Ereignisreiche Wochen: Bin auf meinem Weg in die Langzeittherapie. Ganz lieben Dank an Alle, die mir die Daumen gedrückt haben-Es hat gewirkt! Ich glaube es ist Zeit: Hab –wie immer –Herzklopfen- und lass trotzdem mal die (vollen) Hosen runter:
Bin Sozialarbeiterin, die schon in (vielleicht zu) jungen Jahren innerhalb der Suchthilfe gearbeitet hat. Beratung, Sozialberichte, Therapievermittlung, außerdem Suchttelefon. Da ich gleich nach dem Studium mein praktisches Jahr im JVA-Sozialdienst eingebracht habe, schien mir wenig so offensichtlich wie: a) dass das BtMG mindestens die Hälfte aller JVAn füllt b) kaum eine einzige gewalttätige und entgrenzte Körperverletzung (mit & ohne Todesfolge) nicht unter dem Einfluss von Väterchen Alkohol steht.
Dieses praktische Jahr hatte ich damals sehr bewußt angestrebt, um den Knast von innen (mit Schlüssel) kennenzulernen, so weit das dann überhaupt geht. Und ich bin es auch in der Überzeugung angetreten, dass auf Dauer sicher grundsätzlich keine Liebesheirat zwischen mir und der Justiz zu erwarten war.
Es folgten im Anschluss beruflich sehr erfüllte Jahre, in denen ich innerhalb der Sucht-und Wohnungslosenhilfe gearbeitet habe -und die mehr oder weniger politische Knastarbeit, wie bspw. den Arbeitskreis kritischer Strafvollzug, unterstützt habe.
Mag jetzt nicht nochmal meinen eigenen mich zerfressenden Suchtstand zu diesem damaligen Zeitpunkt wiederholen. Wer mag, findet den ja hier (mehr oder weniger) wieder. Und immer wieder und wieder und wieder wurden meine eigenen (Sucht-) Fragen, Versteckspiele und Aufdeckungsversuche dringender.
Ich habe mich dann nach Jahren an der KatHO Köln erfolgreich zur Suchtwissenschaftlerin ausbilden lassen (www. suchthilfemaster.de), das war ganz sicher bis dato einer der intensivsten (und durchaus gewinnbringenden) Selbstheilungsversuche. So schräg wie das Leben manchmal spielt, durch Zufall oder Fügung, Glück & Kontakte , ist mir außerdem ein Lehrauftrag an einer Fachhochschule angeboten worden. Nachdem ich dachte, dass ich das n i e m a l s könnte, stehe ich nun zum wiederholten Male mitten im Wintersemester.
Eine (gewollte) kuriose und kräftezehrende Mischung: Konkrete (und politische ) Arbeit in einer niedrigschwelligen Beratungsstelle,Streetwork, wissenschaftliche Arbeit und Lehrtätigkeit. Und (immer wieder) drupp wie Jupp.
Und ich möchte allen zustimmen, die mich und andere hier auf das Ende der Geschichte hingewiesen haben:
Mit den Toten, die meine Streetwork- Kollegen und Kolleginnen & ich in all den Jahren, aber vor allem alle liebenden (und auch nicht liebenden) Familien & Freunde zu beklagen hatten und haben, könnten Turnhallen gefüllt werden. Das klingt sicher schrecklich, aber ich hoffe nicht respektlos. JedeR Einzelne hat etwas Besonderes hinterlassen. Und jede Beerdigung tut weh.
So weiß ich also in der Tat viel über die Suchthilfe und ihre Bausteine und ihre Möglichkeiten. Ich habe aber gleichzeitig -als Berufskrankheit- natürlich ebenso ihre Grenzen vor Augen.
Und ich hatte einfach gehofft über meine Fragen nach Therapie-Möglichkeiten außerhalb des üblich- gesetzlich finanzierten Systems, hier eventuell Kollegen und Kolleginnen zu finden und quasi hervorzulocken, die ebenfalls diesen sehr aufreibenden Spagat turnen.
