Verantwortung für mein Leben zu übernehmen. Ich habe das natürlich heute nicht alles vergessen, aber es hat mich doch auch zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Also ist es ein Teil von mir.

Heute halte ich mich für selbstbewußt, stockehrlich ( ich hasse Lügen, auch weil ich mich selbst lange genug belogen habe und aus einer Alkoholiker und Co-alkoholikerfamilie komme - in der naturgemäß auch viel gelogen und der Schein gewahrt wurde) und humorvoll. Ich denke - wie übrigens auch der gestern verstorbene Peter Ustinov, man sollte sich manchmal auch nicht so ernst nehmen und über sich selbst lachen können.

Und noch was, ich finde es toll was du tust. Wenn ich mit 23 schon solche Einsichten gehabt hätte, hätte ich mir in meinem Leben viel ersparen können und meine Energien anders einsetzen können. Ich mußte leider noch viele Jahre mehr trinken um so weit zu kommen.
Ich sag nur Hut ab !

Grüßle von
Bea


NoAlktoday Offline




Beiträge: 654

30.03.2004 11:17
#7 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo Maggie

Auch von mir ein Herzlich Willkommen hier am Board.
Ich bin erstaunt und beglückwünsche dich zu der Einsicht, dass du in deinen jungen Jahren bereits die Erkenntnis gewonnen hast, Alkoholikerin zu sein und etwas dagegen tun musst

In deinem Alter habe ich bei jeder Gelegenheit gerne getrunken und wäre nie auf die Idee gekommen, dass mir das schaden könnte - es haben ja alle gemacht.

Was den Suchtdruck anbelangt, kann ich mich Bea nur anschließen. Ich habe auch keinen, obwohl ich auf eine lange Periode von Quartalssauferei zurück blicken kann.

Irgendwann hat es bei mir Klick gemacht und das Thema war gegessen. Ich habe den Alkohol aus meinem Leben verbannt - er ist für mich ebenso wenig existent wie alles andere, was ich nicht brauche und nach dem ich mich auch nicht sehne.

Ich habe im Nachhinein festgestellt, dass ich mich nur hinter dem Alkohol versteckt hatte und das habe ich gar nicht nötig. Jeder sollte sich mit seinen Macken anerkennen und nicht versuchen, perfekt zu sein. Seine Fehler eingestehen, daran arbeiten und versuchen, aus dem Leben, was einem ja nun mal geschenkt wurde, das Beste zu machen.
Und man sollte es nicht mit Sachen vertun, die einem schaden.
Meine Alkoholkarriere habe ich genauso wie meine ereignisreiche Jugend und weitere Erlebnisse, die ich nicht mehr ändern kann, in eine Schublade gepackt und lass diese Schublade jetzt zu.

Vor mir ist ein Leben, welches ich jetzt ohne Alkohol viel besser gestalten kann.

Mit dem Alkohol ist auch Wehleid, Selbstmitleid und Angst, zu versagen, verschwunden.
Es geht mir gut und ich kann wieder in den Spiegel schauen, schäme mich nicht mehr und kann mich auf mich selber verlassen.

Ich wünsche dir, Maggie, dass es bei dir auch Klick macht, dass du einsiehst, dass der Alkohol dein Leben nur negativ verändert.
Den ersten Schritt hast du bereits getan: Hier geschrieben.
Wir fühlen mit dir und können sicher manchen Tipp geben.

Trotzdem bewundere ich dich - in deinem Alter war ich noch nicht so weit.
Es hätte mir viel Leid erspart.

Ich wünsche dir alles Gute und schreibe hier weiter; mir bringen die "Gespräche" hier viel und mein Hirn wird immer wieder mit neuen Gedanken und Anregungen versorgt.

