Hallo ans Forum, schreibe dies hier weil mich seit gestern Abend was bewegt. Das Problem liegt darin, ob wir andere verurteilen können weil sie nicht den selben Weg einschlagen können und gutgemeinte Ratschläge in den Wind schlagen. Ich denke da an Sprüche wie " der schäfft es ja nie "! Ich für meinen Teil habe mir zum Grundsatz gemacht das ich das akzeptiere was jeder aus seinen Leben macht. Es ist ja nun mal sein´s. Klar steht man manchmal Ohnmächtig daneben und denkt warum nimmt der Betreffende die Hilfe nicht an. In meinen Fall lebt in meinen Ort ein ehemaliger Klassenkamerad von mir, auch Alk und Leberzhirose im Entstadium. er hat auch nichts besseres vor als zu entgiften um dann wieder mit trinken zu beginnen. Von den Einwohnern wird er abschätzig beurteilt, ja wer macht sich schon Mühe die Krankheit zu verstehen. Da werden meistens Klischees bedient und man ist schnell dabei denjenigen in eine asoziale Ecke zu tun. Ich versuche zu helfen aber akzeptiere auch das er eventuell mit seinen Leben abgeschlossen hat, so traurig das klingt. In meiner Geschichte gab es auch genug Leute die evtl. gesagt haben:"der schafft es nie". Das aber bei jeden einzelnen eine ganz andere Krankheitsgeschichte dahinter steht und man die Genesung nicht nach Lehrbuch abhandeln kann, dürfte doch hier jeden klar sein. Also meine Frage lautet: sollten oder können wir uns aufschwingen und andere verurteilen oder ist vielleicht auch etwas Demut gegenüber der Krankheit ratsam? wünsche noch einen schönen Sonntag MFG Michael
vorausgesetzt, ich verstehe dich richtig (was ja im netz und mit nur geschriebenem wort manchmal schwierig ist), dann bin ich der gleichen meinung wie du.
ich habe das ja gestern auch gefragt ... das mit dem "verurteilen".
aus eigener erfahrung weiss ich, wie weh es tut, wenn andere einen aufgeben. wenn gesagt oder gedacht wird "du schaffst das ja eh nie!" wenn ich aber höre und spüre "geh deinen weg, du wirst es für dich richtig machen, egal ob nass oder trocken" (oder so ähnlich), dann fühle ich mich nicht abgestempelt sondern akzeptiert und an meine EIGENverantwortung erinnert.
verstehen kann ich aber auch all die leute, die sich sozusagen "bei mir reingehängt haben", die mir mit ihrer energie, mit rat und tat zur seite gestanden haben. und ich saufe immernoch! klar, dass die dann irgendwann das handtuch werfen und (je nach eigener gefühlslage) sauer, traurig, wütend oder sonstwas sind.
übrigens auch ein grund, warum ich mich von allen zurückgezogen habe: ich WOLLTE niemanden mehr da mit reinziehen. ich hatte genug leid angerichtet. aber so funktioniert es auch nicht.
es ist schon richtig, daß jeder Mensch seinen eigenen Weg gehen muß. Auch sollte man niemanden zu früh abstempeln, es haben schon welche nach mehrmaligen Entgiftungen und vielen Versuchen doch noch geschafft. Der eine braucht halt länger, bei dem anderen geht es etwas schneller. Auch sind ja die Tiefpunkte sehr unterschiedlich.
