ich möchte heute mal was zu meinem momentanen Gefühlschaos loswerden.
Im Grunde geht es mir gut nach der Therapie, aber... ich merke, dass ich extrem dünnhäutig geworden bin. Ich breche in Tränen aus, wenn ich die entwürdigende Behandlung von Juden im Fernsehn sehe (Hitler Film) oder in der Zeitung lese, ich kämpfe auch bei viel geringerm oft mit den Tränen, meine Gefühle sind so an der Oberfläche. Ich fühle mich oft klein und verletzlich.Meine "Fassade" ist weg - was nicht unbedingt nur Vorteile hat - ich bin viel angreifbarer geworden. Kennt das jemand?
Die letzten Tage war ich schon ganz verzweifelt über mich. Weiterhin habe ich große Schwierigkeiten mit den Verletzungen aus der Vergangenheit (Kindheit). Ich brauche nur gewisse Gesten oder Worte von Personen, die geringschätzig oder abwertend sind, und schon bricht in mir ein jämmerliches, hilfloses Gefühl aus und ich bin unfähig einen STOP oder eine Grenze zu setzen. Was ist das nur? Mir müsste es doch eigentlich besser gehen nach der Therapie? Ich dachte, ich wäre gestählt fürs Leben und jetzt bin ich noch mehr Mimose!?
In 2 Wochen will meine Therapeutin mit mir Anfangen mein Kindheitstrauma zu bearbeiten (jahrelange extrem abwertende Behandlung durch meine Eltern und sexuelle Übergriffe). Sie sagt, dass es ein gutes Zeichen wäre, dass ich jetzt so viele Reaktionen zeige, weil das bedeutet, dass ich die Gefühle jetzt zulasse. Hm, klingt nicht unlogisch..aber ich hoffe sehr, dass meine derzeitige Verletzlichkeit wieder besser wird. Sie blockiert mich sehr. Ich bin tageweise richtig unmotiviert und krieg kaum was auf die Reihe.
Durch dieses Tal muss ich nun wohl wandern irgendwann geht´s ja dann wohl bergauf
Hat jemand auch schon mal so ähnliche Erfahrungen gemacht (oder kann mir sonst irgendwie Mut machen )?
Wenn unsere "Ausgangszustände" - ich nenne es einmal so, auch sehr unterschiedlich sind, so denke ich doch, dass Du auf dem richtigen Wege bist. Ich habe für mich ähnliche Erfahrungen gemacht.
Die Vorstellung, dass nach einer LZT alles so viel besser ist - in meinem Inneren - hatte ich nicht. Dazu war wohl im Laufe der Jahre zu viel durcheinander geraten.
Deshalb mache ich jetzt auch die zweite LZT. Ich möchte da weiter machen, wo ich beim letzten Mal aufgehört habe. Ob das gelingt ? - Wir werden sehen...
Was ich bisher zu dieser Zielstellung beitragen konnte, meine ich, getan zu haben.
Irgendwie entsteht bestimmt ein neuer Schutzmechanismus vor den Widrigkeiten des Lebens, Fassade möchte ich das nicht nennen. Der alte war jedenfalls ungeeignet.
ich denke sicher, daß Deine Therapeutin Recht hat:
Du setzt Dich gerade mit Deinen vergrabenen Verletzungen auseinander (oder auch mit den "Leichen" im Keller), da kommen sicher ganz viele Emotionen hoch, mit denen man nicht so leicht fertig wird.
Aber im Grunde ist es schon ein gutes Zeichen, wenngleich Du es vielleicht im Moment als das Gegenteil empfindest.
Sicher wird sie Dir bei der Therapie Strategien an die hand geben, mit denen Du damit auch besser fertigwerden kannst - und wenn es erstmal verarbeitet ist, kannst Du damit auch umgehen, bzw. es wird Dich dann in Ruhe lassen!
Also - weine, wenn Dir danach ist , aber laß Dich nicht unterkriegen!!
dieses Empfindliche und Verletzliche kennen bestimmt viele, ich kenne das auch.Das hat nichts mit Mimose zu tun. Jeder reagiert anders.Du bist halt im Moment nah am Wasser gebaut.Ich reagierte agressiv,das war für mich auch nicht leicht, war so gar nicht mein Naturell. Das wird vorüber gehen, bestimmt. Betrache es doch mal so, in der Therapie kam das erkennen und zulassen, jetzt fängst du das Ganze an, zu bearbeiten. Ist doch die richtige Reihenfolge, oder was denkst du? Du bist dabei dich neu zu finden und zusammen mit deiner Therapeutin wirst du das bewältigen.Die Vergangenheit ist nicht zu ändern, aber du wirst lernen damit umzugehen. Deine Verletzlichkeit wird sich auch ändern. Ich glaube das ganz fest. Vielleicht hat es dir ein bißchen geholfen? Ich wünsch dir was schönes LG Manuela
[f1][ Editiert von Falballa am: 02.10.2004 18:34 ][/f]
ja Bernd, du bist auch hartnäckig (so wie ich :grins2 - muss an der Gründlichkeit der Jungfrau liegen
Sicher sind meine Erwartungen (an mich selbst) immer viel zu hoch...das ist dann auch schon der erste Schritt in die Enttäuschung...
