Guten Abend, ich hoffe, dass es hier Menschen gibt, die mir einen Rat geben können. Ich möchte mich kurz vorstellen. Ich heiße Christian und bin 19 Jahre alt.
Mein Stiefvater, der eigentlich seit ich auf der Welt bin wie mein Vater ist, hatte vor 20 Jahren (also vor meiner Zeit) ein Alkoholproblem über mehrere Jahrzehnte. Nach einem stationären Entzug kehrte er in das Leben zurück, hat seit dem einen guten Job (Architekt), lernte meine Mutter kennen und war nun 20 Jahre trocken.
Jetzt haben sich meine Mutter und mein Stiefvater vor einiger Zeit getrennt und heute hat er wieder getrunken, nachdem sie einen neuen Lebensgefährten hat. Ich habe ihn nach mehreren Flaschen Bier und anderer "härteren" alkoholischen Getränken vorgefunden. Er war mir mein Leben lang quasi der beste Vater, ein super Vorbild und ich habe in meinem Alter von 19 Jahren selbst noch nie Alkohol getrunken - selbst wenn Freunde dies z.B. auf Partys taten.
Was kann ich jetzt machen? Wie kann ich ihm helfen?
Muss er den Entzug nun komplett neu durchlaufen?
Ich hoffe hier auf Hilfe!
Vielen vielen Dank!
[ Editiert von chris8 am 04.01.08 23:07 ]
zai-feh
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04.01.2008 23:13
#2 RE: Stiefvater seit heute rückfällig nach 20 Jahren...
so bedauerlich es ist, aber Du kannst im Prinzip im Moment nichts für Deinen (Stief-)Vater tun. Da Du ihn (gut für Dich!!!!) bisher nie so erlebt hast, gibt es für Dich auch keinen Erfahrungswert, WIE Dein Vater trinkt.
Es gibt Menschen, die haben einen Rückfall von einem oder wenigen Tagen und schaffen selber recht schnell wieder den Absprung. Es gibt welche, die sich binnen einiger Tage bis weniger Wochen so die Hucke zu saufen, dass nur noch ein klinischer Entzug möglich ist - danach kann es sein, dass sie wieder lange bis ewig abstinent leben.
Und es gibt welche, die wieder komplett und lange ins Saufen zurückfallen. Ist aber glaube ich nach so langer Trockenheit eher der seltene Fall.
Solange er trinkt und nicht zu denen gehört, die so saufen, dass man wirklich die körperlichen Erscheinungen beachten muss, kannst Du nichts für ihn tun. Sobald er sich wieder für die Abstinenz entscheidet, kannst Du ihn dann schon unterstützen - einfach dadurch, dass Du seine Entscheidung dann unterstützt.
Das ist sehr schwer für mich, einfach "zuschauen" zu müssen.
Ich hätte nie gedacht, dass er irgendwann nochmal einen Rückfall bekommt. Er hat mir immer geprädigt, was Alkohol anrichtet und hätte wirklich niemals einen Schluck getrunken. Er ist jetzt momentan wirklich wie ein anderer Mensch...
Du hast wahrscheinlich Recht, dass ich in diesem Fall (momentan) nichts tun kann.
ich kann mich Suse nur anschließen. Dein Stiefvater muß selber wieder aufhören wollen.
Auch wenn sich das hart anhören mag, vielleicht hilft es, wenn du ihm sehr ruhig sagst, dass du ihn nicht sehen willst, solange er trinkt, weil es dir selber weh tut, ihn so zu sehen.
Alles Gute Werner
---------------------------------------------------------------- It's nice to be a Preiss, it's higher to be a Bayer
Bärchen
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04.01.2008 23:33
#5 RE: Stiefvater seit heute rückfällig nach 20 Jahren...
Helfen durch Nichthelfen ist sehr sehr schwer. Sage ihm, dass wenn er wieder nüchtern ist, dass du dann immer für ihn da sein wirst. War er in einer Selbsthilfegruppe. Wenn ja, erinnere ihn daran. Vielleicht holt er sich dort Hilfe die er braucht.
Ich wünsche dir, dass es dein Stiefvater schaffen wird. Er hat schon einmal viel Kraft bewiesen, sicher schafft er es auch diesmal.
Liebe Grüsse Renate
zai-feh
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04.01.2008 23:47
#6 RE: Stiefvater seit heute rückfällig nach 20 Jahren...
ja, das Zuschauen müssen zehrt wirklich an der Substanz. Sucht macht hilflos - nicht nur den Süchtigen.
Es gibt auch Selbsthilfegruppen (SHG) für Angehörige. Überlege Dir, ob DU dort hin gehst. Für DICH. Dort werden sie geholfen, für Dich selber etwas zu tun. Für Deinen Vater kannst Du im Moment nichts tun (das kann nur und ausschließlich er selber) - aber für Dich. Nämlich, dass Du die Situation einigermaßen unbeschadet überstehst.
Mein Stiefvater ist selber seit 20 Jahren Vorsitzender einer SHG, noch ein Grund weshalb das alles so unendlich fern schien mit dem Rückfall!
Ich werde eurem Rat folgen und erstmal hart bleiben. Das wird wohl die einzige Lösung sein und er muss wahrscheinlich erstmal selbst begreifen, was er da jetzt macht.
Ist es denn häufig so, dass soziale Schwierigkeiten wie dass eine Beziehung kaputt geht zu einem Rückfall führen?
Liebe Grüße Chris
zai-feh
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05.01.2008 00:18
#8 RE: Stiefvater seit heute rückfällig nach 20 Jahren...
ZitatGepostet von chris8 Ist es denn häufig so, dass soziale Schwierigkeiten wie dass eine Beziehung kaputt geht zu einem Rückfall führen?
