Hallo, ich habe mich gestern erst angemeldet und einen Beitrag verfasst. Daß schon heute so viele Antworten hierauf zu lesen waren find ich toll!!! Und es hat mich ermutigt, mal „kurz“ meine Saufkarriere zu beschreiben. Ich hoffe ich kriegs einigermaßen chronologisch hin…
Aufgefallen bin ich bereits in der Schule. Ich hab so in bzw. nach der Pubertät begonnen aus dem Bierkasten meines Vaters 1-2 Flaschen mit in die Schule zu nehmen. Die haben wir dann in der Pause im benachbarten Wald geköpft. Irgendwie war die Schule dann leichter und amüsanter. Als ich so ca. 16 war bekam ich in der Schule meine erste wöchentliche „Suchtberatung“: unser Vertrauenslehrer nahm mich 1x pro Woche mit in ein Besprechungszimmer und wir sprachen übers Trinken und über meine damalige Clique, in der fast alle älter waren als ich. Mit 19 hab ich die Schule verlassen, begann zu jobben. Als ein Arbeitskollege zu mir sagte: „Wenn du gestern zuviel getrunken hast und es geht dir schlecht, dann trink am nächsten Morgen mal schnell2 Fl. Bier und es geht dir besser. Gesagt – getan….und von da an wusste ich, dass ich ein massives Problem mit dem Alk habe. Mit Anfang 20 bin ich zu einer Suchberatung. Ich habe es damals irgendwie geschafft, auf dem 2.Bildungsweg das Abitur nach zu machen. Auf dieser Schule hab ich natürlich auch weiter getrunken. Dann hab ich Komposition studiert (ein Kindheitstraum) und wollte im Anschluß noch Musikwissenschaften studieren. Dazu kam es aber nicht: Das Kompositions-Studium hat sich über 12 Semester hingezogen – hauptsächlich wegen meiner Trinkerei. 1999 hab ich das Studium ohne Abschluß beendet und meine erste Langzeit gemacht (16 Wo). 2 Tage vor Therapieende baute ich einen Rückfall und blieb dabei. Die Jahre danach waren eine einzige Sauferei, aber mein Körper machte das alles noch mit. Wir trafen uns morgens am Busbahnhof, haben den ganzen Tag alles getrunken was uns in die Finger kam, selten mal gekifft.
So gingen die Jahre dahin – ich hab während der letzten 8-9 Jahre nur ab und zu mal gearbeitet, ansonsten ließ mich das Sozialamt bzw. die Arge ziemlich in Ruhe. Und ich hatte eine Freundin von 1996-2007. Wie sie das 11 Jahre mit mir ausgehalten hat weiß ich nicht genau. Ich hatte und habe das Glück (?), dass ich nach einer Trinkzeit alleine aufhören kann, ohne stat.Entgiftung. Ich hatte zwar mal 2 Krampfanfälle, hatte dann auch Angst davor und ging häufig in die Klinik zur Entgiftung. Allerdings hab ich bald gemerkt, dass ich die Tabletten (Thimonil) nicht brauche und hab zu Hause entgiftet. Ich hatte so einen 2-Wochen-Rhythmus: 2 Wochen nonstop trinken, 2-3 Tage zu Hause entgiften, 2 Wochen trocken. So ging es ca. die letzten 4-5 Jahre. Nur im letzten Jahr hat meine Lebensgefährtin einen Arbeitskollegen gefunden und hat mir nach 11 Jahren den Laufpass gegeben. Daraufhin machte ich 2007 meine 2.LZT (20 Wo). Ich blieb danach 1 Monat trocken, fing dann aber wieder mit dem gewohnten 2-Wochen-Rhythmus an. Die Therapeutin der Nachsorge sagte, ich sollte mich um eine „Auffrischung“ bemühen. Das hab ich dann nach ca.3 Monaten gemacht – noch mal 8 Wochen stationär. Danach sollte ich für 1-2 Jahre in ein Heim für tr. Alkis der Caritas. 11 Tage hab ich’s noch ausgehalten dann musste ich da raus. Ich bekam die schlimmsten Depressionen meines Lebens, weil viele der Bewohner nur irgendwo rum saßen und darauf warteten, dass irgendwas mit ihnen geschieht. Es kam mir vor wie die Endstation. Und außerdem wollte ich trinken…
6 Tage hab ich danach getrunken, hab kurz entgiftet und bin seitdem nüchtern (13.10.08). Vor 2 Wochen bekam ich dann einen Anfall von Saufdruck und bin zum 1.mal zur „Krisenintervention“ in die Klinik für 5 Tage. Es hat geklappt. Dort bekam ich Doxepin (mein 3. Antidepressivum) seitdem scheints was besser zu gehen. Allerdings weiß ich nicht was passiert wäre, hätte ich eine Wohnung gehabt. Ich bin z.Z. wohnungslos und schlaf bei meiner Schwester auf’m Sofa. Da sie 2 Kinder hat, hätte ich hier unmöglich trinken können. Ich weiß momentan noch nicht, wie es weitergeht….ich hoffe ich schaffe es, mal längere Zeit trocken zu bleiben.
