Ich möchte mal eine spezifische Frage hier unterbringen: In meinem Bekanntenkreis ist es üblich, dass zu besonderen Gelegenheiten eingeladen wird, sei es Geburtstagsfeier, Silvester, Grillabend etc. Ganz klar, dass immer alkoholische Getränke angeboten werden, früher habe ich mitgetrunken, jetzt nicht mehr. Man wundert sich also, wenn ich überhaupt nichts trinke. Nun sind die Bekanntenkreise aber nicht so intim, dass ich jedem unter die Nase binden möchte, aus welchen Gründen ich jetzt Alkohol ablehne. Ich stehe also vor der Wahl, entweder entschuldigt zu fehlen und Männe alleine hinfahren zu lassen oder als Spaßbremse betrachtet zu werden, weil ich die Einzige bin, die total nüchtern bleibt. Trinke ich Selters, werde ich angemacht, ob das den ganzen Abend so bleiben würde. Das wiederum macht auch meine Stimmung kaputt, ich fühle mich ohne Alk sauwohl und kann nicht verstehen, dass andere mich ablehnen, weil ich zu einer Feier komme, ohne mit ihnen zu saufen. Mir bliebe also nur die Wahl, Tacheles zu reden oder nicht mehr hin zu gehen. Ausreden will ich mich nicht, ich möchte einfach, dass sie anerkennen, dass nicht jeder saufen muss, um fröhlich zu sein. Und dass man etwas, was man früher gemacht hat, nicht immer so weiter machen muss, ohne dafür Erklärungen abgeben zu müssen. Eigentlich müsste es doch reichen, festzustellen, dass man nicht mehr trinken möchte. Wie handhabt ihr das? Habt ihr euch einen anderen Freundeskreis gesucht, die auch nicht trinken oder habt ihr euch geoutet?
in meiner trockenen Zeit hatt es mir nichts ausgemacht, einfach nein zu sagen. Ich wurde dann auch nie überredet oder ausgefragt z.B Warum?
Es war einfach ein überzeugendes "Nein" ohne dass ich das Gefühl hatte mich rechtfertigen zu müssen. Doch wie gesagt....in meiner richtigen trockenen Zeit.
Seit ich einen Rückfall hatte fällt es mir schon schwerer "Nein" zu sagen, ohne eine Ausrede parat zu haben. Ich sage muss Auto fahren, nehme Tabletten ect. Ich bin ganz unsicher dabei und im Moment gehe ich schon gar nirgens hin, wo Alkohol getrunken wird, da ich mich schützen möchte. Meine neuen Freunde kennen meine Vergangenheit nicht und im Moment möchte ich es Ihnen auch nicht sagen.
Meine alten Freunde wissen es auch nicht...ich schäme mich so. Ob ich es Ihnen sagen möchte....Weiss nicht.
Ich habe bei mir bemerkt, dass es an mir selbst liegt und wie stark (trocken)ich bin. Mein Selbstwertgefühl ist im Moment nicht so gut, vielleicht deshalb brauche ich Ausreden
es scheint doch eher so zu sein, daß nicht du, sondern die anderen ein Problem damit haben, ohne Alkohol Spaß zu bekommen. Ich selbst habe mich nur denen gegenüber "geoutet", denen ich wirklich vertrauen kann. Der sogenannte allgemeine Bekanntenkreis gehörte nicht dazu. Die dürfen sich damit begnügen, daß ich mich an Cola, Wasser und Tee's aller Art labe, während sie selbst ......
hallo Jutta, * Leute, denen ich was zu erklären habe oder sie finden mich komisch, gibt es bei mit nicht. * Meinen Bekanntenkreis hatte ich grundsätzlich geändert. * Ich denke auch, dass es auf die Selbstverständlichkeit in Ton und blick ankommt, ob "die" noch was fragen oder nicht. * Mir fällt noch die Straßenzeitungsredaktion ein, auf deren Nachsitzung ich der einzige mit Tee oder Wasser war. Alle anderen tranken Bier, töpfeweise. Ich wurde niemals komisch angefragt. Aber so "lustig" wie die nach dem dritten halben Liter waren, war ich immer sowieso schon zu Anfang. Und die hatten durchaus eine ebenso große Klappe wie ich. Aber wenn ich merke, dass jemand mein Nichttrinken irgendwie komisch findet, dann werde ich ggf. drastisch, und das war's dann. Grüße von Max
Ich denke, bei mir wird es sich auch so einspielen. Ich habe keine Lust, die Spaßbremse anderer zu sein und fühle mich definitiv nicht wohl, wenn ich laufend etwas ablehnen muss, was ich nicht mehr will. Dumm ist nur, dass Eheleute auch gemeinsame Bekannte haben und Männe mit dem Alk keinerlei Probleme hat. Er profitiert sogar davon, denn er kann trinken, weil ich ja fahre ;-) Und ich kann mich da nicht total absondern.
