Lange ist es her, dass ich hier geschrieben habe. Ich möchte mich gerne wieder zurück melden, und mich wieder etwas mehr mit dem Thema Sucht und Abstinenz beschäftigen. In meinem Altag habe ich das Thema ziemlich verdrängt, zumal ich in der Regel auch völlig ohne Probleme zurecht kam.
Seit meine beiden Töchter aber in der schlimmsten Zickenphase der Pubertät sind, mein Geschäft immer stressiger wird (z.T. auch durch Umzug und Verbesserung der Lage) und sonst noch so einige Probleme dazu kamen, wurde ich durch Saufdruck wieder an mein Problem erinnert. Aber dieser Druck erinnerte mich wieder daran, wachsam zu sein. Dann hatten wir ein katastophales Weihnachtsfest, der Notarzt musste meine Mutter reanimieren. Sie kämpfte noch über die Feiertag, dann, in den frühen Morgenstunden des 27.12.07 ist sie gestorben. Ich hatte dabei ihre Hand gehalten. Es war schrecklich. Die ganze erste Phase der Trauer habe ich relativ gut meistern können, ich war teilweise aber auch wie betäubt und konnte es noch nicht fassen. Aber seitdem die Taubheit weicht und die Realität mich immer mehr einholt, wird auch der Saufdruck stärker, ja fast schon täglich. Nachdem ich mich erst abgekapselt hatte, sogar meinem Mann nichts von dem Aufruhr in mir erzählt habe, ist irgendwann der Knoten geplatzt und ich habe einen Sonntag lang durchgeheult..... endlich. Meiner besten Freundin habe ich einen mehrseitigen Brief geschrieben, weil ich nicht in der Lage war persönlich mit jemandem darüber zu reden. Sie stand sofort auf der Matte. Auch meinem Mann konnte ich inzwischen alles erzählen, so wie ich es eigentlich in der Therapie gelernt habe, statt dicht zu machen. Jetzt geht es mir zwar wieder etwas besser, aber ich hatte vor einer Woche Geburtstag, der erste ohne meine Mutter, das war noch mal ein harter Tag. Mein Mann und meine Freundin helfen mir im Moment, das Chaos das sich auch um mich herum in den letzten Monaten angesammelt hat zu bewältigen, meine Kinder reißen sích im Mom auch zusammen und ich bin dabei mir wieder psychologische Hilfe zu holen, ich sehe ein, dass ich es wieder nötig habe. Die Situation in der ich im Mom lebe lässt nix anderes zu, sonst lande ich über kurz oder lang wieder dort wo ich schon einmal war. Und das will ich auf keinen Fall.
Für mich ist mein größter Albtraum wahr geworden, dass ich mich mal um meinen Vater kümmern muss. Alkoholiker... nicht bekennend! Und zur Zeit jeden Tag besoffen, aus Trauer... aus Einsamkeit! Diese Woche in der Wohnung umgefallen! Wir werden sehen wie weit wir kommen, aber inzwischen weiß ich, wo und wie ich Hilfe bekomme, auch Hilfe für meinen Vater. Während meiner Therapie hatte mein Therapeut einmal zu mir gesagt: Bedenken Sie, auch ihr Vater ist krank!! Natürlich habe ich das im Kopf, aber auch dass diese Situation für mich absolut tödlich sein kann. Was für andere Herzlos aussieht, weil ich mich in vielen Dingen nicht um ihn kümmere, ihn versuche so viel wie möglich selbständig machen zu lassen und viel auch von meinem Mann, ist für mich die einzige Chance, auf Dauer mit ihm zu leben.
Sorry, ist schon wieder lang geworden. Und ich glaube, ihr werdet in Zukunft öfter von mir lesen. Aber nun noch das Wichtigste zum Schluss: ICH BIN IMMERNOCH TROCKEN UND DAS NUN SCHON SEIT FAST 6 JAHREN *stolzbin*
LG Andrea
Ironie ist Humor, der sich geärgert hat. -Kurt Tucholsky-
Find ich gut, dass du das alles ohne den Alkohol geschafft hast! Toll!
Ist es denn so, dass unbedingt du den Vater versorgen musst? Gibt es keine Hilfe in Form von mobilen Pflegediensten etc.?
Oder auch, dass nur dein Mann "nach dem Rechten" sieht, anstelle von dir? Er kenn doch dein Problem und die Gefahr für dich dabei.
