momentan bin ich etwas im Zwiespalt über die Umsetzung theoretischen Wissens in die Praxis. Es geht dabei um 'Alkohol am Arbeitsplatz' , ganz konkret um 2 Kollegen, die in meinem unmittelbaren Umfeld und Zuständigkeitsbereich arbeiten. Das heikle dabei ist - einer davon ist mein Chef. Mein Chef weiß von meiner Alkoholabhängigkeit, er war es auch, der den Anstoß zur damaligen Behandlung gegeben hatte; zu oft war ich ihm mit einer morgentlichen Fahne etc. aufgefallen. Ebenso wissen beide Personalchefs und der Personalrat davon, waren und sind darin involviert. Nun sind seit meiner Entgiftung mehr als 3 Jahre vergangen, die Situation ist folgende: 1 Mitarbeiter hat regelmäßig, auch schon um die Mittagszeit, eine Alkoholfahne; oft - so gut wie täglich - trinkt er während der Arbeit 3 - 4 Flaschen Bier. Er fällt auch schon öfter durch sehr forsches und großspuriges Benehmen auf. Mein mir direkt vorgesetzter Chef geht - auch fast täglich - "Mittag machen" ; was nichts anderes bedeutet, daß sich ein paar Leute ausser Haus treffen, auf ein paar kleine Biere. Das kann durchaus auch 2 Stunden dauern. Mein Chef merkt definitiv nicht, daß der andere Kollege trinkt und mit einer Fahne arbeitet. Ganz abgesehen davon, daß er sein eigenes Verhalten in Sachen Alkohol während der Arbeitszeit ( ist bei uns verboten ! ) entweder als gering erachtet, oder gar nicht bemerkt. Ich habe einmal gedanklich durchgespielt, was ich wem sagen könnte. Jedesmal bin ich zu dem Schluß gekommen, daß es keinen großen Sinn hat, sie darauf anzusprechen. Und es würde mir mit Sicherheit auch mächtig Ärger einbringen. Es würde darauf hinauslaufen: "Du als alter Alki mußt das gerade sagen" und "Da bist du wohl etwas überempfindlich". Ein Gespräch im Sinne von "Ich mache mir Sorgen um dich, weil..." bringt ebensowenig, das weiß ich, dafür kenne ich beide zu lange und gut. Weiss jemand eine andere Art und Weise, oder sehe ich einfach zu schwarz ?
tommie Der Fall ist nicht konstruiert, es ist wirklich so !
Zur Zeit bereite ich gerade eine Fortbildung zu dem Thema vor, leider habe ich das Material aber nur auf Papier.
Um dazu etwas halbwegs gescheites sagen zu können, müßte ich noch folgendes wissen:
-welche Art Firma ist das (Verwaltung, Fabrik,...) -ungefähre Größe (Mitarbeiterzahl) -Gibt es einen Betriebsrat -Ist eine Gewrkschaft aktiv -Gibt es einen Suchtbeauftragten - ... oder ein ehrenamtliches Helferteam ?
ZitatGepostet von Burkhard Tomm Bub Hallo Tommie !
Zur Zeit bereite ich gerade eine Fortbildung zu dem Thema vor, leider habe ich das Material aber nur auf Papier.
Um dazu etwas halbwegs gescheites sagen zu können, müßte ich noch folgendes wissen:
-welche Art Firma ist das (Verwaltung, Fabrik,...) -ungefähre Größe (Mitarbeiterzahl) -Gibt es einen Betriebsrat -Ist eine Gewrkschaft aktiv -Gibt es einen Suchtbeauftragten - ... oder ein ehrenamtliches Helferteam ?
MfG: Tom
Hallo TOM,
- es handelt sich um den Öffentlichen Dienst, Verwaltung, als Eigenständigen Betrieb. - 600 Mitarbeiter. - ja, es gibt einen Betriebsrat. - ja, es gibt eine Gewerkschaft, in der ich auch Mitglied bin. - ja, es gibt (mein letzter Kenntnisstand) einen Suchtbeauftragten. - es gibt auch ein "Helferteam", allerdings hauptamtlich. Dort gehe ich 1 mal pro Woche in eine Gruppe. Die Tips von dort helfen mir aber leider nicht weiter.