Es muß auch jeder selber sehen, wie er es am besten schafft. Man kann es deshalb auch niemanden verdenken, daß er sich nach vielen Hilfeversuchen zurückzieht und den Betroffenen seinem Schicksal überläßt. Oft ist keine Hilfe mehr geben die beste Hilfe.
es steht uns überhaupt nicht zu, über andere zu urteilen. Doch das Klischee vom Säufer ist schon uralt .Es ist ja auch noch nicht so lange her, dass Alkoholismus als Krankheit anerkannt wurde. Früher hieß es eben der/die säuft und es ist ihm nicht mehr zu helfen. Heute ist das Angebot der Hilfe sehr weit gefächert, so dass sich im Grunde jeder helfen lassen kann, sobald er bereit ist, diese Hilfe anzunehmen. Es ist wahr, hinter jedem Alkoholiker steht eine andere Lebensgeschichte. Wir werden alle nicht als Alkoholiker geboren. Jeder muss das für sich verarbeiten. Aber auch ich stehe auf dem Standpunkt- weniger ist manchmal mehr.
Ich wünsche einen schönen Sonntag liebe Grüsse Marieluu
ich habe schon gestern was dazu gesagt, hier nochmal:
Ich verurteile niemanden, denn dazu habe ich kein Recht, es geht ja auch nicht um ein Gerichtsverfahren.
Ich darf aber sehr wohl " mir ein Urteil" bilden, nämlich aus der Summe meiner Erfahrungen im Allgemeinen und mit dem einen Menschen im Besonderen.
Und letztendlich darf ich mich zurückziehen, wenn für mich selber Gefahr besteht oder aber ich für mich in der Sache keinen Sinn in dieser Situation erkennen kann.
Ich hoffe sehr, daß ich diesmal verständlich rübergekommen bin!!
Und noch was: Es ist mehrfach schon erwähnt worden, daß ich jederzeit bereit bin, mich in der Sache wieder zu engagieren, sobald ein Fortschritt zu erkennen ist, also lasse ich auch alles offen, was in der Zukunft passieren könnte. Ich "verurteile" nicht, sondern sage lediglich: Im Moment, so wie es aussieht, nicht mit mir!
ich war das gestern gesagt hat "der schafft das nie".
hast du schon mal von leuten gehört, die nicht therapierbar sind? die immer wieder anfangen zu trinken, obwohl sie schon quittegelb im gesicht sind, leberwerte von über 1000 haben? die sich zu tode kotzen. die wenn sie einsam sind, eine woche tot in ihrer bude liegen? die mit einem blutdruck von 190/120 noch eine flasche sekt nach der anderen trinken?
ich könnte dir vieles aufzählen, michael. in meinem bekanntenkreis ist es einigen schon so ergangen. die liegen jetzt eiskalt 1,50 meter unter dem boden.
da hilft dann keine schönmalerei mehr, für die ist alles zu spät gewesen. die "haben es nicht geschafft"!!!!
da hilft dann keine demut vor der krankheit mehr. sie haben nicht gekämpft.
auch dir und mir kann es so ergehen.
deshalb rechnen trockene alkoholiker jeden abend ab und sagen sich:
ZitatGepostet von delmo1959 Das aber bei jeden einzelnen eine ganz andere Krankheitsgeschichte dahinter steht und man die Genesung nicht nach Lehrbuch abhandeln kann, dürfte doch hier jeden klar sein.
Ich gebe das mal abgewandelt zurück:
Das aber bei jedem einzelnen, der gestern sagte: "Der schafft das nie", eine Vorgeschichte dahinter steht und man deren Erfahrungen mit berücksichtigen muss, solltest Du bitte dabei nicht vergessen.
Den einen Satz so isoliert aus dem Chat herausgeschnappt (bei Deinem zweiten Tag dort glaube ich) wird der ganzen Geschichte allerdings nicht gerecht und birgt die Gefahr, andere auf ein falsches Gleis zu führen.
Das Du darüber nachdenkst, ist schon ok, aber die Zusammenhänge solltest Du auch sehen dabei.
In dem Wort "verurteilen" liegt auch das Wort: "teilen" Ja wir teilen das Leid der anderen hier an Board, auch wenn sie einen anderen Weg einschlagen als wir! Manchesmal ist es eben mehr das wir teilen z.B. teilen wir Ansichten und Glauben oder Hoffnung und Vertrauen
In diesem speziellem Fall teilten manche sogar ihre Nächte in denen sie nicht schlafen konnten, da der angebliche Verurteilte sehr, sehr krank ist und sich immer und immer wieder im Kreis bewegt!