So. Fühlt sich seltsam, aber auch erleichternd an , so viel preisgegeben zu haben. Ich hoffe, es ist okay für Euch oder Dich oder Dich… & das wir in Kontakt bleiben! Möglicherweise hört mich ja sogar jetzt noch die eine oder andere Nachteule… Alles Liebe! Le
danke für deine ausführungen. mich erinnert das spontan an diesen suchtarzt, der selber 25 jahre gesoffen hat. tagsüber hat er brav seine patienten kuriert und abends gesoffen. na und ? er hat dann auch entsprechende schritte eingeleitet und hat es geschafft.
ärzte werden eben auch krank und suchtexperten können auch selbst süchtig sein. das ist für mich kein widerspruch. im gegenteil! gut, dass du schon eine lzt angeleiert hast.
du musst dich nur auf "der anderen seite fallen lassen können"..darin dürfte dein problem liegen.
ich stimme kb zu , denn mit all der erworbenen und (schmerzlich) erfahrenen Kenntnis an seine eigenen Baustellen und Defizite dergestalt daran zu gehen, dass eine echte Nachhaltigkeit entsteht, ist sicher schwer.
Aber eben nicht unmöglich.
Ich wünsche Dir die Kraft (an Mut scheint es nicht zu mangeln:gut, dort hin zu schauen, wo es nötig sein wird :
Wo es wirklich weh tut .
Gruss
Michael
Alkohol ist ein hervorragendes Lösungsmittel: Es löst Familien, Ehen, Freundschaften, Arbeitsverhältnisse, Bankkonten, Leber- und Gehirnzellen auf. - Es löst nur keine Probleme.
… unsere Narben haben die Angewohnheit uns daran zu erinnern, daß die Vergangenheit einmal Realität war … :sly: H.L. "Roter Drache"
das ist das, was zählt. Ich gratuliere dir zu deiner Entscheidung. Hier im Forum gibt es ein paar Sozialarbeiter (u.a. auch ich), die gelernt haben Hilfe anzunehmen. Das ist nicht ganz so einfach, weil wir ja gelernt und gelebt haben, Hilfestellung zu geben-geht aber.
Nu bist du dran! Es wird deine Zeit der Gesundung sein. In der LZT wirst du eventuell auch auf Kolleginnen treffen. Zu meiner LZT-Zeit waren eine Ärztin, eine Psychiatrie-Gesundheitspflegerin (Suchtstation) und eine weitere Sozialarbeiterin in der Klinik.
Und nach der Entwöhnung wirst du deine Klienten noch besser verstehen, denn du kannst dich nun sogar in ihre Situation einfühlen. Du kannst verstehen, was Suchtdruck ausmacht, wie die Krankheit einen bestimmt, einen auffrisst.... ... und wie man aus dem Teufelskreis rauskommt
Die Therapie wird dir nur Vorteile bringen, sofern du es schaffst, dich
Zitatauf "der anderen seite fallen lassen können"..
. Freu dich drauf
LG acqua
- sprudeln statt plätschern -
Nichts existiert, das von Dauer ist. Das einzig Dauerhafte ist die Veränderung. (Buddha)
Ach!! Danke! Danke lieber KB, lieber Micha, liebe Acqua,mir plumpsen fette Sandsäcke vom Herzen. Und es tut gerade verdammt gut, mich so gehört zu fühlen!
Und wie geradezu poetisch & auch verheißungsvoll das klingt: "sich auf die andere Seite fallen lassen." Genau, ganz genau da, an diesem Punkt stehe ich gerade. Auf dem Fünfer! Wie als Mädchen im Freibad fühle ich die absolute Spannung ( ein sehr typisches Suchti-Feeling, oder?) und weiß, dass ich auf keinen Fall die Treppe wieder runterklettern will und werde.
Bin so froh klare Kante gemacht zu haben (und nicht nur hier) -und empfinde es als absolut erleichternd jetzt endlich die nötige Hilfe anzunehmen -Was immer kommen mag!
Jep, und nicht lange an der Kante stehen (vom Fünfer) und runter sehen, sondern Anlauf und los...
Zur Not geht´s auch mit "Augen zu" , abspringen ist das Entscheidende.
Gruss
Michael
Alkohol ist ein hervorragendes Lösungsmittel: Es löst Familien, Ehen, Freundschaften, Arbeitsverhältnisse, Bankkonten, Leber- und Gehirnzellen auf. - Es löst nur keine Probleme.
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