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Saufnix  
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Dieses Thema hat 28 Antworten
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 Deine eigene Alkoholkarriere
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Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

08.02.2004 01:01
RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo ihr Lieben,

ich muß noch mal was los werden, aus meiner nassen Zeit.

Ich hatte ja die Angewohnheit meine Herrn Napoleon und Smirnoff mit den Zutaten Cola und O-Saft zu mixen, d.h. es war mehr Alk drin, als was anderes. Jedenfalls trank ich das auch "offen heimlich", wenn ich abends mit meinem Mann in der Küche saß und wir Karten spielten. Die alkoholfreien Getränke standen auf dem Tisch und die anderen Flaschen hatte ich in einem Schrank der neben mir stand, unter den Geschirrhandtüchern. Dies war "sicher", weil ausser "Muttern" keiner Geschirrhandtücher unbedingt benötigte.

Was mich aber absolut zur Weissglut brachte, war die Tatsache, dass mein Mann gelegentlich den Einfall hatte, wenn ich die Küche mal verlies, in mein halb leeres Glas (meistens o,3 l) einen ordentlichen Schuß Essig oder Zitronesaft hineinzugeben. Wenn mein Alk-Vorrat noch ausreichend war, habe ich das Glas wutentbrannt in die Spüle gegossen, meinem Mann dabei ein paar nette "Koseworte" an den Kopf geschmissen und darauf gewartet, dass er mal die Küche verlies, damit ich schnell wieder meine Mischung "ansetzen" konnte. Dabei war ich immer im Glauben, er würde das nicht merken. Wie blöd.

Kritisch wurde die Situation, wenn mein Alkvorrat genau abgestimmt war und es keine Möglichkeit für Nachschub gab; dann konnte ich dieses "Essiggebräu" nicht weggießen und habe es mit zusammengekniffenen Pobacken getrunken (sonst hätt`s mir das Hemd hinten rein gezogen)
und so getan, als wenn ich die verpanschte Mischung nicht bemerken würde. Meinem Mann war das absolut unverständlich und er meinte, dass bei mir sämtliche Geschmacksknospen auf der Zunge abgestorben sein müßten. Aber ich grinste und meinte nur: ich merk nix.

Spätestens in solchen Situationen hätte mir klar werden müssen, dass ich ein großes Problem habe und dass nicht ich, sondern der Alkohol mich völlig in er Hand hatte.

Dieses "verpanschen" war der hilflose Versuch meines Mannes mir den Alkohol zu vermiesen. Er kann sich bis heute einfach nicht vorstellen, wie es ist, von einer solchen Sucht beherrscht zu werden und das ist das Unverständnis der "kontrollierten Trinker" oder Antialkoholiker und trägt dazu bei, dass die Alkoholiker (ob trocken oder nass) einen "schweren Stand" bei der Bevölkerung haben.


Liebe Grüße

Laila


Biene2 Offline




Beiträge: 4.231

08.02.2004 09:53
#2 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo Laila,

auch ich hatte schwer zu kämpfen,bis mein Mann begriffen hatte,das es keine "Charakterschwäche" war.
Das hatte er bis zum Sommer letzten Jahres immer noch geglaubt und ich musste ihm lang und breit erklären,was da eigentlich abläuft.
Er war immer noch der Meinung,ich könne mir das "Saufen" abgewöhnen und irgendwann normal trinken.
Mittlerweile har er es begriffen und passt sogar auf,dass wir nicht aus Versehen Alkschokolade knabbern oder kaufen.

Auch mein Mann hatte Flaschen ausgekippt und stand entgeistert dabei,wenn ich dann noch zur Tanke wollte und musste.
Komisch,bei unseren gemeinsamen Zigaretten war er weitaus toleranter....


NoAlktoday Offline




Beiträge: 654

08.02.2004 13:08
#3 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo Laila und Roswitha

Interessant ist das schon, Lailas Bericht zu lesen, auch mir erging es ähnlich.

Schrankkontrolle, Kontrolle, was im Glas oder in der Tasse war, Wegschütten der Vorräte und Kontrolle, was man / Frau eingekauft hatte. Ich wurde ständig beobachtet und auch vor den Kindern fanden Durchsuchungen statt.
Das war schon recht peinlich.
Nach dem Wegschütten gab es Probleme, etwas Neues zu besorgen, und die nächste Tanke war nicht weit; ich habe dann sogar meine Flasche im Garten versteckt, um sie später zu holen, wenn alle schliefen, aber auch dann lag man manchmal auf der Lauer.

