nee, da hast Du mich falsch verstanden. "andere Wege zum trockenwerden" sind nicht so sehr mein Thema. Ich bin nur auf die Diskussion im BerndThread gestoßen, in der "Sinn" von seiner Sport attacke schwärmte. und da gab es ein paar interessante Nebenaspekte.
Ist es wirklich notwendig, lange Therapien zu machen? gibt es da vielleicht Dinge die lange beredet werden, mit der eigentlichen Trockenwerdung dann aber wenig zu tun haben? Die lange Therapiezeit bedeutet ja auch in der Lebensplanung einen ganz gewaltigen Einschnitt, so mal eben drei Monate aus dem Job zu sein oder auch nur vom arbeitsmarkt weg ist schon ziemlich drastisch. Man kommt ja auch mal wieder.
Werden die Alkoholiker da nicht in eine schiene geworfen, die gar nicht unbedingt bei allen angebracht ist. Denn meine Erfahrung ist schon, dass man aus dem Entzug schoin in die LZT gedrängt wird.
Macht therapie nicht erst später sinn, wenn die Entwöhnung nachhaltig abgeschlossen ist, ich spreche da von mindestens einem halben Jahr?
Und: prägt diese Art der Suchtbekämpfung nicht auch Schneisen für spätere Vorurteile oder hartnäckige Meinungen; in etwa: wer das nicht so macht, der muss schon viel Glück haben...
Meine Erfahrung ist schon, dass das Aufhören gar nicht so schwer ist, wenn man es nur einfach will. gerade im niederschwelligen Missbrauchsbereich liegt die Hürde aber sehr hoch um über einen rechtzeitigen ausstieg nachzudenken.
Es sind schon sehr viele Gedanken, die ich dazu habe, vielleicht geht es euch ja genauso. Merryl
Ich stelle mir das so vor ( da ich keine gemacht habe), das in einer Therapie versucht wird, der Knoten des eigenen Verhaltens zum Platzen zu bringen. Das man bei nicht gewollten/gewünschten Gefühlen wie Ärger, Frust, Enttäuschung, Angst nicht die sofortige Lösung im Trinken sucht. Das ist glaube ich etwas, was sich bei uns Alkoholabhängigen eben manifestiert hat, und wir nicht gelernt haben, mit Problemen real oder anders umzugehen. Das ist etwas prägendes. Und sicherlich haben wir auch eine niedrigere Toleranzschwelle was negative Gefühle angeht. Ungewünschte Gefühle = wegtrinken Es ist der Weg, eben nicht mehr den "einfachen" Weg zu gehen, weil eben das der Weg in die Sucht ist. Es ist eine Änderung des Denkens und Verhaltens. Und ich denke, genau das habe ich getan, und ohne Therapie. Es waren die Einsichten. Ich denke das ist das grundlegende - mit oder ohne Therapie. Es war auch die Einsicht, das ich mich mit meiner Trinkerei nur selbst verletze und mir ständig meine Würde mit Füßen trete, der Alkohol mich zu einem Menschen macht, der ich nicht bin.
ZitatWieviel Sinn macht Therapie? Ist eine Rückfallquote von 50 % ein gutes Ergebnis?
....muss ich sagen NEIN!!
Hättest Du die Frage so fomuliert: Ist es, wenn 50% aller therapierten Patienten auf längere Zeit(oder für immer)ein trockenes und zufriedenes Leben führen ein gutes Ergebnis? ...dann würde ich mit JA! antworten. Schon wenn es 20% schaffen ist es ein Erfolg!! Ja und zu Herrn Knörkel..hm...vergiss es einfach!
