Ich habe heute so darüber nachgedacht, wie vielen verschiedenen Menschen ich bisher in meinen Leben begegnet bin, und wie viele merkwürdige Zeitgenossen darunter waren!
Es würde mich brennend interessieren, ob ihr auch so ein paar skurrilen Typen begegnet seid und wie sich diese dargestellt haben.
Ich fange mal mit einer Geschichte an, die mir heute in den Kopf kam…
Gleich nach meinem Krankenschwesterexamen habe ich auf einer herzchirurgischen Abteilung gearbeitet. Dort gab es einen stellvertretenden Chefarzt, der war ein totaler Flug-Fan und hatte zudem einen Pudel, den er heiß und innig liebte!
Aber der Pudel und der Flieger waren nicht wirklich kompatibel...primär wegen der fehlenden Möglichkeit des Druckausgleichs...Kaugummies hat das Tier immer verschluckt...
Naja… jedenfalls hat er dann einen speziellen Helm anfertigen lassen…also der Doc, nicht der Pudel…, mit automatischer Druck- und Sauerstoffregulation. Das Ganze sah in etwa so aus wie Neil Armstrong auf vier Beinen!
Nun konnte Freund Pudel besagten Arzt regelmäßig auf seinen Geschäfts- und Privatflügen begleiten. Die Gattin musste allerdings immer zu Hause bleiben…nun ja…
Für dich PeWe:gestern sah ich zufällig im 3sat – Thementag über die sog. Achtundsechzger eine Aufzeichnung des CREAM-Revival-Konzertes von 2005
Cream, der Name ist Programm für mich: Die erste Platte mit „richtiger“ Rockmusik, die ich im zarten Alter von 12 oder 13 hörte war „Disraeli Gears“ von Anno Toback 67
Eric Clapton Jack Bruce Ginger Baker Crossroads White Room Politician Sunshine Of Your Love Strange Brew…..
Jack Bruce`s donnernde aber doch so virtuose Bassgitarre (spiele selbst ein wenig), die Harp sowie sein schneidender Gesang haben es mir besonders angetan
Sowie natürlich auch Claptons „extended guitar solos“ von bis zu 20 min....
Etc etc
Aber was erzähl ich, ich seh und hör sie also gestern wieder, vom Leben gezeichnete reifere Herren, aber meiner Meinung nach um ganze Klassen besser denn je...
Beim ersten Ton ging bei mir natürlich die Post ab...
Lautstärke voll aufdrehen, soweit Texte noch bekannt mitgrölen, wildes Headbanging, extatisches Zucken der Extremitäten, na ja mir gings genau wie meinen Altersgenossen in der ehrwürdigen Royal Albert Hall zu London, die das ganze live erleben durften. Meine Gattin (sie liebt Kirchenkonzerte und Musicals) begab sich daraufhin schweigend in den Keller, mal wieder was aufräumen. Durch den ungewohnten Lärm in unserem mittlerweilen sehr gut bürgerlichen und ruhigen Haus wurde sogar meine 16 jährige Tochter angelockt, die in Ihrem Zimmer wahrscheinlich wie immer ihre musikalische Kinderkacke (Red Hot Chili Peppers, Bon Jovi oder was weiß ich ) anhörte und sich dabei ihrer altersgemäßen Coolness hingab. Schweigend sah sie sich das Spektakel an, das gelegentliche Zucken ihrer Mundwinkel deutete ich dahingehend, dass sie um Contenance bemüht war, weil diese tolle Musik ebenfalls etwas mit ihr machte, sie aber aufgrund von Coolness das nicht so zeigen kann...
Naja, sie ist ein sehr bodenständiges und realistisches Mädchen, dabei aber durchaus ein Kind ihrer Zeit und das heißt u.a., dass sie die Existenz von Leuten über 25 zwar registriert, aber mehr so wie unsereiner die Existenz von Stubenfliegen und Kellerasseln registriert. Nur wenn’s darum geht Geldmittel loszueisen wird sie etwas zutraulicher.
Zurück zur Sache, nach Ende des Konzerts und nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, sah ich sie erwartungsvoll an. Ich erwartete mir jetzt in etwa folgende Ansage: „Toooll, ich glaubs ja gar nicht was IHR damals für klasse Musik gemacht habt, vor allem von DIR, aber auch von Bruce Clapton Baker sowie den netten Menschen in der R.A.-Hall bin ich zutiefst beeindruckt“ oder so ähnlich Was dann aber wirklich kam, sag ich jetzt nicht, ein wohlmeinender Beobachter würde sagen, dass sie UNS alte Säcke etwas skurril findet.