An Lis:
Ich verstehe das schon, dass du dich schützen willst, gerade momentan. In der ersten Zeit des „sich wieder in das Trockensein hineinfinden“ ist es schon besser, sich dort fern zu halten, wo man verführt werden könnte. Diese Problem habe ich jedoch nicht. Ich habe keine guten Erinnerungen an Alkohol und will ihn nicht mehr. Nur möchte ich eben keine Ausreden benutzen wie: Ich muss fahren. Ich möchte, dass man mich als vollwertigen Menschen anerkennt, auch, wenn ich das nicht mache, was andere als erforderlich bezeichnen, um gesellig sein zu können.
An Tommy:
Sicher haben die anderen ein Problem damit, wenn sie nicht ohne Alkohol feiern können, aber bei den meisten Menschen gehört es nun mal dazu. Da wird unsereiner als Außenseiter und/oder Spielverderber betrachtet. Aber outen möchte ich mich trotzdem genauso wenig wie du, es gibt eben Sachen, die man mit sich alleine oder nur mit bestimmten Vertrauten ausmachen muss, man muss das nicht unnötig publik machen.
An Max:
Ich stimme dir vollkommen zu. Und entschuldigen würde ich mich sowieso nicht. Nur: Ich kann den Bekanntenkreis leider nicht wechseln, höchstens für mich alleine. Sicher gibt es Aktivitäten, die ich alleine mache, aber irgendwo hat man auch mal zu zweit Verpflichtungen.
Na klar stört man auf einem Fest, auf dem sich Menschen treffen, nur um sich vollaufen zu lassen. Wenn alle trinken und einer nicht, dann fällt es halt auf. Aber: was willst Du denn dann da? Ich finde es richtig langweilig, Leuten dabei zu zuschauen, wie sie sich betrinken. Man kann sich sehr schnlell nicht mehr richtig unterhalten, der Blick wird glasig, die welt wird schwer. Wenn das Dein Bekanntenkreis ist, würde ich dir schon empfehlen, Dich mal nach neuen Freunden umzuschauen.
Meine Erfahrungen sind anders. ich habe erst trocken gemerkt, wie viele Leute es gibt, die auf einem Fest nichts trinken (oder kaum was) und sich auch nicht stören, wenn jemand anderes auch nichts trinkt. Sei es dass sie mit dem Auto da sind, sehr häufig haben sie aber auch schlicht keine Lust auf Suff. In einer solchen Gruppe fällt man nicht auf und kann sich wohlfühlen und es bleibt auch bis zum Ende des Abends interessant.
Ich würde mich nicht "outen". Meine Erfahrungen damit sind sehr negativ. Ich wurde schon zum Diskussionsgegenstand des abends, teilweise (freundlich) gemobbt und häufig gibt es Berührungsängste, weil die Menschen Angst haben vor Alkoholismus als psychischer Krankheit. Da solltest du nicht so viel erwarten von deinen Mitmenschen.
Am schlimmsten sind für mich die Betrunkenen, die einen volllabertn, dass sie ja auch mal "bald" aufhören wollen und einem auf die schulter klopfen. ekelig!
also: ich denke Du solltest vorsichtig sein mit dem outen und dir wahrscheinlich mal gedanken über neue freunde machen (sehr häufig reicht auch schon eine leicht geänderte Kombination der alten Freunde).
Eine sache noch: Das mit deinem Mann stimmt mich etwas nachdenklich. Klasse, nun wo du nicht mehr trinkst, kannst ja fahren und ich geb mir die Kante? Hmm. Das finde ich gelinde gesagt sehr unhöflich und nicht gerade mitfühlend. Mit ihm kannst du doch mal darüber sprechen, dass du dich dort nicht wohlfühlst. Niemand zwingt dich zu solchen veranstaltungen, außer du selber. Merryl[f1][ Editiert von Merryl am: 18.02.2004 16:27 ][/f]
Sälü Jutta, ich möchte dir ein Erlebnis erzählen: Als neues Mitglied in einer Frauengruppe, haben wir uns in einem Restaurant zum Jahres-Essen getroffen.
Wie in unserer Gesellschaft üblich, schenkt geschultes Servicepersonal der ganzen Tischrunde Wein ein.
Wer nicht aufpasst, hat halt sein Glas halb voll.
Aus früheren Begegnungen mit einem der Mitglieder, wusste ich, dass eine der Frauen, nie Alkohol trinkt. Wer sie kennt, wundert sich auch nicht darüber. Es ist wie es ist: PUNKT!
Bei diesem Anlass, reagierten einige Frauen entsetzt (theatralisch, spöttelnd, "witzig", fragend, lästig etc.)
Was, du willst nicht?....(warum...aber...nur...ohhhh!....
Darauf hat die "Nicht(mehr?)trinkende" erklärt, sie hätte Kopfweh...Tabletten genommen... keine Lust...
Viele malträtierten sie immer wieder mit Fragen, die kaum einen wirklich interessierten. (Wer interessiert sich schon für Krankheiten, ausser man ist selber betroffen?)
Nun, schliesslich meinte sie, so ein Schlückchen zum Anstossen würde sie vielleicht nehmen.
