auch mir gehen manche Leute in meiner Gruppe auf den Geist,wenn sie immer propagieren,wie toll die Trockenheit doch angeblich ist. Körperlich wahrlich,aber seelisch ging es mir besoffen teilweise um einiges besser. Ist doch alles Quark.Ich bin jetzt seit einem Jahr trocken und erschrecke manchmal selbst vor der Persönlichkeit,die sich da vor meinen Augen entwickelt.Nicht das mir diese bei näherem Hinsehen nicht gefallen würde,aber sie ist gewöhnungsbedürftig. Und das ist es ja:Trockenwerden ist harte Arbeit an sich selbst und kein Spaziergang.Da kristallisiert sich etwas völlig Neues heraus und das sollte man sich mit "Rückfällen" und "Ausrutschern" nicht zunichte machen.
Durchhalten heisst die Devise und gelassen schauen wie sich alles entwickelt. Das kann ich nach einem Jahr bewusster Abstinenz sagen.Es Lohnt sich. Positives Denken ist eigendlich gut,aber meiner Meinung nach sollte es eher "optimistisches Denken" heissen,denn einen roten Teppich kann man sich nicht grün denken.
Mein Tip:Hör auf,Dein Lebensglück zu suchen,FINDE es im täglichen Leben. Kleine Rituale und Gewohnheiten sind viel wichtiger als ein Lottogewinn.
Warum gönnt uns denn niemand,dass wir uns zu Tode saufen???
Kann ich Dir sagen:Weiss Gott nicht aus purer Menschenfreundlichkeit.Teilweise waren die Menschen in unserer Umgebung doch nur neidisch weil wir abgetaucht sind und der Gutbürgerlichkeit den Stinkefinger gezeigt haben.
Genau. Achte bei allem was Du tust immer drauf, wie es sich später in Deinem Leben auswirken wird.
Sei gut in der Schule...damit Du einen sicheren Beruf ergreifen kannst und später ordentlich Rente bekommst. Mach Deine Hausaufgaben und denk bei allem was Du tust immer drüber nach, was die Nachbarn drüber denken könnten. Mach Deinen Eltern bloß keine Schande. Du sollst Vater und Mutter ehren. Der Pfarrer hat gesagt...
Und vor allem: SÜNDIGE nicht, denn der liebe Gott sieht alles, und Du wirst für alles büßen müssen.
Gut soweit. Ich hab auch keine allzugroße Lust auf die bürgerliche Welt, denn ich assoziere Zwänge damit.
Mich hat nur meine Fundamentalopposition viele Jahre davon abgehalten, zu sehen daß diese Welt durchaus Vorteile haben kann. Ich muß mich ja von dieser Welt nicht sklavisch vereinnahmen lassen, das heißt ich muß nicht alles gut und toll finden. Aber ich möchte schon in der Lage sein zu unterscheiden, ob mir nun diese bürgerliche Welt mehr schadet oder meine eigene Opposition dazu. Das löst sich auch in unendlich viele Einzelfälle auf...DIE bürgerliche Welt gibts ja gar nicht.
Ich mein, mich hat weder das Abi noch mein erstes noch mein zweites Studium interessiert, ich wollte nur breit sein und sterben. Und nachdem das mit dem Sterben nun mal nicht so einfach geklappt hatte, wie ich mir das vorgestellt hatte, hab ich immer noch viele Jahre dran gearbeitet, nur ja mein Leben NICHT zu meistern....ich hab das so meisterhaft nicht gemeistert, daß peinlicherweise schon wieder andere beeindruckt waren...also so gings offensichtlich auch nicht..
Jedenfalls, im Vergleich dazu, was ich schon alles mit Absicht versemmelt hab, hat mir mein...Schicksal...schon soviel Dusel hinterhergetragen, daß sogar ich das irgendwann anerkennen mußte. Obwohl ich mich mit Händen und Füßen gewehrt hab, ich mußte erkennen, daß es das Leben mit mir nicht übermäßig schlecht meint.