Dank für die Infos. Ob das was ändert- natürlich nicht, klar. Aber nun kenne ich die Rahmenbedingungen. Also: die Auswahl an potentiellen Verbündeten ist glücklicherweise groß. Ich würde nun -wirklich ALLE- diese Stellen "abklappern", erste Adresse sollte der Sucht- beauftragte sein, aber auch im Betriebsrat und der Gewerkschaft sollte sich jemand (mehr oder weniger) verantwortlich fühlen. Gemeinsam, oder zumindest mit einigen dieser Stellen zusammen sollte eine Strategie entwickelbar sein. Ab sofort solltest Du akribisch über alle Erlebnisse, die in dieser Sache mit Alkohol zu tun haben, Buch führen -also mit Datum und Uhrzeit, sowie einer genauen, aber wertfreien Beschreibung der Geschehnisse- dies kann nie schaden, oft aber nutzen. Weiterhin würde ich sicherheitshalber ein weiteres Mal meine eigenen Motive "checken": warum nimmt mich dies emotional mit, inwiefern geht mich das was an, beein- trächtigt mich persönlich das Geschehen, gibt es einen unmittelbaren Handlungsbedarf (Gefährdungen anderer durch das Verhalten der Personen). Ein weiteres Stichwort ist "Verantwortung". So wie ich es verstanden habe, bist Du nicht Vorgesetzter eines der Betroffenen und nicht im Suchthelferteam. So hast Du letztlich nur ein kleines Stück offizieller Verantwortung. Nach MEINER persönlichen Meinung solltest Du die Hauptverantwortung möglichst gut und schnell an die eigentlichen "Verantwortungsträger" abgeben, d.h. an den Suchtbeauftragten und den Vorgesetzten (des Vor- gesetzten).
So, das ist -etwas knapp- meine Einschätzung. Mit Ferndiagnosen ist es natürlich immer schwierig. Sollte ich etwas wichtiges übersehen haben, weise mich bitte darauf hin.
1. die " Betroffenen " 3 mal direkt angesprochen, ihnen dabei 1 mal klar gesagt: "Mensch, du hast schon wieder eine Fahne, schau doch mal dass du während der Arbeit nichts trinkst." 2 mal: " Du weisst aber schon dass Alkohol während der Arbeit nicht erlaubt ist ? "
2. den Suchtbeauftragten darauf angesprochen, seine Reaktion: "Da kann ich momentan nichts unternehmen."
3. beim Personalrat ' angeklopft ', was sie gedenken zu unternehmen. Die Antwort: " Solange er nicht auffällt... "
Dabei fallen sie ja auf, und nicht nur mir. Da scheint bei uns seitens des Arbeitgebers so einiges im Argen zu liegen.
In unserer Gruppe habe ich das auch mehrfach angesprochen, niemand kann mir darauf eine vernünftige Antwort geben, ausser: "sag ihm einfach, du machst dir Sorgen um ihn."
Darüber lachen die doch nur. Es sieht also so aus, dass erst etwas " passieren " muss.
Nur das ich`s mal verstehe: Du rufst den Suchtbeauftragten an, machst einen Termin, unterhälst Dich 30-60 Minuten mit ihm, schilderst ihm Deine Gefühle und Sorgen und das einzige was kommt ist: "Da kann ich nix machen." ?
Falls das stimmt, hat er sein Amt wohl in der Lotterie gewonnen ...
Was ist mit meinen andereren (Rat-)Schlägen ?
Führst Du ein akribisches Tagebuch ? Was sagt die Gewerkschaft ? Warst Du schon beim PersonalWESEN /-AMT ? Auch weiß ich noch nicht: Welche Schäden können die Herren anrichten ? (Gefährdung anderer ? Rufschädigung des Amtes ?)
Vor allem: Hast Du Deine Motive nochmal reflektiert ? Warum macht Dich die Sache so betroffen ?
Das könnte:
1. Für Deine Selbsterkenntnis interessant sein. 2. Werden andere (wenn die Sache "hochkocht") Dir die seltsamsten Motive unterstellen. Spätestens dann solltest Du zu mindestens 100% mit Dir und Deinen Motiven im Reinen sein.