Auch bei mir hat das letzte klärende Gespräch für etwas mehr Verständnis gesorgt.

Inzwischen lehne ich alles ab und Männe war dann mit mir sauer, dass ich z.B. Sylvester nicht mit Sekt anstieß.
Auf einer anderen Veranstaltung war es Schwiemu. Ich ließ den Schnaps stehen und meinte nur: Ich trinke nicht.
Sie: "Denn tu doch wenigstens so, stoße mit uns an."
Ich habe es nicht getan, ist mir doch beigebracht worden, dass man nur mit Alkohol anstößt.

Aber das mit dem "Gesöff" verpanschen etc. kenne ich auch sehr gut, war schon sehr deprimierend, dass man so tief sinken konnte.
Bei mir wars denn aber kein Essig - es war Spülmittel. Und das habe ich denn doch lieber nicht getrunken.

Jutta


Ameise Offline




Beiträge: 1.110

08.02.2004 14:31
#4 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hi Jutta,

das ist natürlich der Hammer.
Erst wird gemeckert, weil Du trinkst, dann wird gemeckert, weil Du nicht mehr trinkst.
Das finde ich schon ganz schön unverschämt.
Ich selbst habe das auch in der Form erlebt.
Man soll zwar nicht mehr täglich trinken -
aber bitteschön immer noch so, daß man
gesellschaftlich nicht aus dem Rahmen fällt.
Da frage ich mich manchmal wirklich, wer eigentlich die Kranken sind.
Der einzige in meiner Familie, der mich ohne Worte versteht, ist mein Onkel - selbst Alkoholiker und noch am Trinken.
Der hatte schon schlimme Saufphasen, in denen sich sogar seine Kinder von ihm abgewandt hatten.
Mittlerweile trinkt er zwar noch täglich, aber er hat es tatsächlich geschafft, seinen Pegel auf Dauer runterzuschrauben.
Daß ich trank, registrierte er auch.
Als er mir letztens beim Schrankaufbau half und nach einem Bier fragte, sagte ich nur, daß es in meinem Haus keinen Alkohol mehr gibt.
Er hat mich nur angesehen und wissend genickt.
War voll akzeptiert. Während mein Vater noch der Meinung war, ich hätte ja mal ein paar Bier besorgen können, hat mein Onkel voll in meine Kerbe gehauen und gemeint, daß das so völlig ok. wäre.


@Laila: Meine Partner waren selbst ziemlich trinkfreudig - von daher hatte ich ein lockeres Leben.
Trotzdem gab es auch bei mir die heimlichen Schlucke zwischendurch, Zum Schluß hatte ich immer so kleine Piccolo-Flaschen Rotwein im Bettkasten deponiert *schäm*. - Da wir getrennte Schlafzimmer hatten, war das eine prima Lösung, zu sagen: "Och Schatz, ich bin so müde, ich geh früh ins Bett!" Jau - und dann habe ich meine Ein-Mann-Bett-Party gefeiert.
Im Nachhinein kann ich ja nur noch mit dem Kopf schütteln. Das ist ja sowas von oberpeinlich -
aber was soll's. Ich war eben so bekloppt. Hat auch gut funktioniert. Hat keiner gemerkt.
Ich kam mir unheimlich schlau vor - dabei habe ich doch im Grunde nur mich selbst beschissen.
So doof möchte ich nochmal sein !

Gruß


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

08.02.2004 15:42
#5 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo Laila,

das erste was ich dachte, als ich deinen Beitrag las, war, dass dich dein Mann sehr liebt. Welch´rührende Versuche, dich vom trinken abzuhalten!

