ich habe jetzt seit über zwei Monaten nichts mehr getrunken und gehe regelmäßig zur Psychologin. Ich dachte es läuft alles sehr gut, der Alkohol fehlt mir auch nicht. Es ging mir gut mit der Entscheidung nichts mehr zu trinken. Im Moment stösst mich schon allein der Geruch ab. Aber gestern hatte ich wieder einen schlimmen Streit mit meinem Freund und im Moment bin ich sehr entäuscht und wütend darüber, wie er mich behandelt hat. Warum das Thema aufs Trinken kam weiß ich gar nicht mehr, aber auf einmal hat er angefangen verbal auf mich einzuprügeln, mir alle meine fehler wieder und wieder vorgeworfen, alles zehn mal wiederholt, mir gedroht mich zu verlassen sollte ich jemals wieder auch nur einen Tropfen trinken, er hat mich angeschrien, mich nicht ausreden lassen, das ging ne ganze Stunde so......warum das??? Im Moment besteht keinerlei Gefahr, dass ich rückfällig werde. Ich habe mich gefühlt wie ein Boxsack zum abreagieren. Für wen hält er sich, sich zu erlauben so mit mir zu reden? ich bin verwirrt und traurig. Dazu muss ich sagen, dass der ganze Streit übers Telefon ging, weil er im Moment im Ausland arbeitet, wir werden uns auch die nächsten Wochen nicht sehen. Ich verstehe es nicht, kann nicht damit umgehen. Bis jetzt war es mein eigener Entschluss abstinent zu leben, für mich und unsere Beziehung. Aber jetzt fühle ich mich seelisch erpresst, gedemütigt und heruntergesetzt. Er erteilt mir Befehle und setzt Ultimaten.....wozu soll das gut sein? ich habe seit Monaten nichts mehr getrunken, mehr Freund hatte auch gestern wieder mindestens drei Bier und ein, zwei Schnäpse getrunken...wie jeden Abend. Und was die ganze Sache noch komplizierter macht: ich bin schwanger! das habe ich vor ein paar Wochen erfahren. ich habe mir schon lange ein Kind gewünscht, und ganz bestimmt hilft mir das sehr, nichts mehr zu trinken, weil es nicht mehr nur um mich geht. Ich freu mich auf das Kleine!
Ich weiß nicht, ob einer von euch mir einen schlauen Rat geben kann, wollte einfach meine mit miesen Gedanken angefüllte Birne etwas frei kriegen. danke fürs Lesen.
du hast recht, natürlich kann mich ein Kind nicht vom Trinken abhalten. Den Entschluss damit aufzuhören habe ich ja auch getroffen, bevor ich schwanger wurde. Der Alkohol ist im Moment ganz weit weg, und ich hoffe, dass das so bleibt. Mir ist im Moment das verhalten meines Freundes einfach rätselhaft, vielleicht ist ihm bewusst, dass er selbst zuviel trinkt, und indem er mich fertig macht steht er vielleicht vor sich selbst besser da, wer weiß......
Oft reagieren Partner aus Hilflosigkeit auch so vorwurfsvoll. Die Hinterfragung des eigenen Trinkverhaltens kann auch noch dazukommen.
Ich kann Euch nur - gerade angesichts der Schwangerschaft - dringend raten, eine Angehörigengruppe aufzusuchen. Ist deine Psychologin auf Suchterkrankungen spezialisiert? Ich habe in meiner Therapie auch die Möglichkeit auf Gespräche mit Einbeziehung der Angehörigen - das halte ich für sehr wichtig in Deinem Fall.
Und auch wenn Du es nicht hören magst - eine SHG ist sicherlich ratsam. In meine gehen ebenfalls Angehörige mit - das hilft auch fürs Verständnis, dass nicht nur der eigene Partner solche Probleme hat.
Geh verantwortungsvoll mit Dir um - ich habe Berichte über Kinder mit Alkohol-Spätfolgen gesehen, weil die Mutter während der Schwangerschaft getrunken hat - das würdest Du Dir nie verzeihen!