Alle Pseudointeressierten waren beruhigt, die Frau konnte ihre Aufmerksamkeit endlich wieder interessanteren Themen widmen...(für sie bestimmt auch unverfänglichere...? )
Ich, als typische Angehörige, machte mir schon Sorgen!...(hoffentlich...wenn nun...???)
Aber...zu meiner grossen Freude, und Zeichen ihrer wahrer Stärke ... wurde das gefüllte Glas Rotwein ("verführerischer Teufel Alkohol" ) unberührt, am Schluss des Abends, vom Personal weggeräumt! PUNKT! (Vielleicht hat sie damit angestossen, ich habe nichts beobachtet und interessiert hat es auch keinen mehr!)
ZitatGepostet von Merryl Eine sache noch: Das mit deinem Mann stimmt mich etwas nachdenklich. Klasse, nun wo du nicht mehr trinkst, kannst ja fahren und ich geb mir die Kante? Hmm. Das finde ich gelinde gesagt sehr unhöflich und nicht gerade mitfühlend. Merryl
[f1][/f]
Hallo Merryl,
danke für deinen Beitrag.
Ich will mich ja auch gar nicht outen, davon mal ganz abgesehen, hatte nur nachgefragt, wie ihr das gehandhabt habt.
Das mit meinem Mann seh ich allerdings anders. Er hat ja kein Problem mit dem Alkohol. Warum sollte er Rücksicht auf mich mehmen? Mich stört es nicht, wenn er trinkt. Er hat auch keine Probleme damit, aufzuhören. Getrunken wird (meist) nur zu besonderen Anlässen oder nach Feierabend mal ein Bier. Und ich fahre gerne Auto; solange ich ihn nicht abschleppen sondern nur mitnehmen muss, habe ich auch damit kein Problem.
Das habe ich auch schon gemacht. Bei spontanen Sektempfängen hat man schnell ein Glas in der Hand, und ich wollte dann nicht sagen: oh für mich bitte wasser. also hebt man einmal das Glas und dann stellt man es schnell irgendwo beiseite.
Das ist aber nicht ganz ungefährlich um nicht zu sagen: brandgefährlich, weil es in versuchung führt. Auch wenn ich keine Probleme damit habe, wann immer es geht, lasse ich solche Spielchen.
für mich hörte sich das sehr wohl nach einem Problem an (du begleitest Deinen Mann zu gesellschaftlichen Treffen und fühlst Dich da nicht wohl).
Um weiter aus meinen Erfahrungen zu berichten: ich gehe zu solchen Veranstaltungen nicht hin. Ganz einfach. Meine Frau hat dafür jedes Verständnis, sie kann aber nach meiner Sauferei selber keinen saufenden Menschen ertragen.
Und. um es einmal deutlich zu sagen: Menschen, die die anderen Menschen nicht nicht trinken lassen können, haben ein Alkoholproblem. Sie müssen deshalb keine alkoholiker sein, aber sie können es einfach nicht ertragen, dass jemand nicht mittrinkt. Dass jemand nüchtern bleibt und damit ihre Art des "feierns" in Frage stellt. Das wiederum ist nicht mein Problem. Und du solltest es auch nicht zu deinem machen.
Hallo Jutta, kann Merryls Meinung nur unterstreichen! Eins noch : lieb, das Du Verständnis für Deinen Mann hast, aber hast Du auch Verständnis für Dich? Schließlich geht es um nichts weiter als Dein Leben! Was bist Du Dir wert? Ein Schlagwort dafür ist: gesunder Egoismus! Viel Kraft für Dich, die Nachteule
hallo Jutta, "Verpflichtungen" sind mir ein Greuel, wenn ich sie denn gefälligst zu berücksichtigen habe, wegen der Gesellschaftlichkeit. Dich nicht zu outen finde ich völlig o.k. "Wir erheben unser Glas" ist für mich die Grenze der Toleranz. Aber aus Toleranz schweige ich dann mit Disziplin, und mehr gibt es nicht! Kleine Geschichte noch, ist schon über 10 Jahre her: die Annette, Abteilungsleiterin DDR-fernsehen, hatte einen trinkfreudigen Chef. Und dieser nervte sie immer und immer wieder, mit einer süffisanten Art "aber Annettchen einen kannst du doch aber, sieh mal, nur zur Gesellschaft . . ." Dieses hielt sie zig Monate durch. Geoutet hat sie sich sowieso nicht, na für den Affen doch nicht! Bis ihr eines Tages dann die Hutschnur riß, sie willigte ein "aber klar Paulchen, einen können wir doch". Paulchen schenkte ihr einen Doppelten ein, sie stießen ganz süß mit dem Glase an. Und dann schüttete sie ihrem Hauptabteilungsleiter, also Chef, den Doppelten mitten ins Gesicht, vor dem gesamten Personal, und äußerte "und das machst du nicht noch mal mit mir!!!" Danach hatte sie dann endlich Ruhe. Aber geoutet hat sie sich nicht. Und mir hat sie die Geschichte grinsend erzählt. Grüße von Max
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