Erstmal hallo an alle, die sich die Mühe machen das hier durchzulesen. Ich bin schon länger in diesem Forum angemeldet, habe aber nach ein paar anfänglichen Posts nichts mehr geschrieben. Das liegt wohl daran, dass ich mich fremden Menschen nur sehr schwer öffnen kann. Ich lese aber jeden Tag aufs Neue wie freundlich und hilfsbereit der Großteil hier ist und möchte mich hier gerne mehr einbringen und von euren Erfahrungen profitieren. Daher folgt hier der Versuch meine Alkoholkarriere zu schildern, auch wenn ich kein großer Schreiber bin.
Den ersten Kontakt mit Alkohol hatte ich so circa mit 12 Jahren. Auf einer Feier der Jugendfeuerwehr tranken die Älteren ihr Bier und boten uns Jüngeren auch was an. Ablehnen wäre uncool gewesen, also nahm ich mir ne Flasche und durfte in den "Genuß" des wohl ekligsten Geschmackes meines jungen Lebens kommen. Ich versuchte dann den Rest der Flache zu entsorgen indem ich sie etwas abseits von den Anderen ausschüttete. Das bekam leider mein Jugendleiter mit und die nächste Zeit hatte mein Ansehen in unserer Gruppe ganz schön gelitten. Um wieder "dazu zu gehören" übte ich also die nächsten Wochen Biertrinken. Da mein Vater Alkoholiker ist und zu Hause immer ein großer Vorrat an Alkohol vorhanden war, steigerte ich meinen Konsum stetig und mit der Zeit schmeckte es mir sogar. Anfangs fand ich Bier einfach nur furchtbar bitter, mit der Zeit männlich-herb und mich selbst cool und erwachsen. Ich "schaffte" so zunehmend mehr, konnte beim Koma-Saufen langsam mit den Älteren mithalten und mein Ansehen stieg. Das ging so weiter bis ich 17 war. Auf wie vielen Feiern ich mich bewußtlos getrunken habe, kann ich nicht sagen, nur das es einige waren. Zu Hause erlebte ich mit meinem tyrannischem Vater und der scheinbar gleichgültigen Mutter die Hölle. Das Jugendamt holte mich dann schließlich da raus und ich kam in ein Jugendheim. Da mußte ich mich erstmal durchsetzen und ich machte zu der Zeit viel Krafttraining um mich behaupten zu können. Es gab viele Therapiegespräche, die Kindheit wurde aufgearbeitet und ich hatte nur Mädels im Sinn. Wir hatten in der Stadt einen zweifelhaften Ruf, viele von uns waren bedingt durch ihre Vorgeschichte extrem Verhaltensauffällig. Das gab uns auf der anderen Seite aber auch eine gewisse "wilde Aura", die einige Mädchen anziehend fanden. Ich versuchte diese Aura noch auszubauen, indem ich anfing Kokain zu nehmen. Auf der Droge blieb ich hängen bis zu meinem 22. Lebensjahr, Alkoholkonsum gab es zu dieser Zeit nur sporadisch. Ich erlebte so einiges, da es aber für meine Alkoholkarriere wohl weniger relevant ist, lass ich es hier mal weg. Vielleicht nur soviel: Ich habe einige Narben davon auf meiner Seele behalten. Ich entzog dann ein halbes Jahr in einer Fachklinik und begann danach eine Lehre, die ich drei Jahre später auch mit guten Noten beendete. Allerdings fing ich damals auch wieder an regelmäßig zu trinken. Gründe dafür gibt es viele, Entschuldigungen keine. Als ich mit 25 zu arbeiten begann, war nicht die Frage ob ich mich betrinke, sondern nur wie sehr. Ich trank meist eine Flasche Sekt oder Wein und dazu so viele Bier wie ich schaffte bevor ich einschlief. Das waren so zwischen 8 und 15, je nach "Tagesform". Am nächsten Tag schleppte ich mich mit Restalkohol zur Arbeit und stand irgendwie meine neun Stunden durch. Mit 26 kündigte ich dann, das Arbeiten hielt mich dann doch zu sehr vom Saufen ab. Ich hatte überhaupt kein Selbsbewußtsein mehr, hing nur noch in meiner Wohnung rum und vergrub mich in meinem Selbstmitleid. Einen Suizidversuch und Psychatrieaufenthalt später lernte ich dann meine jetzige Freundin kennen, die ich mehr liebe als ich es in Worte fassen kann. Und doch habe ich es in den 3 Jahren die wir jetzt zusammen sind, noch nicht bis zur Abstinenz geschafft. Im Moment trinke ich im Schnitt einmal in der Woche etwas, manchmal in Maßen, manchmal nicht.Habe ich 3,4 Tage nichts getrunken, dann zittern meine Hände leicht und ich fühle mich unruhig. Danach legt sich das. Ich arbeite weiter an der Abstinenz und möchte es so gerne schaffen. Für meine Freundin, vor allem aber für mich. Ich weiß, viele von euch werden sagen -und haben es mir auch damals bei meinem ersten Post schon gesagt-:" ohne einen stationären Entzug schaffst du es nicht". Aber ich sehe das letzte Jahr große Fortschritte bei mir und alles in mir sträubt sich nunmal dagegen, nochmal stationär zu entziehen. Ich weiß, ich bin ein Sturkopf und setze mich mit jedem Selbstentzug unnötigen Gefahren aus. Vielleicht schreibt mir ja trotzdem jemand was? Ich habe hier immer fleißig mitgelesen und war stets ein wenig neidisch, wenn einige Mitglieder hier ihre trockenen Tage gezählt haben und sich positive Bestätigung und Unterstützung holen konnten. Für mich war es echt schon ein großer Schritt, das hier zu schreiben, denn einiges möchte ich am liebsten verdrängen, auch wenn ich weiß das ich es besser aufarbeiten sollte. Ich mache leider vieles in meinem Leben wieder besseren Wissens. Aber dieses Post gehört nicht dazu.