Alles Gute
LG Katrin
Wenn die Musik beginnt, dann dreht sich der Tanzbär...
[quote]Gepostet von avenahar Warum das Thema aufs Trinken kam weiß ich gar nicht mehr, aber auf einmal hat er angefangen verbal auf mich einzuprügeln, mir alle meine fehler wieder und wieder vorgeworfen, alles zehn mal wiederholt,
Bis jetzt war es mein eigener Entschluss abstinent zu leben, für mich und unsere Beziehung.
ich habe mir schon lange ein Kind gewünscht, und ganz bestimmt hilft mir das sehr, nichts mehr zu trinken, weil es nicht mehr nur um mich geht. Ich freu mich auf das Kleine!
Hallo avenahar,
dein Post hast mich unglaublich an meine eigene Situation erinnert, als ich kurz nach Ostern das erste Mal hier aufgeschlagen bin.
Ich hatte ein ähnliches Streitgespräch mit meinem Mann, das für mich auch völlig überraschend, aus heiterem Himmel sozusagen, über mich hereinbrach. Und das, nachdem ich doch ein oder zwei Tage vorher beschlossen hatte, das Trinken wieder einzustellen. Das hatte ich nicht einmal großartig angekündigt, ich tat es einfach. Und er hat es nicht zur Kenntnis genommen, sondern mir olle Kamellen um die Ohren geballert! Ich war so sauer, dass ich allen Ernstes zur Tanke gefahren bin, um mich mit Wein einzudecken. So, du Blödmann, ich kann auch anders!
Heute weiß ich, dass er damals wegen etwas ganz anderem gereizt war und sich einfach ein Ventil gesucht hat, den Ärger abzulassen. Da bietet sich der trinkende (oder auch momentan nicht trinkende) Partner förmlich an. Denn der hat ga-ran-tiert etwas an sich, womit wir ihn kleinkriegen...
Was für mich in der Erinnerung daran wichtig ist, ist nun nicht etwa, dass mein Mann eine Übersprungshandlung gemacht hat. Das Ausbleiben des Lobs bzw. der Streit war nun wiederum für mich der willkommene Anlass, weiterzutrinken.
Nun scheint es dir ja - anders als mir damals - leichter zu fallen, auf den Alk zu verzichten. Dennoch schreibst du, du würdest für dich und die Beziehung darauf verzichten. Womit wir aber wieder beim gleichen Dilemma wären: Wenn ich etwas tue, wovon ein anderer mittelbar oder unmittelbar betroffen ist, erwarte ich ein feedback, und zwar möglichst eines, das zum Wesen meiner Handlung passt. Also: Du verzichtest auf Alkohol, weil du weißt, dass das einer Beziehung gut tut, und erwartest (völlig zu Recht), dass sich der andere freut und nun alles besser wird. Was aber, wenn der andere nicht erwartungsgemäß reagiert? Und das, obwohl du deiner Beziehung doch was Gutes tust!
Ich will damit nur sagen: Solange der Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören, auch nur im Geringsten mit anderen Menschen oder bestimmten Umständen verbunden ist, wird das Unterfangen wohl schiefgehen oder aber zumindest gehörig ins Schlingern geraten, weil jede Kleinigkeit, die nicht ins Erwartungskonzept passt, die potenzielle Macht hat, dich umkippen zu lassen.
A propos Umstände: Jetzt bist du schwanger, und das ist etwas ganz Wundervolles. Aber auch hier traue ich mich zu sagen: Du tust das nicht für dein ungeborenes Baby, sondern wieder für dich! Dass du, wenn [b]du nicht trinkst, auch dein Baby nicht schädigst, ist halt nebenbei ein schöner Seiteneffekt. Aber wichtig bist erst einmal du. Und wenn du später nicht trinkst, hat dein Kind keine besoffene Mutter.
Du kannst es drehen und wenden, wie du willst: Wenn du gut zu dir bist, hat dein gesamtes Umfeld was davon.