warum soll ich das mit Herrn Knörkel denn "einfach vergessen?". Ist es nicht tatsächlich eine gute Idee, die Betreung von trocken werdenen Alkoholikern im Regelfall in ambulaten und von Selbshilfegruppen betreuten Systemen zu organisisren. also weg von Normalfall LZT? Hin zu einem flexibleren System mit niedrigerer Eingangschwelle? Würde das nicht tatsächlich einigen Alkoholkiern den totalen Absturz ersparen? Und würde es der gesellschaftlichen Diskussion über Alkoholismus nicht helfen, wenn man die Behandlung der Krankheit aus den Sonderwelten der Therapie-Kliniken in die "normale" Umwelt zurückbekommt? Wieviele Hausäzte haben bis heute keine Ahnung vom Alkoholismus, weil sie -so wie weite Teile der Bevölkerung- denken, Alkoholismus ist erst, wenn der Patient absolut zusammengerasselt und nicht mehr alleine klarkommend in der Praxis sitzt (und dann in der Tat eine LZT rechtfertigt)? Merryl
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20.11.2003 13:13
#22 RE: Sinn oder Unsinn? Andere Wege zum trockenwerden?
hallo :-) ich finde das thema schwer okay. mir ist in diesem zusammenhang aufgefallen, dass erstaunlich viele menschen, die ich in shg kennengelernt habe, ohne thera abgekickt haben/trocken geworden sind. ich denk', dass viele keinen bock auf diese eingefahrenen strukturen haben (entgiftung und anschließend thera). dennoch find ich lzt für gerechtfertigt/angebracht, eben für die, bei denen ambulante/teilstationäre modelle nicht funtzen. bin der meinung, dass eben die hilfsangebote breit gefächert sein sollten damit jede/r sein/ihr ding finden kann, um aus der scheiße rauszufinden.
tom
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20.11.2003 13:22
#23 RE: Sinn oder Unsinn? Andere Wege zum trockenwerden?
Hm..vergessen brauchst Ihn nicht gleich, aber wer schon mal was von Knörkel gehört hat, wird sicher wissen, dass er ein Verfechter des KTist. Ich bin der Meinung der Herr Professor will sich auf Kosten alkoholkranker Menschen nur profilieren. Wer von uns hat schon einen Alki getroffen, der (wieder)kontrolliert trinken kann? Ich persönlich habe keine Lust als Versuchskaninchen herzuhalten und werde den Herrn auch nicht weiterempfehlen. Aber überzeug Dich selbst von dem Märchen, auf das leider noch zuviele von uns hereinfallen und wieder jämmerlich abstürzen.
ich möchte doch nochmal Beas Gedanken unterstreichen. Sinn macht in meinen Augen eine LZT dann, wenn dieser Findungsprozess unterstützt wird. In meinem Falle war es so, dass ich zuhause bzw. in meiner Umgebung an der FH viel zu sehr in meinenm Hamsterrad aus Alkohol, Prüfungen und Arbeit festgesessen habe, um auch nur einen vernünftigen Gedanken zusammenzubringen. Da war diese Zwangspause eben genau die richtige Therapie. Ob das nun für jeden das richtige ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Was mich aber wirklich stört, ist Herr Professor Körkel ! Seinem Unsinn zu folgen, nennt sich russisches Roulette, und ganz nebenbei zockt er auch noch seine Gläubigen ab. In meiner Therapiegruppe waren zwei, die sein System ausprobiert haben. Die möchten Ihm gernen mal im Dunkeln begegnen. Das erschreckende an seiner Theorie ist, dass, wenns nicht klappt mit dem kontrollierten Trinken, einfach gesagt wird, dass die/der Betroffene eben für diese Methode ungeeignet seien und damit eben selbst schuld sind.
ich finde es immer schade, dass Herr Knörkel so grundlegend verdammt wird. Das allererste, was man auf den Seiten im Netz und auch in seinen Publikationen liest ist: Dieses Angebot richtet sich nicht an Alkoholiker (!!!). Ich persönlich halte auch gar nichts vom kontrollierten trinken, weil wenn man richtige Alkoholprobleme hat, bedeutet es im besten Fall, dass man sich sein restliches Leben damit beschäftigt, Trinkmengen einzuhalten, was einem dann doch nicht gelingt. Trinkstrategien sind ja bekanntermaßen eine der vielen sicheren Indikatoren für Suchtgefährdung und Kontrollverlust bedeuted ja den Verlust der Kontrolle und nicht die mangelnde Disziplin. Wer Kontrollverlust kennt (so wie ich) der wird mit Sicherheit nicht mehr glauben: oh, da habe ich mir aber keine richtige Mühe gegeben, sondern irgendwann wissen, dass es nur einen Weg gibt und der ist die Abstinenz.
