ich nenne mich Kleifi, bin 41 Jahre und wohne mit Frau und Kindern in der Nähe von München. Außerdem bin ich Alkoholiker. Hat etwas gedauert, bis ich diese schlichte Wahrheit erkannt habe - war aber hoffentlich früh genug, um den totalen Absturz zu vermeiden.
Seit 4 Wochen bin ich clean. Vorher 6-7 Halbe Bier pro Abend, allerdings mit Pausen, die durchaus mal einige Wochen dauern konnten. Deshalb wusste ich, dass ich nicht körperlich abhängig bin, und habe deswegen einfach über Nacht aufgehört. Wenn ich nur die leisesten Entzugserscheinungen bemerkt hätte, wäre ich natürlich sofort zum Arzt gegangen, ich nehme die Gefahren, die mit einem kalten Entzug verbunden sind, sehr ernst.
Ich versuche es erstmal alleine zu schaffen, d.h. ohne Suchtberatung, SHG oder LZT. Nach allem was ich darüber weiß, sind meine Chancen ohne fremde Hilfe gering, möchte es aber trotzdem erstmal so probieren. Sollte es nicht klappen, dann kommt als nächste Eskalationsstufe die Suchtberatung.
Denn eins ist klar: Ich will nie mehr trinken.
Eigentlich sehe ich mich als vernunftgesteuerten Kopfmensch. Umso unbegreiflicher erscheint mir deswegen, wie ich mir mehr oder weniger täglich ein Glas pures Gift reinziehen konnte. So giftig, dass ich nach dem zweiten oder dritten Glas wahrscheinlich gestorben wäre
Ich bin schon seit einigen Monaten regelmäßig Gast in diesem Forum und habe durch das Stöbern in den Threads sehr viel über Alkoholismus gelernt. Mir gefällt auch, dass es ab und zu etwas derber zur Sache geht. Selbst aus den Postings von Morrissey habe ich einiges herausziehen können - allerdings weniger in Sachen KT, sondern darüber, was "Nasses Denken" bedeutet: Aggressivität, Selbstgerechtigkeit, provokatives Verhalten, Bunkermentalität, etc. Vieles davon kenne ich nur zu gut aus meiner nassen Zeit, und ich habe diese Denke noch lange nicht überwunden. Da steht mir noch so viel bevor, aber ich bin froh, dass ich es endlich angegangen bin ...
du schreibst das du ein kopf mensch bist . dabei müßte dir doch grade dein kopf sagen ,das es verdammt schwer ist so ganz alleine deinen weg zu gehn.
immerhin postest du jetzt hier und du wirst merken das dir das gut tut und weiter bringt, warum nicht auch mal in eine reale shg reinschnuppern?
die krankheit alkoholismus und auch die vorstufen dorthin, sizt nicht nur im kopf sondern auch in der seele. nur der reine ( vom kopf gesteuerter ) wille reicht da oft nicht.
die ersten wochen hast du nun gemeistert, merkst du schon einen unterschied?
lg, mary
--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden. Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin..... ..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."
kann sehr gut sein, dass ich mir noch eine reale SHG suche, keine Frage. Ist ja alles noch ziemlich neu für mich. Dass ich ganz alleine kaum eine Chance habe, ist mir klar, aber das bin ich ja im Grunde genommen nicht: Meine Familie habe ich natürlich eingeweiht, beim Arzt war ich auch, und bei Saufnix habe ich mich angemeldet.
Im Augenblick genieße ich mein trockenes Leben und mir kommt es so vor, als ob ich alles im Griff hätte. Klar ist das eine Illusion, die Depression nach dem "Honeymoon" kommt garantiert. Dann wird es erst so richtig spannend ...
Immerhin habe ich meinem Leben aber schon einen kräftigen positiven Kick gegeben. Andere müssen dafür Bergsteigen oder ins Fitnessstudio gehen. Da ist Nix-Saufen doch deutlich weniger anstrengend!
ZitatGepostet von Kleifi Im Augenblick genieße ich mein trockenes Leben und mir kommt es so vor, als ob ich alles im Griff hätte. Klar ist das eine Illusion, die Depression nach dem "Honeymoon" kommt garantiert. Dann wird es erst so richtig spannend ...
@kleifi, wieso nimmst du an, daß da auf jedenfall noch eine depression kommt, nach deinem guten gefühl jetzt? als ich hier neu war und dann auch frisch abstinent, wurde mir auch dieses honeymoongefühl angedichtet. ich hatte vorher noch nie was davon gehört im zusammenhang mit alkabstinenz. und ich konnte keine spezielle honeymoonzeit oder irgendeine depression nach den ersten wochen feststellen. im grundegenommen ist meine gute laune über meine neu gewonne freiheit ständig präsent und hat nur die ganz normalen alltäglichen schwankungen mitgemacht. das grundgefühl, also diese besagte honeymoonzeit (blöder ausdruck in dem zusammenhang finde ich), ist bis heute fast gleich und hat sich nie wirklich verändert. es ist einfach nur eine grundfreude über meinen ausstieg - die bei mir in meinem persönlichen ranking ziemlich oben steht. hör lieber auf, auf die depression zu warten...sonst kommt sie nachher wirklich noch. viel glück weiter.
ich bereite mich lieber mal auf eine Krise (ist wohl der bessere Ausdruck) vor. Wenn diese ausbleibt, umso besser - wenn nicht, dann werde ich froh sein, vorgesorgt zu haben.
