vor kurzer Zeit hatte ich mit einer leitenden Ärztin einer Suchtklinik eine Diskussion über die Notwendigkeit einer Entgiftungsvollmacht im Falle eines Rückfalles in den Alkoholkonsum.
Ergebnis: Beide (die Ärztin und ich) waren von der Notwendigkeit überzeugt.
Aber jetzt meine Frage: Wer soll eine solche Vollmacht erhalten und wie soll der Inhalt lauten?
Ich weiß nicht ob dieses Problem schon diskutiert wurde.
Wer soll die Vollmacht unterschreiben? Der Alkoholiker in der Suchtklinik?
Da sehe ich rechtlich keine Möglichkeit. Einen Alkoholiker der einen Rückfall baut während er eine Therapie macht den kann die Suchtklinik entlassen, mehr aber nicht.
Man kann niemand zwingen eine Entgiftung nach einem Rückfall zu machen.
Wie so etwas auf freiwilliger Basis ablaufen könnte bleibt wohl Verhandlungssache.
Ich persönlich kenne nur Vollmachten in Suchtfragen, in denen etwa das Besuchsrecht, das ärztliche Auskunftsrecht an den Bevollmächtigten sowie Einwirkungsmöglichkeiten auf die Art und Weise der Behandlung geregelt sind. Nur so lässt sich wirksam verhindern, dass du im Extremfall wehrlos Ärzten oder auch deiner Familie ausgeliefert bist. Davon getrennt kann es empfehlenswert sein, eine Generalvollmacht auszustellen, in der du jemanden mit der Wahrnehmung deiner geschäftlichen Interessen beauftragst. Diese Vollmacht kann befristet werden.
ich meine damit eine Vollmacht, die ein bevollmächtigtes Gruppenkollegen oder Familienmitglied ermächtigt mich eventuell gegen meinen eigenen Willen in eine Entgiftungsstation eingeliefert zu lassen im Falle eines Rückfalles.
bleibt doch die Frage was eine erzwungene Entgiftung bringen soll? Ohne Krankheitseinsicht (denn dann braut es ja keine erzwungene Vollmacht)geht der Alkoholiker nach der Krankenhausentlassung in die nächste Kneipe.
Ausserdem wer wird eine erzwungene Vollmacht anerkennen? Der so Gezwungene kann gegen den der ihn zwangsweise einliefern lässt ohne das Gefahr für Andere bestanden hat Anzeige erstatten, denn das ist Freiheitsberaubung.
Erfahrungsgemäss bringen weder erzwungene Entgiftungen noch Therapien die unter Druck gemacht werden etwas.
Es kann doch wohl nicht sein dass ohne richterliche Vverfügung Andere über das leben eines Alkoholikers bestimmen.
ZitatGepostet von Becker ich meine damit eine Vollmacht, die ein bevollmächtigtes Gruppenkollegen oder Familienmitglied ermächtigt mich eventuell gegen meinen eigenen Willen in eine Entgiftungsstation eingeliefert zu lassen im Falle eines Rückfalles.
Hallo Hans ,
da kann ich Gast Margot nur zustimmen. So etwas gibt rechtliche Probleme, denn zur "Zwangseinlieferung" benötigt man einen richterlichen Beschluss. Und auch meiner Meinung nach bringt so eine Zwangsentgiftung auf die Dauer wohl gar nichts.
Besser wäre es doch, du würdest deine Energie dafür aufbringen, erst gar nicht in diese Situation zu kommen .
Hallo Hans, hier noch ein paar statistische Daten nachgereicht.
Lt. Statistik des Suchtberichtes werden 60 bis 80% der Alkoholiker die eine Entgiftung/Therapie gemacht haben rückfällig. Was natürlich nichts darüber aussagt wiefiel es nach einem oder mehreren Rückfällen schaffen wieder trocken zu werden.
Ein Mitposter in einem anderen Forum hat mich darüber aufgeklärt dass weniger als 10% der Alkoholiker ein leben lang absinent bleiben.
Dazu kommen in der BRD noch 11 Millionen Menschen die Alkohol missbrauchen, ohne die Dunkelziffer zu berücksichtigen.
Wenn Du mal unter diesem Gesichtspunkt Dein Verlangen nach einer Vollmacht für eine Zwangsentgiftung betrachtest könnte es sein dass Du eine andere Sichtweise gewinnst.
Es wird und bleibt nur der Alkoholiker trocken und abstinent der das selbst WILL. Es liegt also NUR an dem Alkoholiker wie er sein Leben gestaltet.
Hier in Bamberg gibt es seit Langem den Versuch mit solchen "Entgiftungsvollmachten", in die die "Vertrauten" der Betroffenen sozusagen ermächtigt werden, den Betroffenen im Fallle eines Rückfalles in die Klinik zu bringen, ob er will oder nicht.