Dieses Runterzwingen, obwohl es schrecklich schmeckt, kenne ich aber auch, aber eher daher, dass ich manchmal einen korkigen Wein erwischte und diesen dann totzdem trank, weil es die letzte Flasche war, die ich im Haus hatte. Was ich niemals gemacht habe, war betrunken Auto zu fahren, um mir Nachschub zu besogen. Was ich aber öfter gemacht habe, war meinen Mann zu "erpressen" und zu bearbeiten bis er schließlich zur Tanke fuhr und mir noch eine Flasche holte. Oder ich rief in an seiner Arbeit an, und da er eh´schon schlechtes Gewissen hatte, weil er z.B. schon wieder bis 21 Uhr im Büro war, musste ich nicht lange um den "Gefallen" bitten. Wenn ich heute daran denke, finde ich mein Verhalten ganz furchtbar und peinlich. Zum Glück, konnte ich das jetzt ändern!

Meinem Mann ist es aber auch noch nicht so richtig klar, dass ich Alkoholikerin bin, glaube ich. Er hält mich für eine "andere" Alkoholikerin. Also, nicht so wie die Anderen....Ich habe ihm schon erklärt, dass es keine "anderen" Alkoholiker gibt, sondern eher vielleicht Unterscheidungen der Stadien (Anfangs - bis Endstadium), aber Alkoholiker ist Alkoholiker. Ich glaube, er wird noch ein bißchen brauchen, bis er es wirklich versteht. Er trinkt keinen Alkohol (schmeckt ihm nicht), dehalb ist es für ihn überhaupt schwer, diese Sucht zu verstehen. Er beobachtet aber interessiert, was ich neuerdings so treibe und ist froh über diese Entwicklung.

Ich merke in letzter Zeit, dass sich ein ganz neues vorsichtiges Annähern zwischen uns entwickelt. Es ist noch ganz empfindlich und zerbrechlich, aber es ist was da. Es braucht aber Zeit. Schließlich habe ich so viele Jahre getrunken, Gefühle erstickt und abgewehrt, da muss man das Aufeinanderzugehen ganz langsam angehen.

Nach dem Motto : machen wir´s nochmal, aber mit Gefühl

Mir ist manchmal etwas mulmig, aber es ist auch spannend und sehr schön.

Liebe Grüße
Gaby


WolframK Offline



Beiträge: 383

08.02.2004 19:10
#6 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo Ameise , hallo Gabi ,

ich hatte früher (vor ca. 25 Jahren) unter dem Kopfkissen meines grossen französischen Bettes immer eine Flasche Whisky deponiert. Wenn ich dann morgens mit meiner besoffenen Birne aufgewacht bin, hatte ich sofort etwas zu naschen. Ohne dieses "erste" Frühstück hätte ich das richtieg Frühstück nie und nimmer runter bekommen.

Und anschliessend bin ich dann mit dem Auto zur Arbeit gefahren.......

Viele liebe Grüsse

Wolfram


Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

08.02.2004 22:22
#7 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo, Roswitha, Jutta, Ameise, Gaby und Wolfram,

aus Euren Postings geht hervor, wie sehr wir uns viele Jahre selbst betrogen haben und wie hilflos nicht nur wir, sondern auch die Partner oder sonstige Verwandte dem "Knebel" Alkohol ausgeliefert waren. Es ist schon unglaublich, auf welche Ideen wir kamen, um den Alk zu verstecken, obwohl man ihn gar nicht verstecken brauchte, weil das Umfeld doch wachsamer ist, als man denkt....aber auch genauso hilflos. Im nachhinein finde ich nur noch Scham für mein Verhalten, wobei mir schon klar ist, dass wir alle von einer schrecklichen Krankheit befallen sind, die man zwar nicht heilen, aber stoppen kann. Schlimm daran ist, wie lange es gedauert hat, bis jeder einzelne den endültigen Schlußstrich gezogen hat und man heute einfach nicht verstehen kann, warum man sich diese "quälenden Genüsse" angetan hat. Mir fehlen dazu einfach die Worte....

An Gaby:
Es stimmt schon, wie Du vermutet hast, dass mich mein Mann sehr liebt. Ich glaube, er hätte es sonst keine 24 Jahre mit mir ausgehalten. Überhaupt wurde mir erst in der trockenen Zeit bewußt, was dieser Mann alles auf sich genommen hat und wie einmalig, geduldig und phantasievoll die Liebeszeichen waren, die ich manchmal gar nicht richtig war genommen habe. Ich habe vor acht Jahren mal einen silbernen Pokal von ihm bekommen, mit einem Lorbeerkranz obendrauf, in den er ein Foto von mir einarbeiten lies. Auf der Vorderseite des Pokalfußes hat er "für die liebste Frau der Welt" eingravieren lassen. Dies ist nur eines von vielen,vielen Geschenken und Aufmerksamkeiten, für die es noch nicht mal einen besonderen Anlass gab. Es war einfach so spontan. Und ich Rindvieh habe vor Freude einen drauf getrunken...

