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Saufnix  
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Dieses Thema hat 15 Antworten
und wurde 1.695 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Seiten 1 | 2
Adda Offline




Beiträge: 850

21.10.2006 09:18
RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Heute lebe ich ein halbes Jahr ohne Alkohol.

Getrunken habe ich zu Anfang, um meinen Spaß zu haben, später quartalsweise und ereignisabhängig, um mich selbst auszuhalten. Ich empfand mich mit meinen Gefühlen, auch den guten, oft als viel zu viel. Besonders meine Angst hieß es für mich, in Schach zu halten. Ich hielt mich selbst nicht aus.

Schon früher, zur „Spaßzeit“ war ich oft sauer mit mir, daß ich es mal wieder übertrieben hatte und der erlebte „Spaß“ kam mir im nachhinein oft unecht vor, künstlich herbeigeführt halt. Lange darüber nachgedacht hab´ich aber nie. Habe dann halt eine Zeitlang nicht getrunken oder nur wenig und selten. Zu der Zeit kannte ich aber schon genau den Punkt bei mir, wenn ich nach dem zweiten Glas merkte, daß es mal wieder „so ein Abend“ wird.

Richtig schlimm wurde es dann letztes Jahr, als es meiner Mutter immer schlechter ging und ich – ganz Co – heftigst mit ihr litt, oder besser noch: am liebsten an ihrer Statt gelitten hätte. Eine Katastrophenmeldung nach der anderen folgte, tagelanges Zittern, tägliches telefonieren, über Monate. Dann kurze Pause und schließlich wieder von vorn. Ich war so im Gefühlsstrudel, war hin und hergerissen zwischen bei-ihr-sein-wollen/müssen und bloß-nicht-hinfahren-müssen, wovor ich immer Angst hatte, da ich den Eindruck hatte, mich jedes Mal dort zu verlieren.

Trinkend hielt ich mich auf Abstand, versuchte meine Ängste um sie und auch um mich in den Griff zubekommen. Weiterleben, funktionieren.
Um mich hatte ich Angst, weil ich schon vor ca. 4 Jahren bemerkte, daß die Beziehung zu meiner Mutter alles andere als gesund ist und ich ihre Gefühle zu sehr annehme und viel zu viel leide für sie. Es ging mir schon lange zu weit, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich mich hätte abgrenzen können. Innerlich im Kinder-Bild und Empfinden steckengeblieben. Und das Trinken wurde mir auch zu viel, Versuche des Kontrollierens, des Einteilens, scheiterten. Die Hilflosigkeit nahm zu, die Angst auch, die Kater wurden schlimmer, der Selbsthaß größer und kein Ende der schlimmen Zeit in Sicht und wenn ja, mit welchem Ausgang?. Es war, als würde ich in einem miefigen Schlammloch stecken mit Option auf Verschlungen werden.

Den Glauben an den Alkohol hatte ich schon lange verloren und fand mich selbst nur noch schlimm, weil ich meinte, ohne nicht weitermachen zu können. Die Angst vor der Angst war größer als die Angst vor der Sucht. Ich wusste ganz genau, daß dies Missbrauch ist, was ich betrieb. Alkohol als Medizin, als Tranquilizer.

Irgendwann war es dann soweit. Meiner Mutter ging es wieder schlechter, die Anrufe häuften sich und es sah ganz so aus, als würde es wieder ganz schlimm und noch schlimmer und vielleicht sogar am schlimmsten werden und ich hatte den Kanal endgültig voll von diesem Karussell. Ich konnte nicht mehr, war mit meiner Bewältigungsstrategie gescheitert.
-„Glaubst Du wirklich, daß Du soviel saufen kannst wie dies jetzt verspricht schlimm zu werden?“ – war meine Frage an mich und da musste ich ja glatt grinsen...

Dies war der erste alkoholfreie Tag. „Nur heute erst mal“, leise für mich. Dann noch viele Tage, bis eben heute. Ich bin mächtig froh, versuche aber trotzdem nicht, die Sucht zu unterschätzen und auf dem Teppich zu bleiben.

