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Saufnix  
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Dieses Thema hat 74 Antworten
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hemingway Offline



Beiträge: 4

06.12.2008 17:36
RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Hallo Leute.
Bin hier seit ein paar Tagen am Stöbern. Was ja schon mal ein Anfang ist, irgendwie.

Rückblickend würde ich sagen, ich bin jetzt seit etwa 15 Jahren Alkoholiker. Eingestehen kann ich mir das seit vielleicht 5 Jahren. Beides natürlich schleichende Prozesse. Im Moment bin ich seit 2 Tagen trocken, keine Ahnung zum wievielten Mal bereits.

Seit rund einem Jahr bekomme ich gesundheitliche Folgen meines langjährigen Alkoholmissbrauchs zu spüren. Ameisenkribbeln in den Füßen, später kamen die Hände dazu. Alkoholische Polyneuropathie. Eine Nervenerkrankung, die unter anderem nur durch absoluten Alkoholverzicht (teil-)reversibel sein soll. Trinkt man weiter, wird sie mit der Zeit so richtig ätzend.

Vor ein paar Monaten wachte ich nachts nach einem grenzwertig durchzechten Wochenende auf und meine beiden kleinen Finger waren "weg". Komplett taub. Ich hätte sie in dem Moment abschneiden können, ohne das Geringste zu spüren. Ein wirklich gruseliges Gefühl. Das hat mich dann doch so erschreckt, dass ich abrupt den Bierkonsum runtergeschraubt habe. Von damals täglich 3-6 Litern (je nach Länge des Abends) auf 2-3. Das Kribbeln wurde dadurch vorläufig weniger, aber ganz verschwindet es immer erst nach 2 oder 3 Tagen Abstinenz. Wenn's dann weg ist, kann ich mir ja wieder einen genehmigen. Suggeriert mir mein Körper. Oder mein schwacher Suchtgeist. Oder so.

Ich habe hier mehrfach gelesen, man muss die Schnauze endgültig voll haben vom Saufen, man muss am persönlichen Tiefpunkt angelangt sein, sonst wird das nichts mit der Abstinenz. Nun bin ich aber derzeit an keinem persönlichen Tiefpunkt. Da gab es ganz andere Schlüsselmomente, die allesamt nicht ausgereicht haben, als dass es Klick bei mir gemacht hätte. Und die Schnauze voll habe ich vom Saufen leider auch nicht, dafür ist mein psychischer Leidensdruck offenbar nicht groß genug. Alleine die gesundheitlichen Konsequenzen haben mich wachgerüttelt und ich habe Angst davor, weiter vor mich hinzusiechen.

Was ihr jetzt schreiben werdet, kann ich mir schon in etwa denken. Ich muss selbst die Entscheidung treffen, ob ich mich lieber totsaufe oder die Scheiße eben lasse. Meine Einstellung ändern, die Gründe fürs Saufen erforschen und beseitigen, mir andere Beschäftigungen suchen, mich in professionelle Hände begeben, eine Selbsthilfegruppe aufsuchen, etc pp. Das alles sagt mir mein Verstand ja selbst. Aber eine Sucht hat doch per se nichts mit Vernunft zu tun, das ist nun mal ihre Natur.

Tja, und nun? Wie wird ein antriebloser Verdrängungssäufer wie ich Verhaltensmuster los, die er schon vor Ewigkeiten als selbstzerstörerisch erkannt hat? Möglichst ohne sich vorher in die Gosse oder in die Intensivstation gesoffen zu haben?


spidyy Offline



Beiträge: 244

06.12.2008 17:51
#2 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

hi hemingway und herzlich willkommen hier

wenn ich so lese, was dein körper alles ertragen muss und wie er sich dagegen wehrt, tut er mir leid...

richtig, es ist schon mal ein schritt in die richtige richtung, dass du dich hier angemeldet hast. ich hoffe, du hast die nötige kraft, die sache anzupacken.

liebe grüsse


marimba Offline




Beiträge: 913

06.12.2008 18:24
#3 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von hemingway
Tja, und nun? Wie wird ein antriebloser Verdrängungssäufer wie ich Verhaltensmuster los, die er schon vor Ewigkeiten als selbstzerstörerisch erkannt hat? Möglichst ohne sich vorher in die Gosse oder in die Intensivstation gesoffen zu haben


…indem er sich selber nicht gar so egal ist.