Es ist schon schlimm, wenn , aus was für Gründen auch immer, ein "Dritter" in eine Beziehung eindringt, aber dass dies auch der Alkohol sein kann, der auf der Seele und den Gefühlen des Partners herumtrampelt, hätte ich nie gedacht...

Schade, dass man mit dem Wissen von heute nicht die Zeit zurückdrehen kann.... aber das Wissen reicht für eine neue Zukunft....

Ich wünsche euch Allen eine liebevolle und weitere trockene
Zeit.

Laila


Biene ( gelöscht )
Beiträge:

08.02.2004 22:53
#8 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo Ihr Lieben,

ja,dat isses wohl auch.Diese Liebe meines Mannes,mit der ich absolut nicht umgehen konnte.
Das war zu ungewohnt und suspekt und wenn ich dann meine ganz persönliche Ein-Frau-Party gefeiert habe,übrigens in unserem gemeinsamen Schlafzimmer,aus dem mein Mann vorsorglich geflüchtet war,da kam ich mir so richtig frei vor.
Als ich das bei Helena las,kam dieses Gefühl von Freiheit noch einmal so richtig hoch.
Mittlerweile habe ich mich aber von meinem Mann "getrennt",im bildlichen Sinne.
Vorher gab es eigentlich nur ein "Wir" und wenig "ich" oder "du".
Das wäre schon für einen normalen Menschen ziemlich erdrückend gewesen und erst recht für mich.
Da ich aus einer kaputten Alkoholikerfamilie komme,war ich mit dieser Art von Beziehung wohl hoffnungslos überfordert und hatte zu allem Überfluss auch nie gelernt gesunde Grenzen zu setzen.
Auch mein Mann musste erst lernen,das ein "ich" und "du" nicht bedeutet,dass man sich nicht mehr liebt.Auch Alkoholikerkind UND Aussenseiterkind in der eigenen Familie.

War schon recht verworren,unser Beziehungsmuster.
Deshalb hatte ich mir wohl auch meine Neuro u.Ä. angeschafft.Das war meine Botschaft,nach dem Motto,"rück mir nicht zu doll auf die Pelle."
Und die Ausschläge verschwanden regelmässig binnen 24Std. nach dem ersten Glas und kehrten spätestens nach zwei Monaten Abstinenz wieder.
Aber auch das hat sich mittlerweile erledigt.Weil wir gelernt haben auch mal Abstand nehmen zu dürfen.
Jetzt brauche ich auch keine Fete mehr.


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

09.02.2004 10:47
#9 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo allerseits!

Oh Wolfram, da biste doch froh, dass du die Flasche in deinem Bett los bist, wa!!!

Ja Laila, mir ist auch sehr bewußt, was man der Beziehung antut, wenn man einemm "Dritten" solche Macht einräumt. Mir war das schon mal klar, als ich schwanger war. In diesem Jahr, habe ich zu meinem Mann auch gesagt: oh Gott, wie muss das furchtbar für dich gewesen sein, dass ich fast jeden Abend benebelt auf der Couch lag... Er hat mir nicht widersprochen.

Trotzdem habe ich wieder angefangen zu Trinken nach der Geburt. Könnte man wirklich mit dem Kopf schütteln, oder? Aber ich denke, ich habe das Stück Leidensweg noch gebraucht, um zu Erkennen das es Sucht und Krankheit ist und ich es deshalb nicht mit Willensstärke sondern nur mit Einsicht besiegen kann.

Ein bißchen traurig war ich auch schon zwischendurch mal, wenn ich zurückblicke, wie lange mein Leidensweg ging. Was wäre gewesen, wenn ich das schon mit 25 erkannt hätte? Wieviel Kraft und Power hätte ich gehabt, was hätte ich wohl alles auf die Füße gestellt?! Aber es ist mir klar, dass ich eben so lange gebraucht habe - da nützt kein Wenn und Aber und ich möchte auch nicht die Zeit zurückdrehen - um keinen Preis! Ich will jetzt auf meinem Erfahrungsschatz aufbauen! Bin sehr zufrieden damit - wie schon lange nicht mehr in meinem Leben!