Dennoch: Der überwachte Versuch von Menschen, die kontrolliert trinken wollen und es nicht schaffen, kann einen früheren Ausstieg bewirken. Andersrum wird natürlich kein Schuh draus: Alkoholiker können nun mal nicht zurück (und wollen auch gar nicht, um das mal deutlich zu sagen).
Knörkel hat aber über das KT hinaus auch ein sehr gutes Buch zu Sucht und Therapie geschrieben, welches ich empfehle (KT spielt nur einen kleinen Nebenpart, wieder mit dem deutlichen Hinweis: achtung: nichts für Alkoholiker).
Und das Einfordern von flexibleren Therapie-Angeboten mit dem regelfall ambulante Therapie nach Bedarf halte ich für zumindest Diskussionswürdig.
Ich hab schon einige Diskussionen zwischen Alkoholikern über Körkel verfolgt. Und ich stelle immer wieder fest, daß trockene Alkis anscheinend fürchterlich Angst haben, überhaupt über Alternativen nachzudenken, selbst wenn von ihnen keiner verlangt, daß sie das ausprobieren sollen. Niemand ist bereit darüber nachzudenken, daß es möglicherweise auch noch neue Wege in die Trockenheit zu entdecken gibt.
Aber wir wollen doch mal ehrlich sein...so wie die Hilfeindustrie heute abläuft, ist sie ja auch nicht grade so daß man nix mehr dran verbessern könnte.
Soweit ich Körkel verstanden habe, behauptet er nirgends, daß ein trockener Alkohliker versuchen sollte, kontrolliert zu trinken. Alles was er sagt, ist doch, daß man Leuten, die noch nicht zur Abstinenz bereit sind, ein Angebot macht, auf das sie sich überhaupt einlassen können.
Wer kennt denn das nicht, daß man sich erst möglichst spät Hilfe holt, weil der Preis dieser Hilfe, nämlich völlige Abstinenz, ja doch erst mal sehr hoch ist? Ich kann mir leicht vorstellen, daß sich einige schon viel früher Hilfe holen, wenn das nicht so schwarz-weiß gehandhabt wird.
Warum soll nicht jemand ein Angebot erhalten, der von sich sagt: ich trinke zwar zu viel, aber ganz aufhören will ich nicht..in diesem Bereich klafft doch tatsächlich ein Lücke im Hilfesystem. Die allermeisten von uns haben aber lange Zeit versucht, genau das zu tun - und zwar im Alleingang. Ich glaub, es spielt ein Haufen Scham und Neid dabei mit, daß andere mit fachlicher Unterstützung schaffen könnten, was wir alleine nicht geschafft haben.
Sind wir doch mal ehrlich, ist doch ein Witz Dieses Angebot richtet sich nicht an Alkoholiker (!!!). als Warnung auf die Website oder in ein Buch zu schreiben. Welche Klientel will Herr Knörkel denn erreichen? Ich denke, dass es dem Herrn Professor der eigenen Absicherung dient.
Ich kann, wenn ich hier schreibe immer von zwei Warten aus schreiben. Die Erste wäre: Wie hätte ich als nasser Alki gehandelt und gedacht, soweit ich mich gedanklich zurückversetzen und es rekonstruieren kann??
