ich lese schon seit einigen Wochen hier im Forum- echt eine super Sache; ich finde es wirklich toll, wie viele sich hier engagieren! Nun möchte ich mal in "eigener Sache" posten und meine Alk-Geschichte schildern. Alkohol begleitet mich eigentlich seit meinem 18. Lebensjahr und war über viele Jahre mein Entspanner und Seelentröster. Hier in Bayern wird der regelmäßige Bier"genuß" ja sowieso(auch in größeren Mengen) als völlig normal angesehen- unnormal ist man eher, wenn man nichts trinkt. Auch bei mir ist es wie bei vielen so gelaufen, daß sich die Trinkmenge, die zum "entspannen" benötigt wurde sich unmerklich, aber stetig erhöht hat und am Schluß so bei 6 Halbe Bier am Tag "eingependelt" hatte- wobei ich es in der Arbeitswoche auch meist auf zwei reduzieren kann/konnte. Im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, daß mein Alk-Konsum nichts mehr mit "normalem" Trinken zu tun hat, sondern ich den Alk als Flucht- und Entspanungshelfer in allen Lebenslagen einsetzte. Immer wenn der Frust über meinen Konsum oder der Kater am nächsten Morgen besonders groß ist, verordne ich mir ein "alkfreie" Phase- die längste, die ich bisher schaffte waren immerhin 1,5 Jahre. Komischerweise ging es mir in den bisherigen Trocken-Pausen immer total gut- Saufdruck spürte ich eigentlich nie und ich konnte mir dann garnicht vorstellen, vorher soviel getrunken zu haben. Es war, als ob zwei völlig unterschiedliche Persönlichkeiten in mir wohnen: der süchtelnde Alki und der absolut zufriedene Abstinenzler, der Alkohol total ablehnt. Leider gab es bisher dann immer irgendeinen Anlaß(ein Fest, Silvester etc.) die meine Alkseele wieder zu neuem Leben erweckt haben und eine neue Trinkphase eingeleitet haben. Wenn ich dann wieder trank, war es, als wollte ich -völlig irrational- das vermeintlich versäumte nachholen und trank dann oft nur, um mir zu beweisen: ich darf ja wieder und keiner kanns mir verbieten- auch wenns mir dann am nächsten Morgen wieder total beschissen ging! Meistens dauert es dann wieder ein paar Tage bis Wochen/Monate bis ich die Schnauze vom Alk so voll habe, das die nächste Trockenphase beginnt und ich wieder zufrieden trocken bin. Im Moment ist wieder so eine "Trockenphase"(seit 17 Tagen) und mir geht`s wieder total gut und Alk ist für mich wiedermal "undenkbar". Und diesmal möchte ich aus dieser Phase einen Dauerzustand machen- gerade weil`s mir jezt wieder so gut geht! Mir wird immer klarer, daß mich mein Alkkonsum um ein riesiges Stück Lebensqualität betrügt und der Preis den man für die vermeintliche Entspannung bezahlt sehr hoch ist.
das mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten in sich selbst kommt mir extrem bekannt vor ;-)))
Und gerade jetzt erst habe ich nach 4 Monaten ohne Alkohol wieder einen Test gewagt, anläßlich einer Feier eine Ausnahme zu machen - mit dem gleichen Ergebnis wie schon so oft - wenn ich nicht den extrem festen Vorsatz der Einmaligkeit der Unterbrechung sowie dieses Board im Hintergrund hätte - wäre ich schon wieder reingerutscht.
Die Erfahrung war vielleicht nochmal wichtig, damit ich merke, es geht wirklich nur ganz ohne ...
Ich wünsche auch Dir viel Erfolg dabei und gute Unterstützung durch dieses tolle Forum hier!
erst einmal begrüße ich dich hier am Board. Ich bin seit langer Zeit nur noch stiller Mitleser hier, weil ich nicht mehr viel beitragen kann. Das Thema Alkohol ist für mich abgeschlossen. Du schreibst:
ZitatIm Moment ist wieder so eine "Trockenphase"(seit 17 Tagen) und mir geht`s wieder total gut und Alk ist für mich wiedermal "undenkbar". Und diesmal möchte ich aus dieser Phase einen Dauerzustand machen- gerade weil`s mir jezt wieder so gut geht!
