seit 10.01.05 bin ich trocken. es besteht derzeit ein latenter saufdruck, dem ich aber stabil begegne.
das vorbeigehen am alkoholregal im s-markt, treibt mir kein wasser auf die stirn, vielmehr das drama, was ich mit dem geschlucke angerichtet hab. kopfsafari und k-kino im tommelwirbel, leider. mein erinnerungsvermögen zeigt sich sich von seiner miesesten seite. sicher muss ich verarbeiten, aber das hirninferno nervt sehr.
wenn ich morgens um sieben aus der kiste steige, bin ich froh, dass die nacht nicht durch das nervende gegrübel über das "was wäre wenn...und hätte nicht... und könnte nicht alles so schön sein, wenn nicht..." unterbrochen wurde. bin gegenüber dem feind alkohol in einer art pattsituation.
was hier im board steht, also die ernsthaftigkeit wie diskutiert wird, hat mich dann überzeugt einzutreten.
...also ich bin 39 und hab nach der jugendlichen sturm und drang zeit, die finger vom suff nicht lassen können.
das lief zuerst immer nur am we ab. wie das eben so ist, haben das die meisten anderen ja auch getan, und ich hab mir nichts dabei gedacht. nur wenn ich richtig gut drauf war, musste ich das irgendwie noch mal anständig toppen, "bis der arzt kommt".
da war ich bei der auswertung am nächsten tag, im cliquenkreis immmer tierisch stolz auf meine ersten echten "blackouts"- das war cool.
beim studium habe ich diese strategie weiter praktiziert. jeden dienstag und fast jedes we.
mit eintritt ins berufsleben hat sich sache mit mir und dem fusel etwas relativiert.
1995 hatte ich dann zum ersten mal das problem, dass mir der suff, um mich besser zu fühlen am nächsten morgen, nach durchzechter kampfnacht, wichtiger war als der gang zur arbeit.
2 mal bin ich insgesamt wegen alc aus dem job geflogen. letztes mal am 11.11.04. auch so ein denkwürdiger tag.
dann kam auch ganz schnell das anschlussprogramm auf die agenda.
freundin weg,... aus frust noch mehr getankt,... tageszeitgefühlverlust,... besoffen auto gefahren... erwischt worden....führerschein weg. peng.
zwischendurch zur entgiftung (ende nov. bis mitte dez.) eingefahren. rausgekommen, 2 wochen durchgehalten,... und wieder ran ans steuer mit käpt'n alkohol am ruder.
über die feiertage erneut rein zur entgiftung, weil's ja so schön war. wieder raus am 03.01.05 und am selben tag wieder zugeschlagen.
am 10.01.wieder rein und am 25.01. raus. ... mein briefkasten sah aus... oh gott. mahnungen, rechnungen und pi-pa-po.
um mich rum lief alles weiter, im november und dezember, nur war ich auf meiner eigenen reise in mir unterwegs, so eine scheisse (sorry)
@Hermine2: hoffe ich konnte einiges verwertbares berichten
@Ralfi: da hab ich jetzt massig zeit viel nachzudenken. bin in diversen jobbörsen unterwegs, 1x pro woche bei meiner psychotherap., und gehe ganz piano joggen. ich esse etwas zuviel und weiss jetzt, dass "Dallas" auf Kabel 1 läuft
@adebar, danke für das nickkompliment. ja, es sind 6 wochen und das ist gut.echt gut.
also, vielen dank für eure antworten, bis dann schoale
Hallo Schoale, auich von mir sehr herzlich willkommen und Gratulation zu Deinem Entschluss, Dich am Board anzumelden.
Zitat: es besteht derzeit ein latenter saufdruck, dem ich aber stabil begegne.
Ich kann Dir aus meiner Erfahrung sagen, dass der Wunsch zu trinken (Saufdruck) mit Fortdauer der Abstinenz ständig weniger wird. Mit der Zeit wirst Du nicht fortwährend an Alkohol und das Trinken denken, es wird nebensächlich und andere, schönere Gedanken rücken für Dich in den Vordergrund. Du siehst also, die Aussichten sind durchaus gut, jetzt heisst es aber für Dich, dem Saufdruck auf keinen Fall nachzugeben, nicht einmal für einen noch so kleinen Schluck. Mir war hilfreich in solchen Situationen, viel zu essen (besonders Süsses) und in frischer Luft spazieren zu gehen.
Natürlich werden immer wieder Erinnerungen an die Zeit des Trinkens durch bestimmte Situationen, Begegnungen etc. geweckt-hier heisst es Gegen-Strategien bereits im Vorfeld gedanklich zu entwickeln, mit einem Wort: Vorbereitetsein.
Alles Gute auf Deinem weiteren und nach Lesen Deiner "Geschichte" absolut richtigem Weg. Gute Nacht! Max
schön, daß Du nach Deiner langen "Sauf-Karriere" doch noch den Absprung ins Leben - und in dieses Forum gefunden hast! Sechs "trockene" Wochen sind schon mal ein Anfang - aber die Gefahr rückfällig zu werden besteht auch nach 25 "trockenen" Jahren, deswegen mußt Du immer wachsam sein.
Aber ich vermute, das Schwierigste ist wohl das Gefühl in den Griff zu bekommen, durch die Sauferei unendlich viel verpasst zu haben. Aber Gestern ist vorbei, Du lebst heute, Du kannst nichts rückgängig machen, aber alles lernen und entdecken, was Du bisher verpaßt hast.
Es ist sicher nicht leicht, mit den Hinterlassenschaften der "nassen" Zeit zurecht zu kommen, aber Banken und Gläubiger sind in der Regel zu Entgegenkommen und Geduld bereit, wenn man sich entsprechend mit ihnen ins Benehmen setzt.
