Es heißt hier immer, als Trinkende/r hätte man ständig Gefühle von Wut, Trauer, Angst zugeschüttet, und diese würden daher, wenn man endlich trocken ist, verstärkt auftreten bzw. man würde sie bewusster wahrnehmen und dadurch, dass man sie jetzt zuließe, würden sie irgendwann verschwinden (zumindest, wenn man sich mit sich selbst mehr auseinandersetzt).
Bei mir fällt mir auf, dass das mit den Gefühlen gar nicht stimmt. Im Gegenteil, früher beim regelmäßigen Trinken waren die Gefühle von Angst, Trauer und Wut viel häufiger und stärker, und wenn ich getrunken hatte, war ich dazu oft noch gereizt und aggressiv/autoaggressiv. Gereizt bin ich jetzt auch oft - habe da gerade so eine Phase, da ärgert mich eine Schlamperei eines Kollegen (der gerade nicht da ist) und ich überlege mir lange, was und wie ich es ihm sagen werde; irgendwann habe ich mich beruhigt, und am Ende gibt es höchstens eine kleine neutrale Notiz. Das ist mir als Trinkender haargenau so gegangen; damals dachte ich, wenn ich mal nicht mehr trinke, wäre ich diesbezüglich relaxter.
Wie ist das also gemeint: die Gefühle wären durch den Alk verdeckt und trocken kommen sie alle hoch und können bearbeitet werden? Ich kann nicht sagen, dass Gefühle verdeckt waren. Und der Kragen platzt mir jetzt wie damals, wenn es denn mal ist. Sicher, wenn ich angesoffen war, dann war alles irgendwie gedämpft. Mir fällt da gerade ein körperliches Beispiel ein, dass ich mich im Nachtdienst in einer ganz stillen Stunde auf eine unbequeme Couch legen kann. Die fand ich nach Alkoholkonsum immer super angenehm. Jetzt finde ich sie immer unbequem, und seit ich trocken bin, schlafen mir dort immer nach einer Viertelstunde beide Füße und der Nacken ein. Aber von wegen Gefühle und Gefühle auch "aus der Vergangenheit": betrunken und verkatert habe ich viel mehr gegrübelt als jetzt, und da kamen alle möglichen Gefühle hoch.
Moin Gepard! Gutes Thema! Ich hab mich in meiner alkoholischen Zeit oft,meistens in Gefuehle reingesteigert und konnte sie auch selbst, wenn kein tatsaechlicher Grund dazu vorhanden war,hervorrufen und maechtig ausleben,ohne diese noch kontrollieren zu koennen..Die negativen sie wie auch die positiven.Diese konnten sehr sprunghaft sein,leidenschaftlich und immer von mir ausgehend,andere konnte ich kaum fuehlen. Vieles war unecht,ein Beispirel:Eine Bekannte kam durch einen Autounfall durchs Leben,ich heulte tagelang,war sehr traurig und trank und trank.Ich weiss,das ich auch heute traurig waere,aber echter und nicht so uebertrieben. Ich denke,die Qualitaet unserer Gefuehle nimmt zu.Ob das mit der Intensievietaet gemeint ist. Guten morgen und ne schoene Juni=woche von Marion
es sind nicht die Gleichen...zumindest nicht bei mir.
An den Gefühlen Angst,Wut und Trauer hat sich bei mir auch Nichts geändert.Und ich denke auch nicht,daß ich diese Alltäglichkeiten wegsaufen wollte/musste.
Es sind eher die tieferliegenden...die nun hochkommen und verarbeitet werden wollen.Sachen,die schon seit Jahrzehnten hätten verarbeitet sein müssen und immer noch drinstecken. Ich hatte vier Monate nach meinem Rückfall ne' ganz intensive Phase,wo ich über Sachen nachgedacht und nachgefühlt hab,die schon über 30 Jahre zurücklagen und die mich damals immens verletzt und geprägt hatten. Unbewusst bin ich vorher die ganze Zeit mit diesen Gefühlen,einschliesslich der Weltsicht,die damit einhergeht,durchs Leben getrampelt. Und hätte ich nicht aufgehört zu trinken,wäre ich wohl heute noch auf dem alten Dampfer.