ZitatIrgendwie entsteht bestimmt ein neuer Schutzmechanismus vor den Widrigkeiten des Lebens, Fassade möchte ich das nicht nennen. Der alte war jedenfalls ungeeignet.
Da hast du recht! Ich muss wohl mehr Geduld mit mir haben
helena,
danke, ich lass´mich nicht unterkriegen. Ich komme mir zurzeit oft ziemlich bescheuert vor, wenn eine Frau von 38 Jahren wegen "Nichtigkeiten" in Tränen ausbricht. Ich habe manchmal auch ein bißchen Angst, dass mein Mann denkt, hätte sie blos nicht die Therapie gemacht, jetzt ist sie ja noch durchgeknallter wie vorher...
manuela,
ich wünschte, ich könnte mal agressiv reagieren und jemandem mal so richtig eine verbraten, der abfällig mit mir umgeht...ich kann so was gar nicht - ich bin dann nur wie gelähmt.
Ja, ich habe auch die Hoffnung, dass es aber jetzt dann mal was wird mit mir (ohje, dass war schon wieder ungeduldig und abwertend zu mir selbst - ist aber auch schwer) Ich habe dir fast zeitgleich auf deinen "Väter und Töchter"-Beitrag was geschrieben - lustig.
bin ziemlich in Eile und schreib dir noch ne' nMail...aber das ist normal. Ich habe auch nie heulen können,aber in der Thera musste ich auch jedesmal Kleenex mitnehmen. Und bei bestimmten Filmszenen ect. kullern mir auch teilweise "ohne Grund" Tränen aus den Augen...immer noch.
Als ich damals aus meiner Therapie kam brauchte ich auch erstmal Zeit mich an die Welt da draußen zu gewöhnen.
Teils lag es daran das mir wieder die Verantwortung für mein Leben übergeben worden ist, teils daran das es in einer Therapie Einrichtung in Punkto Gesprächen doch sehr zivilisiert zugegangen ist.
Das ist ja nicht immer der Fall wenn man wieder zurück ins Büro muss oder sich mit anderen Leuten auseinandersetzt, dies einem manchmal nicht so leicht machen.
Ich glaube das Du Dir etwas sehr wertvolles aus Deinem Therapie Aufenthalt mitgenommen hast und das ist das Du Gefühle wieder zuläßt, dazu gehört einiges.
Du hast zwar nicht geschrieben ob Du in solchen Momenten in Bezug auf Alkohol gefährdet bist, aber die Tatsache wie offen Du damit hier umgehst ist doch die, das Du Dich Deinen Problemen stellst, Alkohol wäre ja das Gegenteil.
Soweit ich das hier erkennen kann, würde ich Dich als sehr sensiblen Menschen einschätzen der noch dazu eine Menge Empathie mitbringt.
Auch wenns Dich momentan ein wenig überwälltigt, glaub mir das legt sich wieder, siehs wie einen Sturm wo die Wellen einfach jetzt hochschlagen,es gibt Menschen die sind schon völlig apathisch, was würden die geben so intensiv wie Du fühlen zu können.
Ich würd´s nicht zurückhalten,ich würde mir ein paar sentimentale Filme holen und das einen Tag lang so richtig ausleben, so wies Helena auch geraten hat. Danach sollte es Dir besser gehen,dann hast Du dieses Bedürfniss ja gestillt. Dagegen ankämpfen würde diesen Emotionen nur noch mehr Energie geben. Was mir aber wichtig erscheint ist das Du diese Sensibilität und Empathie als etwas wertvolles ansehen solltest,...wenn das mehr Menschen hätten dann würds in unserer Welt nicht so ausschaun wies dies jetzt auch tut.
Also nur Mut und die feste innerliche Überzeugung das Du sicher durch dieses Tal kommst,dann wirds nämlich auch so sein.
weinen ist nichts schlimmes, es reinigt die Seele. Wenn Dir danach ist, weine ruhig.
Du möchtest gerne mal Aggressionen zulassen? Glaube mir, daß kommt von alleine.
