hallo Marinne, du fragst: „Wie verhält sich das mit dem Suchtgedächnis? Wird das irgendwann mal still gelegt, so dass innerlich so etwas wie Ruhe einkehrt, oder muss ich dauernd auf der Hut sein?“ Und das am frühen Morgen!! Meiner (aus der ‚Langzeit‘ und auch anderswie) Kenntnis nach läuft das „Suchttonband“ oder Suchtgedächtnis mit solange wie leben. Trotzdem kehrt ja doch Ruhe ein. Aber nicht deswegen weil dieses „psychische Bauelement“ wegoperiert wäre, sondern ganz einfach infolge langfristiger Abstinenz. Mein „Beruhigung“ kam gaaaanz gaaaanz langsam, in einer zeitlichen Dimension, welche ich früher gar nicht kannte. In diesem Sinne lege ich das Suchgtgedächtnis still. Die ersten 4 Monate waren garstig. Das weitere erste Jahr war innerlich „arbeitsam“, also immer dran bleiben, vor allem Gruppe „nur der eigene Tod entschuldigt Abwesenheit!“ Beginnend ab 8-9 Monate habe ich binnen etwa 3 Jahren so 15 Leute „trockengelegt“ (insgesamt sind es etwas über 30). Nach 3 Jahren trat eine relative Ruhe ein, die bis heute vorhält. Aber nur weil ich mich immer mit „uns“ befasst habe denke ich. Also nicht so herzzerwühlend, aber immer sehr persönlich. Nach etwa 10 Jahren trat eine gewisse Sicherheit ein, die mir verd#ächtig vorkam, die aber wohl echt war. Und jetzt nach 20 jahren ist das noch einmal besinnlicher geworden, Ruhe im Bauch ohne den Verstand benützen zu müssen. ich habe immer viel aufgeschrieben, Dedichte, Prosa, Zeitungsartikel (Strassenzeitung) und auch bloß so für mich und für meine Kinder. Und ich habe mich niemals von „sachunkundigen“ Leuten beeinflussennlassen. Also war ich durchaus immer auf der Hut. Aber locker und weil ich das so wollte, nicht weil ich hätte müssen. ging nicht kürzer, ich grüße dich, Max
Max, das "so früh am Morgen" hat keine besondere Bewandtnis, sondern ich habe einfach ein bisschen gegrübelt und geschrieben, weil ich die Zeit dazu hatte, und mich verschiedene Fragen beschäftigen. Zudem habe ich die Gewähr, dass ich von euch auch tatsächlich "sachkundige" Antworten erhalte, und dafür bin ich sehr froh und dankbar.
Keine Sorge...
Kleine Anmerkung: Ich bin um 6 aufgestanden, mein Herr Gemahl ist um 7 eingetrudelt; vom Fussball ! Mann hat diese "Verlängerung" gedauert... :-)
Ich nehme viel mit, von dem was ihr geschrieben habt, ich antworte dann auch dazu, aber jetzt gehe ich erst mal raus, den schönen Sommertag geniessen bei einem Spaziergang am See. Bin ich happy, dass ich keinen Kater mitschleppen muss.
ZitatIch gehe sogar nu soweit,daß ich sage,daß jede Manipulation der Wahrnehmung oder der eigenen Persönlichkeit mit Alk oder anderen Substanzen schon einen Defekt darstellt....Das trifft auch für die "Normalo"Trinker zu,die ohne nicht lustig sein können,nicht in Stimmung kommen ectpp.
Ich brauchte dazu jahrelang nicht mal Alkohol, um meine Wahrnehmung und meine Persönlichkeit zu manipuliere, wie es mir gefiel. Also vor Jahren nach 4-jähriger Beziheung und Zusammenlebens Schluss mit meinem Ex war - die Beziehung lief übrigens die meiste Zeit nur Scheisse, was ich aber selbst nicht wahrhaben wollte - also, danach dachte ich mir, kein MAnn wird mir je wieder so weh tun können. Und ich entwickelte etwas, das für mich Stärke war. Und alle lobten mich, wie ich mich positiv verändert hätte. Und ich wollte dann immer stärker und stärker werde, was mir ja auch gut gelang. Nur irgendwann hatte ich da wohl eine grenze überschritten, von wo ich irgendwie nicht mehr zurück konnte, fand, wie auch immer. Ich konnte einfach nicht aufhören immer stärker und stärker zu werden - und folglich auch immer egoistischer und immer selbstverliebter. Ja, ich wurde ein richtiger kleiner Narziss... Ich ging sogar so weit, dass ich mir sagte, die, die ich vorher war, die gibt es nicht mehr und wurde ein völlig neuer Mensch... Ich spaltete alles von mir ab, nicht nur meine Vergangenheit, auch jegliches Gefühl, bis ich irgendwann gar nichts mehr fühlen konnte, rein gar nichts. Irgendwann konnte ich auch nicht einmal mehr weinen... Diese Begleiterscheinungen von Gefühlslosigkeit, richtiger Kälte, die nahm ich gerne in Kauf, denn ich hielt mich für die Größte und Beste... Mensch, was war ich kalt und selbstverliebt...