Und schon allein dieser Gedankengang zeigt mir heute, WIE krank das eigentlich war...
Weil ich so eine bigottische Großmutter mit viel Einfluß auf mein Elternhaus hatte, hab ich - nur um der standhalten zu können - als Jugendlicher die Bibel von Anfang bis Ende gelesen...schließlich hatte ich in der Schule gelernt, daß die Kirche im Mittelalter so viel Macht hatte, weil sie schamlos ausgenutzt hat daß die Leute nicht lesen konnten und man ihnen alles erzählen konnte. Wissen ist Macht. Da stehen ja auch so erfrischende Sätze drin wie : sehet die Vögel des Himmels, sie säen nicht und ernten doch...also was soll eigentlich diese "Leidens -und Arbeitsideologie", in der wir leben? Wenn uns ein schönes Leben beschert wird, dann dürfen wirds durchaus ohne schlechtes Gewissen annehmen.
Das dumme an unserer, dem Christentum entsprungenen westlichen Kultur ist: man hat denjenigen, der am Kreuz hängt, als Symbol genommen. Jeder muß leiden und sein Kreuz tragen. Ob man das glaubt oder nicht, wir sind in diesem Kontext aufgewachsen...selbst der atheistische Kommunismus ist ja nur eine Reaktion da drauf. Dabei hat schon derjenige in der Bibel gesagt, daß ers für uns tut und daß es damit getan ist - und wirs nicht auch tun müssen..
Und im Prinzip gilt das gesagte für jede Religion und Ideologie, wo mit Androhung von Strafe und Verdammnis gearbeitet wird. Die Notwendigkeit dazu besteht überhaupt nicht...die schaffen wir und unsere Artgenossen uns selbst.
Man hätte vielleicht lieber denjenigen als Symbol nehmen sollen, der dann die unendliche Leichtigkeit des Seins genossen hat und einfach entschwebt ist...nicht ohne uns die Botschaft zu hinterlassen, daß wirs genauso machen können.
@Helena,
wie Du ja selbst schreibst, Du bist der Meinung, daß es eben Dir nichts nützt. Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Trinken ist für mich ein Weg, den ich NICHT mehr gehe...damit ist aber noch gar nix darüber ausgesagt, wos denn dann hingehen soll. Daß Wille und Entscheidung nicht alles ist, hast du ja erst neulich erfahren. Sei Dir gegönnt, wenns vorbei ist.
Ich geh davon aus, wenn die alten Geschichten immer wieder mit Macht nach oben drängen, oder wenn ich den Drang zum philosophieren verspüre, dann hab ich da noch was zu erledigen.
Jedenfalls hatte die Freiheit von den Giften am Anfang eine Bedeutsamkeit an sich für mich. Heute ist die Nüchternheit für mich ein zwar notwendiger, aber keineswegs hinreichender Kontext. Leider weiß ich nicht so aus dem Stegreif, was ich mir vom Leben erwarte. Ich habe nur die Möglichkeit, zu beobachten, wie mein Leben bisher verlaufen ist, damit ich meine Ziele herausfinden kann. Ich muß ehrlich sagen, mein Lebensziel ist mir verborgen.
Mir gehts da wie Michael: ich muß mein Geschreibe lesen, damit ich meine Gedanken verstehen kann...und ich muß mein bisherigens Leben betrachten, damit ich erkennen kann, wo dieses Leben hinwill.
Ich denke, wir meinen wohl auf unsere Art alle dasselbe. Mir ging es ähnlich: Außer der Tatsache, daß ich in der Gruppe unter Gleichgesinnten war - und es für mein Selbstbewußtsein ein mutiger Schritt war, dort an die Tür zu klopfen, hat es mir eigentlich auch nichts weiter gebracht. Hier meine Gedanken im board zu sortieren und nebenbei mein Leben zu leben, ohne mich von außen beirren zu lassen, bringt mich hingegen meiner Seele Schritt für Schritt näher. Das ist es auch, was ich meine: Eine Zufriedenheit in sich selbst suchen und nicht außerhalb - oder soll ich es besser Frieden schließen mit sich selbst nennen?
