...ein-, durch-, ausschlafprobleme, grübeleien ohne anfang und ohne ende, merkwürdige träume, körperliche symptome wie nervenzucken, einschlafen der hände, muskelzucken in den beinen, übelkeit, die augen werden schlechter, gangunsicherheit, absolute antriebslosigkeit, „gefühlstaubheit“, depressive stimmungen, kopfschmerzen, rasender puls, das herz „stolpert“, diese sch...angst umzukippen, dieser sch...kreislauf: ich fühle mich unwohl (körperlich oder psychisch), also trinke ich erstmal was und dann brauche ich es ganz schnell wieder und schnell auch wieder mehr und mehr, mich nicht unter leute trauen wegen der fahne, das abhängigkeitsgefühl und die tatsache abhängig zu sein, die ätzende tägliche beschaffung, die peinliche entsorgung bzw. hortung des leergutes, das ganze geld, das mir da zu selbstschädigungszwecken durch die kehle fließt, die unlust am eigenen körper und an sex, orgasmusschwierigkeiten, das weniger und weniger werden jeglichen selbstwertgefühls, immer unklarer werdende gedankengänge, die nie wirklich zuende geführt werden, hitzewallungen, schweissausbrüche, der kaffee schmeckt nicht mehr, unangenehme vergesslichkeit, quälendes gefühl des versagens...
all das und so einige nettigkeiten mehr „gibt“ mir der alkohol!
und dabei brauche ich doch „nur“ das erste glas stehenzulassen! Wie bescheuert muss ich eigentlich sein, dass ich das nicht packe?
warum höre ich nicht auf?
gruss, its me
(fast 20 jahre süchtiges trinken, innerhalb dieser zeit 2 suchttherapien, etliche stationäre und ambulante entgiftungen, umfeld- und lebensumständeänderungen, selbsthilfegruppen, suchtberatungsstellen...)
ich tu mich doch etwas schwer dir zu antworten.... aber mir ist sofort der Gedanke gekommen, "vielleicht darf es dir garnicht gut gehn?" Hast du da mal nachgespürt?....
den gedanken hatte ich schon öfters, mit dem nachspüren tu ich mich unheimlich schwer...
dass es mir schlecht geht, bin ich gewohnt. ich kann es schwer und nicht lange aushalten, wenn es mir mal gut geht...
(meine mutter ist auch alkoholikerin und meine tochter ist auch süchtig...irgendwo ist da ein zusammenhang...irgendwie scheint mir, uns allen dreien darfs nicht gutgehn...?!)
ich hätte dahinter -->(ich kann es schwer und nicht lange aushalten, wenn es mir mal gut geht...) wohl auch einen grübler oder sowas setzen sollen, denn mein anliegen ist es durchaus, zu lernen, wie ich es mir gutgehen lassen kann. und, ja, ich weiss, das wird mir nur ohne alk gelingen.
Wenn ich die Eigenschaften, die der Alkohol bei dir (und natürlich früher, vor nicht langer Zeit auch bei mir)auslösen, dann bin ich sowas von froh, da zu sein wo ich bin. Ohne Droge Alkohol! Ich glaube, dass du trotz all den üblen Eigenschaften und Therapien noch nicht an dem Punkt angelangt bist vor deinem Alkoholismus zu kapitulieren. Reicht dir denn das noch nicht? Auf was wartest du?
"its me" = "so bin ich halt"? nein, so sehe ich das nicht.
mehr so: "hallo, hier (das) bin ich ... was meint ihr ... kann man da noch was vernünftiges draus basteln?" und: es geht mir um mich; nur ich kann da wirklich was tun (bzw. lassen); nur mich und meine einstellung zu den "dingen" kann ich ändern... darum "its me".
(übrigens lese ich hier schon seit über einem jahr.)
hallo andy1,
richtig, ich habe noch nicht kapituliert. und anscheinend reicht es noch nicht. trotzdem bin ich hier, weil ich nicht aufgeben will, weil ich immer und immer wieder nach einem anstoß suche, der mein kleines bißchen wunsch mit dem trinken aufzuhören verstärkt.