Hab´soviel neue (alte?) Seiten an mir entdeckt, neue und alte Gefühle und Wege. Hatte und habe viel Hilfe durch mein Coaching. Konnte aufräumen in der Beziehung zu meiner Mutter und mich jetzt ganz gut abgrenzen. Besser als jemals zuvor. Hatte soviel Freude im letzten halben Jahr, ebenso wie neu erlebte Gefühlswallungen, auch traurige, unangenehme, versteht sich, und habe festgestellt: ich halt mich ja doch aus und es ist so schön und tut mir so gut, bei mir zu bleiben. Unglaublich für mich, noch vor einem Jahr unvorstellbar. Ich bin ehrlich froh und erleichtert, gleichzeitig aber auch vorsichtig. Es ist für mich immer noch neu.

Mit den scheinbar bisher verdrängten Seiten zeigt sich nun auch folgendes: Seitdem ich mich verstärkt mit meinem Rauchverhalten befasse und versuche, auch diese Sucht loszulassen, dahinterzuschauen, entdecke ich vermehrt süchtiges Verhalten an mir, Maßlosigkeit in vielerlei Hinsicht, Entzugsgefühle ohne „Inhalt“, also nicht als Sauf-oder Rauchdruck, sondern Druck nach ???
Von einem Moment auf den anderen, ohne für mich erkennbaren Anlaß, fühle ich einen Japp in mir, extrem, ohne auch nur eine Ahnung, auf was ich überhaupt Japp habe. Ein ekelhaftes Gefühl, das ich versuche mit Bewegung zu beantworten, aber das ist es irgendwie nicht.....
Manchmal erwischt es mich beim Essen von Süßigkeiten. Wenn ich dann nicht aufpasse, stopfe ich in mich hinein, daß ich bald platze. Hinterher geht es mir schlecht, körperlich und auch psychisch. Wie ein Kater, richtig ekelig.

Natürlich kann ich mir meine „Portionen“ einteilen – ist für mich aber ein „äußeres“ und irgendwie oberflächliches an die Sache herangehen, nur eine „halbe“ Antwort und erinnert mich an kontrolliertes Trinken, das ja nun gar nicht funktioniert und es eher schlimmer gemacht hat. War für mich eindeutig eine falsche Antwort. Ebenso kann ich Süßigkeiten gänzlich lassen, dann ist es beim nächsten Mal der Salat, oder irgendetwas anderes...

Wie also dann? – Suchtstoff (oder wohl eher: Ersatzstoff – aber für was eigentlich?) zur Seite legen und ablenken?

Als einfachster Gedanke kommt mir da noch: „Jetzt haste dem Alk entsagt, lässt Dein Co-Verhalten los, willst auch noch das Rauchen lassen – da zeigt Dir Dein Körper/Deine Seele einfach ganz klar, daß ihm was fehlt! Versuche, Dein rechtes Maß zu finden und Deine Entzugs-Gefühle auszuhalten!“ – Kann es wirklich so einfach sein? Wenn ich doch nur wüßte, was da wirklich fehlt...

Ebenso ist mir Genuß, genießen, nur schwerlich möglich. Gibt bei mir nur „alles oder nichts“, „schwarz oder weiß“, „ganz oder gar nicht“. – Süchtige Denke....
– Ist Genuß erlernbar?


Juma63 Offline




Beiträge: 2.638

21.10.2006 10:10
#2 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Liebe Adda!

Herzlichen Glückwunsch zu deinen 6 Monaten, tolle Leistung!

Ein Buch mit dem Titel: "Ich finde nicht mein Maß" stand jahrelang bei mir im Regal. Es war nicht besonders gut, darum habe ich es weggeworfen.

Der Titel jedoch trifft es bei mir genau. Ich finde auch selten mein Maß und neige zu Übertreibungen. Ebenso neige ich zu schwarz-weiß-Denken. Entweder alles oder nichts.

Nachdem ich nun nicht mehr trinke und auch nicht mehr rauche, kompensiere ich meine Sucht (Suche) sehr häufig mit Essen. Geht natürlich auf Dauer nicht gut und ich habe mir eine Frist gesetzt, um dieses Verhalten in normale Bahnen zu lenken.

Auf Essen kann man schließlich nicht ganz verzichten, wie auf Alkohol oder Nikotin, das erschwert das Prozedere natürlich ungemein. Trotzdem werde ich mit Mut an die Sache herangehen, denn mein früheres Verhalten, bei zu viel Essen und Gewichtszunahme, wieder zur Zigarette zu greifen, ist dieses Mal keine Option mehr für mich.