Dann kommen auch ne' ganze Menge positiver Gefühle zum Vorschein...wo ich gar nicht weiß,wo die denn herkommen *freu*
ich habe schon meine Gefühle mit Alk zugeschüttet und in meiner Therapie ging es darum, meine Gefühle zuzulassen...und sie auch erkennen und zu akzeptieren. Egal ob Glücksgefühle, Schuldgefühle oder Schmerzgefühle.
Ganz früher in der Anfangszeit meiner Trinkerzeit, habe ich mich in bestimmten Situationen sogar bewusst zugeschüttet, nur um die Gefühle nicht spüren zu müssen.
Heute ohne Alk sind bestimmte Gefühle für mich manchmal wie ein Schock und sie bringen meine Ordnung ganz schön durcheinander....schlimmer als vorher noch nass und manchmal überrumpeln sie mich ganz einfach Das auszuhalten ist oft ganz schön schwierig....doch es wird langsam aber sicher immer besser....denn es macht mich dann auch stärker, sicherer und auch ruhiger danach.
für mich war es in meiner Alk/Drogenkarierre auch nicht die Frage, ob ich jetzt Gefühle zu-lasse, oder auslebe.Die Emotionen waren eh immer stärker als mein Denken; was ich bewirkt habe, war eher ein Verstärken im Sinne von Begeisterung 'anfachen' oder Selbstmitleid 'durchkauen', oder eine Wut-Situation immer wieder abspulen und mich reinsteigern.Letzteres war oft unecht, aber nicht i.S. von falscher/echter Wut,sondern weil ich nur etwas falsch verstanden hatte und mein Ärger immer wieder von daher aufrechterhalten wurde. Ich glaub auch nicht, dass ein Gefühl in einem verborgenen Verliess des U-Bewusstseins jahrzehntelang vor sich hinbrodelt und mir unwissentlich die Gegenwart vergällt. Gefühle sind immer in der Gegenwart. Wenn ich ein weit zurückliegendes Ereignis hervorhole, kann ich wohl ein leichtes Aufkommen von Gefühlen spüren - aber: DAS SIND MEINE JETZIGEN GEFÜHLE, ich sehe die Verletzung von damals aus meiner jetzigen Perspektive. Ich hab keine derart traumatischen Erfahrungen erlebt, dass es da noch was zu "befreien" gibt - genauso, wie ich zu meiner Alk-Zeit zunehmend Abstand bekomme, verblassen auch die vergangenen Konflikte. Ein "neues" Gefühlsleben hab ich seit meiner Abstinenz nicht gekriegt, es sind eben die alk-bedingten Verzerrungen verschwunden. Mein Denken ist klarer geworden, sodass ich mein Innenleben besser wahrnehmen kann. Gefühle beherrschen ist m.M. nicht möglich, da dass Gefühl schneller reagiert als das 'bewusste' Denken. Die alte Strategie war ja, ein Gefühl durch ein anderes (mittels Chemie) zu verdrängen. Heute bin ich besser imstande, mich nicht mit allem zu identifizieren, was so im Inneren auftaucht.
Interessantes Thema; ich denke die grössten Schwierigkeiten bereitet sowieso das Gefühlsleben.Mir scheint auch, dass jedes Gefühl mit einem bestimmten Gedanken verbunden ist, z.B.das Bild das man von sich selbst hat.
Ich glaub auch nicht, dass ein Gefühl in einem verborgenen Verliess des U-Bewusstseins jahrzehntelang vor sich hinbrodelt und mir unwissentlich die Gegenwart vergällt.
Doch,
und da genau setzt NLP an.
Bei mir wars so,daß ich eine bestimmmte,damals für mich sehr traumatisierende Situation,mit sehr schlimmen Gefühlen abgespeichert hatte. Ich hab dann noch jahrelang ebendiese Gefühle quasi "abgerufen",wenn ich in einer ähnlichen Situation steckte. Und als Krönung hab ich dann die aktuelle Situation gefühlsmässig über die alte Situation beleuchtet. Ergo interpretierte ich in die Gegenwart eine "Tatsache" von damals.
