Ich les bei Dir meinem persönlichen Eindruck nach auf alle Fälle die richtige Einstellung; das klingt nach Entschiedenheit mit der auch nötigen Portion Respekt vor der Größe Deines Vorhabens.
Bei mir war damals der erste Schritt zwar in keine Sucthberatung sondern der Besuch einer SHG, aber egal was es im Einzelfall ist - die Gefühle dabei dürften dieselben sein, erinnere mich gut an das fluchtinsstinkt-aktivierende PanikSchamBetretenheitsKonglomerat... doch einmal den ersten Schritt getan, durfte ich feststellen, dass das Schlimmste die Angst DAVOR war.
Und ab da kam nicht nur mein Vorhaben mir (zu REcht) groß vor, sondern auch ich selbst mir ein Stück weit größer.
Seitdem bin ich sehr gewachsen; oft genug über mich hinaus.
Ich wünsch Dir genau die selbe Erfahrung und finde, Du hast die denkbar besten Voraussetzungen.
LG IngMarie
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Einfach tun. Der beste Zeitpunkt dafür: immer genau jetzt.
von mir auch erstmal noch ein herzliche Willkommen
Mit dem "öffentlich machen" hab ich verschiedene Erfahrungen gemacht, mal mehr, mal weniger gute. Ich hatte eigentlich nie ne wirkliche Veranlassung, jemandem von meinem Alkoholproblem zu erzählen, da in meinem Umfeld wenig getrunken wird, und ich z.B. nie in die Situation kam, daß jemand überhaupt hinterfragt hat, wenn ich mal ein Bier oder einen Sekt abgelehnt hab. Genaugenommen hat nur mein eigenes leicht stark ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis dafür gesorgt, daß ich die Info ab und an mal unter die Leute gebracht hab
Tja, meine Erfahrungen damit. Plötzlich wusste ich, daß zwei Frauenaus meinem Umfeld ebenfalls Alkoholikerin sind, die das beide noch nie jemandem erzählt haben. Ich kannte im Nullkommanix die Lebensgeschichte von anderen und hab dabei gelernt, daß ganz schön viele Leute alkoholkranke Eltern haben. Und es gab Leute, die begannen, ihren eigenen Alkoholkonsum zu hinterfragen, oder den von Freunden und Verwandten, weil ich nicht ihrem klischeehaften Bild vom Alkoholiker entspreche, sondern eher ihrem Bild von sich selbst. Das führt oft dazu, daß jemand mich davon zu überzeugen versucht, daß ich mir mein Alkproblem einbilde, damit er selbst nicht weiter darüber nachdenken muss, daß er eventuell dann auch eins haben könnte. Die mit den alkoholkranken Eltern bekommen manchmal für ne Zeit Probleme mit mir, bis sie wieder auseinanderhalten können, daß ich ich bin und nicht ihre Mutter.
Ich hab mir schon desöfteren gewünscht, ich könnte endlich mal meinen Mund halten, und es wissen zwar einige Leute jetzt, aber noch lange nicht alle, und die anderen müssens von mir jetzt auch nicht mehr so dringend erfahren
Ich persönlich kann nicht einschätzen, ob das ne gute idee ist, Deinen Chef zu informieren, das wäre was, was ich vermutlich erstmal nicht tun würde. Was veranlasst Dich denn zum jetzigen Zeitpunkt dazu?
ja, ihr habt recht, ich sollte mich auf die Hilfe der Suchtberatung eigentlich freuen. Es ist auf jeden Fall eine Erleichterung, es jetzt anzugehen und ja zur Hilfe zu sagen. Aber ich habe im Moment so ein schlechtes Bild von mir, halte mich für eine Versagerin....und vor wildfremden Menschen einen Seelenstrip hinzulegen ist nicht so leicht...
meinem Chef alles zu sagen ist für mich ein weiterer Schritt, das Problem anzugehen, ein Beweis für mich, dass ich es ernst meine. Das Gespräch hat auch gleich gestern noch stattgefunden, mein Freund hat mir dabei geholfen, der kennt meinen Chef nämlich schon viel länger als ich, die sind befreundet. Das Gespräch war gut, er hat mir Hilfe versprochen, wenn ich sie brauche, gesagt, dass er zu mir hält, ich mir keine Sorgen machen muss um meinen Job. ich soll gesund werden und mir um ihn keine Gedanken machen. Auch hat er gesagt, dass er nie was gemerkt hat, und nieeeeemals auf die Idee gekommen wäre, ich hätte ein Alkoholproblem. dabei war ich mir sicher, dass er es ahnt! Egal, ich finde es war richtig, es ihm zu sagen.
Das kann ich absolut nachvollziehen, hab auch ne riesen Schwellenangst bei solchen Sachen. Aber nach allem, was ich hier im Forum gelesen habe, sind alle Ängste in der Richtung unbegründet Ich selbst habs dann zuerst meiner Hausärztin erzählt- mit dem Ergebnis, daß ich inzwischen weiß, daß sie selbst ein Alkoholproblem ihr eigen nennt.
Das schlechte Bild, das du von Dir hast, wird vermutlich besser mit der Zeit (von "gut" kann ich auch noch nicht reden, bin selbst noch nicht so arg lang abstinent :licht. Ich hab mich mal genauso gefühlt, und je mehr ich hier gelesen hab, desto mehr konnte ich auch vor mir selbst dazu stehen, einfach weil ich gesehen hab, was für tolle Leute offenbar das gleiche Problem wie ich haben. Das war ganz gut für mein eigenes Selbstbild
ZitatGepostet von avenahar ....und vor wildfremden Menschen einen Seelenstrip hinzulegen ist nicht so leicht...