Also muss und werde ich nach anderen Lösungen suchen, auch wenn es einige Kilos mehr sein werden.

Ja, was sucht eine süchtige Seele, was will man ersetzen mit all den Rauch-Sauf-Fressattackenund weiß der Himmel was es noch für Suchtmittel gibt(gibt ja nicht nur stoffgebundene)??

Ich weiß nicht, ob es auf dich zutrifft Adda, aber ich für mich glaube, dass ich auf der Suche nach mir selbst bin. Nach meiner persönlichen Mitte. Dazu gehört das ganze Gefühlsspektrum eines Menschen, ein Spektrum, welches ich nicht, oder nur selten zugelassen habe. Gefühle wurden verdrängt, mit viel, viel Alkohol und all den anderen Suchtmitteln.

Nun habe ich mich ohne diese Mittel auf den Weg zu mir selbst gemacht und ich bin mir im klaren darüber, dass es ein langer, mühsamer und bestimmt auch tränenreicher Weg sein wird. Trotzalledem, habe ich in den letzten Wochen ohne Alk, mehr gelacht als in den letzten Jahren zusammen. Kein Scherz, ich konnte nicht mehr lachen und ich genieße es sehr ,es wieder zu können!!

Eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass ich dich sehr gut verstehen kann und jetzt ist so eine lange Geschichte draus geworden. Na ja, ich hoffe, dass ich mich verständlich machen konnte und wünsche dir alles Liebe.

Bleib auf deinem Weg zu dir........

Gruß Juma


Greenery Offline




Beiträge: 5.854

21.10.2006 10:40
#3 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Hallo Adda,

beim Lesen deines Beitrags konnte ich so einige Parallelen entdecken, und fühlte mich irgendwie 'berührt'.

Tja, was fehlt? Ich weiß es nicht, aber ich habe so meine Vermutungen, die heute, nach fast einem Jahr ohne Alk, auch schon etwas klarere Kontouren haben. Und erkenne für mich, dass auch dieses Verhalten - ich will wissen, was mir fehlt, jetzt, gleich und sofort - einen süchtigen Ursprung hat. Die bei weitem noch nicht wieder hergestellte Fähigkeit eines Menschen, Dinge anzunehmen, auszuhalten und der Zeit Gelegenheit zu geben, Wirkung zu entfalten...

Ramona hat mal irgendwem geschrieben: "Lerne, die Fragen zu lieben." Ein weiser Satz, wie ich finde, denn die Fragen, die man in sich findet, sind ja ein bisschen so wie die Melodie, nach der man im Leben tanzt, und als Wegweiser für das ureigene Leben häufig um einiges klarer als es die Antworten wären.

Ich gratuliere dir zu deinem halben Jahr Du-Selbst-Seins und wünsche uns, dass unserer Entscheidung zur Abstinenz das süchtige Trinkverhalten in diesem Leben nicht mehr in die Quere kommt.


amethysmena ( gelöscht )
Beiträge:

21.10.2006 11:08
#4 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

sálü adda!

vielen dank für deine geschichte, die offenheit, deinen mut.

'wir wollen nur deshalb immer mehr, weil wir im tiefsten innern unzufrieden sind'

ist ein kalenderspruch, der zur zeit über meinem schreibtisch hängt. es erinnert mich daran, dass es etwas anderes ist, das mir fehlt, zum beispiel

... wenn das silberpapier der schokolade zerknittert da liegt und nur noch krümelchen mich hämisch angrinsen...
... wenn ich zum x-ten mal meinen entschluss verfluche, nichtrauchende geworden zu sein und mir das gift zurück wünsche ....
... wenn ich nicht vorhandenes geld mal wieder dreifach ausgegeben habe für schnuckeligen trillefitt, der mich kurzfristig erheitert - aber nicht meine miete zahlt ...


das ist sucht.
Sucht sucht.
Sucht sehnt sich.
wohin die suchtsuche uns führt ...

bis wir das raus haben, was es denn eigentlich ist ...
dieser nicht endende hunger nach etwas anderem ... nach leben! ... nach liebe! ... nach gehalten sein ... nach einer vertrauten hand, die bleibt ....

dieses ewige gefühl des zu kurz gekommen seins im leben ...
all der schmerz, der losgelassen sein eben (noch) nicht will ...

es hilft:
die geduld, das auszuhalten, was ich - im moment - nicht ändern kann.
atmen. viel atmen.


manchmal!
dann kommt 'das glück' in homöopathischen dosen.
ich schaffe es, das zu genießen
und bin
rundum
satt
!


herzlichen glückwunsch, adda, zu den ersten sechs monaten OHNE alkohol!