Nach Jahren kam ich wieder runter von diesem Höhenflug. Aber es war schrecklich, ich war immer höher und höher geflogen... doch der Fall war tief, undendlich tief und sehr, sehr schmerzhaft...
Und ich habe daraus gelernt, dass man seine Vergangenheit und alles im Leben, das geschieht, nicht verleugnen oder verdrängen kann, es holt einen immer ein...
Ich wollte nur mal erzählen, wie auch ein Nicht-Trinkender Mensch sich seine Umwelt und seine eigene Persönlichkeit aufs Übelste und schädlichste manipulieren kann, wenn er nicht damit zurecht kommt, dass er nun mal ist, wie er ist und das Leben ist wie es ist, auch wenns nicht immer rosig erscheint.
"Auf so eine bescheuerte Idee kommt nur ein "Grosser",sobald er zu der Überzeugung gelangt ist,er könne an seiner Umwelt / Mitwelt nichts ändern...und er sei ja sowieso nicht in Ordnung,so wie er ist."
Das ist aber nur eine "Zufahrtsstraße" neben vielen anderen, wie Stress, Langeweile, Mittrinkdruck,... Irgendwann rastet dann halt die Automatik ein und man muß trinken, um einigermaßen zu funktionieren. Habe gerade im Radio ein Interview mit einem Mann gehört, der von gaaanz oben total abgestürzt ist. Aus Minderwertigkeitskomplexen hat der nicht gesoffen. Hier habe ich einen mehrteiligen Artikel über ihn gefunden, wen's interessiert: Rolf Bollmann
Aber wer zwingt einen Menschen denn dazu,sich das überhaupt anzutun???
Oder aber,warum tut Mensch sich das überhaupt an????
Ein Mensch,der sich seiner sicher ist,wird dem Mittrinkdruck nicht zum Opfer fallen...
Kein in sich und mit sich zufriedener Mensch gibt sich nur aus Langeweile die Kante.....
Und kein Mensch ist gezwungen sich zu stressen.Jeder Mensch hat die freie Entscheidung.Will ich in meiner Situation bleiben,die mich aufzehrt,oder trete ich mir zuliebe aus dieser Situation heraus....
Es ist auch immer mit einem Mangel an Selbstachtung,Selbstbewusstsein und Selbstliebe verbunden,wenn man sich entscheidet,lieber zu trinken und sich damit zu ruinieren,als sich ein neues,harmonischeres Umfeld zu suchen.
P.S.: ein kleiner Auszug aus dem Text,das meine ich auch damit:
In einem Punkt sind sich die Fachleute jedoch einig: Eine Suchterkrankung hat mit der Seele zu tun; zu Grunde liege stets ein emotionaler Konflikt, sagt Oberberg-Chefarzt Bernd Sprenger: "Jeder Mensch hat eine bestimmte Kapazität, Probleme zu bewältigen. Zu starke Belastungen können krank machen - eine mögliche Reaktion ist Sucht.
[f1][ Editiert von Biene2 am: 26.06.2004 16:08 ][/f]
ich habe Deine Experimente einige Zeit mit verfolgt, aber schon wochenlang nichts mehr gepostet.
Ich stecke zur Zeit mit meinen Gedanken ziemlich in meiner "versoffenen" Vergangenheit, vor 3 Jahren hatte ich mich gerade mit meiner 3. Entgiftung beschäftigt.
Aber ich war immer noch der Meinung alles alleine zu schaffen - vielleicht Online-Kontakte, aber auf keinen Fall zu diesen AA's ....
Es hat irgendwann gefunkt und seit dieser Zeit habe ich kaum einen Freitag nicht im Meeting gesessen, wenn ich mal nicht gehe fehlt es mir sogar !!!!!
Eines finde ich auffällig: diejenigen die immer wieder zu Experimenten neigen (Alk-freies Bier oder ähnliche Scherze) wettern immer wieder gegen SHG's.
Ich habe vor einigen Monaten geschrieben dass ich für "Brandgefährlich" halte einen "Nasssen" nur auf diese Forum-Schiene zu schicken.
Unter den Alkis die aus den verschiedenen Gruppen kenne gibt es nur wenige Rückfälle, und wenn dass wird in vielen Fällen schnell wieder Kontakt zur Gruppe aufgenommen ....
Denk' daran: der erste Eindruck ist nicht der Zuverlässigste. Geh' öfter ins Meeting, sollte es Dir überhaupt nicht gefallen probier einfach eine andere aus.