eines leuchtet mir nicht so ganz ein. Du möchtest keinen stationären Entzug machen. Dann schreibst Du, wenn du 3,4 Tage nichts getrunken hast, zittern Dir die Hände.
Frage: Zittern sie erst nach 3,4 Tagen oder schon am ersten Tag? Normalerweise ist nach 3-4 Tagen beim Entzug das schlimmste vorbei.
in den ersten 2 Tagen spür ich nur ganz minimal was. Am dritten und vierten Tag wirds dann etwas heftiger, spätestens nach dem sechsten ist der körperliche Entzug vorbei. Wirklich schlimm ist der Entzug aber eh zum Glück nicht. Ist das so ungewöhnlich?
ob das so ungewöhnlich ist, weiß ich nicht genau. Bei mir setzten die Entzugserscheinungen sofort ein. Ist aber wohl bei jedem anders. Vielleicht äußern sich ja noch einige, wie das bei ihnen so verlaufen ist.
Erstmal finde ich sehr gut, daß Du Dein Problem erkannt hast und hier auf dem Board bist. Herzlich willkommen.
Hast Du schon öfters zu Hause entzogen? Ich entnehme Deinem Post ein ja, da Du ja schreibst, nach 6 Tagen ist es vorbei. Also trinkst Du nicht täglich?
Wenn Du einen Entzug machst, bist Du dann allein zu Hause? Es wäre schon ratsam, wenn jemand in der Wohnung wäre.
finde klasse , dass du dich durchgerungen hast, hier zu schreiben.
Bei mir war das ähnlich wie bei dir:
Ich trank alle 3 bis 4 Tage (Wein),mein Körper hatte sich exakt genau auf diesen Trinkrythmus eingestellt. So hatte ich, als ich mit dem Alk aufhörte, erst nach 4 Tagen ungefähr erste Entzugserscheinungen. Mein Körper war es ja gewohnt dann wieder Futter zu bekommen. Mein Entzug körperlich zog sich ca. 2 bis 3 Wochen hin und die Entzugerscheinungen waren nicht durchgehend, sondern meldeten sich auch genau in dem Rythmus wie ich getrunken hatte.
Deswegen glaube ich heute auch , dass viel viel mehr Menschen abhängig sind, als wir alle glauben (z.B. sogenannte Alltagstrinker - ein bzw. zweimal die Woche) - jeder Körper und Mensch auch verschieden. Ich vermute, die bisher bekannte Einordnung der Alkoholiker läßt sich bestimmt erweitern und noch mehr spezifizieren.
Ich trank einen Abend, habe dann jedesmal mindestens 2 Tage gebraucht um mich wieder ins Lot zu bringen- schwor mir dann keinen Alkohol mehr zu trinken und trank dann so am 4. Tag wieder, entweder durch einen Anlaß (die gab es immer wieder) oder eben alleine. Ich hätte oft das Glas stehen lassen können, hätte es vom Kopf her gekonnt, tat es aber einfach nicht.So bin ich also permanent durch Entzüge gegangen und trank eben auch "nur" 1 oder 2 Mal die Woche.
