ich verfolge nun bereits seit einiger Zeit als aufmerksamer Leser dieses Forum. Doch nun wende ich mich an euch, weil ich mir unsicher über meine eigene Situation bin.
Ich habe zwar schon wegen meinem „Problem“ die Suchtberatungsstelle aufgesucht. Wir sind so verblieben, dass ich versuche es aus eigener Kraft in den Griff zu bekommen (ha, glatte Selbstüberschätzung von meiner Seite) und dass ich mich melden soll, wenn ich es nicht alleine in den Griff bekomme. Seit ungefähr 2 Jahren trinke ich nun im Schnitt jeden Tag 3-4 Flaschen Bier, oder die entsprechende Menge Wein. Den Grund habe ich immer auf etwas anderes geschoben. Anfangs die Trennung von meiner langjährigen Freundin, dann Prüfungsstress, dann Unzufriedenheit im Job usw... Doch jetzt, die Prüfung ist vorbei, die Trennung liegt über ein Jahr zurück und Jobmäßig ist die Sache abgehakt.
Aber, Überraschung, ich trinke weiter. Nur weiss ich jetzt nicht wieso. Einfach so zur Entspannung vor dem zu Bett gehen?
Diese Woche nun solle ich mich melden, damit ich einen Therapie-Platz erhalte. Aber brauche ich in wirklich? Soll ich mich wirklich melden? Nehme ich nicht jemandem den Platz weg, der ihn vielleicht nötiger braucht? Wenn ich dann daran denke, dass kein gemütlicher Abend mit gutem essen und Rotwein in Frage mehr kommt machen sich bei mir Verlustgefühle breit.
Kann es so schwer sein, es sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht? Eigentlich brauche ich doch gar keine Hilfe. Ich brauche den Alkohol tagsüber nicht. Ich kann Arbeiten, Sport treiben usw...
hab ich schon versucht, aber länger als zwei Tage war ich noch nie ohne Alkohol in letzter Zeit. Ich schätze wenn ich das letzte halbe Jahr aufsummiere, komme ich auf ca. 14 Tage ohne Alkohol.
Einen Grund lässt sich eigentlch immer finden: 1. Der Tag ist schlecht gelaufen -> Frust 2. Der Tag ist gut gelaufen -> Belohnung 3. Der Tag war stressig -> Entspannung 4. Den Tag nur in der Wohnung verbracht -> Einsamkeit usw....
Inzwischen ist es glaube ich zum "Ritual" geworden, vor dem zu Bett gehen schnell noch die Bierchen zu kippen.
du zweifelst noch, ob du einen Therapieplatz brauchst?
Ich sehe bei dir Parallelen zu mir. Auch ich habe jahrelang abends meine 3-4 Flaschen Bier getrunken; mal mehr, mal weniger (meistens aber mehr). Das ging auch jahrelang gut, bis ich auch schon morgens meinen Alkoholspiegel auffüllen musste. Es dauerte nicht allzu lange, bis es bei der Arbeit auffiel. Es wurde mir dann zur Wahl gestellt, entweder Therapie oder Kündigung. Wohl oder übel habe ich mich dann für die Therapie entschieden, wobei ich mich zu dieser Zeit nicht als Alkoholiker fühlte (war ich aber schon längst). Als ich dann nach 12 Wochen LZT ins „normale Leben“ zurückkam, hatte ich den Entschluss für mich gefasst: „Nie mehr Alkohol“ und habe mich bis heute daran gehalten.
Aus deinen Zeilen entnehme ich, dass du einerseits einsiehst, dass deine Trinkgewohnheiten nicht in Ordnung sind, andererseits aber nicht akzeptierst, alkoholkrank zu sein. Du schreibst, dass du dein Alkoholproblem nicht in den Griff bekommst. Das heißt doch, dass du ohne fremde Hilfe nicht mehr klar kommst. Zitat: „Ich brauche den Alkohol tagsüber nicht“. Das konnte ich auch 1- 2 Jahre vor meiner LZT noch sagen. Aber zu dieser Zeit war der „point of not return“ längst überschritten. So schwer es dir auch fallen mag, aber du musst akzeptieren, dass du alkoholkrank bist.
Wenn du von Therapie-Platz schreibst, meinst du damit sicher eine Langzeit-Therapie. Warum wehrst du dich dagegen? Eine LZT ist die beste Hilfe, die du erhalten kannst. Wenn dir die Möglichkeit dazu geboten wird, nimm sie auf jeden Fall an. Du hast DIR ja bewiesen, dass du es alleine nicht schaffst.
Zu deinem Rotwein. Wenn du ein trockenes Leben führst, hast du so viele Vorteile, die den Verzicht auf das Glas Rotwein um ein Mehrfaches ausgleicht.
Warte nicht so lange wie ich, sondern tu jetzt was für dich.
Ein gewisser Leidensdruck ist ja schon da bei dir, sonst würdest du ja auch nicht hier schreiben.
Du hast noch keine große Beeinträchtigung - außer, dass du es nicht wirklich schaffst, mal länger die Finger vom Alkohol zu lassen.
Ich habe auch immer nur abends getrunken und auch manchmal längere Phasen nicht zwischendurch. Bei mir waren es dann aber über 15 Jahre - es schleicht sich so dahin, Jahr um Jahr...aufhören? Verschieben wirs auf morgen...
Ich bin ein Genußtrinker! Ich trank nur ausgewählten Rotwein... naja, man kann seine Sucht schon gut kaschieren und zivilisieren
Ich finde deine Einschätzung realistisch, dass du ein Suchtproblem hast, ebenso wie die, dass es unheimlich schwer ist, sich das zuzugeben und sich Hilfe zu holen. Kenne ich alles.
Du kannst natürlich warten, bis du den Therapieplatz "nötiger brauchst" als jetzt - aber das ist ein gefährliches Spiel...es kann auch sein, dass du ihn irgendwann gar nicht mehr brauchst, weil der Zug abgefahren ist (was die Bereitschaft zur selbstkritischen Einsicht und Kapitulation vor dem Alkohol betrifft).Ich habe Alkoholiker mit Leberzirrhose kennengelernt, die von sich immer noch behaupteten, sie haben KEIN Problem mit Alkohol.
Gehe auf jeden Fall weiter zu der Suchtberatung. Es gibt ja auch verschiedene Therapiemöglichkeiten und z.B. zeitlich begrenzte Gruppen, um herauszufinden, ob man z.B. alkoholkrank oder alkoholgefährdet ist.
Ich fühle mich sehr befreit, seit ich nicht mehr trinken muss und möchte da nicht mehr hin. Es gibt so viel schöneres, als sich mit Rotwein zu betüdeln!