@juma:

dir auch von herzen danke.
es tut einfach gut, zu wissen, nicht alleine zu sein
mit dem hunger
mit der unstillbarkeit


kleiner nachtrag @greens:

das hast du ganz ganz wunderbar geschrieben!
danke.

[ Editiert von amethysmena am 21.10.06 11:16 ]


Faust Offline




Beiträge: 5.520

21.10.2006 13:06
#5 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Hallo Adda,

oben steht ein bemerkenswerter Beitrag.

Ich erlaube mir, mit Leidenschaft weiter zu suchen.
Seit ich nicht mehr trinke, achte ich auf eine Grenze zwischen Suchen und Sucht.
Dabei entdecke ich Dinge, die mich interessieren, die mir Freude machen - bewußt gesucht habe ich nicht danach.
Es liegt , glaube ich, an der Vielfalt dieser Welt.

Dinge, wie Anerkennung, Liebe und Geborgenheit zähle ich zu den Grundbedürfnissen.
Sie zu geben und anzunehmen ist m.E. unter dem Einfluß bewußtseinsverändernder Drogen wie Alkohol
gar nicht möglich.
Jedenfalls ist es etwas anderes, als das, wofür ich es gehalten habe.

Mir geht es mit dieser Veränderung gut.

LG
Bernd


Juma63 Offline




Beiträge: 2.638

21.10.2006 16:52
#6 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

@ ame

Zitat
die geduld, das auszuhalten, was ich - im moment - nicht ändern kann.



Gestern in meiner SHG erzählte eine AA-Freundin, die schon sehr lange trocken ist, das sie damals mit Erstaunen feststellte, dass es nicht damit getan war, das Saufen aufzuhören und sie bemerkte, dass sie den Zwang zu trinken mit anderen Zwängen ersetzte.

Bei ihr war es der unwiderstehliche Zwang, zu putzen und aufzuräumen bis zur totalen Erschöpfung.

Irgendwann riet ihr eine Freundin, es einmal zu versuchen, dem Zwang nicht nachzugeben, sondern ihn auszuhalten, egal wie.

Sie versuchte es und hielt den Zwang aus, auf einem Stuhl sitzend, sich an der Lehne festklammernd....und sie schaffte es tatsächlich das erste Mal, nicht nachzugeben...die ganze Zeit tief atmend, ein und aus, ganz bewusst, wie es ihr die Freundin geraten hatte.

Sie schilderte, dass sie so endlich einmal wahrnehmen konnte, was sie eigentlich durch ihre Sucht ausblenden wollte, all die Gedanken und Gefühle, die während des Aushaltens in ihr aufstiegen, sie nahm sie wahr, weil sie nicht davonlief und nicht betäubte.

Sie hielt aus und atmete und es war der Anfang eines neuen Kapitels in ihrer Trockenheit.

Die Erzählung hat mich sehr beeindruckt und deine Worte Amethysmena haben mich daran erinnert.

Ich denke, diese Methode ist einen Versuch wert, oder? Ich glaube, man kann auf diese Art viel über sich lernen.

Seid lieb gegrüßt

Gute 24 Stunden

Juma


Wolle12345 ( gelöscht )
Beiträge:

21.10.2006 17:01
#7 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Grüss dich Adda,

ersteinmal glückwunsch zu deinen 6 Monaten.

Ein wirklich bemerkenswerter Bericht, er erinnert mich an mich. Vielen Dank dafür.

Ja das Suchtverhalten, ich entdecke es auch bei mir immer wieder bei allen Gelegenheiten, und ich denke bei einem suchtstrukturierten Mensch ein völlig normales Verhalten.

Nur die Grenzen zu erkennen, in den Grenzen zu bleiben, dazu gehört die Selbsterkenntnis ein Suchtmensch zu sein.

Am Anfang meiner Trockenheit, war es der Kaffe, dann Joghurt, dann der Kauf vieler Blazer, haha ja echt, hab heute über 60 Blazer im Schrank. Aber all das war nichts gegen den Suff. Im Laufe meiner Trockenheit und der späteren Nüchternheit stieg natürlich auch meine Zufriedenheit, die ich versuchte mit diesem Übermass zu kompensieren.