Ich finde es gut, dass du es nun anpackst und ich kann dich nur weiter dazu ermutigen. Ich lasse nun 6 Monate glücklich und zufrieden das 1.Glas stehen. Es ist absolut super und ich bin auch sehr erleichtert über meine Abstinenz bzw. Trockenheit. Mach weiter so!Es lohnt sich wirklich!Und schreib´hier weiter
@ Adobe
Wollte dich noch ganz herzlich extra grüßen. Bin bisher noch nicht wieder eingeloggt, da ich bisher immer noch zu faul war mein Passwort rauszusuchen. Hoffe dir geht es gut. Aus deinen Postings ist dies jedenfalls zu entnehmen. Big Hug!
danke für das nette Willkommen! Nein, ich trinke nicht täglich. Wie anfangs schon beschrieben, trinke ich im Schnitt etwa einmal in der Woche. Manchmal trink ich 10 Tage nichts, manchmal aber auch nur 5. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen habe ich seit vielen Monaten nichts mehr getrunken. Ich trinke auch seltener exzessiv als früher. Aber dennoch glaube ich inzwischen nicht mehr, dass ich je wieder kontolliert trinken kann und möchte es gerne von diesen "Trinkpausen" zu einer dauerhaften Abstinenz schaffen. Das habe ich bisjetzt auch schon etliche Male versucht. Leider habe ich es bisher noch nicht geschafft.
Meine Freundin ist ständig bei mir, so das ich nicht alleine in der Wohnung bin.
Mich würde auch mal interessieren ob es hier jemanden gibt, bei dem es auch langsam besser geworden ist. Ich meine damit: von "täglich die Kante geben" bis zu dem Punkt an dem ich jetzt bin, das ist doch auch schon ein Erfolg. Klar ist das Endziel noch nicht erreicht, aber zumindest ist es doch ein Schritt in die richtige Richtung, oder wie seht ihr das?
was ist es, was dich heute noch einmal die Woche trinken läßt ? Welches Gefühl ? Was hälst du nüchtern nicht aus ?
Ich kann von mir sagen, das das Ändern meines Trinkrhythmus , zb nur einmal die Woche, mir überhaupt nichts gebracht hat, weil es überhaupt nichts geändert hat, ich konnte auch da nach dem ersten Bier nicht aufhören zu trinken. Es hat sich auch "in meinem Kopf" nichts geändert. Erst, als ich ganz aufhörte.
Nüchtern zu leben ist mehr als nur nicht mehr zu trinken, es ist ein Ändern der Lebenseinstellung.
erstmal ganz lieben Glückwunsch von mir zu den 6 Monaten! Du schreibst " So bin ich also permanent durch Entzüge gegangen und trank eben auch "nur" 1 oder 2 Mal die Woche." Genau das ist auch für mich an der jetzigen Situation das schwerste und ich mag das mir und meinen Mitmenschen nicht mehr antun. Jedesmal aufs Neue wieder mit Tag 1 anzufangen laugt einen ganz schön aus. Ich hoffe dieses Mal halte ich durch und bin in 6 Monaten so weit wie Du jetzt.
erstmal: Daher folgt hier der Versuch meine Alkoholkarriere zu schildern, auch wenn ich kein großer Schreiber bin... hm-ich finde du hast super geschrieben!
Zu deiner Frage: bei und mit mir wäre so eine "sanfte" Reduzierung nie und nimmer möglich gewesen, da ich Spiegltrinker war...ständig ein gewisses Level an Promille im Blut haben musste. Daher bin ich (nicht wie Boudeaunixe und du alle paar Tage, sondern) im Prinzip jeden Morgen "unter Pegel" gewesen...hatte also Entzugserscheinungen, ein Zittern, dass ich nicht mal den "Startpilot" ohne kleckern zu mir nehmen konnte. Mit "Startpilot" meine ich den ersten Cognac gleich nach dem Aufstehen.
Das Dumme bei diesem "santen" Ausgleiten ist meines Erachtens halt, dass da immer dann der Geschmack auf der Zunge liegt...die Gier nach MEHR davon. Und wenn du eh komplett aufhören möchtest, dann mach Nägel mit Köpfen.
Du weißt ja, dass der kalte Entzug hier in keinster Weise befürwortet wird-im Gegenteil! Aber mit bissel Geduld findets du hier schon ne Menge Rat und Tipps, was es (allerdings SEHR individuell) bei diesem Abenteuer zu beachten gibt...evtl. etwas Linderung verschafft (ich habe mich im Frühjahr auch für diese *Variante* entschieden...)
`s liegt bei dir!...ganz allein!
