am Anfang habe ich das (dummerweise) noch gedacht, das der/die eine oder andere das bemerkt, aber Lernwille und Lernfähigkeit sind wohl doch nicht so, wie es wünschenswert ist.
"Politiker der großen Koalition äußerten sich in der „Bild“-Zeitung empört über die Haltung des Arbeitslosen. Das Verhalten Franks sei „ein Schlag ins Gesicht für alle, die wirklich Arbeit suchen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Laurenz Meyer (CDU) der Zeitung. Er betonte: „Wenn er angebotene Arbeit ablehnt, muss die Unterstützung gekürzt werden.“
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs. Der Fall zeige „klar, unsere Systeme sind nicht scharf genug“. Frank bringe alle Arbeitslosen in Verruf. Der Generalsekretär der FDP, Dirk Niebel, nannte den Vorgang „eine schäbige Posse“. Millionen Arbeitslose wünschten sich nichts sehnlicher als Arbeit."
Es war eine ernste Sache, es ist eine ernste Sache geblieben, und wie es aussieht, wird es noch ernster werden. Existenziell geradezu. Auch wenn man zwischenzeitlich den Eindruck haben wollte, hier handele es sich um Boulevardtheater. Ein Arbeitsloser, Henrico Frank aus Wiesbaden, pöbelt den SPD-Chef Kurt Beck auf einem Weihnachtsmarkt an, wirft ihm vor, er sei für sein Schicksal und das so vieler anderer Hartz- IV-Empfänger verantwortlich. Frank ist nicht ganz nüchtern, etwas ungepflegt. Der Politiker sagt ihm, er solle sich waschen und rasieren, dann finde er schon einen Job.
Das ist der Moment, in dem Kurt Beck alles falsch macht. Und er wird es in diesem Fall nie wieder richtig machen können, selbst wenn er dem Arbeitslosen noch so viele Jobs anbietet. Auch Henrico Frank kann von diesem Moment an nichts mehr richtig machen. Weil in seinem Leben schon zu viel falsch gelaufen ist. Und weil er jetzt auch noch die falschen Freunde hat, die ihm raten, aus dem einen Moment Berühmtheit, den er erhascht hat, die große Nummer zu machen. Die große Nummer, hinter der er völlig verschwinden wird, die ihm noch größere Probleme bringen wird, als er ohnehin schon hat.
Kurt Beck hätte erkennen müssen, dass ein womöglich alkoholkranker, arbeitsunfähiger und entwurzelter Mann nicht dazu taugt, ein Exempel zu statuieren nach dem Motto: Wer Arbeit sucht, der findet auch welche. Naiv ist das ohnehin. Aber Beck, oder einer seiner Mitarbeiter, hätte besonders in diesem Fall sehen müssen, dass ein Mensch wie Henrico Frank nicht mehr nach den Maßstäben der modernen Arbeitswelt funktioniert. Dass ein Punk von 37 Jahren nicht mit acht Arbeitsangeboten, die man ihm in den Briefkasten steckt, in die bürgerliche Gesellschaft zurückzuholen ist. Dass man, wenn man es ernst meint, jemandem wie Henrico Frank eine viel grundsätzlichere Lebenshilfe bieten muss als die Unterstützung bei der Suche nach einem Job.
Verpflichtet ist man dazu nicht, auch Henrico Frank ist zuallererst selbst für sein Leben verantwortlich. Aber wenn sich ein Spitzenpolitiker in dieses Leben einmischt, muss er sich fragen, was er will. Will er zeigen, dass er den Fall Frank erledigen, managen kann? Tut er es mit den besonderen Möglichkeiten eines Politikers? Und tut er es - nur aus Sorge um den eigenen Ruf - in aller Öffentlichkeit, auch wenn er besser als Henrico Frank weiß, was das für alle Beteiligten bedeutet? Für all das hat Beck sich entschieden. Er hat getan, was nur ein Ministerpräsident mit seiner Macht kann. Er hat blitzschnell Jobs am Telefon akquirieren lassen und die Erfolgsmeldung gleich verbreitet. Seht ihr, geht doch. Alles wird gut.
