Wer durch Alkohol Folgeschäden erlitten hat oder vom Alkohol abhängig geworden ist, der ist als Alkoholkranker oder auch Alkoholiker zu bezeichnen.
Ist das wirklich so einfach ?
Es scheint also erst einmal von Bedeutung zu sein, ob Folgeschäden und Abhängigkeit vorhanden sind oder nicht. Keine Bedeutung hat zunächst, wieviel und/oder wie häufig jemand trinkt. Natürlich sind aber Folgeschäden bzw. Abhängigkeit eng mit der Konsummenge und -häufigkeit verbunden.
‚Den Alkoholkranken’ gibt es also nicht. Es gibt verschiedene Typen von Alkoholkranken und verschiedene Verlaufsstadien der Krankheit.
Dabei sind die Art und Weise des Trinkens, also das Trinkverhalten und die Schwere der Alkoholfolgeschäden maßgebend.
Die Trinkmenge spielt eine nachrangige Rolle. Alkohol wird nämlich von verschiedenen Menschen unterschiedlich gut vertragen. Das Maß der Alkoholverträglichkeit ist abhängig davon, ob der Mensch körperlich und seelisch gesund ist, ob er zusätzlich andere Gifte konsumiert. Es lassen sich somit für die Trinkmenge keine festen Grenzwerte angeben, innerhalb derer regelmäßiger Alkoholkonsum gefahrlos ist.
damit sind wir bei dem "ewigen" Versuch der Klassifizierung in "Trinkertypen" (z.B. nach Jellinek). Und nicht zu vergessen, den nicht psychisch Abhaengigen Alkoholmissbraucher (ich glaub, das ist der Beta), der zwar koerperschaedigend trinkt, aber jederzeit wieder aufhoeren kann. (Btw. mir ist bis heute der Unterschied zwischen Gamma & Delta nicht klar....)
ZitatGepostet von richie damit sind wir bei dem "ewigen" Versuch der Klassifizierung in "Trinkertypen" ........(Btw. mir ist bis heute der Unterschied zwischen Gamma & Delta nicht klar....)
Tja Richie, das mit den Typisierungen ist so eine Sache. So ganz blicke ich da auch nicht durch.
Ich versuch's 'mal:
Delta-Alkoholiker sind Alkoholkranke mit physischer Abhängigkeit. Sie beginnen ihren Alkoholkonsum im Rahmen der Trinksitten. Es finden sich bei ihnen keine oder lange Zeit keine Kontrollverluste und damit weniger soziale Belastung. Da es aber nach Anpassung des Zellstoffwechsels nach Trinkpausen zu Entzugserscheinungen kommt, sorgt der Betroffene für einen entsprechenden Blutalkoholspiegel. Sie werden deshalb auch „Spiegeltrinker“ genannt.
Gamma-Alkoholiker (Suchtrinker). Voralkoholische Phase: Der Beginn des Trinkens ist auch bei Gamma-Alkoholikern in der Regel unauffällig und wird sozial motiviert. In dieser Phase erfahren Gamma-Alkoholiker Erleichterung durch Trinken. Im weiteren Verlauf kommt es jedoch zur Toleranzabnahme für seelische Belastungen, zur Reduzierung der Frustrationstoleranz, so daß Alkohol immer häufiger als Kompensationsmittel benötigt wird. Alkohol stellt nun kein Genußmittel mehr dar, sondern wird zunehmend als Stimmungsregulanz getrunken. Es wird immer mehr Alkohol benötigt um die gleiche Wirkung zu erzielen. Prodromalphase: Die Prodromalphase wird etwa in einem Zeitraum von 6 Monaten bis zu 5 Jahren durchlaufen. In der Regel beginnt es damit, daß selbst geringe Alkoholmengen zu Erinnerungslücken führen können, dem sogenannten „Filmriß“. Für die psychische Regulans wird immer mehr Alkohol benötigt, so daß der Betroffene beginnt allein und eventuell heimlich zu trinken. Um eine schnelle Wirkung zu erzielen, wird das erste Glas häufig sehr hastig getrunken. Da sich der Betroffene teilweise über sein Trinkverhalten bewußt ist, kommt es meist zu Schuldgefühlen. Förderte der Alkohol am Anfang oft das Solidaritätsgefühl und baute Hemmungen ab, so zeigen die Kranken nunmehr durch ihre Verheimlichung des Trinkens die ersten Isolierungstendenzen. Da Gamma-Alkoholiker in dieser Phase noch kontrolliert trinken