Alles Liebe wünscht dir
Jutta


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

30.03.2004 12:08
#8 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

hallo Maggie,
präziser geht es nicht: „Wie schaffe ich es, 24 Stunden am Tag (und dies den Rest meines Lebens) in dem Bewusstsein zu leben, eine schlimme Krankheit zu haben,“
Indem du dir mal klar machst, dass es eine Krankheit ist. Punkt. Wieso ist denn diese Krankheit schlimm? Bloß weil du kein „Erleichterungstrinken“ mehr treiben kannst (das wäre ein Symptom dieser Krankheit wenn sie noch nicht so weit forgeschritten ist)? Odr weil du deine Lebensgewohnheiten ändern musst?
„die schon mit einem einzigen Tropfen Alkohol wieder zum Ausbruch kommt?“
Na dann haben wir’s doch schon. Genau! Mit einem einzigen Glas, nämlich immer dem ersten Glas geht der ganze Rotz von vorne los. Alle Ängste sind wieder da, nach Ernüchterung.
Unsere seelische Beschädigung muss wohl doch erheblich (gewesen) sein, dass es zu solche einer an sich psychischen Kurzschlusshandlung immer wieder kommt. 4-5 doppelte Schnaps hinein in den Schlund und ich konnte wieder atmen. Dauerte nur 1-2 Minuten, die Scheinreparatur der Seele.
Und jetzt trinke ich nicht. Im Unterschied zu „nicht mehr“. Heute trinke ich nicht. Na reicht doch völlig aus. Und ist doch gar nicht so gruselig, bloß eben etwas anders.
Mein Anlaß war ein seelischer Zusammenbruch, und zwar ich an mir selber bin verzweifelt. Eben weil ich einfach nicht NICHT trinken konnte. Das war zum bestimmenden Faktor meines Lebens geworden. Immer schön die Birne zu bis zum Abwinken, als Lebensinhalt.
ich grüße dich, Max


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

30.03.2004 12:17
#9 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

hallo Lis,
an sich bin bereits hellwach.
„bemerkte eben, dass ich noch im gestern lebe, obwohl .. Zukunft doch im heute ....., gel Max“
Auch nach dem dritten Durchlesen deiner Beiträge kann ich keine Vergangenheit feststellen. Jedenfalls nicht dass du darin lebst. Ich finde es immer wieder schön, wenn es Menschen gibt, die ihre Vergangenheit kennen, kennenlernen, ausleuchten, nicht vergessen, sonst könnten sie ja gar keine Zukunft haben.
Lis, gel, du klingst mir auf gutem Wege :gutschon deshalb weil du dich mit anderen vergleichsweise austauschst, und somit nicht im eigenen Mus festklebst), und wenn es am Tage nur 60 Kilometerchen sind.
ich grüße dich, Max


Adobe Offline




Beiträge: 2.561

30.03.2004 12:45
#10 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo Maggie,

Und was kann ich dagegen tun? Wie schaffe ich es, 24 Stunden am Tag (und dies den Rest meines Lebens) in dem Bewusstsein zu leben, eine schlimme Krankheit zu haben, die schon mit einem einzigen Tropfen Alkohol wieder zum Ausbruch kommt?

Ständig daran denken, daß man den Rest seines Lebens keinen Tropfen mehr trinken darf, erscheint am Anfang als unüberwindbares Hindernis.
Nach den Regeln der AAs: Sich immer abends vornehmen, morgen trinke ich nichts. Nicht ich trinke mein Leben lang nichts. Irgendwann kommt die Zeit, wo man überhaupt nicht mehr daran denkt, wo es selbstverständlich ist, nichts zu trinken.

Über Saufdruck kann ich auch wenig sagen, mir ging immer nur ein flüchtiger Gedanken durch den Sinn, jetzt könntest Du doch ein Glas... Aber wie gesagt, das waren immer nur kurze Momente.

Ich kann Dich nur beglückwünschen, in Deinem Alter schon diese Einsicht zu haben. Ich habe zwar erst um die 30 angefangen zu trinken, war da aber noch sehr blauäugig. Als ich schon längst Alkoholiker war, habe ich das überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Die Einsicht, daß man einer ist, ist der erste Schritt. Nach dem Motto: Ich habe eingesehen, daß der Alkohol mächtiger ist als ich.

Viele Grüße
Adobe


mondsuechtig23 Offline



Beiträge: 3

30.03.2004 13:19
#11 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo alle zusammen!

Das finde ich wirklich wunderbar, dass ich gleich so viele Antworten bekommen habe, die mir alle weiterhelfen.