Bei mir war DAS ein Kinderspiel im Vergleich zu den mir NICHT wildfremden... Das fiel mir wesentlich schwerer (...womöglich, da nicht so unverbindlich und mit Wiedersehensgarantie?:gruebel. Aber diese Dinge sind beim Allererste-Schritte-Tun eh noch nicht so vordringlich, find ich. Erstmal gehts drum die Tür zum Einstieg in den Ausstieg zu öffnen. Das ist schwer genug.. aber lohnt sich.
Alles Gute für heute LG nochmal von IngMarie
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Einfach tun. Der beste Zeitpunkt dafür: immer genau jetzt.
Wow, hört sich nach nem tollen Chef an Ich bin jetzt natürlich von meinen eigenen ehemaligen Chefs ausgegangen, und da wäre keiner bei gewesen, dem ich das so gern erzählt hätte
@ Ingmarie danke, für deine Worte, du scheinst echt genau zu wissen, wie ich mich fühle. Eine weitere schwierige sache heute ist das Alleinsein. Gestern als mein Freund mit mir bei der Hausärztin war, hab ich im Behandlungszimmer geweint und geschluchzt, er hat meine Hand gehalten und war für mich da, sonst hätte ich es vielleicht nicht geschafft. Als er heut morgen zur Arbeit ging, hab ich sofort wieder den PC angemacht um hier mit Menschen zu reden, die sind wie ich, oder ähnlich. Um nicht so alleine zu sein. Das hält mich oben, dämpft etwas die Unruhe, die in mir ist........ LG
ZitatGepostet von avenahar ....und vor wildfremden Menschen einen Seelenstrip hinzulegen ist nicht so leicht...
hallo avenahar,
auch von mir ein herzlich hier im saufnix.
ich hatte damit auch ein grosses problem, weniger wegen der angst vor wildfremden. sondern eher davor, was dann mit mir passiert. ich war so voller vorurteile vor allem, was mit psychologen, therapeuten usw. zu tun hat.
ich habs nie bereut, im gegenteil, heute vermisse ich manchmal meine therapeutinnen (aber 5 jahre sind genug). gelernt hab ich nämlich (endlich), mal auf mich und mein leben, meinem verhalten usw. zu schauen.
...andererseits möchte ich meinem Freund nicht zuviel zumuten, er hat schon viel durchgemacht mit mir. Die Angst, ihn zu verlieren war auch ein Auslöser dafür, mir endlich einzugestehen, dass ich ein Problem habe.....Angst dass es ihm zuviel wird habe ich trotzdem.....
für mich klingt es sehr gut. Du beschreibst das Heulen und Schluchzen. Ich empfinde das als gutes Zeichen. Ich habe damals auch geheult und mich beschissen und minderwertig gefühlt. Aber das Heulen war ein "echtes", es war die Kapitulation. Und so klingst Du mir auch. Eben nicht nach "saufendem Selbstmitleid", sondern nach der Trauer, die einfach mit dem "echten" Eingeständnis zu tun hat. Ich wünsche Dir viel Glück auf dem Weg. Ich finde Deine Offenheit gut - und meine Erfahrung ist, dass die Offenheit meist auf offene Ohren trifft. Bei mir wissen alle, dass ich trockener Alki bin. Allerdings bin ich in dem glücklichen Umstand, dass mein jetziges Lebensfeld (inkl meiner Kinder) sich erst erstellt hat, nachdem ich aufgehört hatte zu saufen. Allerdings erlebe ich gerade mit einer Art des "Outings" etwas ähnliches. Ich habe meine Depression - auch meinem Arbeitgeber gegenüber - geoutet. Auch diese war für mich davor mit Scham besetzt. Aber die Reaktionen darauf sind sehr positiv.
das Schluchzen WAR echt, richtig. und Kapitulation ist genaus das Wort, das es am treffendsten beschreibt. Kennst du die innere Unruhe auch? So nach dem Motto: Ich habe das Problem erkannt, will was ändern, und dann muss auch sofort was passieren? Die Suchtberatung hat heute erst ab 14.00 Sprechstunde, so lange muss ich noch alleine mit meinen Gedanken ausharren....und mich hier ablenken.
Schön, dass du es geschafft hast, dir ein neues Leben zu schaffen, solche Dinge zu lesen macht Mut, und das ist es was ich im Moment brauche.
hallo ave, auch ich will dich hier recht herzlich willkommen heißen! für mich war das gespräch mit der suchtberatung eine regelrechte befreiung. ich hatte das gefühl ENDLICH etwas zu tun, mit leuten zu reden, die wissen wovon ich rede, die mich ernst nehmen. mir hat es sehr geholfen. und ich wünsche dir alles gute auf deinem weg in die trockenheit.
Und wie ich diese Unruhe kenne. Ich habe mich zu Beginn meiner Trockenheit zwischen den Terminen beim Hausarzt, Suchtberatung etc. nicht vom PC weg bewegt und wie wild gelesen. Ich wollte sofort und jetzt und auf der Stelle trocken werden und nicht auf Termine warten. Als sie mir in der Suchtberatung gesagt haben, dass ich monatelang auf einen Termin beim Psychologen warten muss, wäre ich fast durchgedreht Aber - selbst ist die Frau - ich war so hartnäckig, dass ich in der nächsten Woche einen Termin hatte.
Du bist auf einem guten Weg, mach weiter so
Liebe Grüße Eva
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe)
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