können und aufgrund erhöhter Alkoholtoleranz ohne Berauschung viel zu trinken vermögen, fallen sie in unserer regellos trinkenden Gesellschaft zunächst nicht auf, sie werden nicht nur toleriert, sonder häufig als kontaktfreudige Mitmenschen „mit großem Stehvermögen“ geschätzt. Kritische Phase: Die kritische Phase wird durch das Auftreten von Kontrollverlusten eingeleitet. Dadurch wird die Abhängigkeit oft erstmalig für das Umfeld deutlich und dem Kranken begegnet zunehmend Ablehnung. Unter Umständen vermögen selbst kleinste Alkoholmengen einen unwiderstehlichen Drang nach weiteren Alkoholkonsum auszulösen. Die Kranken verlieren die Kontrolle über die weitere Trinkmenge und damit die Fähigkeit ihren Konsum aus eigener Kraft zu beenden. Zunächst behalten sie die Kontrolle darüber, ob und wann sie trinken, jedoch kommt es nach Trinkbeginn immer wieder zu Exzessen. Die zum Alkoholkonsum animierende Gesellschaft beginnt, sich vom Alkoholkranken zu distanzieren. Versuchen die Betroffenen mit dem Trinken aufzuhören, kommt es zu Entzugserscheinungen, wie z.B. Unruhe, Schweißausbrüche und Verstimmungen. Häufige Niederlagen im Bemühen um kontrolliertes Trinken und der vergebliche Widerstand gegen fortschreitende soziale Desintegration führen ständig zu Verletzungen des Selbstwertgefühls und damit zu Ich-Schwäche. Die dabei entstehenden negativen und belastenden Gefühle verbergen Alkoholkranke durch massive Abwehr, die sie zunehmend den Bezug zur Realität verlieren läßt. Flucht und Selbstmitleid, aber auch renomistisches (prahlen, aufschneiden) Imponiergehabe, großspuriges und agressives Benehmen ergeben sich als reaktives Verhalten. Äußere Interessen gehen verloren, zwischenmenschliche Beziehungen werden neu überdacht, die Fähigkeit zur sozialen Anpassung wird vermindert. Das Verhalten konzentriert sich immer mehr auf Alkohol. Chronische Phase : Die chronische Phase beginnt mit regelmäßigem morgendlichen Trinken und tagelangen Räuschen. Die gehäuft auftretenden Kontrollverluste führen zu tagelangen Exzessen, die einen fortschreitenden seelischen, körperlichen und sozialen Abbau zur Folge haben. Auch die Sinnfrage des Lebens geht verloren. Es finden sich zunehmend Konzentrations-und Merkfähigkeitsstörungen. Im weiteren Verlauf können bereits geringe Alkoholmengen zu schweren Räuschen führen. Das Trinken kann nun den Charakter der Besessenheit annehmen. Alkoholkonsum wird wichtiger als Nahrungsaufnahme. Stehen keine alkoholischen Getränke zur Verfügung, greift der Kranke auch zu Brennspiritus, Haarwasser u.ä.. Häufig kommt es zu Folgeschäden mit bleibender Invalidität oder sogar bis zum tödlichem Ausgang.
Eine Antwort auf "welcher Unterschied" ist für mich schwierig. Ich denke aber, daß es mit dem Kontrollverlust zu tun hat. Das ist natürlich keine befriedigende Antwort, aber für mich persönlich macht es kaum einen Unterschied, ich habe eh so gut wie alle Phasen jedlicher Typisierung hinter mir. Und - so ganz einverstanden bin ich mit so mancher definitorischen Eingrenzung des einen oder anderen "Wissenschaftler" auch nicht. Spielt aber keine Rolle. Das soll deren Problem sein. Nur - das wirft natürlich wiederum eine andere Frage auf: Wie sinnvoll ist eine Typisierung überhaupt ?
Ist wahrscheinlich typisch wissenschaftliches verhalten, alles zu typisieren (kenn ich ja *gg*). Letztlich wird ja beim Spiegeltrinker der Pegel immer hoeher, und beim Quartalssaeufer die Abstaende kuerzer, sodass beide dann nur noch besoffen sind...
ZitatLetztlich wird ja beim Spiegeltrinker der Pegel immer hoeher, und beim Quartalssaeufer die Abstaende kuerzer, sodass beide dann nur noch besoffen sind...