Riesengroßes Dankeschön!!!

zu Roswitha:
Der Tipp, wenn ich diese Kraft spüre, dies gleich mit irgendeiner Handlung oder Geste zu verbinden, ist genial! Werd ich gleich ausprobieren.
Zigaretten helfen mir momentan auch sehr viel. Leider, war vorher schon so gut wie weg davon, aber das mit dem Alkohol ist bei weitem wichtiger und mit dem Rauchen kann ich in einem halben Jahr immer noch wieder aufhören. Wenn´s ganz schlimm wird, gibt mir wenigstens das noch irgendeinen Halt.

zu Lisl:
Du hast recht, dieses Board hilft schon sehr viel, ich les schon seit einer Woche immer recht fleißig, wie es euch allen ergangen ist und schöpfe daraus wahnsinnig viel Hoffnung.

Trinken, weil man nicht leben kann. Ich habe mein Leben und mich selbst mehr oder weniger immer weggetrunken, darum auch diese enormen Mengen an Alkohol, die ich in mich reingeschüttet habe. Ich hab überhaupt keine Ahnung, was ich nüchtern überhaupt für ein Mensch sein werde, wie ich mich entwickeln werde.
Aber auch daraus schöpfe ich Hoffnung, weil irgendwie ist es auch spannend, wie sich meine Gedanken und mein Charakter entwickeln, wenn ich mal länger als 3 Tage einen klaren Kopf habe. Ich glaube, das kann ja nur in die positive Richtung gehen

Ich hoffe, dass ich auch irgendwann wie du das Gefühl haben werde, den Alkohol in keiner einzigen Lebenslage mehr zu brauchen. Vor allem eben wenn ich weggehe und mich mit Menschen treffe, tu ich mich da immer noch wahnsinnig schwer. Vor allem, wenn der Gegenüber nicht über meine Krankheit Bescheid weiß und sich über mein verklemmtes und schüchternes Verhalten wundert, weil ich doch früher immer ganz anders war. Darum bin ich zu der Überzeugung gekommen, es allen mir wichtigen Menschen sagen zu müssen, damit sie mit der "neuen " Maggie umgehen können und zum Glück bin ich die letzten Wochen innerlich so stark geworden, mir zu denken, wenn mich dann jemand langweilig findet, kann ich ihm auch nicht helfen, dann brech ich den Kontakt lieber ab und bin auch nicht traurig darüber.

Zum Studieren brauch ich den Alkohol ja nicht, im Gegenteil, wenn ich weitertrinke, brech ich ja das Studium immer wieder ab und steh mit dreißig noch ohne abgeschlossene Ausbildung da.

zu Bea:
Genau, ich hab auch irgendwann gemerkt, dass ich nicht wegen den ganzen Problemen trinke, sondern dass mir das Trinken diese ganzen Probleme verschafft.
Dieses sich stimmig fühlen und endlich man selbst sein, wenn man nüchtern ist, ist eine sehr gute Bezeichnung und ein wunderbares Ziel.
Ich hatte das letzte halbe Jahr schon immer kurze Einblicke in mein Leben, wenn es absolut nüchtern verlaufen würde (so ab dem 3.,4. nüchternen Tag hab ich das gefühl, das sich mein Gehirn einigermaßen erholt hat und ich wieder klar denken kann) und ich glaube auch, dass ich mich nur zum Positiven verändern werde, eben so werden, wie ich mit Hilfe des Trinkens immer sein wollte. Selbstbewusst, lebensfroh, kontaktfreudig, energiegeladen,...

Auch ich habe es bis heute nicht geschafft, Verantwortung über mein Leben zu übernehmen und mich in immer mehr Abhängigkeiten reingeritten. Auch um dies zu ändern, ist es mir so stark wichtig, das jetzt heute zu schaffen und es nicht weiter von Woche zu Woche aufzuschieben (damit hab ich ja noch mal ein ganzes Jahr verloren, und mit vernebeltem Verstand vergeht die Zeit rasend schnell...)

Ich finde es auch wahnsinnig wichtig, sich nicht so ernst zu nehmen und auch mal über sich lachen zu können. Aber wenn man sich am nächsten Morgen im Spiegel betrachtet und sich nur noch selbst anekelt, weil man den Kampf wieder einmal verloren hat, ist es schwierig, diesen Humor zu bewahren. Ich hoffe, ich bekomme diese Eigenschaft bald wieder

zu Jutta:
Bei mir hat es eben schon vor einem Jahr klick gemacht, allerdings war ich bis jetzt immer der Meinung, das muss ich doch alleine schaffen, das gibt´s doch gar nicht. Und das funktionierte bei mir überhaupt nicht, weil ich mich dann doch immer wieder selbst angelogen habe und mir vorgemacht habe, dass doch alles nicht so schlimm ist.
Ich denke, durch dieses Board hier und die Selbsthilfegruppe habe ich das erste Mal eine reelle Chance, vom Trinken wegzukommen.