Ich bin nun auch erst seit knapp 10 Wochen wieder konsequent abstinent und kann dir versichern, dass es nicht leicht ist, diese Denke tatsächlich umzusetzen. Ich lerne es gerade erst, gut zu mir zu sein und auf mich achtzugeben. Aber ich weiß, dass ich es nicht für meinen Mann, meinen Therapeuten oder meine Freunde tue, sondern für mich. Und wenn es mir gut geht, weil ich mich nicht mehr vergifte, dann haben genau die alle was davon.
was du geschrieben hast spricht mir aus der Seele, danke dafür, war echt schön. Mir ist vollkommen klar, was du meinst. Damit hängt ja meine momentane Verwirrtheit zusammen. Ich war der Meinung, es war MEINE Entscheidung nicht mehr zu trinken, und jetzt wird es von meinem Partner so hingestellt, als müsste ich seine Anweisungen befolgen. Als gestern unser Streit so eskaliert ist, dachte ich auch-aus der Wut heraus- "ha, dir werd ich zeigen, ob du mir was vorzuschreiben hast! Wenn ich das Kind nicht mehr stille und mir danach sein sollte, werde ich auch ein Glas Wein trinken, du hast mir gar nichts zu sagen!!" das waren meine Gedanken, schön blöd, oder? So eine kindische Trotzreaktion. Ich habe keine Ahnung, wie alles sein wird, wenn das Kind auf der Welt ist, oder wie ernst ich solche Gedanken nehmen soll. Auf jeden Fall machte es mich stinksauer, so beschimpft zu werden. Ich erwarte von meinem Freund nicht mal Lob, ich will nur in Ruhe gelassen werden....immer und immer wieder auf der selben Sache rumzuteiten ist einfach unfair, vor allem weil er im Moment überhaupt keinen Grund zur Klage hat. Aber vielleicht war es wirklich so, wie du meintest: ihm hat was anderes gestunken und brauchte ein Ventil, und ich war gefundenes Fressen...
erstmal finde ich es super, dass du so klar formulieren kannst, wie du dich gefühlt hast. Ich weiß ja nicht, was deinen Partner da gerade geritten hat, aber es müsste reichen, wenn du klipp und klar sagst, dass du ohnehin mit dem Alkohol abgeschlossen hast, und zwar nicht wegen ihm oder irgendwelcher Sanktionen, sondern ganz für dich. Dann wäre es zumindest einen Versuch wert zu fragen, wie er sich gerade fühlt und was ihn denn jetzt trotzdem noch so aufregt. Könnte ja sein, dass er sich dann angehört fühlt und sich etwas von der Seele reden möchte, was gar nichts mit dir zu tun hat. Es ist sicher leichter gesagt als getan, aber das Streit-Thema bezüglich Trinken sollte dann beendet sein, und du solltest auf weitere Anschuldigungen dann nicht mehr eingehen, da du damit diesen "Gesprächs"-Verlauf nur fortsetzt. Themawechsel, und wenn das nicht funktioniert, müsstest du schlimmstenfalls das Gespräch schnell ganz beenden, denn wie das sonst weitergeht, hat ja überhaupt keinen Sinn; es schadet dir gerade nur. Man kann ja ein anderes Mal wieder miteinander reden, vielleicht ist dein Partner das nächste Mal entspannter.
Ich könnte mir vorstellen, dass du mit diesem unangenehmen Gespräch noch länger beschäftigt warst und dich nicht gut gefühlt hast. Bei mir war's oft so, dass ich dann ständig gegrübelt habe, und das bringt gar nichts. Da fällt mir nur eine einzige hilfreiche Strategie ein, nämlich dass du dich lobst, dass du auf einem guten Weg bist, und dich auf Dinge konzentrierst, die dir im Moment wichtig sind und die alle im Vordergrund stehen. Das (ich nenne es mal so) Beziehungsproblem, das du im Moment sowieso nicht lösen kannst, tritt dann in den Hintergrund, und du kannst dich mit all dem Positiven, was sonst gerade so in deinem Leben stattfindet, wieder gut fühlen.