Liebe Grüße Chris
Kann man so einfach nicht sagen.
Ich versuche es mal sehr allgemein zu beantworten.
Ich denke, es gibt zwei große Gefahrenquellen für (langjährig?!) Trockene: Das eine ist eine Lebenskrise, die einem die Füße wegzieht - wie bei Deinem Vater. Das andere ist eine "zu" große Sicherheit, so dass sich eine Nachlässigkeit einschleichen kann. Diese können (müssen aber natürlich nicht) zur Rückfällen führen.
LG Suse
JREWING
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05.01.2008 01:46
#9 RE: Stiefvater seit heute rückfällig nach 20 Jahren...
Oh Chris, das tut mir leid und ist eine echt schwierige Situation. Ich probiere so gut ich kann darauf einzugehen; Dein Stiefvater ist vielleicht völlig machtlos gewesen und hat in seiner Verzweiflung wieder zum Glas gegriffen; ihr/du müßt aber auch bei euch bleiben und dürft euch nicht auch noch gefühlsmäßig verlieren, dein Stiefvater ist gewissermaßen für sich selbst verantwortlich. Das heißt nicht das man ihm nicht helfen soll in den evtl. notwendigen Schritten, ihn aber nicht schonen soll, meiner Meinung nach, sondern ihm ruhig sagen soll was man denkt und fühlt, das man sich Sorgen macht, oder so. Es könnte ja auch sein das dein Stiefvater subtil und vielleicht unbewußt mit dem Rückfall Druck ausüben will auf euch, das kam mir als erstes in den Sinn beim Lesen deines postings. Ich will nicht arrogant klingen und weiß auch nicht ob ich je wieder trinke, aber bei uns in der Gruppe wird von bedingungsloser Kapitulation gesprochen. Das heißt, egal was passiert, ich habe keine Hintertürchen mehr offen die mir meinen Rückfall erlauben könnten. Von Herzen wünsche ich euch das dein Stiefvater da wieder bald rauskommt; Gruß Boris
ja selbst nach so langer Zeit und regelmäßegen Besuch ist man eben immernoch und in erster Linie Alkoholiker. Warum dann nach solanger Ziet ein Rückfall passiert kann man wahrscheinlich nur vor Ort und im Gespräch mit dem Betroffenen klären, ist aber im Moment auch sehr unwichtig. Wichtig für Dich ist einfach die Tatsache, daß er trinkt und Du ihm nicht helfen kannst. Und dies anzunehmen ist sicherlich sehr schwer. Alles andere würde Deinem Vater nicht helfen und dich an den Rand des Wahnsinns treiben.
Eine Trennung nach langer Zeit ist natürlich nicht einfach zu ver- oder zu ertragen. Da können schon die Emotionen mit einem durchgehen und dann sind natürlich die alten Verhaltensmuster immernoch präsent und die Sucht hat ein leichtes mal wieder zu gewinnen, leider ist es so und beweist sich in solchen tragischen Fällen extrem.
Du mußt dir einfach bewußt werden, daß jetzt alles möglich ist und Du es auch akzeptieren mußt. Scuhe Dir Hilfe, es gibt SHG für Angehörige, auch die Suchtberatungen sind für Angehörige Ansprechpartner. Auch wenn sie Dir nicht helfen können, sie hören Dir zu und werden Dich auch beraten. Nutze diese Angebote, denn es ist wohl doch ein Unterschied, ob ich hier in einem Forum etwas schreibe, oder ob ich irgendwo an passender Stelle darüber rede. Ein Forum ersetzt in meinen Augen nicht das gesprochene Wort. Es ist eine willkommene Ergänzung, für mich jedenfalls.
Indem Du etwas für Dich tust, hilfst Du auch indirekt Deinem Vater. Er wird merken, daß Du Dir Hilfe geholt hast, er wird merken, daß er Dir nichts vormachen kann, daß Du nicht auf Mitleid und Selbstmitleid herein fällst. Bleib KOnsequent und Komprmißlos, wenn er sich ehrlich bemüht und sich um Hilfe für sich selbst bemüht ist, sei für ihn da, wenn er einfach weiter säuft, sei nicht für ihn da. Sag ihm dies so, er wird Dich verstehen, verstehen müssen und dies auch akzeptieren.
Trotzdem alles Gute für dieses Jahr, auch wenn es Dir zunächst Mal eine ganz neue Erfahrung gebracht hat.
Hallo Chris, momentan kannst Du für Deinen Vater aktiv nichts tun, aber fsicherlich für Dich. Geh doch einfach mal zu einer Suchtberatungsstelle. Dort kann Dir sicherlich insofern geholfen werden, dass Du für Dich mit der Situation umgehen kannst. Denn die Mitarbeiter dort sind nicht nur für Betroffene zu sprechen sonder auch für deren Angehörige. Auch gibt es dort Informationen wo Du eine Selbsthilfegruppe für Angehörige finden kannst. Ferner wäre es für Deinen Vater auch hilfreich dass Du Ihm sagst dass Du Dir Sorgen um Ihn machst und mit seinem derzeitigen Verhalten absolut nicht einverstanden bist. Auch solltest Du vermeiden dass Du ihn beim trinken unterstützt, soll heissen Du sollst Ihm keine alkoholischen Getränke kaufen, die soll er sich dann selbst besorgen. Sonst kann es passieren dass Du sehr schnell in die Rolle einer Co-Abhängigkeit hinein gerätst. Sieht dann ungefähr so aus: Du kümmerst Dich um die Hausarbeit, übernimmst Verantwortung für Ihn (z.B entschuldigst ihn beim Arbeitgeber) Vertuscht gegenüber anderen seine Krankheit usw.