Das mit der Schublade ist ein guter Vergleich. Es bringt einfach nichts, über Vergangenes ständig nachzugrübeln, weil man ja sowieso nichts mehr daran ändern kann. Wichtig ist doch, wie ich mich heute mir und anderen gegenüber verhalte und nicht, was in der Vergangenheit so alles schief gelaufen ist. Damit zerfleischt man sich nur selbst.
Und drüber zu jammern, wie schlimm doch die Kindheit war bringt auch nichts, weil das Situationen waren, an denen man sowieso überhaupt nichts ändern konnte.
Also am besten einfach irgendeine Art Gelassenheit der Vergangenheit gegenüber entwickeln, damit ja nicht mehr das Gefühl hochkommt, die ganzen Erinnerungen erdrücken mich und darum schütt ich mich jetzt lieber zu, damit ich mein Gehirn
abschalten kann...

Ich weiß, dass ich froh sein kann, schon so früh erkannt zu haben, dass ich nur ohne Alkohol lebensfähig bin.
Allerdings habe ich ja auch zehn Jahre meines Lebens verloren, aber da darf ich mich erst recht nicht reinsteigern, weil das nur frustrierend wäre, sondern es als erschreckendes Beispiel nur immer wieder zum Anlaß nehmen, damit ich mich jetzt auf meine restlichen X Jahre meines nüchternen Lebens freuen kann.

zu Max:
Auch für mich ist der Alkohol die letzten Jahre zum einzigen Lebensinhalt geworden. Es ist verdammt schwierig, sich das selbst eingestehen zu müssen, aber wenn man einmal soweit ist, denke ich, kann´s nur noch nach vorne gehen.
Eben genau an dem Punkt funktioniert das "Erleichterungstrinken" überhaupt nicht mehr. Sicher, man hat für ein paar Stunden Ruhe von seinem schlechten Gewissen und seinem Ekel, aber dafür bin ich z.B. danach immer tagelang in tiefste Depressionen verfallen, weil ich mich dafür haßte, mich wieder so gehengelassen zu haben und alles wurde immer schlimmer...
Es hilft irgendwie, wenn man sich immer wieder klarmacht, dass es eine wirklich schlimme Krankheit ist und es nicht bloß reine Willensschwäche war, immer wieder verloren zu haben.


Auf jeden Fall haben mir alle Eure Antworten wahnsinnig geholfen.
Ich gehe heute abend mit einem sehr netten Bekannten ins Kino, den ich schon am Freitag (natürlich betrunken ) darüber aufgeklärt habe, dass ich Alkoholikerin bin, und ich habe jetzt, anstatt Angst vor der Situation danach im Café zu haben, wieder richtige Lust, etwas ohne Alkohol zu trinken.

Dankeschön!!!!

Liebe Grüße,
Maggie


Rosalie ( gelöscht )
Beiträge:

30.03.2004 18:26
#12 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Liebe Maggie,

Ich lese jeden Deiner Sätze mit wahrer Begeisterung!

Es tönt für mich, als ob Du aus einem tiefen langen und schweren Schlaf erwacht bist, Deine Glieder reckst, Deine Gefühle erwachen, Du sie zulässt und mutig und voller Zuversicht in die Zukunft gehst.

Viel Spass im Kino!

Für mich bist Du auf einem guten Weg!