...und ich hab' es damals geschafft, als Quartalssäufer die Abstände so kurz zu machen, daß ich als Spiegeltrinker auf einem ziemlich hohen Niveau gelandet bin. Damit war ich quasi ein kurzquaratalsaufender Spiegeltrinker. Auch 'ne gute Definition, oder ?
so war das natürlich nicht gemeint. Vielleicht auch ein wenig unangebracht. Aber es ging mir dabei nicht um die Problematik an und für sich, sondern um manchen krampfhaften Versuch, alles in irgendeine "Form" zu pressen. Obwohl - so ganz ohne Definitionen oder Abgrenzungen geht's eben doch nicht. Und ich versuch's ja auch irgendwie, aber mehr um die verschiedenen "Arten" einigermaßen verständlich zu machen. Also - sorry - hab' da zu wenig Hirnschmalz benutzt.
Ich musste über Tommies Definition des "kurzquaratalsaufender Spiegeltrinker" schon grinsen.
Was ich komisch an diesen Bezeichnungen finde, ist, dass z.B. der Gamma-Alkoholiker den Zusatz "Suchttrinker" bekommen hat. Sind nicht alle Alkoholiker süchtig? Der eine eben mehr, der andere weniger, alle in unterschiedlicher Konsummenge? Ich denke, dass ein Spiegeltrinker (Delta-A.) genauso süchtig ist wie ein Gamma-A. Najoa... wer soll da noch durchsteigen...
ZitatGepostet von Nachtigallxxx Sorry, darüber zu lachen, fällt mir z.Z. etwas schwer! Ob das nur mir so geht?
Grüße Anja
kann ich verstehen - aber ueber sowas zu lachen faellt wohl auch unter "Aufarbeitung". Manchmal in der Gruppe lachen wir auch recht herzlich ueber Geschichten aus unserer Saufzeit, die eigentlich zum Schrecken sind....
ZitatGepostet von Sonni Ich denke, dass ein Spiegeltrinker (Delta-A.) genauso süchtig ist wie ein Gamma-A. Liebe Grüße, Sonni
aus dieser Richtung auch meine urspruengliche Frage: ich erkenne mich in dem oben beschriebenen Suchtverlauf ziemlich gut wieder (also Gamma) - andererseits war ich lange Zeit nie "richtig besoffen" (also Spiegel bzw. Delta). Somit die Frage: wer bin ich (obwohl's wie schon erwaehnt eh wurscht ist)
Wenn's erlaubt ist, möchte ich dazu auch eine nicht ganz so ernste Antwort geben, weil's - wie schon erwähnt - auch 'mal gut tut.
Du bist der Richie, alk-dry, und das ist auch gut so.
Aber, 'mal etwas erster, ich habe eine kleine Tabelle gemacht, die versuchen soll, die wesentlichen Merkmale dieser Typisierung nach Jellinek zu zeigen.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass "Phasen" und "Typen" ZUNÄCHST auseinandergehalten und für sich betrachtet werden.
Hier eine Übersicht hinsichtlich beider Begriffe:
“PHASEN DER ALKOHOLSUCHT: Eine sehr brauchbare schematisierende (!) Übersicht hierzu gibt Feuerlein:
A. Prodromal-Phase 1. Alkoholische Palimpseste (Räusche mit Erinnerungslücken) 2. Heimliches Trinken (Gelegenheit suchen ein paar Schnäpse ohne Wissen der anderen zu trinken) 3. Dauerndes Denken an Alkohol (Sorge ob genügend da ist, vorsorglich ein paar Schnäpse trinken) 4. Gieriges Trinken der ersten Gläser 5. Schuldgefühle 6. Vermeiden von Anspielungen auf Alkohol 7. Häufige Palimpseste
B Kritische Phase 8. Verlust der Kontrolle nach Beginn des Trinkens 9. Alkoholiker-Alibis (warum er trinken muß) l0. Widerstand gegen Vorhaltungen 11. Großspuriges Benehmen 12. Auffallend aggressives Benehmen 13. Dauernde Zerknirschung 14. Perioden völliger Abstinenz mit ständigen Niederlagen 15. Änderung des Trinksystems (nicht vor bestimmten Stunden) 16. Freunde fallenlassen 17. Arbeitsplatz fallenlassen 18. Das Verhalten auf den Alkohol konzentrieren 19. Verlust an äußeren Interessen 20. Neue Auslegung zwischenmenschlicher Beziehungen 21. Auffallendes Selbstmitleid 22. Gedankliche oder tatsächliche Ortsflucht 23. Ungünstige Änderung im Familienleben 24. Grundloser Unwille 25. Bestreben, seinen Vorrat zu sichern 26. Vernachlässigung angemessener Ernährung 27. Erste Krankenhaus-Einweisung wegen körperlicher Beschwerden 28. Abnahme des sexuellen Triebes 29. Alkoholische Eifersucht 30. Regelmäßiges morgendliches Trinken
C. Chronische Phase 31. Verlängerte tagelange Räusche 32. Bemerkenswerter ethischer Abbau 33. Beeinträchtigung des Denkens 34. Passagere alkoholische Psychosen 35. Trinken mit Personen weit unter seinem Niveau 36. Zuflucht zu technischen Produkten (Haarwasser, Rheumamittel, Brennspiritus) 37. Verlust der Alkoholtoleranz 38. Angstzustände 39. Zittern 40. Psychomotorische Hemmung 41. Das Trinken wird wie besessen 42. Das Erklärungssystem versagt. Er wird leichter der Behandlung zugänglich.”