Du bist jung genug und, wie ich aus der kurzen Erzählung Deiner Historie entnehme, auch entsprechend qualifiziert, um wieder einen guten Job zu finden, wenn Du trocken bleibst. Dann wird auch der Problemberg bald wieder kleiner.
Auf jeden Fall ist es wichtig, daß Du längerfristig an Dir und den Mechanismen arbeitest, die Dich haben zum Alk greifen lassen, auch wenn die Therapie vorbei ist. Vielleicht wäre eine SHG Dir eine Hilfe?
Ich bin selbst nicht Betroffene, sondern nur ehemalige Co-Abhängige, aber ich habe einige sehr gute Freunde, die seit 10 bis 25 Jahren trocken leben. Von ihnen weiß ich, daß es immer wieder Situationen geben kann, die Gefahr zum Rückfall in sich bergen. Aber da können Dir sicher viele der selbst Betroffenen wichtige Hilfe geben.
Ich wünsche Dir jedenfalls von Herzen Kraft und Durchhaltevermögen auf Deinem "trockenen" aber bewußten Leben!
...bevor dich die trinkgewohnheiten, eines sich ständig whiskey einschenkenden j.r.ewing auf dumme gedanken bringen, zappe lieber auf bayern-alpha, dort gibt es yoga für anfänger.
in laprimeras post , habe ich an einem satz zu knabbern.
Aber ich vermute, das Schwierigste ist wohl das Gefühl in den Griff zu bekommen, durch die Sauferei unendlich viel verpasst zu haben.
mag sein, dass viele ihren alkoholverbauten chancen nachtrauern, aber hätten-tätten hilft nun ja auch nicht mehr viel, nützlicher scheint mir da eine gründliche inventur, um mal zu sehen, was denn eigentlich an wekzeug noch so vorhanden ist.
ich persönlich bin ja so einige hundertmale, mit dem gedanken erwacht, nie wieder. nach ein paar tagen oder wochen der regeneration, kam es dann aber stets anders. und weißt du warum? ich hatte nie das gefühl, unendlich viel verpasst zu haben, ich hatte immer angst unendlich viel verpassen zu können,... wenn ich denn mal ernst machen würde mit dem nie wieder.
ein irrtum......., dem aber nicht ganz einfach auf die schliche zu kommen ist.
@ ben, nein, dallas ist wahrlich nicht mein ding. habe aber soeben auf 3 sat, alkoholismus in der ukraine verfolgen dürfen. echt heftig. dagegen sind meine entgiftungserfahrungen, fast wie urlaub. naja. der suff ist halt ein menschliches problem, und die leben nunmal überall auf der welt.
das mit dem "verpassen" fand ich gut. "ich hatte nie das gefühl, unendlich viel verpasst zu haben, ich hatte immer angst unendlich viel verpassen zu können,... wenn ich denn mal ernst machen würde mit dem nie wieder."
es gibt so viel, was ich überdenken muss, was sich an stelle von "verpasstem", als jetzt "nicht verpasst", sondern als "ausgefüllt" formieren soll.
@carfield thema süsses: schon während der entgiftung habe ich snickers& co., ziemlich stark zugesprochen. da hab ich schon mal 2 tafeln schoki nacheinander verdrückt. der therapeut meinte, es wäre schon so eine art suchtverlagerung. das beste, was diese leute wollen, ist die absolute mittelmässigkeit. er mag im grundsatz recht haben. wenn man wie ich, in der euphorie wie in der trauer zu heftig/extrem unterwegs ist, weil jedes top auch in der regel ein umkehrpunkt war, den ich dann mit volldampf angesteuert hab. das gilt für das soziale verhalten, wie auch für meine genussmittel.
@laprimera danke auch dir für deine anregungen. an eine shg habe ich schon oft gedacht, habe jedoch etwas muffensausen davor. aber das werde ich überwinden. nächste woche werde ich zu einer gruppe gehen. mal sehen, ob ich zu einer passe, oder ob sie zu mir passt. aber ohne probe, werde ich das wohl sicher nicht rausfinden. viel "nasse erinnerungspartikel" kommen noch hoch, aber ich werde weiterhin das tun womit ich vor ein paar wochen angefangen hab, und zwar die dinge offensiv anzugehen. heute ist wieder so ein offensiver tag. ich muss meine wohnung kündigen, an der ich eine zeitlang sehr gehangen hab, weil die kohle einfach nicht mehr ausreicht. aber mentale hindernisse, kann ich mir hierbei einfach nicht leisten. wenn ich rationell was gebacken haben will, muss ich meine emotionen definitiv ausblenden, sonst gibt's wehmut als konzentrat. und das macht meine motivation schattig. nachher werde ich mir im aufgetürmten winterwald die füsse vertreten, mal schauen ob ich dazu joggingschuhe nutze. so long, schoale
Die Zeit, in denen ich von einem Krankenhaus ins nächste pendelte, die möchte ich nicht nochmal erleben. Das war aber wohl nötig um zu begreifen, dass nichts mehr geht. Irgendwie hat mich der Alkohol selbst dazu gezwungen auf ihn zu verzichten.
Hätte ich die Möglichkeit, mit dem theoretischen Wissen von heute nochmal 20 zu sein - ich befürchte doch stark, mein Leben würde nicht viel anders verlaufen. Ich trauere der Vergangenheit wohl deshalb auch nicht nach. Ich versuche kleine Träume jetzt zu leben. Da steht mir manchmal so eine Art Existenzangst oder Vernunft im Weg, aber nicht der Alkohol.