da ich erst einige wochen trocken bin, geht mir viel im kopf rum. jetzt greife ich mal die beiträge von minitiger und bakunin auf.
wie lange empfindet "man" das nichttrinken als verzicht. oder gibt es bald nur bestimmte anlässe/situationen bei denen das nichttrinken sich als verzicht in den kopf schiesst, weil es mir ja dann ein bedürfnis ist, und ich mich dagegen wehre.
ich bin mir sehr unsicher, wenn mir jemand die frage stellen würde. heute würde ich sagen: ja ich verzichte, weil es mir immer noch ein bedürfnis ist, zu trinken, ich aber dagegen ankämpfe und daher trocken bin.
vielleicht wird das bedürfnis ja auch irgendwann weniger in seiner intensität und der kampf wird "milder" maybe.
wie lange empfindet "man" das nichttrinken als verzicht
Nun ich versuch zu später Stunde eine Antwort: Ich denke, dass das von Mensch zu Mensch unterschiedlich empfunden wird und auch vom Ausstiegszeitpunkt aus dem jeweiligen Trinkstadium abhängig ist. Ich kann Dir nur meine eigene Erfahrung anbieten: Als ich es nach nicht mehr zählbaren Fehlversuchen vor 3 Jahren bis dato geschafft habe, keinen Alkohol mehr zu konsumieren, habe ich in den ersten Wochen nicht das Gefühl gehabt, auf etwas verzichten zu müssen, es war eher ein Gefühl der Erleichterung, nicht trinken zu müssen. Gefährlich waren für mich Situationen und Gelegenheiten, bei denen ich immer getrunken habe. Da bedurfte es schon Willensstärke und Strategien gegen das gewohnte Verhalten. Mein Wissen um die vielen gescheiterten Versuche hat mir dabei geholfen, vorher immer wieder gemachte "Fehler" zu vermeiden. (z.B. sich von Bekannten für "nur" ein Bier überzeugen zu lassen; sich für berufliche Erfolge nicht mit einem Besäufnis und unzähligen Lokalrunden, sondern mit einem guten Essen oder einem neuen Kleidungsstück zu belohnen usw.) Ich kann nicht bestreiten, dass ab und zu mal der Gedanke an ein Bier verlockend war, aber im Wissen und im Bewusstmachen um das was darauf wieder folgen würde, war es relativ leicht, dieser Verlockung zu widerstehen.
Letztendlich war aber für mich entscheidend, es bis jetzt geschafft zu haben, laufend das PRO und KONTRA Alkohol abzuwägen:
PRO: Spass=besoffen sein leichter andere Menschen Kennenlernen=feuchtfröhliches, sinnloses, meist hochphilosophisches Gelabere über "Wie schlecht die Welt doch ist" und dass man von lauter Idioten umgeben ist. Umarmen und Verbrüdern mit wildfremden Menschen ungezwungener Umgang mit dem anderen Geschlecht= siehe oben, ergänzt mit eindrucksvoller Selbstdarstellung und Geprahle über das bisher im Leben erreichte, sowie klägliche Versuche, mit Händen die Anatomie einer Frau neu zu ergründen, Telefonnummern auf Bierdeckeln kritzeln ( am nächsten Tag ohnedies unlesbar und stotternden Erklärungsbedarf bei der "Angetrauten" auslösend) Lebensqualität= Vernachlässigen der beruflichen Aufgaben, Zeit- und Termindruck, Zuspätkommen, Ausreden, Vernachlässigen der Familie, keine Zeit für Hobbies, Sport oder einfach mal Faulenzen, Verzicht auf angemessene Körperpflege- und Hygiene, finanzielle Sorgen etc. etc.
KONTRA: da fällt mir jetzt nichts mehr ein!
Aber Schoale, abschliessend kann ich Dich beruhigen:
Das Bedürfnis wird irgendwann nicht weniger-es fällt weg und der Kampf wird nicht milder-er findet nicht statt! Gute Nacht. Max
bei mir gab es einen entscheidenden Umschlag an dem Morgen als ich beschlossen habe, mit dem Trinken aufzuhören.
Solang Alkohol noch zu meinem Leben dazu gehört hat, hab ich eine Trinkpause nach der anderen gemacht, in der ich auf den Alkohol verzichtet habe. Das hat ein Loch hinterlassen das ich anschliessend gefült hab.
Und dann hab ich das Trinken aufgehört. Das war eine aktve Entscheidung und diese Entscheidung habe ich mit Leben gefüllt.
Natürlich hatte ich noch ne zeitlang mit dem Gewohnheitstier zu tun, das sich in allen möglichen Situationen zu Wort gemeldet hat.
Verzichtet aufs Trinken hab ich aber seit diesem Tag nie. Ich hab mir überlegt was ich statt trinken tun kann und hab das dann getan.
Verzicht ist für mich etwas negatives, Alternativen sind etwas positives. Ist das Glas halb leer oder ist es halb voll?
nach der entgiftung gab es gar kein glas, dass zu beurteilen wäre.
jetzt gibt es diese glas auch nicht, weil es ein eimer geworden ist, der mich, mir (gottseidank) im wege stehend ständig zwingt darüber nachzudenken auf welche art er gefüllt ist.
Kriterien: alternativen zur eingefahrenen, bekannten traurigen vergangenheit; antilähmungsgedanken machen, stagnation im tatandrang meiner ersten offensive- was tue ich dagegen?, einfach tun ist besser als nichts tun, die ersten erfolge als ergebnisse betrachten, wieder optimistisch sein, ...und verhaltensmuster ändern, denn nur den suff weglassen und die anderen eigenschaften an mir unberührt lassen- nee das wird nicht funktionieren.
so scheint es, der pegel im eimer wäre immer in bewegung, mal voller und mal leerer im verhältnis zum rand.