ich möchte hier zwei momente aus meinem leben erzählen, in denen ich mich wirklich - und ich meine wirklich - frei gefühlt habe.
moment 1 war 1996. 1. dezember 1996.
ich wußte, ich habs geschafft. ich bin zu meinem hausarzt gefahren, um ihm mitzuteilen, ich brauche kein remedacen mehr gegen meine heroinabhängigkeit. ich freute mich und ich war stolz. denn es war ein langer weg. ein gutes jahr habe ich mich von den tabletten selbstständig herunterdosiert - ich wußte ja am besten, wie mein körper reagiert. nach einem kurzen gespräch verließ ich dann die praxis - mit der gewißheit, nie mehr ein rezept gegen heroin abholen zu müssen und mit tränen in den augen vor freude. die last war weg. endlich. mein ziel hatte ich erreicht. ich ging dann zu fuß nachhause, ca. 7 km. es war mir völlig egal. ich wollte diesen augenblick festhalten und bewußt wahrnehmen. ich hatte freudentränen in den augen und die innere sicherheit, daß ich mit dem thema fertig bin - und ich habe ein paarmal meiner tiefstenen zufriedenheit mit lauten "yes"-rufen (oder so ähnlich) genüge getan. war egal, was andere dachten konnten. ich hatte es geschafft. ein einmaliges gefühl.
moment 2 war 2007. september 2007.
ich war aus der sperre des alkoholentzuges und durfte für ein paar stunden aus der klinik und nach hause. dabei waren noch nichtmal 2 wochen rum. ich bin zur bushaltestelle gegangen. ein gefühl der inneren freiheit war wieder da. so wie damals. es war schönes wetter, frisch, aber sonnig und ein wenig herbstlich. nun stand ich hier also an der bushaltestelle. ich konnte es noch nicht wirklich fassen. sollte diesmal wieder diese schwere last von mir gewichen sein. ich hatte fast schon angst, es zu glauben. und es war ungewohnt, sich nüchtern in der welt zu bewegen. aber es war cool. der bus kam, ich stieg ein und setzte mich nach hinten ans fenster. ich hörte dabei übern mp3-player marla glen. musik und texte zum wachwerden irgendwie. der bus fuhr los, weg von der klinik, weg von all den ganzen sorgen. ich hatte wieder dieses gefühl wie damals. ich konnte nichts machen, aber ich hatte freudentränen in den augen. ich hätte vor freude heulen können. das habe ich allerdings dann im bus doch unterdrückt. die fahrt dauerte ca. eine halbe stunde. und ich war einfach nur glücklich. und ich beschloß am ende der busfahrt den rest des weges wieder zu fuß zu gehen. so wie damals auch. es war eine lange gerade straße, die sonne noch vor dem untergehen von rechts, buntes laub auf dem weg und auch kastanien. ich genoß diesen weg. ich war frei. endlich. ich hob mir noch eine glückskastanie vom weg auf und war mir sicher, ich habs geschafft.
leider nur für 9 wochen. dann geriet ich wieder in den alten trott - den ich ab montag wieder angehen werde.
diese beiden momente und diese tiefe innere zufriedenheit und freiheit - die ich so bisher nie wieder erlebt habe - geben mir die kraft und auch die gewißheit, daß ich es schaffe.