Nach ein paar Glas Wein habe ich mich vielleicht auch des öfteren besser gefühlt, als in manchen nüchternen Momenten. Aber es war ja nur kurzfristig - auf lange Sicht ist Nüchternsein eine einzige Bereicherung - auch mit all den fürchterlichen Tagen. Wir haben irgendwann mal versucht, unsere schlechten Gefühle wegzutrinken. Aber die guten wohnten gleich nebenan und wurden somit mitverschüttet. Nun ist man trocken - und alle Gefühle wachen zur gleichen Zeit wieder auf. Das ist halt erstmal nicht einfach und man muß ständige Wechselbäder hinnehmen. Aber wenn man diesen Vorgang versteht, dann kann man es etwas leichter nehmen.
Ich habe für mich gemerkt, daß ich nicht mehr die Geduld habe, mich aus allem herauszuträumen - so wie früher. Ich bringe Dinge auf den Punkt - und es ist mir mittlerweile egal, wie mein Gegenüber das aufnimmt. Meistens bin ich angenehm überrascht, wie unkompliziert das Leben dadurch wird.
Das, was mir manchmal zu schaffen macht, sind Gelegenheiten, wo wirklich alle außer mir trinken. Das heißt: ich habe kein Problem, nichts zu trinken. Aber gerade gestern war wieder so eine Situation, wo ich von anderen buchstäblich als Spielverderber belächelt wurde - also so wirklich dumm und hohl. Das tut weh. Zumal ich wirklich nicht traurig rumsitze, sondern durchaus fröhlich mitquake. Gestern habe ich auf einer anderen Alkohol-Seite einen netten Spruch gelesen, den ich mir gleich abgespeichert habe:
"Wenn Du einem trockenen Trinker begegnest, dann begegnest Du einem Helden. Es lauert in ihm der Todfeind. Er bleibt behaftet mit seiner Schwäche und setzt seinen Weg fort, durch eine Welt der Trinkunsitten. In einer Umgebung, die ihn nicht versteht, in einer Gesellschaft die sich berechtigt hält, in jämmerlicher Unwissenheit auf ihn herabzusehen, als auf einen Menschen zweiter Klasse. Weil er es wagt, gegen den Alkoholstrom zu schwimmen. Du solltest wissen: Er ist ein Mensch erster Klasse! (Friedrich von Bodelschwingh)"
Mir hat das gefallen. Gerade nach meinem Erlebnis von gestern. Und ich werde nicht aufhören, stolz auf mich zu sein. Nie wieder. Liebe Grüße
Warum sollte man nicht stolz sein und sich als ein kleiner Held fühlen,wen man eine Krankheit, die unweigerlich zum Tod führt,zum Stillstand gebracht hat.
So sehe ich das zumindestens.
Zum Thema Rückfälle:
Es ist keine Schande auf die Knie zugehen, aber es ist eine Schande nicht wieder auf zu stehen.