Am Anfang war ich ganz schnell mit den Tränen, mit der Zeit wurde es besser und irgendwann konnte ich auch mal aggressiver werden, wenn mir einer total daneben kam.
danke für eure Worte! Mir geht es seit gestern nachmittag wieder besser - es war aber wirklich ein heftiges Tief.
Ich habe momentan große Schwierigkeiten damit, dass ich mich gerne so aktzeptieren möchte, wie ich bin und dass ich aber auf der anderen Seite die ambulante Therapie weitermache, die mir meine Fehler und Unzulänglichkeiten sehr vor Augen führt und bei mir derzeit das Gefühl, dass ich "nicht richtig" bin verstärkt.( damit meine ich die ambulante Therapiegruppe, nicht die Verhaltenstherapeutin, die mit mir Traumatherapie machen will).
Ich halte mich eigentlich schon für fähig Kritik anzunehmen und war auch in der LZT sehr motiviert Hinweise zu nutzen, mich darauf einzulassen. Im Moment habe ich aber irgendwie die Schnauze voll. Ich möchte jetzt, dass es gut ist. Das ich so sein darf, wie ich bin. Das nicht dauernd noch irgendwas an mir ist, was ich verbessern muss. Das zieht mich sehr runter zurzeit.
Klar hatte ich Suchtdruck, Harald - den schlimmsten, seit ich abstinent bin - aber ich habe ihn nun überwunden und nicht nachgegeben und hoffe, dass ich somit wieder etwas stärker geworden bin.
Ich habe dann auch nicht mehr angekämpft gegen meine Gefühle, sondern mich damit beschäftigt und z.B. auch viel hier gelesen. Dann ging es mir langsam besser und dann habe ich mich mit dem Gedanken beschäftigt, dass ich ja nun auch mein Leben selbst in die Hand nehmen könnte und es vielleicht genug ist mit der Therapie. Ich habe nämlich festgestellt, dass ich jedesmal nach der ambulanten Therpiegruppe so durch den Wind bin, dass es Tage dauert bis ich mich wieder aufgerappelt habe.Ich könnte sie ja einfach beenden. Seit ich diesen Gedanken hatte, ging es mir vieeel besser.
Ich werde noch ein bißchen drüber nachdenken.
Klasse Bild Harald! Im ersten Moment dachte ich, die Katze wandert im finstren Tal, aber sie ist es gar nicht, finde ich ..wirklich schlecht dran auf dem Bild, sind die, die wollen, aber nicht dürfen...wuff oder?
Im Moment habe ich aber irgendwie die Schnauze voll. Ich möchte jetzt, dass es gut ist. Das ich so sein darf, wie ich bin. Das nicht dauernd noch irgendwas an mir ist, was ich verbessern muss. Das zieht mich sehr runter zurzeit.
Gaby vielleicht kannst du das mal aus einem anderen Blickwinkel betrachetn ?
Du darfst so sein wie du bist und du mußt auch nicht dauernd was an dir verbessern. Das du die Schnauze voll hast, kann ich gut verstehen. Auch das du nach der ambulanten Therapie durch den Wind bist finde ich normal.Das ist anstrengend und erschöpfend. Ich habe mich nach Theras erst mal hingelegt, so fertig war ich.
Zitat Ich könnte sie ja einfach beenden. Seit ich diesen Gedanken hatte, ging es mir vieeel besser.
Das wäre sehr einfach.Du lässt doch nicht das Messer im Schwein stecken?
Das ist eine verdammt harte Zeit,ich sag mal ganz profan, da mußt du durch.Dir zuliebe. Ich kenne einige Mitstreiter, die das Handtuch geworfen haben , weil es ihnen zu heiss wurde.Es hat sich für diese Leute als nicht gut erwiesen.Mit all diesen aufgewühlten , unbearbeiten Gefühlen aufzuhören,das wäre Raubbau an deiner Seele. Auch bei mir kommen noch alte Verhaltensweisen durch. Mit denen kann ich inzwischen Leben.
Wir haben ja eine ähnliche Kindheit.
Vor 15 Jahren war ich mal so krank ( kein Alkohol!!) kein Arzt konnte sagen, ob ich aus der Welt in die ich eingetaucht war, je wieder auftauche.Ich bin wieder aufgetaucht und mir blieb keine Wahl,ich mußte mich diesen Therapien stellen,um leben zu können.Es war nicht leicht, aber ich habe es geschafft und es hat sich gelohnt.
Wer schon auf dem Meeresgrund schwamm, der fürchtet sich nicht mehr vor Pfützen. Dieser Satz macht mir immer wieder Mut, ich hoffe dir auch.