Hilfe wird angenommen, jedoch nur für eine ganz kurze Zeit...so dass der Helfende sich auch "Mit" im Kreise dreht! Entweder dreht der helfende sich weiter "Mit" im Kreise oder er ist an jenem Punkt geraten, an dem er sich sagt: "nicht`s geht mehr" weder an einem selbst, noch am anderem
Es ist ein Punkt an dem es nichts mehr zu hoffen, nichts mehr zu jammern und nichts mehr zu denken gibt!
Es gibt nicht mal mehr Angst! Und deshalb auch keine Ohnmacht mehr!
Wir überlassen demjenigem das Leben selbst!
Darin ist auch der Satz:"der schafft das ja nie" enthalten und auch der Satz:"ich schaffe das ja nie"
So können beide aus dem immerwiederkehrendem Kreis ausbrechen und auch mit Demut Hoffnung haben?
quittegelb war ich noch nicht. aber gamma gt über 1000 hatte ich auch schon - vor 8 jahren, hat sich wieder zurückgebildet trotz aller unkenrufe (weil ich hochprozentiges weggelassen hab) - musste auch mal wegen bl** ko**** als notfall ins krankenhaus, dachte "es geht gar nix mehr" ... und doch: ich soff weiter! krampfanfälle miterlebt beim partner und im krkhs., panik entwickelt "das passiert dir auch". mein onkel hat sich vor 6 jahren unter meinen augen zu tode gesoffen, ein hochbegnadeter künstler und ungeheuer intelligenter mensch! (ich gab das okay zum abstellen der lebenserhaltenden massnahmen) und doch: ich saufe immernoch! nun ist doch die frage, wer bitte, wer will über mich sagen "die schafft das nie!" ??? was ist mit dem wunderbaren spruch: "es ist keine schande, hinzufallen ... es ist eine schande, nicht wieder aufzustehen"?
ich gebe jedem jede chance! und zu allererst mir selber.
auch ich wurde schon von anderen abhängigen ausgenutzt/ verars*** ... und als ich merkte, dass ich darunter litt, habe ich die notbremse gezogen, habe ich mich distanziert. ebenso ist es sicher anderen menschen mit mir gegangen. und das ist auch richtig so.
aber ich mag nicht über einen anderen menschen sagen "der/die schafft das nie". ich hätte angst vor der verantwortung, dass sich meine prognose womöglich bewahrheitet.
du schreibst: aber ich mag nicht über einen anderen menschen sagen "der/die schafft das nie". ich hätte angst vor der verantwortung, dass sich meine prognose womöglich bewahrheitet.
Ich denke nicht, dass da von jemandem eine Prognose enthalten ist....also bei mir ist da nicht von "Prognose" die Rede....werd mich hüten
wenn jemand zu mir sagen würde: "du schaffst das nie" dann wäre mir das wenn ich sowieso weitersaufen möchte "Scheissegal"
wenn ich das nächste Glas stehen lassen möchte, dann wäre es für mich in diesem Fall ne grosse Herausforderung "Mir" es zu beweissen, dass ich es schaffe ...aber nur "Mir" und es ist auch ein gutes Selbstwertgefühl, wenn man es gekonnt hatt
der Einzige, der sich Alkoholiker nennen darf, ist man selbst. Kein Anderer hat das recht dazu. Wenn man der Meinung ist, jemand braucht Hilfe, kann man ihm die anbieten. Außerdem helfen Gespräche über das Thema, aber ohne ihn direkt nach seinem Problem zu fragen. Der erste Schritt muß von dem Hilfesuchenden selbst kommen, dann kann man geziehlt helfen. Jemanden zu verurteilen ist sehr einfach, aber ihn zu verstehen, dazu gehört Mut.