Das Ergebnis dieses Versuchs, der z. Zt. noch andauert ist ernüchternd: 1. Die "Vertrauten" fallen meist mit dem Betroffenen in alte Verhaltensmuster zurück und bringen den Rückfälligen´nur in den seltendsten Fällen wirklich in die Klinik. 2. Ganz klar: So eine Vereinbarung ist ansich schon ohne Wert, wenn man berücksichtigt, dass és eh in der Entscheidung des Betroffenen liegt, ob er (wieder) trinken will oder nicht. Und aus eigener Gruppenerfahrung weiß ich, dass es viele über Monate geschafft haben, den Rückfall über Monate zu vertuschen. 3. Betroffene, die wirklich das Ziel "Abstinenz" vor Augen haben, werden im Falle eines Rückfalles so eine Vereinbarung gar nicht nötig haben. Sie gehen nach einer "Testphase" von selber wieder zur Entgiftung.
Darüber hinaus bitte ich einfach einmal über folgenden Gedanken nachzudenken: Ein Rückfall ist für die (meisten) Betroffenen schon schlimm genug. Eine Rückfallvereinbarung würde für den Betroffenen nicht nur bedeuten, dass er (zumindest gefühlsmäßig) versagt hat und sich daher schämt - ein Rückfall würde zudem noch "Vertragsbruch" bedeuten!
Das klingt jetzt zwar ein wenig albern, ist es aber nicht, wenn man bedenkt, in welche Position innerhalb eines Familiensystems sich ein Rückfälliger bringt. Angehörige haben mit diesem Vertrag eine gewaltige Waffe in der Hand, um ihre Vorwürfe laut zu machen.....
Darüber hinaus sollte man auch noch bedenken: Auch Angehörige haben in einem Sucht-System ihre Verantwortung! Wer diese Verantwortung in die Hände eines Vertrages abgibt, tut weder sich noch dem Betroffenen etwas Gutes. Viel besser wäre doch, an der gemeinsamen Kommunikation zu arbeiten. Mit einander zu reden und Befindlichkeiten auszutauschen. Das Gegenteil ist doch oft der Fall: In vielen Angehörigenseminaren die ich gemacht habe hörte ich immer wieder: "ICH habe doch nicht getrunken!" Aber das Sucht-System haben sie doch über Jahre mit aufrecht erhalten. Nach der Therapie oder Entgiftung sollten im Idealfall alle Betroffenen in diesem System zusammen arbeiten, um eine Basis für ein Vertrauen zu schaffen, das letzendlich solche Verträge oder Vereinbarungen unnötig machen würde.
ich gebe dir voll und ganz Recht, dass eine Entgiftung unter Zwang langfristig wohl in den seltensten Fällen zu einer dauerhaften und zufriedenen Abstinenz führt.
Auch aus rechtlicher Sicht ist diese "Entgiftungsvollmacht" völlig unsinnig, das sie, wie jede andere Vollmacht auch, vom Vollmachtgeber jederzeit widerrufen werden kann, d.h. der Rückfällige kann, sobald er wieder halbwegs nüchtern ist, die Entgiftungsstation wieder verlassen. Ein Weiterbehandlung gegen seinen Willen ist dann nur durch eine richterliche Verfügung möglich, für die aber in den seltensten Fällen die Voraussetzungen (akute Gefahr für sich selbst oder andere) vorliegen werden.
Im übrigen sehe ich es genauso wie du: Alkoholismus ist eine Familienkrankheit, da das Verhalten des Alkoholikers ja sämtliche Lebensumstände der Angehörigen "mitbetrifft" und beeinflusst, was sich ja häufig in Co-abhängigkeit äußert. dem Angehörigen nun durch die Vollmacht in die Rolle des "Aufpassers" zu drängen, heißt für mich, nicht nur den Abhängigen in seiner Sucht, sondern auch den Angehörigen in seiner Coabhängigkeit zu bestärken.
Ums mal ein bischen zynisch auszudrücken: das klingt für mich ein bischen so, als würde der Blinde den Lahmen führen.
solche "Entgiftungsvollmachten" (oder wie immer man so etwas nennen will) halte ich für ausgemachten Schwachsinn.
Der Alkoholkranke unterschreibt damit - sei es nüchtern oder betrunken - freiwillig seine eigene Entmündigung.
Und sollte es wirklich aufgrund dieser "Vollmacht" zu einer Einlieferung kommen, dann kann der Auftraggeber seine Vollmacht im nüchternen Zustand jederzeit widerrufen und für null und nichtig erklären.