Quelle: Feuerlein, W., Alkoholismus - Mißbrauch und Abhängigkeit, Stuttgart, 1975
TYPEN Diese geschilderten Phasen treffen im Prinzip auf alle Alkoholiker zu, ursprünglich und insbesondere aber auf einen bestimmten Alkoholikertyp, nämlich den sogenannten “Gamma - Typ". Dieser ist im unserem Kulturkreis tatsächlich auch am weitesten verbreitet. Auch auf die übrigen Typen ist die Phasenlehre aber übertragbar, wenn auch gelegentlich mit gewissen Abweichungen. So entfällt beispielsweise beim ,,Delta - Typ" oft das Merkmal sozialen Drucks, zumindest zu Beginn seiner Suchtkarriere. Abhängige diesen Typs sind nämlich meist nicht auffällig betrunken und im Verhalten oft sehr korrekt. Die verschiedenen Typen sollen nun im Zusammenhang dargestellt werden.
ALKOHOLIKERTYPEN ,,Alpha-Typ: Problem - und Erleichterungstrinker; kein Kontrollverlust; seelische Abhängigkeit, da diese Angstabwehr die Probleme vergrößert. Beta-Typ: Anpassungs - und Gewohnheitstrinker, um )mitzuhalten( mit den (Trink-) Sitten, an Situationen gekoppelt (Fernsehen, Wochenende, Arbeitswege, Hausarbeit); wenig seelische, aber später körperliche Abhängigkeit. Gamma-Typ: Eigentlicher Prozeß-Trinker mit seelisch - körperlicher Abhängigkeit, Toleranzsteigerung, Kontrollverlust, Abstinentzsymptome, auch wenn Abstinenzzeiten möglich sind. Delta-Typ: Spiegel-Trinker; da über lange unauffällige, schleichende Gewöhnung der Alkohol-Spiegel sich langsam erhöht, bis er gebraucht wird, hat der Betroffene nie das Gefühl des Kontrollverlustes, und da er sozial überkorrekt ist, ist er bei dieser rauschlosen Dauerimprägnierung besonders schwer zu motivieren. Epsilon-Typ: Periodischer Trinker (früher Quartalssäufer...); auch diese im Alltag überkorrekten Menschen brauchen den Ausbruch ins zerstörerische Sozial-Unerlaubte, um überbemüht sozial erlaubt leben zu können; maskiert sich lieber mit Hilfe von Ärzten mit der ,,feineren" Diagnose phasischer Depressionen." (“Irren ist menschlich”, S.251)
Als behandlungsbedürftig krank gelten allgemein alle Typen außer dem Alpha- und Beta-Typ, wobei anzumerken ist, daß hier Weiterentwicklungen in Richtung eines “echten” Alkoholikertypus nicht unwahrscheinlich -und eine große Gefahr sind!
Zu beachten ist, dass Phasen- und Typenübergänge FLIESSEND sind. Zudem existieren Mischtypen und (zunehmend) Polytoxikomanen ("Mehrfachgifter") wie etwa ich.
Ich halte die Schematisierungen (bzw. -in der Zusammenschau: die Matrix) für nützlich und hilfreich. In Hinsicht auf mich persönlich hat sie allerdings jegliche Wichtigkeit verloren in dem Moment, in dem ich zugeben konnte, dass ICH SÜCHTIG bin.
MfG: Tom
(P.S.: Hallo Tommie: Wie geht das mit dem Avatar ? Isch komm da nich` zurecht ...)