Gruppen gibt's wie Sand am Meer - eine davon wird Dir bestimmt zusagen.
Ich wünsche Dir gute 24 Stunden, lass einfach das Glas für HEUTE stehen
mir behagts nicht so recht, Sinns Thread zu "hijacken". Du bist schon länger hier, also zeig mir mal, bitte, wie man das umbiegt. Mein Nach-Mittag war sooo schön, da würde ich jetzt allen die schlechte Laune verderben Mein[sic] Spiegel sagt, ich hätte sogar ein wenig Öko-Rouge aufgetragen (bekommen)
Es gibt Momente, die sind einfach nur schön, ob mer nu "schaffe" darf oder net, aber mit Alk wär mir der Tag heut nicht geschenkt worden: Fakt!
habe mir eben den Artikel von dem Manager durchgelesen. Ich möchte wirklich nicht wissen, wieviele abhängig sind.
Als ich in der Klinik war, hatte ich vorher gerade eine Bewerbung losgeschickt und die wollten mich dann sehen. Habe dann in der Klinik einfach frei genommen. Das hatte der Klinikpsychologe mitgekriegt und sagte nur auch ja die Firma, der Personalchef war auch schon hier. Fand ich zwar damals eine Indiskretion aber so läuft es wohl. Und in diesen Jobs ist es wohl wirklich sehr schwierig, sich zu outen.
Du schreibst: "Wer mit sich im Reinen ist, dem kann der Mittrinkdruck nichts anhaben!"
Ich stimme Dir völlig zu - aber wer von uns ist schon 24 Stunden Tag für Tag mit sich im Reinen? Auch ich habe Momente, schwache Momente, wo ich mich durchkämpfen muß - in denen es anstrengend ist, sich dem Mittrinkdruck auszusetzen. Ich habe aber auch Momente, in denen mich diese Situationen nur ein lässiges Schulternzucken kosten, weil ich gerade so vor Selbstzufriedenheit strotze.
Es ist leicht gesagt: "Nun sei doch mal selbstzufrieden und mit Dir im Reinen!"
Sag das mal jemanden, der es halt nicht ist. Und vielleicht noch nicht einmal weiß, dass er es nicht ist, weil er annimmt, dass er es ist.
Ich denke, niemand hier kann selbstsicher genug sein, um zu sagen, mir kann ein Rückfall nicht passieren. Mir zeigt - gerade jetzt die Geschichte von Sinn - mal wieder, wie schmal der Grat ist, auf dem wir uns bewegen.
Und ich kann es Sinn nur wünschen - dass er erstmal wieder die Biege kriegt. Genauso wie ich es Andi wünsche. Und wie ich mir den Erhalt meiner eigenen Trockenheit wünsche.
Im übrigen finde ich es super mutig, nach einem Jahr hier im Forum den Rückfall zu "beichten". Das hat bestimmt Überwindung gekostet und Scham. Vielleicht ist das ein Ansatz, um nochmal von vorn anzufangen.
ich find, es ist für viele Leute auch ziemlich theoretisch daß man dem Stress so einfach entkommen kann.
Sicher kann man vieles ändern. Jetzt hab ich z.b. beruflichen Stress, dafür aber ein gesichertes Einkommen. Ich bin ja auch schon in einem Alter, wo ich nicht mehr nach Belieben den Job wechseln kann...so es denn überhaupt Jobs gibt und die überhaupt besser wären. Früher hatte ich keinen beruflichen Stress, aber dafür wußte ich oft nicht, wie ich meine Rechnungen bezahlen soll. Das war auch Stress. Ich könnte diese Liste fortsetzen, und ich beschäftige mich auch schon ein paar Jahre mit dem Thema, wie ich denn wirklich aus der Mühle rauskomme.
Aber wie ich das konkret machen kann, einfach so zu leben, wie ich möchte, da bin ich noch weit weg davon. Es bezahlt mich einfach keiner dafür, daß ich so bin, wie ich bin - daß ich öfter mal einfach in den Tag reinleben möchte, also auf was ich grad so Lust hab. Also muß ich halt was tun, was ich verkaufen kann, und da ist nu mal der Kunde König, auch wenn der Kunde Arbeitgeber heißt..oder mit anderen Sorgen leben. Einfach die Sorgen abschaffen is nich..
Natürlich ist das erstrebenswert, den Stress hinter sich zulassen, und natürlich ist es von Vorteil, wenn man dabei an sich glaubt und auch noch einigermaßen gute Laune hat. Nur so einfach - mach mal, Du bist selbst schuld - das ist irgendwie heiße Luft. Es gibt Probleme, die laufend aufs neue auftreten, die sich mit einmaliger Bewältigung nicht aus der Welt schaffen lassen..