Jeder trockene Tag , ist ein gewonnener Tag
Kallekill
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15.09.2003 10:21
#21 RE: Mal ganz provokant und ein bisschen anders
hey Helmut, ich habe dich und Deinen Beitrag sehr gut verstanden, und bekomme an der Resonanz darauf auch mit, das Du einige hier mächtig damit auf die Füße getreten hast. einige Schönschreiber, da gebe ich dir recht, die nach 2-3 Wochen clean oder trocken sein ,sich schon wieder so sicher fühlen, das sie es wirklich glauben, das sie nie mehr was trinken werden. Und dann kommst Du, und ziehst denen einfach den Boden unter den Füßen weg. Ich habe, obwohl ich andere Drogen, anstatt Alkohol genommen habe,( jede Droge ist gleich, oder man nimmt die alle für´s gleiche)vieles von dem wiedererkannt, was Du da geschrieben hast,nur war ich da im Gefängnis, also von außen her eingesperrt, und konnte im Gegensatz zu Dir nichts daran ändern, denn du bist "nur" von innen her eingesperrt, in Deine Selbstzweifel, Deine Lebensangst, und vielleicht sogar Deiner Angst vor dem Tod. Also, von uns hier kann dir wirklich keiner helfen, der eine kann dir dies, und der andere das schreiben, aber liest du das denn überhaupt wirklich?Wirkt das in dir? Nein, oder vertue ich mich da? Was dir fehlt, meiner Meinung nach, ist ein Mensch, der Dich so nimmt, wie du bist, so,voll von Selbstzweifel, Sinnlosigkeit, Angst, Angst und nochmals Angst. Steh auf, und gehe raus, wenn Du nicht in eine Gruppe gehen möchtest, dann gehe durch die Straßen, über Plätze, durch Parks, denn vielleicht findest Du ja dann diesen Menschen, der Dein Antriebsrad wieder aufziehen kann, denn den Rest danach, den bekommst Du auch alleine auf die Reihe. Aber bitte verkrieche Dich nicht weiter in Dein Schneckenhaus, denn irgendwann wird es dir zu eng sein, und dann kommst Du da wirklich nicht mehr raus, und wirst an diesem äußeren Druck dann elendig ersticken. Ich wünsch Dir alle Kraft, die du brauchst, um diesen Weg für Dich zu Dir zu gehen. Gruß ein anderer Selbstzweifelnder Kallekill
ZitatUnd vielleicht fehlt mir da ja auch ein Stück Erwachsengewordensein, vielleicht hab ich mich tatsächlich nicht von meinen Pupertätsträumen verabschieden können, bzw. sie sind wiedergekommen, im Gewand der Melancholie..
Hallo Michi !
Ich finde mich in deinen Gedanken sehr oft wieder, auch ich machte mir zb viele Gedanken darüber, wie denn mein Erwachsenwerden so lief. Und wie es hätte anders laufen können, wäre ich nicht so ein "gebrochener" Teenager gewesen und hätte nicht so früh getrunken. Die Anfänge meiner Selbst sozusagen. Für mich gehört zum Erwachsenwerden in erster Linie das man Verantwortung übernehmen kann, ich meine damit nicht für Haus,Hof und Hund oder Berufsleben sondern für sich selbst. Das man zu Dingen die man sagt auch steht. Und das man Dinge die man denkt auch sagt. Und wenn man Mist baut die Konsequenzen trägt. Das klingt sehr simpel, war aber ganz genau mein Grundproblem. Ich lebte da eher "Wischiwaschi", drückte mich und schwang in Kneipen große Reden, zb über das Weltgeschehen, bekam aber mein eigenes kleines Leben nicht gebacken. Pubertäre Träume in dem Sinn hatte ich eigendlich keine. War doch bereits der nächste Tag sehr angstbesetzt. Ich konnte nicht in die Zukunft blicken mit meinem Handeln etc, oder mich auf etwas in der Zukunft freuen, konntest du das ? (Das interessiert mich ... ) Vielleicht sind pubertäre Träume genau das, nämlich keine Verantwortung tragen zu müssen. Dabei denke ich heute, Verantwortung tragen und Träume zu haben sind ja zwei unterschiedliche Dinge. Ich denke man kann sich ja auch ein eher kindliches Gemüt beibehalten (das "harte" Leben auch mit Spaß und Humor sehen) und trotzdem im Leben stehen. So handhabe ich das, ich lache zb viel und gerne und nehme mich auch manchmal nicht so ernst und lache auch über mich.