Zitatich hoffe ich schaffe es, mal längere Zeit trocken zu bleiben.
Normalwerweise vergleiche ich nicht, aber manchmal ist es auch ganz nützlich. Als ich trocken geworden bin, habe ich verglichen, was andere in der Zeit geschafft haben, als ich meinte, ich müsse jeden Tag unterm Tisch liegen. Das war frustrierend, deprimierend und mich hat eine unendliche Wut gepackt. Wut auf mich selber, weil in der Zeit wo andere geheiratet, eine Familie gegründet und ein Haus gebaut haben, ich dastand, mit nichts. Ich hatte nichts geschaffen und nichts erreicht.
Wenn du dir selber eingestehen kannst, daß du ganz unten angelangt bist, es gar nicht mehr weiter runtergehen kann, du noch 1m unter deinem Tiefpunkt steckst, dann brauchst du nicht mehr zu hoffen, denn dann ist der Punkt da, wo du es schaffen kannst.
Es ist dein Leben. Fang' an es zu leben .... jetzt.
hallo Komponist, danke für deine Geschichte. Ziemlich hart hört sich das alles für mich an. Ich habe anders getrunken, ich habe ein anderes Leben als du.... Hoffe wirklich für dich, dass du eines Tages sagen kannst, "ich muss nicht mehr trinken" und das bevor es vorbei ist... Gruß Ruby und willkommen im Club
passenger spricht mir aus der seele und sagt genau was ich denke! ich hoffe du hast deinen tiefpunkt erreicht. nun gibt es eigendlich nur noch zwei möglichkeiten für dich. endweder du gibst dich auf, was dann passiert ist jedem klar, oder es hat nun klick gemacht und du gehst dein problem ernsthaft an. du schreibst selber, du wolltest trinken, also warst du noch nicht soweit. erst wenn du den saufdruck hast, aber nicht trinken WILLST ( und dann auch nicht tust, auch wenns schwer fällt)gehst du dein problem ernsthaft an! deine geschichte ist traurig und du hörst dich auch sehr traurig an. aber du, und nur du, hast die möglichkeit dein leben zu verändern! ich wünsche dir die kraft und einsicht nun nach vorne zu blicken, der dir bekannten hölle zu endkommen. ein trockenes zufriedenes leben kennst du garnicht und vor dem unbekannten hat man schon mal etwas angst. denke aber die angst vor deiner zukunft ,wenn du nichts änderst, dürfte größer sein!
lg, mary
--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden. Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin..... ..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."
ZitatAllerdings weiß ich nicht was passiert wäre , hätte ich eine Wohnung gehabt. Da sie 2 Kinder hat, hätte ich hier unmöglich trinken können. ….ich hoffe ich schaffe es, mal längere Zeit trocken zu bleiben.
es wird nicht mehr lange dauern, dann ist es dir egal ob da 2 Kinder sind.
Ich weiß momentan noch nicht, wie es weitergeht….ich hoffe ich schaffe es, mal längere Zeit trocken zu bleiben.
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Hallo Komponist,
den zitierten Satz würde ich ändern in:
Ich weiß jetzt, wie es weitergeht: Ich trinke heute nicht. Es gibt Zeiten, da muss ich einfach aushalten und durchhalten. Ich hole mir Hilfe durch regelmäßigen Besuch einer SHG, um Erfahrung, Kraft und Hoffnung mit anderen Betroffenen zu teilen.
Wollen und machen musst du das.
Friedi
____________________________________________________________________________________________________ Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können. Marc Aurel
ZitatIch weiß jetzt, wie es weitergeht: Ich trinke heute nicht. Es gibt Zeiten, da muss ich einfach aushalten und durchhalten. Ich hole mir Hilfe durch regelmäßigen Besuch einer SHG, um Erfahrung, Kraft und Hoffnung mit anderen Betroffenen zu teilen.
Erstmal vielen Dank für eure Antworten, hätte nicht gedacht, daß hier so schnell auf einen Beitrag reagiert wird...
@Mary61: Du hast recht, wenn ich es so durchlese ist es wirklich ziemlich traurig. Denn eine zufrieden Trockenheit kenne ich nur tageweise. Ich glaube, daß ich durch & durch melancholisch bin. Ich kann auch ausgesprochen lustig und albern sein, doch wenn ich einmal in so'ne Melancholie drin stecke steigert sich das bei mir sehr schnell zur Traurigkeit und schließlich zur Depression. Wie dem auch sei, ich werde Montag nach Jahren mal wieder in die SHG gehen und hoffentlich bleibe ich diesmal dabei. Gelernt habe ich in den Therapien und den Entgiftungen ja jede Menge (theoretisch) - mit Notfallplan etc. - nur mit der Umsetzung hapert's...Ich schätze, das dürfte den meisten Alkis so gehen.
ZitatGepostet von Friedi Ich hole mir Hilfe durch regelmäßigen Besuch einer SHG, um Erfahrung, Kraft und Hoffnung mit anderen Betroffenen zu teilen.