Dass alles nur noch schlechter werden würde, hätte man sich allerdings leicht ausrechnen können. Von Anfang an war in dieser Geschichte klar, dass Kurt Beck mit dem Arbeitslosen Henrico Frank ein Mann gegenüber trat, dem mit einer Arbeitsstelle allein nicht zu helfen ist, der auch nicht nach Kurt Becks Maßstäben auszurechnen ist. Der, weil ihm seine Freunde zur politischen Demonstration raten, die Angebote Becks nicht annimmt, um so die Geschichte noch größer zu machen. Mit dem seine Freunde Pressekonferenzen veranstalten, dem sie erzählen, dass er so am besten auf das Leid der Arbeitslosen aufmerksam machen könne.
Und so wird vor allem Franks eigenes Leid nicht erkannt. Nicht von Kurt Beck und nicht von den Boulevardzeitungen, die Henrico Frank nun als Freak vorführen, als Deutschlands frechsten Arbeitsloser verhöhnen. Vielleicht kürzt man ihm die Unterstützung, die er, um leben zu können, braucht. Er muss als Beleg dafür herhalten, dass Arbeitslose keine Arbeit wollen. Und das alles nur, weil Kurt Beck nicht bemerkt hat, dass Henrico Frank ein Schicksal und kein Fall ist.
Ein Schicksal, das nach diesen grellen Tagen nicht einfacher werden dürfte. Die Boulevardpresse wird weiterhin so tun, als müsse man Henrico Frank ernst nehmen. Denn nur so kann man behaupten: "Das macht Millionen Deutsche richtig sauer." Kurt Beck wird nicht begreifen, dass er das Falsche getan hat ("Zusage erfüllt"), Henrico Franks Freunde werden ihn weiter vor die Kameras stellen; und Millionen Deutsche wird es richtig sauer machen, dass diese Geschichte eines armen Mannes von ihren Geschichten ablenkt. Von den Geschichten der fünf Millionen, die wissen, dass man meistens keine Arbeit bekommt, wenn man welche sucht. Für sie wäre es ein Glück gewesen, wenn Henrico Frank und Kurt Beck sich nie getroffen hätten. Und für Henrico Frank erst recht.
ZitatGepostet von Friedi Ein Arbeitsloser, Henrico Frank aus Wiesbaden, pöbelt den SPD-Chef Kurt Beck auf einem Weihnachtsmarkt an, wirft ihm vor, er sei für sein Schicksal und das so vieler anderer Hartz- IV-Empfänger verantwortlich.
Hallo Friedi
und genau aus diesem Grund ist kein Politiker, keine Presse oder sonstwer für alles was folgte "verantwortlich" , sondern nur und allein der Henrico Frank - so etwa nach dem Motto "Erst denken, dann brüllen" . Und wer in Wirklichkeit gar keine Arbeit will sollte möglichst ziemlich leise brüllen ...
Das in deinem Link Gesagte bringts IMHO auf den Punkt.
In einer Kampagne à la "Haltet den Dieb!", "Angriff ist die beste Verteidigung!" und son Scheiß... befindet sich wohl jetzt die PR-Frauenschaft von Hrn. Beck.
Können sich "Asoziale" Rechtsanwälte leisten? Ja! Kenne welche. Aktuell einE (seit über einem Monat ohne Lohn und ohne AlG; _pleite_), die ihren nicht gezahlten Lohn erstreiten will. Auf meine Frage, wie sie den RA bezahlen will, sagt sie: "Das geht schon... Ich hab ihn schließlich u.a. meiner Schwester bei ihrer Scheidung empfohlen..." Tja, gibt gaaanz offensichtlich sogar noch(!) RAs, die ur-menschliche Züge zeigen.
Keine Ahnung, wie der Arbeitsuchende da gestrickt ist! Aber für den Sticker der APPD ( Hallo, tommie!) hätt ich ne Erklärung: "Angriff ist die beste Verteidigung!" oder (in my humble English ) "Schocking is beautiful!"
"Erst die Arbeitslosigkeit und das Nichtstun haben mich dazu gebracht, zu trinken", behauptet Henrico F., der bereits mehrere Therapien hinter sich hat. "Da kommt man von ganz alleine dazu, zu trinken", meint auch Jürgen G., "aber damit kann er auch ganz schnell wieder aufhören, sollte sich etwas an seiner Situation ändern."
Nun ja, es hat sich gewaltig viel an seiner Situation geändert ... bin ja mal gespannt ob der Herr Henrico F. schnell wieder aufhört mit dem trinken ...