Na so what! Frechheit.
* geboren am 28. Oktober 1957 - † gestorben am 24. September 2008
Skurril – auf lächerliche oder befremdliche Weise sonderbar, schreibt da der Duden.
Ich bin dazu übergegangen, Menschen zu beobachten, nicht aber sie zu werten. Vielleicht, weil ich selbst nicht bewertet werden will. Ich sehe mich doch auch jeden Tag anders, wie will da ein Mensch, der mich nicht kennt, eine Beurteilung über mich abgeben?
Es kann also nur eine Wertung sein und die ist immer subjektiv.
Deine Geschichte gefällt mir dennoch. Schließlich verleitet sie zu vielerlei Parteinahme. Und jeder darf für sich selbst bewerten, ob er es nun schändlich findet, das jener Arzt den Pudel seiner Frau vorzieht oder ob eben dieser Arzt ein sehr einfühlender Mensch ist in Hinsicht auf des Pudels ‚Flugunverträglichkeit’..oder am Ende gar beides??
Solange dieser Arzt in seinem Beruf gute Dienste leistet, who the hell cares?
Ist Eigenwilligkeit oder Skurrilität nicht auch liebenswert, da nicht nur eigen- sondern auch jedesmal einzigartig?
Wenn mir im städtischen Menschengemenge einer besonders auffällt, hat das seinen Sinn.
Er drückt meine Sehnsucht nach Veränderung aus.
Er inspiriert mich, aufgrund meiner eigenen brach liegenden Potentiale.
Oder er erinnert mich daran, wie ich niemals sein möchte. Und dabei löst sich bei mir kein Widerwille sondern Bedauern und immer auch Mitgefühl.
Dieser von dir als skurril empfundene Arzt geht sicherlich auch seinen Weg. Er ist bestimmt auch auf der Suche nach seiner Bestimmung. Ob er das nun bewußt tut oder unbewußt, das kann nur er selbst klären.
Deshalb fällt es mir schwer, mit dem Strom zu schwimmen. Mit einer einzigen für alle gültigen Meinung konform zu gehen. Ob das jetzt Mode ist, Jugendlichkeitswahn, Esskultur…
Ok, Alkoholabhängikeit ist nicht individuell interpretierbar.
ich betrachte meine Mitmenschen (inzwischen) auf dieselbe Weise, wie du.
Und das Gute bei dieser Art der Betrachtung ist:
Sie dürfen sein, wie sie sind (ohne, dass ich sie geringschätze in ihrer Andersartigkeit und auch "skurril" empfinde ich sie nicht!) und ich darf sein, wie ich bin.
Ohne Wertung. Auch ich ertapp mich oft noch dabei, zu werten, hab mir aber inzwischen angewöhnt, das sofort zu korrigieren. (in der Hoffnung, dass dieses Verhalten irgendwann einmal "konditioniert" abläuft.)
Tatsache ist es wohl auch, das viele ihre Stellung als Kopie verteidigen, in der fälschlichen Annahme dadurch ein Teil von 'irgendwas' zu sein.
..wenn es aber keine stabile Persönlichkeit gibt, auf die man zurückgreifen kann in einer Gruppe und man trotzdem das Gefühl haben möchte in dieser Gruppe nicht unterzugehen oder nicht gesehen zu werden, wählt man den Weg, ein Teil von "irgendetwas" zu sein, um wenigstens "etwas" zu sein.
Spannend finde ich die Tatsache, dass es doch relativ wenige sind... , die mit einer stabilen Persönlichkeit.
Hmmm. Da ja nun mein Ex-resp. Wiedermann und Vater meiner resp. unserer Kinder ein herausragender Schaffer ist und ich an seiner Seite sehr viele ähnlich strukturierte Männer kennenlerne, habe ich die Angst und auch den überproportionalen Respekt vor eben selben verloren.
Diese liebeswerten Kerls keulen sich voll mit Arbeit, erleben ihre Familien 1x im Vierteljahr und sind sooooo bedürftig. Als mir das bewußt wurde, hat sich für mich mein ganzes bisheriges Leben relativiert.
Ich dachte, ich bin klein, weil ich Bedürfnisse anmelde und weine, wenn's weh tut. Ich dachte, ich bin ne Nummer, wenn ich nicht meine, was er meint.
Und jetzt bin ich für mich klar und hier für jeden etwas anderes. Denn hier sucht jeder. Hier sezieren viele, da sie der Erkenntnis auf der Spur sind.