War nicht besonders hilfreich.Und hat mich einiges an Stress gekostet,und das über Jahre.
wie gesagt - arg traumatisches hab ich nicht erlebt, Gott-sei-Dank -aber *nochmal-frag*: Gefühlshaltungen sind oft mit gewissen Gedanken/Erinnerungen verbunden. Wenn ich z.B. irgendwann Trauer verspürt habe und genau in dieser Situation ein bestimmtes Lied vernommen habe, wird mich dieses immer wieder an meine damalige Trauer erinnern.Bei Konflikten wirds nicht anders sein. Wenn ich aber jetzt in der Gegenwart mit einem anderen Erkenntnisstand auf diese Situation blicke - klärt sich das dann nicht schon dadurch..???
aber dieser neue Erkenntnisstand ist ja die Voraussetzung.
Bei mir wars leider so,daß ich die Erkenntnis gar nicht hatte...bzw. gar nicht drüber nachgedacht hab...die ganze Zeit. Das war einfach in den (Un)tiefen meiner Psyche verschwunden.
Villeicht sollte ich das mit der Sache verdeutlichen,damit Du verstehen kannst,was ich meine. Ich hatte nämlich bis vor Kurzem noch mit ganz starken Eifersuchts-und Verlassensängsten zu kämpfen. Deswegen konnte ich mich mit meinem Mann auch nicht "normal" streiten,sondern musste mich dazu immer betrinken,damit ich keine Ängste mehr spürte,wenn es mal knallen sollte/musste. Und vor allen Dingen auch die starke Eifersucht (die ich rational gar nicht hätte erklären können,denn es gab nicht einen einzigen Grund dafür),machte mir das leben schwer.
Naja,und vor ein paar Monaten musste ich der Sache mal nüchtern auf den Grund gehen.Es gab nämlich einen deftigen Grund zum Streiten und ich musste dabei nüchtern bleiben.
Und da kams dann hoch....da fiel mir nach langem Hin und Her in mir selbst wieder ein...wie es war,als meine trinkende Mutter damals wegen dem Saufen von ihrem Freund,den ich sehr gemocht hatte,wegen einer anderen Frau verlassen wurde. Ich hab damals,als Kind,ebenfalls sehr unter dieser Trennung gelitten und hab auch die Gefühle der Minderwertigkeit meiner Mutter auf mich bezogen,gefühlt und abgespeichert.
Ergo hat sich da in meinem Bewusstsein/Unterbewusstsein abgespeichert: Trinkende Frau--->Minderwertig---> wird verlassen--->also halt besser die Klappe....
Jetzt hab ichs begriffen...und damit ist es abgehakt.
Und Streiten kann ich jetzt wie ein Weltmeister...ohne Angst.
ZitatGereizt bin ich jetzt auch oft - habe da gerade so eine Phase, da ärgert mich eine Schlamperei eines Kollegen (der gerade nicht da ist) und ich überlege mir lange, was und wie ich es ihm sagen werde; i
Hallo gepard,
Solche Situationen gibt es bei mir auch, da ärgere ich mich über andere über, will mal sagen ihre angebliche Schlamperei. Denn ich denk heut auch darüber nach, ist es eigentlich Schlamperei oder meine eigene Petanterie der andere nicht folgen wollen. Denn irgendwie registriere ich ja schon das es mit weniger Petanterie auch geht.
Und wenn dann die Kollegen noch mit helfen und darum witzeln, das die Ramona mal wieder jede Tablette einzeln Katalogisiert, dann weiss ich halt das ich irgendwo neben der Norm liege und dann ist auch wieder gut.
Das aussprechen was dich ärgert das ist schon richtig (nicht nur ne kleine Notiz) denn dann bekommst du ja auch ein Echo über das du nachdenken kannst.
Und irgendwie hat sich mein Maß an Petanterie dadurch auch ganz schön abgebaut und die Welt dreht sich trotzdem weiter.
Miezegelb, bei mir ist es beides, meine Pedanterie UND die tatsächliche Schlamperei.
Ich kann Schlamperei und Großzügigkeit schon tolerieren, aber nicht dort, wo es auf Genauigkeit ankommt. Was mich leider so aufregt, ist, dass es nie was nützt, wenn ich die Kollegen auf konkrete Patzer hinweise (es werden aus reiner Schlamperei Namen, Adressen, Telefonnummern von Firmen falsch abgeschrieben, bei Abrechnungen falsche Zahlen getippt, was alles Auswirkungen auf Geschäft und Image hat). Das geht schon seit Jahren so. Komme mir mehr und mehr auch blöd vor, etwas gesagt zu haben.