Beispiel: Habe heute ein Treffen mit Bekannten für den Nockherberg (für Nordlichter: eines von den zahlreichen Münchener Massenbesäufnissen) abgesagt, das hat mir in meiner momentanen Hochstimmung nichts ausgemacht. Ob das in einem halben Jahr auch so sein wird? Deswegen überlege ich gerade, wie ich in Zukunft mit so etwas umgehe, irgenwann kann es in solchen Fällen schon passieren, dass ich anfange, mit mir zu hadern ...
kann sehr gut sein, dass ich mir noch eine reale SHG suche, keine Frage. Ist ja alles noch ziemlich neu für mich. Dass ich ganz alleine kaum eine Chance habe, ist mir klar, aber das bin ich ja im Grunde genommen nicht: Meine Familie habe ich natürlich eingeweiht, beim Arzt war ich auch, und bei Saufnix habe ich mich angemeldet.
Im Augenblick genieße ich mein trockenes Leben und mir kommt es so vor, als ob ich alles im Griff hätte. Klar ist das eine Illusion, die Depression nach dem "Honeymoon" kommt garantiert. Dann wird es erst so richtig spannend ...
Immerhin habe ich meinem Leben aber schon einen kräftigen positiven Kick gegeben. Andere müssen dafür Bergsteigen oder ins Fitnessstudio gehen. Da ist Nix-Saufen doch deutlich weniger anstrengend!
Viele Grüße
Kleifi
Moin Kleifi ,
erstmal hier und nachträglich ein zu deinem neuen Lebensjahr.
Was mir in deinem post aufgefallen ist, hab' ich mal rot unterlegt. Meinst du nicht, dass du eine sehr 'sportliche' Sichtweise gegenüber 2 sehr schweren Erkrankungen hast?
Das Herannahen einer Depression als 'spannend' zu umschreiben, wo eine Depression eher zur Handlungsunfähigkeit zwingt, ist für mich schon sehr befremdlich.
Schönen Abend noch Werner
---------------------------------------------------------------- It's nice to be a Preiss, it's higher to be a Bayer
'Anfängerfehler' - hhmm, angefangen mit aufhören hab' ich auch einmal. Nur, ich hatte ziemlich Schiss. Ich wußte, irgendwas stimmt nicht. Wenn ich nicht aufgehört hätte, wäre meine Frau weg gewesen. Sie war für mich zu wichtig.
'Sportlich' hab' ich mein Aufhören nie gesehen. Auch nicht, als ich mit dem Rauchen aufgehört habe.
Vielleicht bin ich aber auch nur zu ernst und habe zu wenig Humor
Fragt sich der Werner
---------------------------------------------------------------- It's nice to be a Preiss, it's higher to be a Bayer
Hi Kleifi Honeymoon habe ich im Zusammenhang mit Abstinenz noch nicht gehört Eher Euphorie am Anfang das ein Schritt geschafft ist, das dieses sagen wir mal Glücksgefühl nicht immer hoch ist im normalen Leben ist doch eigentlich logich das Leben besteht nun mal aus Hochs und tiefes(wäre sonst auch langweilig) und dieses tiefes (nicht gleich mit Depression gleich setzen) dan auch auszuhalten darauf kommt es dan an. Die Gefahr bei zu hoher Euphorie sehe ich mehr darin das ich vielleicht zu leichtsinnig werde und nicht richtig auf mich acht gebe. LG Rodine
"Anfängerfehler" weil ich das Ganze wahrscheinlich immer noch zu sehr auf die leichte Schulter nehme. Andererseits hat mir Ironisieren immer durchs Leben geholfen, wobei ich mir aber auch nicht sicher bin, ob das nicht schon wieder nasses Denken war ...
Meine Frau hat sich über die Sauferei kaum beschwert, irgendwann wäre sie aber bestimmt abgehauen. Bei mir kam die Wende, als mir klar wurde, wie nah ich schon am Absturz war. Die 6 Halben haben am Schluss ja auch nicht mehr gereicht, deswegen kam oft genaug das 7. dazu, obwohl ich wusste, dass man das am nächsten Morgen in der Firma auf jeden Fall riechen musste. Deswegen habe ich anstelle einer Dosissteigerung dann angefangen, mittags wenig und abends gar nichts zu essen, bevor die ersten Biere geleert waren. Dadurch konnte ich aus der gleichen Alkmenge mehr Dröhnung herausholen und obendrein noch Kalorien sparen. Mit dem Ergebnis, dass ich schon um 21 Uhr völlig breit herumhing und mit schwerer Zunge läppischen Scheiß faselte. Mann war das peinlich! Und alles bewusst und systematisch geplant, das hat mich eigentlich am meisten erschreckt.
@Rodine:
Deswegen finde ich den Begriff "Honeymoon" so passend, weil er ganz deutlich auf das böse Erwachen hindeutet. Obwohl ich sonst für Anglizismen nicht so zu haben bin ...