Hab Geduld, achte auch dich, auf dein Verhalten. Versuch herauszufinden was dir Spass macht.

Gruß
Wolfgang


minitiger2 ( gelöscht )
Beiträge:

21.10.2006 17:21
#8 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Ich denke, bei diesem Thema geht es auch sehr viel um dieses:

>>Ekstase


Adda Offline




Beiträge: 850

22.10.2006 09:11
#9 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Liebe Juma, Greenery, amethysmena, Faust, Wolle und Minitiger,
vielen Dank für Eure Antworten, Euer Verständnis, Eure Wahrheiten, Anteilnahme, Glückwünsche und Mitgefühl!

Es ist so schön, nicht allein im Boot zu sitzen, auch wenn natürlich jeder sein eigenes Boot hat und auf seine Art versucht, den Kurs zu halten. Eure Ratschläge und Tipps, was mein Kurshalten betrifft, schätze ich sehr und bestäti-gen den von mir gewählten Weg.

Noch ziemlich huschelig und etwas unsortiert aber mit großem Mitteilungsbedürfnis:

Ich habe mir Eure Beiträge mehrfach durchgelesen, habe die Botschaften Suche – Geduld- aushalten – Hunger nach mehr – Ekstase,....wirken lassen... Es hat ordentlich geknirscht im Hirn- und Gefühlsgebälk.... Suche ... Sucht .... Hunger..... Mehr...

Mensch, ich bin doch zufrieden, mehr als ich jemals war... Bin so reich geworden, nachdem ich mich jahrelang so arm gefühlt habe......???

...... Hunger... nach mehr.... nach dem anderen..... Ekstase... Suche... Sehnsucht....SEHNSUCHT! - Da fiel es mir plötzlich wieder ein, etwas, das ich schon lange kenne, aber „vergessen“ habe und mit dem ich mich ein wenig am Rande meines rationalen Vorstellungsvermögens bewege:

Ich habe in mir eine Sehnsucht, die mich ganz ausfüllt, die sehr groß ist, scheinbar durch nichts irdisches gestillt werden kann, mich den inneren Blick in die Ferne lenken lässt, suchend....
Sehnsucht nach etwas, Großem..., Höherem..., Allumfassenden..., dem Anderen..., nicht-irdischen..., nach Füllung..., nach Licht..., - nach Erleuchtung....?, Erleben auf anderer Ebene ...?

Früher habe ich mir als Bild zum Gefühl immer einen Bergsteiger vorgestellt, wie er nach stundenlangem Erklimmen schließlich den Gipfel erreicht und im gleißenden Licht den Blick schweifen lässt, erfüllt, dem Himmel so viel näher.....

Ein klitzekleines Bischen meine ich das zu erleben, wenn ich draußen bin, in der Natur, die Sonne aufgeht und ich mich eins fühle, mit der Natur, der Welt. Ist jedes Mal ein erhabener Moment, Glück, Erfülltheit, Ehrfurcht und jedes Mal neues Erstaunen und Freude über die Größe, Schönheit und die Farben. Ich, ganz klein, als Teil eines ganz Großen....
Ein klitze-klitzekleines Bischen das trotz Abhängigkeiten überlebt hat, fast überdeckt von meinen kläglichen Sehnsuchts-Still-Versuchen mit Alk, Zigaretten, usw. Kläglich, weil es Hingabe an krückende, oberflächliche, profane Götzen ist, die diese Größe klein macht. Bewusst habe ich mich nie darum gekümmert......und doch sucht meine Seele da nach Antwort, nach Bestätigung, nach Erfüllung...

Dabei bin ich nicht sehr religiös, denke aber, daß Glaube schon eine Antwort sein kann..... Nichts desto trotz hat diese Sehnsucht und die möglichen Antworten darauf für mich viel mit Hingabe zu tun, sich etwas Größerem öffnen, und ... auch mit Ekstase... Danke Dir, minitiger!

Geht es doch in den 12 Schritten auch um das „spirituelle Erwachen“.....