Hi Tommi, habe mir mal deinen post zu Gemüte geführt, sowie die Antworten von Tom. Zu dem ersten Teil habe ich mal ein paar Gedanken gesammelt, mal schaun, ob ich die auch zu 'Papier' bringen kann! [quote]Gepostet von tommie
1. die " Betroffenen " 3 mal direkt angesprochen, ihnen dabei 1 mal klar gesagt: "Mensch, du hast schon wieder eine Fahne, schau doch mal dass du während der Arbeit nichts trinkst." 2 mal: " Du weisst aber schon dass Alkohol während der Arbeit nicht erlaubt ist ? "
Hiermit bist du auf dem besten Weg irgendwann einmal in die Co-Abhängigkeit zu geraten. Wir kennen es doch alle noch aus unserer 'aktiven' Zeit, dass man gegen solche Interventionsversuche quasi immun war. Habe bei mir auch einen Kollegen sitzen, der die Kurve nicht kriegt. Ertappte mich früher auch des öfteren dabei, an ihm rumzuschnüffeln. Machte mir auch ständig einen Kopf darüber, wie ich ihn darauf ansprechen soll oder Gespräche in die entsprechenden Bahnen zu lenken. Nun bin ich zu dem Entschluss gekommen: Ich kann ihm nicht helfen! Ich kann ihn einfach nur loslassen. Er weiss, dass ich trockene Alkoholikerin bin und eigentlich nur eines machen kann: ihm nur als 'lebendes Beispiel' 8 Stunden am Tag gegenüber sitzen.
Ich hab das gerade auch alles durchgelesen, wie du (das ist mein Mittagmachen heute) und bin eigentlich ganz deiner Meinung. Bevor ich jemand anspreche, überlege ich mir, wie hätte ich früher auf so ein direktes Ansprechen reagiert. Hätte mich das motiviert nichts mehr zu trinken? Ich hätte wahrscheinlich sehr trotzig und sehr beleidigt reagiert. So, jetzt erst recht und diese Deppen, das geht die doch überhaupt nichts an und die haben doch keine Ahnung und ausserdem trinke ich doch garnicht so viel.... usw. Es ist sehr schwer nichts zu sagen, wenn ich so gut Bescheid weiß und auch alle Tricks kenne. Ich habe eine Bekannte, die ich ab und zu besuche. Die Besuche sind im Laufe der Zeit immer weniger geworden, weil ich mir das nicht antun mag. Die Wohnung sieht aus wie bei Hempels unterm Sofa, es stehen regelmäßig mindestens 5 leere Weinflaschen mitten im schmutzigen Geschirr, ich krieg eine Tasse Kaffee gekocht und die Dame schenkt sich ein Gläschen Wein ein (mmmhh, ja, das ist ein Nachmittagswein). Mir stellen sich die Haare und ich kratz so schnell ich kann die Kurve, denn man kann sich vorstellen, wie erbauend die Unterhaltung ist. Ich kann ihr nicht helfen. Das kann nur sie allein.
Wenn Tommie bei AA wäre, könnte er seine Kollegen mit AA-Literatur zubomben. Da käme Freude auf!!! So klammheimlich in deren Briefkasten zuhause oder einfach auf den Schreibtisch knallen....
Ansonsten Tommie: gute Nerven! Schau dir deine netten "normalen" Kollegen an und lass die anderen abblitzen. Vielleicht geht doch mal ein größeres oder kleineres Lichtchen bei denen auf. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben.
Du hast es ja selbst schon im Titel des Threads vorweggenommen - pass auf, dass Du nicht zum Co wirst. Es ist klar, dass gerade wir Betroffenen sehr sensibel auf das Thema reagieren, aber wieso fuehlst Du dich "zustaendig". ?
nur kurz die "neuste Entwicklung": der Kollege mit der täglichen Fahne etc. ist schon mehreren anderen Leuten mit einer ' guten Nase ' aufgefallen; er hatte auch schon 2 Gespräche mit dem zuständigen Personalchef . Momentan sieht es so aus dass er ganz kurzfristig Urlaub nimmt, 2 bis 3 Wochen. Na ja, da scheint sich etwas zu tun. Ich selbst hatte nichts mehr unternommen.
Es tauchte auch die Frage auf wieso mich das ' so angeht '. Nun, sollte er länger ausfallen (oder ganz), schlägt sich das auch auf meine Arbeit nieder: ich muss dann einen Teil übernehmen.