Roswitha, die "Trennung" von deinem Mann kann ich sehr gut verstehen! Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass ein "Gemeinsam" in möglichst vielen Dingen = Liebe bedeutet! Auch wir müssen einige Verstrickungen auseinandersortieren, die nichts mit Liebe zu tun haben, sondern eher mit Ängsten und Unsicherheiten.

Ich habe einen Mann, der oft sehr fürsorglich ist. Er "erledigt" oder "entscheidet" öfter mal Sachen für mich, ohne mich gefragt zu haben. Er will mich dann überraschen, mir Arbeit abnehmen und meint es "nur gut". Es fällt ihm schwer, zu erkennen, dass er mir in manchen Dingen einfach zusehen muss und mich machen lassen muss - auch wenn er es vielleicht besser und schneller könnte oder er mir den Weg noch so gerne erleichtern würde. Das ist zur Zeit ein Thema, bei dem ich selbst sehr für mich kämpfe, nicht in alte Gewohnheiten zu tappen. Es ist ja auch sehr bequem, wenn mein Mann mir die Steine aus dem Weg räumt, aber es hilft mir nicht wirklich - im Gegenteil!

Aber Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!

Liebe Grüße
Gaby


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

09.02.2004 13:05
#10 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Zitat

Ein bißchen traurig war ich auch schon zwischendurch mal, wenn ich zurückblicke, wie lange mein Leidensweg ging. Was wäre gewesen, wenn ich das schon mit 25 erkannt hätte? Wieviel Kraft und Power hätte ich gehabt, was hätte ich wohl alles auf die Füße gestellt?! Aber es ist mir klar, dass ich eben so lange gebraucht habe - da nützt kein Wenn und Aber und ich möchte auch nicht die Zeit zurückdrehen - um keinen Preis! Ich will jetzt auf meinem Erfahrungsschatz aufbauen! Bin sehr zufrieden damit - wie schon lange nicht mehr in meinem Leben.



Hi Gaby !

... ich bin immer wieder gerührt wenn ich lese, wie ähnlich manche Dinge doch bei uns ablaufen.
Genau so habe ich sinngemäß hier auch schon gepostet.
Mit der Frage der eigenen Sozialisation, es ist für mich heute auch irgendwie wie ein Stück erwachsen geworden zu sein, Verantwortung für sich selbst übernommen zu haben.
Wie hätte mein Leben aussehen können, hätte ich es früher geschafft dauerhaft eine Beziehung aufbauen zu können, vielleicht auch die Verantwortung für ein Kind übernehmen können ? Das waren so meine Gedanken.
Aber wie du sehe ich es auch als ein Teil von meinem Leben, das mich zu dem gemacht hat, wie ich heute bin.
Und auch das macht stark.

Es grüßt ganz herzlich die
Bea


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

09.02.2004 14:02
#11 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Liebe Bea,

ja, das macht wirklich stark!!

1. die Selbsterkenntnis und
2. die Erfahrung, dass andere Menschen es verstehen
und auch solche Erfahrungen teilen können.

Was wären wir nur ohne Internet und dieses Board hier?
Vielleicht hätte ich da nochmal 5 Jahre länger gebraucht? Die Post ist ja immer so langsam.

Übrigends, bei mir ist das so, dass ich bis heute noch kein Kind hätte, wenn nicht der "Zufall" im Spiel gewesen wäre. Ich hätte mir das nicht zugetraut. Habe immer gedacht, ich hätte vielleicht mal gerne...irgendwann...

Gerade dieses Wochenende habe ich mich mit meinem Mann darüber unterhalten, weil uns unser Kleiner richtig doll Spaß macht zur Zeit und wir sehr glücklich über ihn sind.
Er stimmte mir zu, dass wir wohl heute noch ganz sicher nicht Eltern geworden wären, wenn es vom unserem Entschluß abhängig gewesen wäre. Es gab´immer etwas, was wir erst noch bewältigen mussten (ganz besonders ich!).