Womit ich im Verständnis meiner selbst ein ganzes Stück weiter bin..... und sich das Ganze für mich trennt: einerseits die Sehnsucht, die geachtet, beachtet und adäquat erfüllt oder zumindest beantwortet werden möchte – andererseits der liebevolle Umgang mit mir selbst, der mich weiter geduldig das rechte Maß für mich üben lässt.

Dankbar und bereit für den nächsten Japp-Anfall: Adda, die beim Schreiben hier immer noch etwas ungelenk ist...


Adda Offline




Beiträge: 850

22.10.2006 09:49
#10 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

So.... nun möchte ich noch kurz zu den einzelnen Beiträgen Stellung nehmen:

@Juma: ich empfinde Deine Beiträge immer so... ja, liebevoll, mit so viel Verständnis und mit dem Herzen geschrieben. Für mich wie eine warme, herzlich Umarmung... Das tut so gut und Ich danke Dir dafür und auch für die Geschichte Deiner AA-Freundin, die mir viel Mut für das „nächste Mal“ macht. Eine herzliche zurück!


@ Greenery, Du bringst es auf den Punkt:
„Die bei weitem noch nicht wieder hergestellte Fähigkeit eines Menschen, Dinge anzunehmen, auszuhalten und der Zeit Gelegenheit zu geben, Wirkung zu entfalten...“

ebenso wie

„Lerne, die Fragen zu lieben."

lässt mich erkennen, innehalten und erinnert mich an „Geduld“ , „Akzeptanz“ und „Gelassenheit“ als für mich wichtige „Werkzeuge“. Vielen Dank Dir!



@ amethysmena: Dein Beitrag geht sehr unter meine Haut „trifft“ mich in der Mitte, am wunden Punkt, bringt meine Gefühle in Bewegung und mich meinen Gefühlen ganz nahe. Ich danke Dir sehr für Dein Einfühlen und Deine Offenheit und auch dafür:

„es hilft: die geduld, das auszuhalten, was ich - im moment - nicht ändern kann“


@Faust: Danke Dir für Deine Sicht und für :

„Ich erlaube mir, mit Leidenschaft weiter zu suchen.“

Und auch:

„Seit ich nicht mehr trinke, achte ich auf eine Grenze zwischen Suchen und Sucht“

Das hilft, öffnet meinen Horizont und tut gut!



@Wolle: Hihi, 60 Blazer.... Bei einer solchen Auswahl fällts sicherlich schwer, sich zu entscheiden....
Bei mir sind´s statt der Blazer die im Laufe der Jahre angesammelten angefangenen Projekte, deren Zeugnisse unvollendet hier herumstehen, in Schubladen vor sich in stauben... Habe da viiiiel ver-sucht wie Singen, Malen, Tanzen, Handwerkliches, usw..... Das „echte“, das „eine richtige“, war nie dabei – wen wunderts?

„Versuch herauszufinden was dir Spass macht.“ – Ich danke Dir dafür!


Euch allen alles Gute - Adda


Juma63 Offline




Beiträge: 2.638

22.10.2006 11:50
#11 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Liebe Adda!

Ich weiß zwar nicht, warum du meinst das deine Beiträge "ungelenk" sind, aber ich möchte dir da ganz klar widersprechen.

Ich empfinde sie als sehr gut formuliert, durchdacht, selbstkritisch, jedoch nicht voller Selbstmitleid und immer mit einem Touch Humor, sowie sehr emotional und nie langweilig.

Kurz gesagt: Einfach gut und interessant zu lesen.

Alles Liebe

Juma


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

22.10.2006 12:37
#12 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

hallo Adda,
auch ich habe deinen Beitrag als straff und eindeutig empfunden - gerade weil er ein Bild malte, da wäre reine Logik störend gewesen.
Ich habe noch einen Aspekt für dich: du wirst noch in der Phase sein wo die Lebensamplitude heftig ausschlägt. Gut so, die schlägt noch so lange heftigere Wellen als (wunschgemäß?) nötig, weil die Entwicklung stattfindet.
Bei mir war das damals aber so: Kapitulation genau auf den Punkt, "die Gruppe" half mir nüchtern zu werden, dann Begleitung, wärend die Sucht anfing in das Loch des Vergessens zu sinken, ohne Umkehrmöglichkeit (so empfinde ich das jedenfalls). Ich weiß immer wo sich das Loch des Vergessens befindet, und ich stelle immer mal wieder, so alle Jahre wieder, oddr bei passender Gelegenheit, fest, dass die Sucht immer nocn sinkt, indes ich mich weiterentwickle? immer noch? ja aber das hat mit Sucht eigentlich gar nichts mehr zu tun. Bloß daran denken will ich bis an das Lebensende, nicht aus Angst sondern vorsichtshalber (dieser Teufel it heimtückischer als ich denken könnte).
Und deshalb werde nächstes Jahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 24 Jahre alt, in meinem neuen Leben ohne Alk, Gruß Max


Adda Offline




Beiträge: 850

22.10.2006 16:16
#13 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

Hallo Juma und Max,
dankeschön für Euer Lob, daß ich jetzt mal so richtig genießen werde.......