Der persönliche Tiefpunkt liegt exakt da
wo Du nicht mehr bereit bist auch nur noch eine Minute länger
so weiter zu machen und alle Hebel in Bewegung setzt
damit Du das auch nicht mehr mußt.
Wo genau dieser Punkt liegt darfst Du entscheiden.

Alles Gute.

Die Maus steht für den inner groove, für ne einwandfreie Sache, für den Wunsch, daß es einen so richtig erwischt.
aus Koppstoff von Feridun Zaimoglu


Magusa ( gelöscht )
Beiträge:

06.12.2008 18:35
#4 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Ja,
in die Gosse oder auf die Intensivstation, das wäre ein Weg.
Gib Gas.

Magusa


grufti Offline




Beiträge: 3.769

06.12.2008 18:41
#5 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Hallo Hemingway,

herzlich willkommen!

Dass du dich hier angemeldet hast, zeigt zumindest mal, dass dir dein Zustand langsam selbst unangenehm wird.

Aber das, was du schreibst, klingt nicht so, als würdest du ernsthaft aufhören wollen.

"Und die Schnauze voll habe ich vom Saufen leider auch nicht, dafür ist mein psychischer Leidensdruck offenbar nicht groß genug. Alleine die gesundheitlichen Konsequenzen haben mich wachgerüttelt und ich habe Angst davor, weiter vor mich hinzusiechen."

Vielleicht ist es das beste, so säufst so lange weiter und machst dir keine Gedanken über die Folgen, bis du ganz von selbst nicht mehr auf die Idee kommst, sowas wie den zitierten Text zu schreiben und meldest dich dann wieder (wenn du noch kannst).

Sorry für den Klartext, mußte aber sein... Soll auch nicht klugscheißerisch klingen, ich war auch mal an diesem Punkt...

Alles Gute!

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


minitiger2 ( gelöscht )
Beiträge:

06.12.2008 18:42
#6 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von hemingway

Tja, und nun? Wie wird ein antriebloser Verdrängungssäufer wie ich Verhaltensmuster los, die er schon vor Ewigkeiten als selbstzerstörerisch erkannt hat? Möglichst ohne sich vorher in die Gosse oder in die Intensivstation gesoffen zu haben?



mit dem "antriebslos" erteilst Du Dir jetzt die Absolution, daß Du selber nix tun musst.

So nach dem Motto "macht Ihr mal".

Warum solltest Du anderen weniger wurscht sein wie Du Dir selbst? Ich hab nix davon, wenn Du aufhörst


RdTina Offline




Beiträge: 4.304

06.12.2008 18:50
#7 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von hemingway
Wie wird ein antriebloser Verdrängungssäufer wie ich Verhaltensmuster los, die er schon vor Ewigkeiten als selbstzerstörerisch erkannt hat?



Vielleicht, indem Du auf Deinen Verstand hörst? (siehe Deinen vorletzten Absatz)

Übrigens, willkommen hier im Forum

Alles im Leben hat seinen Sinn



Über die Steine, die ich mir HEUTE in den Weg lege, werde ich MORGEN stolpern


zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

06.12.2008 18:59
#8 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Warum schlägst Du hier auf?

Du schreibst ja im Prinzip, dass Du weiter saufen willst.
Dann mach das doch einfach.

btw: Das Ameisenlaufen kam bei mir immer dann, wenn der Alkoholspiegel zu weit absank. Habe ich dann wieder auch nur ein Bisschen getrunken, war das wieder weg.