Tja, wenn es den lieben Gott im Himmel gibt, dann glaube ich, er hat uns diese "Überraschung" geschickt. Ohne, würde ich heute noch Rauchen, Saufen und wäre im ewigen Trott - da bin ich mir ganz sicher. Bei mir war es so, dass die neue Situation als Mutter /Eltern mich ordentlich zum Nachdenken gebracht hat ...was ein Glück! Nur für mich alleine etwas zu ändern - dazu war ich mir immer zu wenig wert - ich vermute, es hätte noch sehr lange gedauert, bis ich angefangen hätte NUR FÜR MICH etwas zu ändern. Bin aber sehr glücklich, dass es heute nicht mehr so ist...egal wie ich letztendlich dahingekommen bin!


Liebe Grüße
Gaby


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

09.02.2004 15:04
#12 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

hallo Gaby, hallo Bea,
trotzdem denke ich, dass unsere für den eigenen Kopf ja unlogische Krankheit einer längjährigen Vor-Geschichte bedurfte. Da mussten wir wohl alle mittendurch, bis zum ausreichenden Leidensdruck.
Na und nun ist es doch ordentlich. Die Außenstehenden sehen vielleicht bloß, dass wir immer und immer wieder in unserer nassen Geschichte rühren und auf's feinste besprechen, und niemals darüber müde werden. Ich sehe daran unserer ganz ganz tiefe Ernsthaftigkeit.
grüße von Max


StellaLuna Offline




Beiträge: 3.582

09.02.2004 15:08
#13 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo,

auch ich habe mir schon überlegt, ich hätte vor Jahren mein angefangenes Studium locker machen können und wäre heute eine erfolgreiche (vielleicht) Karrierefrau geworden.
Mein Familienmanagement zeigt mir, dass ich doch ein geschicktes und herzliches Händchen habe, heute fühle ich mich für die Aufgaben des Lebens bereit, eben auch die beruflichen, die mir sehr viel Angst gemacht haben.
Die Crux dabei ist nur, dass erst durch die persönliche Entwicklung (bei mir die Kinder, die mich haben erwachsen werden lassen) ich mich heute dazu befähigt sehe.
Wir wären nicht das, was wir heute sind, hätten wir nicht jeder diesen für uns damals eingeschlagenen Weg gewählt.

Durch meinen ernauten Schub habe ich im Übrigen auch festellen müssen, wie sehr ich mich von meinem mann abhängig gemacht habe.
So ein Zwischenfall wirft mich ganz deutlich auf mich selbst zurück und ich habe eine Abgrenzung zu meinem Umfeld.
Ich finde diesen Gedanken sehr bemerkenswert, hatte der Alkohol so eine wichtige Funktion zwischen Abgrenzung und miteinander Verschmelzen übernommen.
Wie du Gaby schon mal geschrieben hast, man lernt sich ganz langsam anzunähern, noch mal von vorne, aber mit Gefühl.
Bei uns z.B. ist sehr bemerkenswert, dass wir uns körperlich erwas näher kommen können.
Ganz seltsam, wir haben immer ein lustiges Verhältnis gehabt , aber seit wir nicht mehr trinken, berühren wir uns viel mehr, sind viel lieber miteinander aber haben kaum noch Sex, ich denke das ist eine leise Zeit der Annäherung, und wir wollen ganz behutsam miteinander umgehen, so wie es uns guttut und es ist wunderschön.
Früher hätte mich so was zur Weißglut gebracht und nun ist das ein ganz schönes, entspanntes und vor Allem zufriedenes Verhältnis.
Da fällt mir doch schon auf, wie beherrschend und erdrückend ich sein konnte, als wäre die Geschichte ein reines Machtspiel gewesen, bei dem ich aber die Zügel in der Hand hatte.
Während des Schreibens fällt mir auf, wie egoistisch ich gewesen bin und wie sehr mein Mann immernoch an meiner Seite gestanden hatte, wo ich es schon gar nicht mehr geglaubt habe.
Eine meiner letzten schmerzlichen Erfahrung war, als er mich nach fast einer Flasch Wein ins Bett geschickt hatte und sagte, "es reicht mir mit dir, du bist betrunken und ich möchte fernsehen."
Da lag ich dann im Bett, habe mich nicht mehr gerührt und habe überlegt, was ich nun machen könnte.
Normalerweise hätte ich ncoh zig Woiderworte gehabt, aber nach einer durchwachten Nacht mit Maximilian war ich einfach nur fertig und habe kapituliert.
Ich habe nix mehr gemacht, als dazuliegen und mir meinen weiteren Lebensweg zu überlegen.
Das war einer der Punkte, als mir bewußt wurde, so, bald habe ich keine Wahl mehr und mein Mann läßt mich jetzt auch noch sitzen und ich selbst existiere ja schon gar nicht mehr.