Was soll also der ganze Unsinn. Hier hat anscheinend ein Vollbürokrat der Stadt Bamberg einen "Anfall" gehabt.
hallo Wolfram, ganz richtig!! keine Entmündigung!!!! Solange wir können, können wir auch wollen, und seit unserer "Mündigung weil trocken" schreiten wir, na aber!! Und wenn das andere nachmachen wollen, dann sollen sie sich hier im Bord tummeln. Nichts gegen die besorgten Verwandten, aber die könnenn unglaublich viel Schaden anrichten. Und sind noch stolz darauf. Meinen eigenen diesbezüglichen Onkel könnte ich heute noch in die Hölle schicken. Oder ins Meer der ewigen "Ent"innerung werfen, mit schwerem Alkohol drinnen (den gibt es zwar chemisch gar nicht, aber würde ich für den glatt erfinden), worin er absaufen sollte. Na das woll'n wir doch erst mal sehen!! Max
(Kleiner Gag noch, ich sah gestern eine scheuslich platte Sendung über Alk im MDR (Entschuldigung natürlich im MDR eine Sendung über Alk), da kam auch vor:"man muss die Feste feiern wie sie fallen". na toll. Da fiel mir sponatn die Bemerkung von Ingrid Steeger ein, in Klimbim vore 30 ? Jahren: "Man muss die Gäste feuern wenn sie lallen". Passt hier überhaupt nicht her, aber ist vielleicht ein emotional positives Gegengewicht)
ich muß dir da etwas widersprechen. Eine "Engiftungsvollmacht" hat mit bürokratie überhaupt nichts zu tun.
Es handelt sich dabei um eine privatschriftliche Urkunde, die für den Fall, daß eine bestimmte Bedingung (hier Rückfall!) eintritt, Regelungen enthält. Wie weit eine solche Vollmacht geht , bestimmt alleine der Vollmachtgeber, der Vollmachtnehmer ist an etwaige Regelungen und Einschränkungen gebunden.
Das ganze hat auch mit "Entmündigung" nichts zu tun, sondern ist eher wie ein "Patiententeestament" oder eine Vorsorgevollmacht" für den Kranheitsfall (bei anderen Krankheiten oder Gebrechlichkeit etc.) zu sehen.
Hinsichtlich der "Sinnhaftigkeit" und Wirksamkeit einer solchn "Entgiftungsvollmacht" hast du aber voll und ganz recht!
dann sind wir ja in Hinsicht auf den Sinn einer solchen "Entgiftungsvollmacht" vollkommen einer Meinung.
Da jedoch der Vollmachtgeber mit seiner Unterschrift unter ein derartiges Dokument (dessen Inhalt auch gegen seinen Willen zwangsweise durchgesetzt werden kann) einen juristisch relevanten Vertrag eingeht, spielt meines Erachtens die Bürokratie doch eine ganz entscheidende Rolle.
Das sollte jedoch keinesfalls ein Streitpunkt sein, denn in der Sache sind wir uns ja einig.
hallo, du kannst dir über das gesundheitsamt infos holen. es gibt die möglichkeit, dass du für dich selbst bestimmst, dass du eine amtliche betreuung in gesundheitsfragen bekommst. grundsätzlich finde ich so eine überlegung keine schlechte idee, eine bekannte hatte das auch mal gemacht, nicht wg. alk, sondern weil sie manisch-depressiv ist. ein wenig komisch finde ich, dass deine ärztin dir da keine tipps geben konnte
Hallo, ich finde die Idee mit der Entgiftungsvollmacht bei Rückfall nicht schwachsinnig. Ich bin das erste Mal im Chat und skizziere daher kurz meine/unsere Situation. Mein Mann ist vor 9 Jahren - nach langer Karriere als Spiegeltrinker - zusammengebrochen und hat nur überlebt,weil ich damals die Chance hatte, noch kurz vor 12 den Notarzt zu rufen, als er akuten und sehr starken Blutverlust hatte. Danach folgten 5 Wochen Koma, Multiorganversagen, Platzbauch. Dass er es geschafft hat, war auch für die Ärzte ein Wunder. Danach war er jahrelang trocken. Seit einigen Monaten habe ich die bekannten Anzeichen gesehen. Gespräche waren nicht möglich, die ganze Pallette (Streit, Tränen, sachliche Gesprächsvesuche, Drohungen) und alles, was mir sonst noch einfällt, waren/sind wie erwartet ergebnislos. Vor zwei Wochen hat er von sich aus das Gespräch mit mir gesucht und messerscharf erklärt wo er steht. Er trinkt wieder akut, hat wieder Blut im Stuhl, die Nieren arbeiten nicht richtig (seine Aussagen). Er erklärte auch, zum Arzt zu gehen, tut es aber nicht. Seit zwei Tagen liegt er mir Durchfall im Bett und verweigert einen Arzt. Die Situation aus meiner Sicht: - ich muss warten, bis er nicht mehr selbst handeln kann und "darf" dann den Notarzt rufen (muss aber davon ausgehen, dass es dann zu spät sein wird) - rufe den Notarzt gegen seinen Willen und er schickt in wieder weg.