Mir ging es genauso wie dir, nach tage- bzw. manchmal auch wochenlangem "Abfüllen" konnte ich Alkohol nicht mehr sehen, ekelte mich davor, kam dann eine Gelegenheit, wo angestoßen wurde, habe ich mitgehalten und dann wieder den Anfang für eine Sauf-Phase gefunden. Inzwischen kann ich nein sagen, und das im dritten Jahr. Vielleicht helfen dir meine Gedanken dazu, die ich auf einer kleinen Homepage geschrieben habe? Du findest sie, wenn du mein Profil liest. Ich wünsche dir alles Gute und vor allem viel Durchhaltevermögen, um abstinent zu leben.
das mit den "Selbstversuchen" kenn` ich auch nur zu gut- mein letzter war an Weihnachten(da kann man ja mal wieder was trinken) und endete wieder mit einem richtigen Kater am nächsten Morgen! Glücklicherweise war ich(auch durch dieses Forum) schon genug motiviert, nach wenigen Tagen wieder den Absprung zu schaffen, der bis heute anhält. Ich sehe es für mich als Fügung an, noch nicht so tief auf der Alk-Leiter zu stehen, daß mir der Ausstieg relativ leicht fällt und auch noch kaum Saufddruck in nüchternen Phasen entsteht. Für mich ist es vor allem wichtig, in den kritischen Momenten stark genug zu sein, "nein" zu sagen- den eigentlich will ich ja garnichts trinken, weil`s mir ja dann echt gut geht und ich auch keine Entziehungssymptome oder so hab- manchmal denk` ich, es gehört einfach dazu, mitzutrinken- auch wenn ich es hinterher total bereue. Fatal an meinem relativ leichten "Wiederaussteigen" ist der Glaube im Hintergrund, es ja immer wieder zu schaffen- also kann ich`s ja auch immer mal wieder probieren. Da hab`ich echt Panik, es vielleicht mal nicht mehr zuschaffen und dann am Alk hängen zu bleiben. Daher muß ich immer sehr wachsam sein und darf meinem Gegner Alk(ich betrachte ihn wirklich wie ein reales Wesen, das Macht über mich gewinnen will!) keine Chance mehr geben. Ich glaube, wenn man den Alkohol regelmäßig benutzt hat, um sein Leben "aufzupeppen", brennt im Inneren immer ein kleines Suchtfeuer, daß jederzeit wieder zu einem Großbrand entfacht werden kann!
Hier in Bayern wird der regelmäßige Bier"genuß" ja sowieso(auch in größeren Mengen) als völlig normal angesehen- unnormal ist man eher, wenn man nichts trinkt.
Hallo Hoyo, das habe ich auch so erlebt. Waren im vergangenen Jahr eine Woche im Bayrischen Wald im Urlaub. Und jeden Abend zum Abendbrot bestellte ich mir Wasser oder Saft. Da merkte ich wie der Wirtin immer ein grinsen übers Gesicht fuhr. Sie selbst(eine ältere Dame) war schon ganz schön gezeichnet vom Alkohol und wenn nicht viel los war verschwand sie mit ner Flasche Korn in der Küche. Ich hab mir meinen Teil gedacht aber sie fühlte sich wahrscheinlich manchmal wie beobachtet von mir. Irgendwie machte mich das traurig aber ich wollte sie nicht ansprechen deswegen. Dir wünsche ich viel Kraft auf neuen Wegen und wenn Du schon 1 1/2 Jahre trocken warst kannst Du es auch.
ja, so ging's mir auch jahrelang, dass ich wechseln konnte zwischen Alk-Pausen und Zeiten, wo es zu viel und zu regelmäßig war. Wenn ich die Kurve zur Pause gekriegt hatte, war das überhaupt kein Thema mehr - da konnte um mich herum auch jeder trinken, was er wollte. Aber die Kurve zu kriegen wurde irgendwie immer schwieriger. Und letztes Jahr bekam das dann eine Art gefährlichen "Qualitätswechsel" - ich trank (sehenden Auges, denn ich beäugte mich diesbezüglich immer peinlichst genau) auch tagsüber etwas, konnte das gegenüber der Umwelt nicht mehr genügend kaschieren, bekam Gedächtnis- und gesundheitliche Probleme, mein Selbstwertgefühl sank unter 0 ... usw ... ohne dieses Forum hätte ich es möglicherweise nicht mehr geschafft. So ging's noch einmal gut, allein für mich, auch ohne wesentliche Entzugserscheinungen, das Ruder rumzureißen.
Ich habe inzwischen sehr kritische Situationen ohne Alkohol geschafft - die Weihnachtszeit mit meinem guten selbstgekochten Punschextrakt - Feste und Einladungen ... Hier fiel es mir nicht mal schwer, nein zu sagen und die Leute waren das von mir auch gewohnt, dass ich öfter mal pausierte. Interessant ist, dass jetzt, nach der langen Zeit allmählich alle anfangen zu fragen, ob ich das denn dauerhaft beibehalten will ;-))
Vor diesem Hintergrund wagte ich dieser Tage den Test, mal was mitzutrinken, weil wir wahnsinnig viel zu feiern hatten. Es kam, wie's kommen mußte -
durch meinen sehr starken Vorsatz, nur den einen Tag zu unterbrechen, gelang mir das zwar, aber ich trank, wie immer, zu viel - und der Sog ins alte Muster war riesig. Ich bekam Panik und hoffe, dass mich das auf Dauer geheilt hat.
lieben Gruß! mohnfeld
ps
hallo Jutta, schön Dich zu lesen! Das kann man ja nun wirklich nicht behaupten, dass Du nix beizutragen hättest!!