Reste davon habe ich mir allerdings erhalten. Ich habe immer noch hin und wieder "Juckkrämpfe" an Füßen und/oder Händen - und das nachdem ich nur ca. 2 Jahre körperlich abhängig war, bevor ich aufgehört habe zu saufen. Und das ist immerhin schon über 25 Jahre her.

So ganz reversibel ist das eben nicht unbedingt. Aber so what Du wirst schon wissen, was Du tust.


Greenery Offline




Beiträge: 5.854

06.12.2008 19:02
#9 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Ja, klar, der Verstand, des Süchtigen verlässlichste Instanz
---------
Hemingway selbst hat ja nun nicht gewartet, bis er durch die Folgen seines übermäßigen Alkoholkonsums starb. Bist du denn schon 61?

It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society.
J. Krishnamurti


hemingway Offline



Beiträge: 4

06.12.2008 19:29
#10 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

@marimba
Indem man sich also nicht gar so egal ist. Guter Punkt. Kann man aber auch zu jedem Raucher sagen. Zu jedem Übergewichtigen. Zu jedem, der nicht regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen geht. Oder der sich jahrzehntelang mit einer unglücklichen Beziehung plagt. Wahrscheinlich zu rund 90% der Bevölkerung.

Wie ich schon schrieb, habe ich rational längst begriffen, dass ich mich ernsthaft gesundheitlich schädige. Das ist mir alles andere als egal. Problem dabei: Im Moment fühle ich mich körperlich nach 2 Tagen ohne Alk wieder blendend. Nix Tiefpunkt. Körperliche Entzugserscheinungen habe ich bei meiner momentanen Spritdosierung nicht. Das ist der Punkt, wo bei mir andere Befindlichkeiten greifen. Gefährlich wird’s dann, wenn ich im Bett liege und kein Auge zubekomme, obwohl ich totmüde bin. Weil ich den Kopf nicht leer bekomme. Dieser ist nach all den Jahren nämlich gewohnt, vor dem Schlafengehen gründlich leergespült zu werden. Und die nächste Tanke ist keine 100 Meter entfernt…

@Grufti
Bitte keine Entschuldigungen für Klartext. Den will ich, denn rumeiern kann ich selbst allzu gut.

Ja, du hast Recht, ohne die gesundheitlichen Folgen würde ich wohl einfach so weiter machen wie bisher. Aber diese haben immerhin dazu geführt, dass ich vor einigen Monaten die Dosierung halbiert habe und mir immer wieder Auszeiten von ein paar Tagen nehme. Funktioniert so irgendwie, aber ist doch auf Dauer eine ganz schöne Quälerei. Wäre es nicht so, würde ich gar nicht hier schreiben.

@Minitiger
Das mit den Ausreden basteln gehört auch zum Wesen einer Sucht, denke ich. Aber du hast natürlich absolut Recht mit dem was du schreibst.

@zai-feh
Bei mir verschwindet das Ameisenlaufen glücklicherweise immer nach ein paar Tagen ohne Alk. Mit ein Bisschen Glück käme ich womöglich derzeit noch beschwerdefrei aus der Geschichte raus. Wenn ich den Absprung schaffe. Und deshalb schlage ich hier auf.


Vielen Dank für eure Antworten. Eigentlich kenne ich sie ja selbst. Muss sie also nur noch in die Tat umsetzen. Ein Kinderspiel. [/Sarkasmus]


vicco55 Offline




Beiträge: 2.649

06.12.2008 19:59
#11 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von hemingway
Muss sie also nur noch in die Tat umsetzen. Ein Kinderspiel. [/Sarkasmus]



Hi,

danke für die Steilvorlage. Genau, das Ganze ist ein Kinderspiel. Einfach das nächste Glas stehen lassen, bzw. nicht bestellen.

SCNR
Viktor, bei dem's nach jahrelanger Eierei wirklich so einfach war, nachdem es erst mal 'Klick!' gemacht hatte.


kranliner Offline



Beiträge: 577

06.12.2008 20:06
#12 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Großer Dichter, Dein Stadium hab ich gut zwanzig Jahre durchgehalten, bin eben 'ne Rossnatur.