Die Sache mit dem Helden empfinde ich persönlich als einzig großen Selbstbeschiss, den ich mir persönlich nicht in meiner trockenen zeit erlauben will. Für mich ist ein Held jemand, der in einer Disziplin über die "normalen" Menschen hinausragt, wir alkis aber waren während der nassen Zeit weit "unter" dem Schnitt und erreichen durch unser trockenwerden so einen stand von ein wenig darunter (weil wir ja immer noch eingeschränkt sind wie diabetiker). Und ich empfinde es auch gefährlich mit dem Begriff Held, denn bevor man aufhören kann muss man anfangen und da sind wir alle alkis schuld gewesen, und in meiner sicht kann es nicht sein dass man durch das korrigieren von fehlern zum held wird, dann könnte man auf die idee kommen die fehler zu machen um sie dann wieder gut zu machen. wir sollten uns mit dem bewusstsein begnügen, dass wir uns selber noch ein paar zusätzliche jahre "schenken" ausserdem meistens zufriedenheit, aber helden werden wir durch richtige taten (ein kind vorm ertrinken retten, einen anschlag verhindern etc).
Gast
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15.09.2003 12:37
#24 RE: Mal ganz provokant und ein bisschen anders
Hi catattack, die Sache mit dem Helden habe ich für mich zwar noch nie so gesehen,aber Trotz alledem finde ich es doch etwas komplexbeladen,wenn ich mich als "unter dem Schnitt" bezeichnen würde,nur weil ich vom Alkohol abhängig geworden bin. Ich persönlich habe absolut keine Minderwertigkeitsgefühle anderen Menschen gegenüber wegen meiner "Krankheit". Im übrigen ist diese weiter verbreitet als man denkt. Und da kommen wir zum springenden Punkt:
Ich bin nicht stolz auf mich die Flasche stehenzulassen,nein,ich bin stolz WEIL ICH ES KANN.
Und das macht doch den Unterschied nicht nur zu nassen Alkoholikern aus,es macht auch den Unterschied zu der in aller Gesellschaftlichkeit,sich kollektiv benebelnden durchschnittlichen Gesellschaft aus. Wir haben unsere "Fehler" erkannt,gebannt oder arbeiten zumindest daran. Das verdient vielleicht keinen Orden aber ändert das Karma bestimmt für die nächsten 30 Leben.
Ausserdem MUSS man einem Fehler erst machen,um rauszukriegen ob man auch den Mumm hat die Schiene wieder zu wechseln.
Im übrigen komme ich noch mal auf meine Broccolieallergie zurück:Ich bin weder ein Mensch 2.Klasse wegen ebendieser noch weil ich ebenfalls den Alk nicht wie "normale" Menschen vertrage.
Tu tust wirklich so,als hätten wir uns mutwillig und bewusst in diese Abhängigkeit begeben.
biene
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15.09.2003 12:39
#25 RE: Mal ganz provokant und ein bisschen anders
was und wen bitteschön meinst Du mit Schönschreiber?
@catattack: Vielleicht ist das mit dem Heldentum etwas überzogen - sicherlich ist es das - aber mit dem Hintergrund, daß jeder ein kleiner Held ist, der eine schwierige Situation meistern konnte, der mutig eine Sache vertritt - darf man ab und an schon mal so denken. Man sagt es ja nicht jedem weiter. Hauptsache ist doch, daß man wieder Respekt vor sich selbst hat. Man rennt ja nicht mit einem Schild herum: "Seht her - ich bin ein Held!". Ich wollte damit auch nur sagen, daß man sich ruhig erlauben darf, auf sich stolz zu sein. Durch die Trinkerei ist man einen riesigen Umweg gegangen. Ich kann diese Zeit mittlerweile auch als für mich notwendig akzeptieren. Ich mußte da durch, um da hinzukommen, wo ich jetzt bin.