Die Zweite ist :Wie ist meine heutige Sicht und mein Wissen als als trockener Alki zu den jeweiligen Problemen? Und ich weiß zwar , dass es für viele Betroffene „Oberlehrerhaft“ hart und verletzend rüberkommt aber ein Zwischending gibt’s nun mal nicht. So nun doch zum Thema Warum haben wir getrunken?(oder trinken noch)?...wohl wegen der Wirkung des Alk’s? Nun kann ich mir nicht vorstellen wenn ich unter „Überwachung und Kontrolle“ geringere Mengen trinke, wo da die Wirkung bleibt? Als für mich feststand: “Ich muss und will aufhören sonst verrecke ich jämmerlich!“…..und mein Hausarzt hätte mir statt Entgiftung den „Knörkelschen Weg“ empfohlen oder auch einen Ausstieg mit ambulanter Therapie hätte ich zugegriffen….ohne Diskussion darüber!! Und ich bin mir fast sicher, Angebote dieser Art werden zu mindestens 50% von Alkis angenommen. Ich muss da Holger Recht geben es ist „Russisch Roulette“ und das schlimme in meinen Augen ist, dass es Alkis überhaupt probieren dürfen wo doch vorher das Ergebnis schon feststeht. Ich kann sehr wohl die Knörkelsche Medhode ablehnen, denn die Trinkmengen zu reduzieren hab ich schon versucht bevor ich zur Erkenntnis kam …ich bin abhängig vom Stoff. Was die ambulante Therapie angeht kann ich wiederum nicht mitreden, denn ich hab keine gemacht. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es in den ersten Wochen unter einer „Käseglocke“(stationäre Therapie) leichter ist mit dem Problem Sucht fertig zu werden als wenn ich gegen 16.00Uhr die ambulante Therapie verlasse und auf dem Nachhauseweg schon wieder mit Dingen konfrontiert werde die eigentlich bis dato mein Lebensinhalt waren? Sind nur so meine Gedanken. Ich kann für mich sagen: So wie es gelaufen ist war es optimal!!! Ja und warum sollte ICH andere Therapieformen einfordern Merryl? Warum sollte ICH über Alternativen nachdenken Rolf? Das müssen diejenigen machen bei denen eine stationäre Therapie nicht geklappt hat….finde ich jedenfalls. Denn immer nur derjenige selbst kann doch sagen was schlecht und was gut war! Ich denke mir auch bei jedem greift die jeweilige Therapieform anders und in erster Linie hängt es vom Betroffenem ab inwieweit er bereit ist sich Hilfe einzufordern und ganz hart an sich zu arbeiten um trocken zu werden und zu bleiben. Was nützt mir die beste Thera wenn ich selbst ein Arschloch bin?
ich will Dir überhaupt nichts von Deinem Erfolg schmälern. Ich gönns Dir, wenns gut für Dich war.
Wir sind auf zwei sehr unterschiedlichen Wegen hierher gekommen, und offensichtlich war jeder dieser Wege für einen von uns der richtige.
Es mir doch egal, wer von uns beiden recht hat. Das einzige dem ich nicht stattgebe ist der Versuch, das Nachdenken darüber im Keim zu unterbinden. Das tu ich, indem ich drauf antworte. Selbst wenns für Dich gefährlich gewesen wäre - für jemand anderen kann es das richtige sein.
Mit Deiner Argumentation kann ich durchaus über Körkel nachdenken, denn ich bin aus dem kontrollierten Trinken ohne Therapie in die Trockenheit übergegangen. Selbst wenn ich mir an meinen nassen Tagen die Kante gegeben hab, war ich ja doch drei Tage in der Woche nüchtern - und das ist für mich kontrolliert. Von daher hab ich ja geschafft, was du als Vorraussetzung nennst...ich hab sogar den Spagat geschafft, kontrolliert unkontrolliert zu trinken. Es geht hier nicht um meinen Stolz, sondern um die Beschreibung daß so etwas möglich ist.
Logisch, daß ich der Meinung bin, daß man aus dem kontrollierten Trinken heraus ziemlich leicht ganz nüchtern werden kann. Genau wie Du kann ich hier meine Meinung sagen, und kein anderer muß dieser Meinung zustimmen...*LOL*
Es ist ja auch OK, wenn wir uns auf das zurückziehen, was jeder von uns selbst erlebt hat. Nur, warum geben wir dann überhaupt unserem Drang nach, das Verhalten von anderen zu kommentieren? Es ist doch immer Theorie für uns, wie jemand anderes trocken wird. Für mich selber hoff ich ja schwer, daß mir das nicht mehr bevorsteht - also ist es auch für mich selbst Theorie.
Ich wünsch Dir einen schönen Tag
der minitiger
[f1][ Editiert von minitiger am: 21.11.2003 8:23 ][/f]