Hab' ich beim Überfliegen doch glatt "Besoffenen" gelesen
Interpunktion und Orthographie dieses Beitrages sind frei erfunden. Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt. :zwinker1:
ZitatGepostet von Komponist weil viele der Bewohner nur irgendwo rum saßen und darauf warteten, dass irgendwas mit ihnen geschieht. Es kam mir vor wie die Endstation.
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Ich weiß momentan noch nicht, wie es weitergeht….ich hoffe ich schaffe es, mal längere Zeit trocken zu bleiben.
ZitatGepostet von Komponist hoffentlich bleibe ich diesmal dabei. Gelernt habe ich in den Therapien und den Entgiftungen ja jede Menge (theoretisch) - mit Notfallplan etc. - nur mit der Umsetzung hapert's...Ich schätze, das dürfte den meisten Alkis so gehen.
ich finde, Du hättest gut in das Heim für Alkis gepasst. Denn irgendwo hockst Du doch auch bloss rum und hoffst, daß Dir die Erleuchtung zufliegt.
Alkis geht es meist so, wie sie es sich machen, und wenn Du nix umsetzt, dann brauchst Du eigentlich auch nicht hoffen. Ich meine, ob Du säufst, das liegt doch nur an Dir und sonst an gar nix.
da hab ich ja was angestellt, hab dir gesagt das ich deine geschichte und dich traurig finde und schon hast du wieder einen grund schlecht drauf zu sein und wohlmöglich zu trinken die anderen und ich, haben dir noch viel mehr gesagt, aber du pickst nur das raus du hast doch schon eine menge über die krankheit gelernt, du hast doch schon therapien gemacht und auch schon mal eine gruppe besucht, da brauch ich dir nichts über nasses verhalten erzählen weißt du eigendlich warum du nicht trocken wirst? nicht weill du zu schwach bist oder alle anderen einschließlich therapeuten, dich nicht verstehn oder welchen grund du sonst noch findest , du willst einfach noch nicht! du hast den alk noch nicht als sieger anerkannt, du kämpfst noch und suchst gründe warum es bei dir nicht klappt und du weiter trinken mußt.
solange du diese einstellung behälst, kann dir niemand da raus helfen. du mußt nicht nur sagen das du trocken werden möchtest, du mußt es wirklich wollen. dazu gehört auch beim ersten saufdruck nicht trinken zu wollen ( wie du selber geschrieben hast, als der druck kam, wolltest du trinken!) nur so kann daraus ein " nicht mehr trinken müßen" endstehn.
nun hör endlich auf herumzueiern und zu jammern, bekomm deinen ars.. hoch und tu was nötig ist! du kannst das, diese kraft ist in dir!
lg mary
--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden. Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin..... ..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."
Hallo Komponist ich hoffe für dich, dass du es schaffst, trocken zu bleiben. Du musst das nicht hoffen, du hast es ja in der Hand.
Ich selbst bin auch noch nicht so lange trocken, eben mal gerade knapp drei Monate. Es funktioniert bei mir besser, als ich es mir vorgestellt habe, aber hin und wieder ist da schon SAufdruck. Und den gilt es einfach auszuhalten, das ist unschön aber ein Spaziergang gegen das, was ich mir in meiner nassen Zeit selbst angetan habe. Ein weiterer Unterschied ist, damals führte das Leiden (und nix anderes war die Sauferei am Ende) immer weiter nach unten .... und das wesentlich geringere Leiden jetzt (wenn man den Verzicht bei Saufdruck so bezeichnen will) führt steil nach oben.
Ich weiss ganz genau, dass der Alk mich umbringen wird, wenn ich wieder trinke. Und bevor ich das zulasse, geh ich lieber einen Tiger streicheln, wollte ich immer schon und dann ist es vielleicht zehn Sekunden schön vorm Tod, statt wie beim Saufen jahrelang scheisse.
Ich wünsch dir viel Kraft. Sei dir die Mühe selbst wert.
Ich gebe meinem Psychiater noch ein Jahr, dann fahre ich nach Lourdes. (Woody Allen)
ZitatGepostet von Mary61 du willst einfach noch nicht! du hast den alk noch nicht als sieger anerkannt, du kämpfst noch und suchst gründe warum es bei dir nicht klappt und du weiter trinken mußt.
Hast Recht Mary, aber ich mach den Dris nun schon seit über 20 Jahren mit. Ich muß doch allmählich mal wollen. Daß der Alk Sieger ist und ich nicht gegen ihn kämpfen kann ist mir schon lange klar. Zur Beruhigung: nein, getrunken hab ich nicht...
Das ist eigentlich nicht das Problem.
toifelszwerg schreibt: „Sei dir die Mühe selbst wert.“ Und genau das ist momentan mein Hauptproblem: Ich hab niemanden für den ich trocken sein sollte. Und ich bin es mir für mich selbst momentan nicht wert. Manchmal ist es mir so scheißegal was mit mir wird. Ob ich lebe oder tot bin - wen kümmert's...? (Wie man merkt ist mein 2.Problem das Selbstmitleid - und ich weiß nicht wie ich da raus komme...) Bevor ich mich jetzt da rein steigere hör ich mal lieber auf, sonst wird es unerträglich...