Alle Achtung! von

Rosalie


Jarjar Offline




Beiträge: 117

30.03.2004 20:00
#13 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hallo Maggie,

ich finde es toll, wie du hier schreibst. Du fragst, wie du weiterhin schaffen kannst, dass du trocken bleiben kannst. Du bist mitten im Studium, hast vielleicht noch gar nicht erkannt, welch wunderbare Chancen sich dir dadurch auftun können.
Bei mir hat es während (oder besser gesagt kurz vor dem erzwungenen Ende ) des Studiums klick gemacht. Die letzten 4 (trockenen) Semster waren bestimmt das schönste, was mir in meinem Leben passiert ist.
So könnte dein Studium auch werden - und das schon ziemlich vom Anfang an.
Ich wünsch dir auf alle Fälle viel Erfolg !!!


gepard Offline




Beiträge: 851

30.03.2004 23:50
#14 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Hi Maggie,

das "Problem" mit dem 24 Stunden nichts trinken und nie mehr trinken können stellt man sich als Trinkender recht anstrengend und qualvoll vor, und es kann einen vom Aufhören abhalten. Wenn ich mir dauernd vorsagen würde, dass ich am Rande des Abgrundes stehe und schwer krank bin, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich nicht mehr nüchtern. Mir hilft es eher, dass ich mir die angenehmen Seiten ohne Alk vor Augen halte (zum Beispiel wie leichter mir das ganze Leben fällt) und die schönen Aussichten, dass es langfristig noch besser wird. Mir hilft, dass mir der Alk egal ist und praktisch keine Rolle spielt (theoretisch natürlich schon, sonst würde ich mich nicht damit beschäftigen und hier lesen und schreiben).

Du bist recht selbstbewusst und weißt schon, dass dir der Alk nicht gut tut, das ist eine gute Voraussetzung, es dauerhaft bleiben zu lassen.

Wenn man sich gegen den Alkohol wirklich entschieden hat, und schon eine Zeit nichts getrunken hat, dann ist das Nicht-Trinken überhaupt nicht so wie man es sich als Trinkender immer vorgestellt hat. Es ist dann nämlich einfach normal, keinen Alkohol zu trinken (was es ja auch ist!), und mehr noch: man will gar keinen Alkohol trinken, alleine der Geruch ist unangenehm. Ich trinke einfach keinen Alkohol. So wie andere Menschen auch keinen Alkohol trinken aus den verschiedensten Gründen. Man ist also keineswegs 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, keinen Alkohol zu trinken (als Trinkender stellt man sich Abstinenz leider so vor).

Wo man aufpassen muss, das ist, dass man nicht dem Leichtsinn verfällt: Obwohl der Alk schon längst egal ist, trinkt man einen Schluck und fällt unweigerlich in den alten Trott. Das gilt es zu vermeiden! Oder es gibt so Momente, in denen man sich plötzlich an vergangene Betäubungen erinnert (und leider nicht an die Nachteile, die damit verbunden waren). Da muss man sich schnell ablenken, um keine Dummheiten ("soll ich oder soll ich nicht Wein kaufen gehen") zu begehen und wieder auf bessere Gedanken zu kommen. Jeder entwickelt da seine eigene Strategie. Bei mir ist es so, dass ich dann abends einfach mal an die frische Luft gehe, und schon ist das Grübeln weg.
Die Trockenheit selber - das kann sicher jeder hier bestätigen - ist recht angenehm, und man erinnert sich oft zurück, wie mies man sich im Vergleich dazu als Trinker früher meist gefühlt hat.


Adobe Offline




Beiträge: 2.561

31.03.2004 11:24
#15 RE: Angst vor Rückfall Zitat · Antworten

Maggie,

Darum bin ich zu der Überzeugung gekommen, es allen mir wichtigen Menschen sagen zu müssen, damit sie mit der "neuen " Maggie umgehen können und zum Glück bin ich die letzten Wochen innerlich so stark geworden, mir zu denken, wenn mich dann jemand langweilig findet, kann ich ihm auch nicht helfen, dann brech ich den Kontakt lieber ab und bin auch nicht traurig darüber.

Bravo kann ich da nur sagen. Ich hatte am Anfang auch eine panische Angst davor, die Leute könnten mich auf einmal langweilig finden. War ja auch auf jeder Party Hans Dampf in allen Gassen und habe die Leute ganz gut unterhalten. Na und? Ich bin ja nicht denen ihr Clown. Heute ist es so, daß ich mich langweile, wenn ich das besoffene Gequatsche höre. Die Leute finden sich unwiderstehlich und merken gar nicht, daß sie sich dauernd wiederholen und nur noch Müll reden.

Du bist auf dem richtigen Weg.

Viele Grüße
Adobe


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