Tja, manchmal überkommt mich schon ein ganz großes Gefühl von Dankbarkeit, dass vieles so ist, wie es ist, und gekommen ist.
Ohne meine Sucht, wäre ich auch nicht da, wo ich jetzt bin.
Meine Großmutter pflegte immer zu sagen "Es ist Alles für etwas gut", den Sinn solcher traditionierten Lebensweisheiten verstehe ich auch erst seit ich selbstbewußter versuche zu leben.

Liebe Grüsse

Patricia


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

09.02.2004 16:14
#14 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hi Max !

Sicher hat diese Krankheit ein Vorgeschichte, umsonst haben sich bestimmt wenige in die betrunkene Gedankenphantasie geschossen.
Höchstens vielleicht diejenigen unter uns, die mehr "der Gesellschaftstrinker" durch den Sportverein etc waren, und nach und nach in die Sucht rutschten.

Für sind diese Vorgeschichten meine späteren Trinkgründe gewesen.
Und da mußte ich ganz klar aufräumen, ich mußte lernen zu differenzieren, ich mußte schmerzlich einsehen das ich mich dahinter nicht mein Leben lang verstecken kann.
Das ich um wirklich etwas ändern zu können, genau aus dieser Schemata heraus muß.
Und das war eine reine Kopfsache, die entsprechenden "richtigen" Gefühle kamen erst, als ich nicht mehr trank.

Grüßle
Bea


Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

10.02.2004 00:57
#15 RE: Vepanschter Alkohol Zitat · Antworten

Hallo quer Beet,

in der nassen Zeit hat mir mein Mann viele Dinge "abgenommen", die ich trocken locker bewältigt hätte. Es war aber so, dass ich einfach zu "lahm", gleichgültig und absolut desinteressiert war. Man kann fast sagen, dass ich schon mal einen Schritt nach vorne machen wollte, um was zu bewältigen, aber durch den Alkeinfluß war es so, als wenn ich an einer Leine wäre und wieder 3 Schritte zurückgezogen wurde. Dieser vor-zurück-Rhythmus hat sich unbewußt eingeschlichen, genauso wie mein Mann, automatisch unbemerkt zum "Vordenker" und "Vorhandelnden" wurde.
Dies führt heute immer noch zu kleinen Debatten, weil mein Mann "seine Rolle" noch nicht ganz abgelegt hat. Er hat doch tatsächlich gestern Abend den Routenplaner ausgedruckt, weil ich heute alleine in eine Großstadt zu einem Termin muß und er meinte, mir "helfen" zu müssen. Dabei hatte ich das schon selbst erledigt und mir kleine Notizen dazu gemacht....

Übrigens finde ich es sehr schön, wie wir auf dem Board mit unserem gemeinsamen Feind Alkohol und seinen "Hinterlassenschaften" umgehen können. Es ist ein unerschöpfliches Thema und es spielt keine Rolle, wie,wann,warum und wie oft wir unsere gemeinsame Krankheit mit all ihren Erscheinungen "durchkauen".

Ich kann mir gut vorstellen, dass es Gäste gibt, die nur aus Neugierde mal hier reinschauen und manches unverständlich belächeln, weil sie keine bewußte Alkoholproblematik bei sich feststellen aber im Geheimen "neidisch" sind, dass es Menschen gibt, die es nach vielen Irrungen und Wirrungen geschafft haben, ihr Leben völlig ohne Alkohol zu gestalten, und bei diesen Gästen sind auch wiederum solche, die vielleicht den einen oder anderen Denkanstoß bekommen und bei sich ein Alkproblem erkennen und ebenfalls den Weg in die Trockenheit suchen. Deshalb können wir gar nicht genug, lang und breit die fatale Bandbreite des Alkoholismus auf dem Board ausbreiten. Das mußte ich mal loswerden.

Liebe Grüße
Laila


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