Mit „ungelenk“ meine ich (was ihr natürlich nicht wissen könnt), daß es mir noch schwer fällt, spontan zu schreiben. Ich nehme mir viel Zeit für die längeren Beiträge, lese noch zigmal durch vor dem Verschicken. Gerade jetzt mit eigenem Thema versuche ich, so eindeutig und trotzdem so kurz wie mir möglich zu schreiben, wohl wissend wie schnell durch Worte ein verzerrtes Bild entsteht. Gleichzeitig bin ich dabei doch etwas aufgeregt, gerade bei einem solchen Thema wie heute morgen, und da geht meine Konzentration recht schnell flöten und heute morgen war ich mir denn nicht wirklich sicher....

Oh ja Max – die Lebensamplitude schlägt – Wellen... Haushoch manchmal und scheinbar mit zunehmender Höhe, je länger die Zeit der dazwischenliegenden „ruhigen See“ ist... Ich genieße meine Entwicklung, auch wenn mir die Höhe der Wellen manchmal Angst macht.

Das von Dir beschriebene „Loch des Vergessens“ kenne ich nicht oder vielleicht einfach nur noch nicht.... obwohl,.... wenn ich zurückdenke, wie es war, den Alkohol loszulassen, kann ich es vielleicht schon nachvollziehen, das von Dir beschriebene Sinken...

„ Bloß daran denken will ich bis an das Lebensende, nicht aus Angst sondern vorsichtshalber“ - Ich traue mich kaum, den Blick mal davon zu nehmen, gerade nicht jetzt, am Höhepunkt der Welle, aber ich finde das in Ordnung, als Übung.

Jo... und eine neue Zeitrechnung hat bei mir auch Einkehr gehalten. Gestern ½-jähriger Geburtstag im Leben „ohne“.

Danke Dir für Deinen Zuspruch und lieben Gruß von Adda


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

22.10.2006 17:34
#14 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

haloo liebe Adda,
" . . wohl wissend wie schnell durch Worte ein verzerrtes Bild entsteht . . "
// Dieses habe auch ich hier manchesmal erlebt, mitunter von Leuten mit einem 'gezielten Missverständnis', naja.
Aber im Normalfall ist auch das eine Sache der Übung: Mut zum Irrtum, nicht stolz drauf sein. Oder aber 'auch ich weiß dass die Worte immer misszuverstehen gehen, nicht böse gemeint. Na und? Mit der Zeit wird das werden, nicht mehr weh tun, weil nämlich die "normalen" anderen nicht mal darauf kommen, dass solch sensible Leute wie z.B. du und ich verletzt sein könnten.
Mut, Mut, die Amplitude wird kleiner werden.
Aber merke: die tatsä#chlich wirklichen Amplituden sollen niemals kleiner werden, sodnern noch viel heftiger. Wir müssen ezmAnfang bloß noch besser sortieren erlernen. Ging mir ganz genauso. Und schön dass du dich traust, egal was. Und hier gibt es immer die große Mehrheit die dich dann doch versteht. liebn Gruß von Max


ruby44 ( gelöscht )
Beiträge:

22.10.2006 18:44
#15 RE: Das rechte Maß? Ist Genuß erlenbar? Zitat · Antworten

@ Max

Das hast du mal wieder schön auf den Punkt gebracht.

@ Adda

Mach dir nicht zu viele Gedanken, lebe dein Leben, ich glaube und spüre selber, dass sich dann die "Süchtigkeit" langsam von selbst reguliert.
Nimm dir nicht selbst alles zu übel, Hauptsache du trinkst nicht mehr und zerstörst nicht mit dem Alkohol dein Leben, alles andere ist Entwicklung.

LG
Karin


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