Also wenn ich da drauf warte, da hab ich mich vorher totgesoffen. Da muß schon was anderes her, damit ich trocken bleibe. Und dieses andere muß auch persönliche Krisen überstehen können. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich hab grad weder besonderen Durst, noch besonders schlechte Laune. Ich hatte aber schon sehr schlechte Laune in der Zeit, in der ich trocken bin, und erstens erinnere ich mich in solchen Zeiten gern dran, daß es mit Alkohol einfach noch viel schlechter war, und zweitens will ich mich heute nicht mehr dafür leiden lassen, daß das Leben nicht immer so läuft, wie ich das möchte. Inzwischen verzeih ich mir sogar selbst, daß ich halt so bin wie ich bin, auch im Geiste und im Denken keinesfalls perfekt..Ich kann auch nicht aus meiner Haut, und ich reg mich manchmal auf, von wegen mit mir im reinen..ist ja kein Grund, mich auf Raten umzubringen.
Meint der minitiger
[f1][ Editiert von minitiger2 am: 27.06.2004 21:56 ][/f]
ich denke nicht,daß ich behauptet habe oder behaupten wolle,man könne den Stress oder die täglichen kleinen und grossen Probleme einfach so abschaffen...Wenn ich das behaupten würde,würde ich den Posts,die gerade ich hier geschrieben habe,Lügen strafen....Mein Sohn hat mir so einigen Ärger und Magenschmerzen bereitet,die Firma eiert so vor sich hin und nu hab ich noch die Brandgeschichte am Hals.
Ich schwebe nu wirklich nicht auf Wolke 7....
Aber darum geht es auch gar nicht....Probleme wird man immer haben,es ist nur die Frage,wie man damit umgeht...ob man den Problemen,die man teilweise ändern kann,teilweise auch nicht....die Macht gibt,sich in die tiefsten Schichten der Persönlichkeit einzugraben oder nicht....um somit die Trockenheit zu gefährden...
Das muss nämlich nicht sein...wenn ich nämlich meine internen Probleme so einigermassen im Griff habe und gut mit mir selber klarkomme...dann können die Externen bei weitem nicht so viel Schaden anrichten,als wenn ich auch noch mit mir selber zu kämpfen habe...
Natürlich gibt es Tage,wo auch gar nichts klappt...wie gesagt,ich weiß selber wie das ist.
Aber es ist tatsächlich möglich,selbst bei all meinem Brimborium nicht mal an's Trinken zu denken....Wozu auch?
Mir ging's eigentlich darum zu sagen,daß Trockenheit eine Menge Eigenliebe und "auf sich acht geben" bedeutet. Im Klartext heißt das beispielsweise für mich,daß ich meinen renitenten Sohn in die Obhut seines vaters und in eine drogenfreie Zone geschickt habe (auch mir zuliebe) und das ich nicht im Traum dran denke,mir meine Gesundheit durch meine Firma zu gefährden. Im Moment ist es so,daß wir mit den Kunden bzw. Auftraggebern in Verhandlungen stehen...und sollte sich jetzt in den nächsten Tagen nichts ändern,werden wir den Laden dichtmachen. Und was die Brandsache angeht?Weiß ich auch noch nicht...Urteil steht noch aus.Aber auch wegen der Sache lasse ich mir keine grauen Haare mehr wachsen.
Ich hab anhand der Thera mich selbst wiedergefunden und mag mich sehr gern,so wie ich bin.Würde ich nu trinken,wäre ich nicht mehr da....und dat will ich nicht.
Trockenheit bedeutet für mich zwingend,meine eigene Persönlichkeit leben zu dürfen...aber dafür musste sie erst gefunden werden.Und die lasse ich mir auch von aussen nicht wieder nehmen.Und schon mal gar nicht für einen Rausch.
Im Übrigen habe ich das grösste Verständnis für Sinn. Wenn mein Mann mich gezwungen hätte aufzuhören....dann hätte ich aus reinem Trotz heraus wieder getrunken. Trockenheit kann man nicht befehlen....Dazu gehören auch die Kapitulation und das wirkliche "nicht mehr wollen". Das muss aus einem selber kommen,sonst klappt das nicht.
Ich setz sogar noch eine drauf.Trockenheit bedeutet zwingend an sich selber zu arbeiten...und auch das kann man nicht befehlen: So nach dem Motto:"Lieber Sinn,du darfst nu nicht mehr trinken,weil ich es nicht mehr will und jetzt fang mal an,dich zu verändern....aber gefälligst in die Richtung,damit ich mit dir klarkomme...."
Wie soll das denn funktionnieren?Da hätte ich mich auch keinen Schritt bewegt!
[f1][ Editiert von Biene2 am: 28.06.2004 8:00 ][/f]