@Kallekill: Und auch, wenn ich lieber zweifeln sollte, alles kritisch hinterfragen sollte, etwas negativer sein sollte, es tut mir leid, ich bin leider zufrieden und glücklich. Es hätte alles schlimmer kommen können.
laufchrissi
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15.09.2003 14:15
#27 RE: Mal ganz provokant und ein bisschen anders
ich möcht es mal so ausdrücken: hab Ihr schon mal einen Krebskranken gesehen, der einen oder mehrere "Rückfall/älle" hatte und sagt, eh es hat mir gar nichts ausgemacht und es war gar nicht schlimm. Ich keine KEINEN. Jeder hat unter diesen Rückschlägen gelitten und erneut die Todesangst bekommen.
Mann Helmut, ich bin jetzt schon ein paar Jahre trocken und ich habe schlimme Zeiten erlebt. Ich habe Geburt und Tod, Krankeit und Genesung erlebt, Scheidung, Job verloren und wieder einen neuen gefunden. Ich mußte eine Gesprächstherapie machen, damit ich meine Depression los wurde, aber keine dieser Zeiten, ich wiederhole keine, war so schlimm, wie der Beste Tag in meiner Saufzeit.
Ich habe eine Geistig/seelische/körperliche Krankheit und mein Leben vor der Saufzeit war von Unrast und Unzufriedenheit geprägt. Diese Eigenschaften sind mir nicht automatisch genommen worden. Ich mußte für meine Zufriedenheit arbeiten..das heißt nicht, das ich heute immer zufrieden bin, aber ich arbeite dran. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die Sonne scheinen, die Blätter werden bald bunt werden und ich muß mir nicht überlegen, wie ich an die nächste Flasche komme und woher ich das Geld dafür nehme. Ist das vielleicht kein Grund zufrieden zu sein?
Zitat "..einige Schönschreiber, da gebe ich dir recht, die nach 2-3 Wochen clean oder trocken sein ,sich schon wieder so sicher fühlen, das sie es wirklich glauben, das sie nie mehr was trinken werden. Und dann kommst Du, und ziehst denen einfach den Boden unter den Füßen weg..."
magst du das näher erleutern? - ich habs nicht verstanden
Hi Bea Du hast genau ins Schwarze getroffen, danke auch.
Ich denke man kann sich alle Träume leisten von denen man überzeugt ist, dass man sie in ihren Konsequenzen auch aushalten und verantworten kann.
Und beim drüber nachdenken, trifft es auch genau meine Situation - soll ich mich selbständig machen, in einem Bereich der mit Verkaufen zu tun hat (d.h. ich muß meine Dienstleistung anbieten auf dem sog. freien Markt) oder friedlich schiedlich daheim bleiben und mich dem hausmännlichen Dasein hingeben. Letzteres ist durchaus bequem aber ein bischen langweilig und das erstere, naja ich hab die Grundlagen des Verkaufens beim Dealen gelernt, es dann auch noch danach im nüchternen Zustand -legal und durchaus mit Erfolg praktiziert, a b e r da ist dann das noch mit der reinen Lehre.... -
und daher auch mein Rumgejammere: will ich wirklich (wieder) so ein geschniegelter sein mit Strick um den Hals und edlem Tuch am Leib - da kommt dann wieder der Spruch aus dem OFF: "warte bis du so alt bist wie wir - dann wirst du auch noch anders denken...." ich hab mir geschworen niiiee anders denken zu wollen und habs dann doch getan --- und genau da liegt die Pupertät begraben. im Trotz: (euch geb ich nicht recht)
soweit, so gut?