Ich bin etwas ratlos, was ich machen soll. Irgendwo möchte ich locker lassen. Vielleicht indem ich die Fehler so stehen lasse und abwarte, was passiert. Hinter mir die Sintflut. Es ist halt nur überhaupt nicht mein Naturell, jemand ins Messer laufen zu lassen, ich bin doch ach so verantwortungsvoll! Ich sehe schon, ich könnte das mal ausprobieren, rechne aber damit, dass es mir am Ende selber auf den Kopf fällt.
na ja, wenn es dann tatsächlich Schlampereien sind, so das die Abrechnung usw. Nicht mehr stimmt, dann sollte vieleicht doch der Chef das Machtwort sprechen.
Wenns echte Schlampereien sind und die wichtige Konsequenzen haben würd ich was sagen, aber nicht direkt zum Chef. Ertsmal zum Kollegen.
Bei mir ist es so, dass ich manchmal unheimlich reitbar bin, z.B. schon wenn einer Hiphopklamotten trägt zu viel kriege (ich hasse die). Anderseits bin ich manchmalö so tolerant, dass es mich selbst wundert und lass bereitwillig alles mit mir machen, Z.B. mir bei nem Referat die doppelte Arbeit aufschwatzen und finde es nichtmal schlimm. Kommt auf die Tagesform an.
Ich bin auch manchmal total reizbar und manchmal wieder überaus tolerant. Ich bin mir auch immer sehr bewusst, dass es mit meiner Laune zu tun hat. Ganz konkret: Wenn meine hohen Ansprüche mit meinen Selbstzweifeln in Konflikt geraten. Da kann ich richtig ungut und penetrant werden, und gleichzeitig hasse ich mich dann, dass ich in dem Moment so bin. Das verstärkt dann alles noch. Hinterher ist es mir peinlich. Darum bin ich auch immer froh, wenn ich mich im ersten Moment zusammengenommen habe, der Ärger dann nach hoffentlich kurzer Zeit verflogen ist und ich dann gesittet ausdrücken kann, was mich stört und dass mich was ärgert. Leider ist es manchmal auch vorgekommen, dass ich sofort recht ärgerlich reagiert habe. Das heißt nicht, dass ich ausfällig oder gewalttätig werde, aber ich finde es peinlich genug, wenn ich sehr unfreundlich bin in dem Moment.
Aber diese Dinge habe ich mir in letzter Zeit schon recht bewusst gemacht, und ich "beobachte" zum Beispiel irgendwie "nachahmend" manche meiner Kollegen, Freunde, Professoren, die in blöden Situationen einfach nie ungut oder bösartig werden. Ich denke mir dann: so möchte ich auch gerne sein, wenn es Probleme gibt. Habe das auch schon manchmal ausprobiert und darauf geachtet, dass ich mich so gebärde wie ich mich gerne gebärden möchte, und das ging dann eigentlich. Der Ärger kam gar nicht richtig auf.
Am stärksten ist der Ärger, wenn ich alleine bin und mich grüblerisch in Situationen hineinsteigere.
Bei mir auch, wenn ich alleine bin und über bestimmte Sachen nachdenke ärgert mich die Fliege an der Wand.
Und dann denke ich immer, was andere alles so viel toller hinkriegen und ein besseres Leben haben als ich.
Dabei ist es nichtmal wahr.
Hm, und mit dem andere bleiben ruhig: Tun sie auch, aber dafür gibt es wieder andere die brüllen rum, weil der Kaffee nicht schmeckt und da sollte man doch froh sein nicht zu denen zu gehören.
Also, ich kann von mir nur sagen, auf mich trifft das zu, dass ich mit dem Alkohol versucht habe, Gefühle zuzuschütten und sie nicht ausleben und aushalten zu müssen - ist mir auch gut gelungen Immer schön mich auf einem Level bewegen, keine Wut, keine Eifersucht, nicht registrieren, dass meine Ehe den Bach runtergeht.
Ich habe nicht getrunken, damit ich mutig bin und diskutieren kann - ich hab mich sozusagen nicht groß getrunken sondern klein getrunken .
Es ist aber doch schön, sich auf einmal wieder zu fühlen - und nicht nur indem man einen Brummschädel hat
Ist halt so'ne Sache mit den Gefühlen... aber ich glaub schon, die Kunst ist echt, sie zuzulassen und auszuleben, in sich hineinzuhören...