Solange Du Dein Verhalten, in welcher Form auch immer, rechtfertigst und relativierst wirst Du weitermachen, garantiert.

Gute Gesundheit weiterhin, das mit der Kribbelei wird irgendwann Gewohnheitssache, der Übergang ist sozusagen fliessend......

Klaus


Juma63 Offline




Beiträge: 2.638

06.12.2008 22:24
#13 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Hi Hemingway

Zitat
Tja, und nun? Wie wird ein antriebloser Verdrängungssäufer wie ich Verhaltensmuster los, die er schon vor Ewigkeiten als selbstzerstörerisch erkannt hat? Möglichst ohne sich vorher in die Gosse oder in die Intensivstation gesoffen zu haben?



.....es gibt da so ein Buch, wenn Du das liest, wirst Du von der Gehirnwäsche befreit, die Dich Dein Leben lang in den Abgrund getrieben hat.....sagt Allan Carr und Laramie.

Nein, im Ernst, Du wirst wohl aufhören müssen, zu saufen. So wie alle, die trocken leben wollen . Wirste nicht drumherum kommen. Aber solange Du Dich noch windest, wie ein Wurm am Haken und nach der Wunderpille suchst, wird das wohl nichts.

LG,

Sabine

Liebe bedeutet, jemanden zu haben, der unsere Vergangenheit versteht, an unsere Zukunft glaubt und uns heute so annimmt wie wir sind. :love3:




Komm auf die Hufe, die ersten Hände, die helfen können, stecken in den eigenen Hosentaschen! Zitat Nonick


sole Offline




Beiträge: 2.388

06.12.2008 22:42
#14 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Hi Hemingway,

funktioniert sonst noch alles bei Dir? Job, Beziehung, Sexualität, Grips? Gibt's außer den gesundheitlichen Beeinträchtgungen nichts, was nicht mehr so recht will? Vielleicht gibt's ja noch paar "vernünftige" Gründe mehr aufzuhören

fragt
sole

-----------------------------------------------
when in doubt: go to the water and swim


hemingway Offline



Beiträge: 4

07.12.2008 00:14
#15 RE: Aufhören ohne Totalabsturz? Zitat · Antworten

Hallo Sole,
über meinen Grips zu urteilen überlasse ich lieber anderen. Aber da ich immer "kontrolliert" getrunken habe, ist vermutlich noch ein kleiner Restbestand vorhanden. Komasaufen war nie mein Ding, genau wie jede Art von hochprozentigem Kram. (Ist mir durchaus bewusst, wie relativierend das jetzt wieder klingt.)

Die Karriere läuft gut. Keine Ahnung, wie es ohne meinen Job um mich stünde. Er hält mich immerhin tagsüber trocken.

Meine letzte Beziehung ist allerdings eine Weile her. Ging an meinem Alkoholismus in die Binsen. Und da ich mich dank der Sauferei auch mehr und mehr aus dem Sozialleben zurückgezogen habe, ergeben sich nicht viele Möglichkeiten, daran etwas zu ändern. Ein sehr guter Grund mit der Sauferei aufzuhören, sollte man meinen. Nur, gerade besoffen ist die Einsamkeit eigentlich gar nicht so schwer zu ertragen. Ein Henne-Ei-Problem sozusagen.

Kranliner, 20 Jahre schafft man das? Diese wiederholten Kurzentzüge zehren ziemlich an meiner Substanz. Augen zu und durch wäre wohl auf längere Sicht die stressfreiere Angelegenheit. Nun ja, für heute bleibe ich jedenfalls trocken. Für morgen habe ich mir vorgenommen, mal wieder schwimmen zu gehen. Vielleicht bringt mich etwas Sport ja aus meinem Trott. Habe ich früher viel gemacht, bevor ich in meine jetzige Trägheit verfallen bin.

OK, genug gejammert für heute. Noch mal danke für eure zahlreichen mitdenkenden Beiträge.


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