Aber mir geht's genauso. Deswegen (und zum Entgegenwirken meiner PC-Sucht) bin ich auch nur noch selten hier ;-))
ja die 1 1/2 Jahre geben mir auch Zuversicht, ich kann mich noch gut an diese Lange Zeit erinnern- damals war Alk wirklich absolut "irreal" für mich und auch mein gesamtes Umfeld hatte eigentlich garnicht mehr damit gerechnet, daß ich je wieder was trinken würde- und doch ist es passiert(nach einem Konzert). So weiß ich jetzt, daß auch eine lange "Trockenzeit" keine letzte Sicherheit gibt und ich mit meiner Wachsamkeit nicht nachlassen darf! Heute nachmittag hab` ich wieder mal ein Duell mit meinem Gegner- ich treffe mich mit Kollegen nach Feierabend im "Fraunhofer", einer richtigen Bierkneipe in München, wo richtig gebechert wird. Zuerst hab` ich überlegt, nicht hinzugehen, aber ich bin, so glaube und hoffe ich, stark und motiviert, auch das trocken durchzustehen!
als Ex-Münchner drücke ich Dir ebenfalls die Daumen; ich weiß, wie bier-fördernd die Athmosphäre im Fraunhofer ist. Ich habe da in den 70ern um die Ecke gewohnt und aus manchem sonntäglichen Frühschoppen ist über Dämmer- ein Dunkelschoppen geworden
Apropos: da sind doch gerade Volkmusiktage. Bei manchen Künstlern ein must. Hach, die Erinnerung: Sonntagmittag - die Sonne scheint schräg aus der Jahnstr. in die Dunstschwaden rein, es riecht nach Schweinsbraten, das Dunkle von der Schaufelbrauerei rinnt....stooooop, heute würde natürlich die Apfelsaftschorle die Kehle hinabe zischen - achso und die "Fraunhofer Saitenmusi" spuilt. Oifach schee
Also: denk dran: die Apfelsaftschorle schmeckt eh' besser wie das Schaufelbier.
Ja, das Fraunhofer ist schon ein sehr spezieller "Biertempel"- war früher auch sehr oft hier und kam selten(eigentlich nie!) nüchtern nach Hause- in meinen alkfreien Phasen meide ich aber für gewöhnlich solche Lokalitäten- reizt mich dann auch nicht, den Leuten beim Biertrinken zuzusehen. Ich weiß aber, daß ich, um dauerhaft trocken zu leben, mich auch solchen Herausforderungen zu stellen und zu bestehen- ausserdem reizt mich Alk gerade ganz und gar nicht; daher stehen meine Chancen wohl gut!
ich bin zwar prinzipiell ein Befürworter das man sich so schnell wie möglich dem Leben stellt, aber ob ein "Biertempel" am Anfang das richtige ist wage ich zu bezweifeln. Du wirst ziemlich schnell merken, daß das Fraunhofer ohne Stoff seinen Reiz verliert.
Hi Jutta,
ZitatIch bin seit langer Zeit nur noch stiller Mitleser hier, weil ich nicht mehr viel beitragen kann. Das Thema Alkohol ist für mich abgeschlossen.
Ich habe deine Beiträge immer gerne gelesen und wüßte nicht warum du nicht mehr viel beitragen kannst. Ich dachte immer das Thema Alkohol ist nie abgeschlossen. Das ist wie beim Eheversprechen, nur beim Alkohol stimmt es wirklich.
Ich finde deine Seite Klasse und habe deine alte Seite bei den Favoriten gespeichert und war enttäuscht als eine Fehlermeldung kam.
mein Besuch im Fraunhofer ist wie erhofft ohne Alk abgelaufen- die Apfelschorle war auch super lecker! Was ich allerdings bemerkt habe(da gebe ich Ralf recht), daß ich nicht so lange bleiben wollte, da ich mich unter starken Biertrinkern nur wohl fühle, wenn ich selber mittrinke- und das läuft nicht mehr! Alles in allem eine gemeisterte Herausforderung in der "Höhle des Löwen", die mich natürlich sehr freut!
Danke für dein Lob, hat mich gefreut Meine Page ist schon lange umgezogen, der andere Anbieter hatte Banner-Werbung eingebaut, die mir nicht zusagte.
Und Alkohol ist für mich wirklich nicht mehr interessant - ich brauche ihn nicht mehr. Dieses gute Gefühl möchte ich für den Rest meines Lebens behalten.