tschüß Michael
[f1][ Editiert am: 15-09-2003 15:10 ][/f]
Kallekill
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Beiträge:
16.09.2003 00:39
#29 RE: Mal ganz provokant und ein bisschen anders
nabend, ich wollte euch nur eben kurz erklären, was ich mit dem "Schönschreiber" meine. Ich meine Leute damit, die egal, ob vom Alkohol, oder von Tabletten, oder von ner anderen Giftsorte abhänig sind, dann 3 oder 4 tage nichts getrunken, nichts gespritzt, oder geschluckt haben, und für die die Welt dann schon wieder, obwohl sie sonst, gegen Ihre eigenen Probleme wie Unsicherheit, Depresiv sein, oder weiß ich nicht was alles, noch rein garnichts unternommen haben,schon himmelhoch schwärmen, wie toll es doch ist, nichts mehr zu nehmen, oder sogar schon zu brauchen. Die den Leuten, die wirklich an sich arbeiten, ab und an auch mal wieder einen Schritt zurück gehen, oder sogar Rückfälle erleben,und hier darüber schreiben, mitteilen, wie gut sie es doch schon gepackt haben, und wie einfach im grunde genommen doch alles ist, mit dem suchtstoff aufzuhören. Ich meine da keinen bestimmten mit, nur kotzt mich es oft tierich an, wenn dann mal einer gerade in ner kaputten Phase drin steckt, und von vielem Negativem schreibt,das diese Leute Ihn dann direkt berichtigen oder bekehren wollen, ohne überhaupt erstmals bei sich zu reflektieren, wie sie denn eigentlich mit diesen angesprochenen Ängsten umgehen. Ich will hier keinen anmaßen, das er nicht die Wahrheit schreibt, nur glaube ich, das einige es einfach ein bischen zu Rosa sehen, und das Schwarze damit etwas überdeckt haben. Ich hoffe, diese Erklärung reicht Euch für´s erste, denn ich habe heute selber wieder so einen Tag, wo ich meine Beziehung an die Wand klatschen könnte, wo ich "sinngemäß" vom Kölner Dom springen könnte, wo alles einfach ziemlich dunkel ist, und ich mit meiner Traurigkeit einfach nicht umgehen kann. Deshalb möchte ich es auch nun dabei belassen.... Gruß und gute Nacht Kallekill[f1][ Editiert am: 16-09-2003 0:42 ][/f]
mir fiele jetzt im Moment wirklich niemand hier ein, auf den Deine Beschreibung passen könnte. Weder versuchen Menschen, die gerade drei Tage trocken sind, andere zu bekehren, - im Gegenteil, sie beißen, quälen und kämpfen sich durch die Entzugserscheinungen - noch geht es hier ums Rosarot. Wenn ich persönlich von mir schreibe, daß es mir im Moment gut geht - dann stehe ich da auch voll hinter. Wer hier schon länger mitliest, weiß, daß ich in diesem ersten Jahr der Trockenheit schon mehrere Phasen durch habe - auch schlimme. Meine momentane Einstellung habe ich harter Arbeit an mir selbst zu verdanken - es ist mir nichts zugeflogen - leider. Und es gibt keine Gewähr dafür, daß alles so bleibt. Und die Leute, die jetzt gerade ein paar Tage trocken sind - die vollbringen eine Super-Leistung, einen Kraftakt - und das sollte man mit Anerkennung und Mutmachen belohnen. Jeder von uns weiß, durch was für eine Hölle man gehen muß gerade in der ersten Zeit. Und ich habe vor einem Menschen, der sich gerade durch seine ersten trockenen Tage kämpft genausoviel Respekt vor seiner Leistung wie vor jemanden, der seit zehn Jahren trocken ist. Denn jeder einzelne trockene Tag zählt. Und auch zehn Jahre fangen immer mit dem ersten Tag an. Ich finde es ziemlich arrogant, zu sagen, daß jemand, der gerade am Anfang steht - noch gar nicht mitreden kann. Denn wesentlich ist doch eines: Der Wille, nicht mehr trinken zu wollen. Und dieser Wille bestimmt einen Tag auf den anderen immer wieder aufs Neue unseren Weg. Ob am ersten Tag oder am 579. Tag. Wir sind alle gleich!!!