"der Tod ist so ein Tabuthema, du stellst dir gar nicht vor, wie viele Leute da verschnupft und komisch reagieren! Sogar mein Bruder, und eine gute Freundin von mir, beides Menschen, die ich echt für offener gehalten hätte."
Ach, sieh`an- hast Du auch Sozialarbeit studiert, so wie ich.
Tja, ich bin auch aus der Kirche ausgetreten (das gesparte Geld geht jetzt über world vision an mein Patenkind Sambe in Mauretanien) und so wäre auch ich ein potentieller Kunde.
@ buk tom Dass du Sozialarbeit studiert hast weiß ich schon, seitdem ich mir mal eine Arbeit von dir runtergeladen habe Deine Idee mit Kirchenaustritt und Patenkind find ich gut. Ich werde auch austreten. Sitze (inzwischen) im öffentlichen Dienst im Sattel und habe ein vielversprechendes zweites Standbein. Nur, wohin ich das eingesparte Geld hin spende, weiß ich noch nicht.
@ bakunin Danke! Ich glaub dass das wirklich mein Ding ist.
Gestern war ich zu einem "Trauergespräch" - es gab einen guten Kaffee, es wurde lebhaft erzählt, etwas geweint und viel gelacht. Ich konnte mir ein Bild des Verstorbenen machen, ein Hansdampf in allen Gassen, der es sicher noch klasse fände, wenn in seine Grabrede noch der ein oder andere Joke eingebaut würde. Die Angehörigen mochten mich, ich mochte sie. Besser kann's gar nicht laufen. Es wird ein guter Job.
Hi Leute! Interessant, so ein Nebenjob... letzten Samstag hab ich eine Hochzeitszeremonie für eine konfessionslose Deutsch-Amerikanerin und einen orthodoxen gebürtigen Griechen gemacht! Mal ne schöne, fröhliche Abwechslung zu den Trauerreden. Was mir sehr positiv aufgefallen ist: Das Fest fand in einem Event-Lokal in einer Weingegend (!) statt - die eintrudelnden Gäste wurden von einer Dame mit Tablett empfangen, darauf stand ganz selbstverständlich neben dem obligaten Sekt und Sekt/O-Saft-Gemisch auch Saft pur und sogar Mineralwasser. Ich war's bislang eigentlich gewohnt, nach einem puren O-Saft fragen zu müssen ... na scheint sich doch was zu wandeln in der Öffentlichkeit Schön wär's!
Aber heute - heute hatte ich meine erste Trauerfeier für einen Alki. Noch dazu einen, den ich kannte - seine letzte Frau (von dreien), seit einem halben Jahr von ihm getrennt lebend, ist eine alte Freundin, die ich seit Teenageralter kenne.
Es hat mich sehr mitgenommen, das Auseinandersetzen mit dieser Biographie, dieser Hoffnungslosigkeit, diesem Sterben.
Er hatte sich zerstört mit Alk und Zigaretten, war unglücklich, depressiv und voller Ängste. Einen einzigen, halbherzigen Versuch, vom Alk loszukommen, hat er mal gemacht. Neun Monate. In dieser Zeit traf ihn die Depression mit voller Wucht, Therapie lehnte er ab, trank weiter, suchte keine Hilfe, keine Menschen, die am anderen Ende des Tunnels stehen und ihm zeigen, dass der Weg aus der Sucht sich lohnt.
Er glaubte an eine Art Säuferromantik à la "live hard - die young". 54 war er. Sein Sterben dauerte drei Monate.
----------------------------------------------- when in doubt: go to the water and swim
in unserer SHG ist eine Frau, die sich ehrenamtlich auch in einer Tagesstätte für Alkis (trocken und nass) engagiert. Sie hat öfters von Todesfällen berichtet, die ihr sehr nahe gingen, weil sie diejenigen Personen eben in dieser Tagesstätte über einen längeren Zeitraum begleitete.
Bis zu einem gewissen Grad denke ich manchmal, ist einem Menschen sein Schicksal auferlegt. Und es gibt Menschen, die kommen eben mit dem Leben nicht zurecht, oder zumindest nicht in dem Sinne, was wir landläufig als normal empfinden. In meiner Therapie war ein Vater, dessen Sohn sich umgebracht hat mit 22 Jahren. Alles versucht, mehrere Therapien als Jugendlicher, und dann doch dieses schlimme Ende. Da steht man daneben, möchte schreien und muss trotzdem zusehen, wie das Schicksal zuschlägt.
Ich bin Gott sei Dank bis jetzt nicht von Depressionen geplagt, aber wenn ich mir vorstelle, ich müsste das aushalten, was ich darüber gelesen habe: Ich weiß ehrlich nicht, ob ich dann nicht auch wieder trinken würde.
"Er glaubte an eine Art Säuferromantik à la "live hard - die young"."
Das ist auch noch ein Aspekt, den man glaube ich akzeptieren muss. Ich bin aber in diesen Fällen sehr im Zweifel, ob die "Säuferromantik" echt ist, oder nur noch vorgegeben wird, weil man nicht mehr anders kann.
Letztlich machen mir solche Ereignisse wieder bewußt, welches Glück ich doch hatte, dass ich den Absprung noch halbwegs rechtzeitig geschafft habe.
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)