Ich fänds auch gut, wenn du deinem Vater selbst das alles mal sagen würdest. Erstens könnte er deine Haltung ihm gegenüber viel besser verstehen und vielleicht auch mal etwas gegen seine Alkoholkrankheit tun?
so sehr pflegebedürftig ist er nicht, dass er einen Pflegedienst bräuchte. Wir haben es im Mom so geregelt: Morgens gehe ich kurz bei ihm unten rein, sag meist aber nur kurz "Guten MOrgen", weil es bei ihm unten nach Wirtschaft riecht. Vielleicht bilde ich es mir aber auch nur ein, mein Mann merkt da meistens nicht viel davon, nur manchmal. Kann natürlich auch sein, dass ich einfach weiß dass er trinkt, und deswegen den Geruch in der Nase habe. Mittagessen besorgt er sich selbst in der Stadt (Rollator sei dank!) ich koche eh erst auf halb zwei, das ist ihm zu spät, da liegt er schon zum Nickerchen. In der Stadt kehrt er natürlich immer noch wo ein . Nachmittags bin ich wieder im Geschäft, da schaut mein Mann, meine Kinder oder evtl. die Nachbarin nach ihm, wobei er jetzt nicht rund um die Uhr betüdelt werden muss, das will ich auch garnicht erst anfangen. Mir ist aber auch klar, dass die erste Zeit als Witwer für ihn auch sehr schwer ist. Und genau hier kommt dann mein schlechtes Gewissen zum Vorschein, meinen Vater im Stich zu lassen. Aber dann schalte sich mein Kopf wieder ein, nein, kein schlechtes Gewissen, ich muss auch auf mich selber achten. Abends gehe ich so gut wie garnicht zu ihm rein, weil ich weiß dass er den Tag über getrankt hat. Nur zur Not, wenn es unbedingt sein muss, gehe ich zu ihm, sonst gehe ich ihm Abends aus dem Weg. Es sind ja noch so viele andere Familienmitglieder und Nachbarn um uns rum, ich muss mich nicht um alles kümmern. Klar hab ich so schon eine doppelbelastung durch Familie und Beruf, und so lange es geht werde ich auch die Wäsche usw. für meinen Vater machen. Ansonsten werden wir bald Pflegegeld beantragen, und von diesem Geld eine Putzfrau kommen lassen, die dann bei ihm und bei mir putzt, dann kann ich mich auch weiter um seine Wäsche und Formalitäten kümmern, ohne dass ich bald am Stock gehe. Soweit habe ich die Situation im Moment im Griff, aber meine Gefühle und Gedanken sind im Moment noch so von Trauer und Mutlosigkeit..... manchmal auch von Verzweiflung geprägt, dass ich oft total durch den Wind bin. Besonderst schlimm war es kurz vor meinem Geburtstag und an dem Tag selber, ich glaube, da hab ich im Unterwusstsein schon Panik geschoben, weil es der erste ohne meine Mutter sein sollte. An solchen Tagen, wie auch an der baldigen Konfimation meiner Tochter, an Weichnachten, Hochzeitstagen, da wird es immer schlimm werden, weil sie einfach fehlt *traurigbin*
Wie schon gesagt, bemühe ich mich gerade um psychologische Hilfe für mich, damit ich aus meiner Tretmühle der grauen Gedanken wieder raus komme.
LG Andrea
Ironie ist Humor, der sich geärgert hat. -Kurt Tucholsky-
Und dass du jetzt diesen Schmerz empfindest, ist auch ganz nomal. Ich muss auch in solchen Momenten aufpassen, dass ich den Schmerz/die Trauer zulasse und nicht verdränge, weil das sonst wieder Grundbausteine werden könnten, die dann im Suchtdruck enden, denn irgendwo müssen diese Gefühle ja hin und da ist es wirklich besser, sich mal hinzusetzen und mal richtig die Tränen fliessen lassen. Und dann hat man auch viel eher die Chance, dass es so nach und nach besser wird. Die psychologische Begleitung ist da natürlich besonders hilfreich.
hallo teetante schön dass du wieder da bist. Habe oft an dich gedacht, weil doch eines meiner Lieblingsbilder nicht mehr da war Gut dass du Hilfe zu Zeiten suchst, wo du sie nötig hast. Denke das ist ein großer Vorteil den wir haben. Inzwischen oft, wenn auch nicht immer, auf uns hören zu können bevor es gefährlich wird. Mein Beileid zu deinem Verlust.