Willkommen hier (im *Club*). War `ne gute Idee von dir!
auch dir danke für das erneute Willkommen! Diesmal hab ich vor länger zu bleiben. Hm, gute Frage. Was halte ich nüchtern nicht aus? Da kommen viele Dinge zusammen. - Ich bin arbeitslos und habe dementsprechende Existenzängste. Und die werden mit jeder neuen Absage nicht gerade kleiner. - Ich müßte so einiges aus meiner Vergangenheit aufarbeiten, hab aber Angst das mich das zu sehr runterzieht und drücke mich davor. - ich habe mir mein Selbstwertgefühl immer durch Drogen und Alkohol geholt und irgendwie halt ich mich glaube nach einer Woche "selbst" nicht mehr aus. - Ich hab seit meinem Umzug zu meiner Freundin vor über 2 Jahren den Kontakt zu meinen alten Freunden verloren und dadurch das ich furchtbar schlecht auf Menschen zu gehen kann, auch noch keine neuen gefunden. Ich glaub, manchmal "trink ich mir diesen Umstand irgendwie schön", wenn Du verstehst wie ich das meine. Seine gesamte Lebenseinstellung zu ändern ist schon ein riesengroßer Berg. Kommt mir vor wie der Mount Everest Wie stellt man das an?
Zum Thema Lebenseinstellung, lies mal das post von unserer Joosi im Kuddelmuddel Thread Rückfall. Und dort speziell den Punkt 1. Man manövriert sich gerne in die Opferrolle, das man dann beruhigt trinken kann, als sich selbsterfüllende Erklärung beinahe. Das ist in meinen Augen ein reines Kopfding. Es ist nämlich nicht so. Und genau das änderte sich bei mir beinahe wie von selbst, als ich aufhörte zu trinken, ich war raus aus der Opferrolle und konnte mein Leben/ meine Zeit selbst in die Hand nehmen.
Zum "Umstände schöntrinken". Das ist genau das, im Prinzip weißt du doch selbst, das das Trinken dich noch handlungsunfähiger macht, sei es wegen deiner Arbeitlosigkeit oder wegen deinem Freundeskreis ( im übrigen, was willst du mit Sauf - und Kiffreunden, wenn du genau das nicht mehr willst ?). Das ist doch ein Kreislauf. Und da mußt du raus, bzw. das Kapieren, das es so ist, das nicht die Arbeitslosigkeit oder sonstige Gründe dein Problem sind, sondern die Trinkerei. Das ist das Ändern der Lebenseinstellung, das Übernehmen von Verantwortung für sein eigenes Leben, ganz grob gesagt.
danke Dir für das Lob, ist irgendwie schwer seine eigene Suchtkarriere einigermaßen in Worte zu fassen. Und da ich nicht gerade stolz darauf bin, war es für mich auch wirklich ein großer Schritt. Ja, ich möchte wirklich Nägel mit Köpfen machen und bin sehr froh, hier so nett aufgenommen zu werden. Ich les ja schon sehr lange fleißig mit und habe auch schon einige Tipps für mich anwenden können. Und Du hast es ohne Klink geschafft? Besuchst du zur Unterstützung Selbsthilfegruppen?
erstmal herzlich willkommen. ich finde auch das du sehr schön geschrieben hast. Das mit deinen Entzugserscheinungen kann ich persönlich nicht nachempfinden. Bei mir traten sie sofort auf sobald der Alkoholpegel sank. das mit dem langsam reduzieren hat bei mir auch nicht funktioniert, ich war nach solchen Versuchen immer in kürzester Zeit wieder auf dem "Höchststand" angelangt.
Es hört sich bei Dir nicht nach körperlichen Entzugserscheinungen an, wenn Du 10 Tage nichts trinken kannst, da ist ein körperlicher Entzug doch vorbei! Ich kenne das von den meisten aus meiner SHG das sobald der Pegel sank die schlimmste Phase begann. Psychisch , denke ich, hast Du mit dem Aufhören arge Probleme. Ich selber konnte auch tagelang nichts trinken...dann wurde ich unruhig und meine Gedanken kreisten den ganzen Tag um Alkohol...immer ein Für und Wieder! Gehst Du in eine SHG ( sorry habe nicht den ganzen Thread gelesen) ? Das hat mir sehr geholfen an solchen Tagen! Oder schreibe hier viel und lenke Dich ab, aber sicher wäre eine LZT das beste für dich!
möchte und muss ergänzend anfügen, dass das bei mir ein Entzug nach einem Rückfall war! Soll heissen, ich habe schon seit Jahren keine harten Sachen mehr gebechert.
Der Entzug im Frühjahr...da war ich bei ca. 3-5 Flaschen 0,3er Bier plus 1/4 bis 1/2 Liter Wein pro Tag; nicht zu verleichen mit dem, was ich früher gesoffen hatte (zu Zeiten des Startpilot`s).
Selbsthilfegruppen besuche ich keine - nein. Vor etlichen Jahren habe ich mich um was "Passendes" bemüht, aber komischer Weise kam ich aus diesen Abenden stets frustrierter raus, als ich reinging....
Ist bestimmt ne ganz gute Sache-aber eben nicht jedermanns Ding.