hallo its me, ich war immer für mich und mein Tun verantwortlich. Aber ich hatte nicht verstanden, dass der Alk mich hatte, nicht ich ihn. Und das hat eben lange Jahre gebraucht bis ich das gelöffelt hatte. Auch die noch so kleinste Ausrede war gerade gut genug, um mir mein Trinken wieder selber klar zu machen. Aber es kam die Zeit wo dann tatsächlich nichts mehr war und nichts mehr ging in meiner Seele. Selbst Entschuldigungen wurden blass und blasser, und sie wurden unwichtig. Dann zerbrach ich endlich an mir selber. Ich konnte gar nicht für mich verantwortlich sein, weil der Alk immer sofort wirkte. Das Umlernen von nass und trocken dauerte einige Jahre, wobei die allerersten Monate die eigentlich schlimmen waren. Ab dem 5. Monat (schon!!) ging es bergauf. Ich konnte das aber nur unter 2 Voraussetzungen: 1. Jede Woche "Gruppe" zum Austausch mit den Fachleuten. 2. Ich hatte Vorbilder dass es überhaupt gehen konnte ohne den Schnaps. Gruß Max
1) Wohl erlebst Du mittlerweile nicht mehr unbedingt schöne Momente durch das Trinken, jedoch kannst Du nach wie vor unangenehme Zustände durch Alkohol recht schnell und zuverlässig "abstellen". Man nennt dies auch "negative Verstärkung" (klingt paradox der Begriff, es heißt aber so). Falls Du gelegentlich und unregelmäßig auch jetzt noch angenehme Zeiten MIT Alk hast, greift ein weiteres Lern- gesetz: das so genannte "intermittierende Lernen". Dies ist seltsamerweise die Art und Weise mit der Gelerntes- hier das Trinken- am STÄRKSTEN bekräftigt wird.... Das ist eine verhaltenstherapeutische und oberflächliche Erklärung, die Dir mutmaßlich nicht sehr viel weiter hilft.
2) Ich könnte mir schon vorstellen, daß Du Dich unbewußt / halbbewußt selbst strafen willst ! Mutmaßlich hast Du Dich als Kind (mit-) schuldig an dem Trinken / dem daraus resultierenden Verhalten Deiner Mutter gefühlt. (Dies nicht unbedingt bewußt.) Weiter fühlst Du Dich evtl. (mit-)schuldig an der Sucht Deiner Tochter. Dies beides kann dazu führen, daß Du Dich strafen willst.
MfG BukTom
P.S.: Las` gerade noch, daß Du schon viele der üblichen Hilfsangebote "durch" hast ... Hast Du es mal mit einer Psychotherapie unter dem Schutz von (evtl. implantiertem) Disulfiram versucht ?
[ Editiert von Burkhard Tomm Bub am 04.11.05 16:58 ]
[ Editiert von Burkhard Tomm Bub am 04.11.05 17:00 ]
zuerst ein Mal bin ich wirklich angenehm erstaunt und überrascht, wie sauber und durchdacht du dich trotz deiner langjährigen Suchtkarriere noch artikulieren kannst. Was mir sagt, dass du ein nicht zu unterschätzendes, recht hohes geistiges Niveau nebst entsprechenden Begabungen in dir trägst. Also durchaus etwas, über das du sehr froh und dankbar sein darfst.
Die Beschwerden im ersten Teil deines Beitrags, die kennst du aus Erfahrung heraus schon lange, und weißt sie auch zuzuordnen. Solange du nass und aktiv süchtig bist, werden alle diese Symptome auch vorhanden sein, mal schlimmer, mal weniger intensiv, aber sich mit der Dauer einer Alkoholabhängigkeit steigernd und vermehrend. „Noch“ - und da solltest du hellhörig werden - sind es fast ausschließlich Beschwerden, die, bis auf deine Vergesslichkeit und die Kopfschmerzen, relativ wenig in dein „ich“ eingegriffen haben. Aber, bei gleich bleibendem Lebenswandel wird „die so ist, wie sie ist“ eine werden „die nicht mehr ist, wie sie mal war“.
Nein, bescheuert bist du bestimmt nicht in meinen Augen, wenn du es - momentan - einfach nicht fertig bringst, das erste Glas stehen zu lassen. Eher relativ „normal“ - als Süchtige. Weil guck mal: Wenn’s so einfach wäre, und wenn es so viele gäbe, die es ja immerhin fertig bringen ihre Sucht zu erkennen, und dann noch „einfach nur das erste Glas stehen lassen“ - dann würden ja auch die ganzen Statistiken und Erfolgsaussichten in der Sucht völlig anders aussehen.
„dass es mir schlecht geht, bin ich gewohnt. ich kann es schwer und nicht lange aushalten, wenn es mir mal gut geht..“, hast du geschrieben. Damit kann ich mich, was meine Vergangenheit anbetrifft, gut identifizieren. Ich habe auch nie unmittelbar im Zusammenhang mit schlechten und negativen Lebensphasen gesoffen. Im Gegenteil, meist fing ich wieder an, wenn ich sehr schwierige Lebensabschnitte „gepackt“ und in die richtigen Bahnen gelenkt hatte. Oder, wenn ich sehr komplizierte Projekte erfolgreich abgeschlossen hatte. Oder, wenn es in Partnerschaft und Umfeld gerade wirklich gut und harmonisch lief. Dann stand ich immer sehr, sehr dicht am Alkohol.
Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass es eine „andere“ Sucht war, die meinen Alkoholismus begünstigte und immer wieder hervorlockte: die Sucht der Selbstzerstörung. Weil - was nicht sein darf, das soll auch nicht. Ja, es konnte und durfte einfach nicht sein, so mein unbewusstes Streben, dass die Kette der jahrzehntelangen Versagensängste, der Unglücke und des Ungemachs plötzlich abriss - und es mir einfach nur gut ging. Nein, das war ich nicht nur nicht gewohnt, das irritierte mich dann doch so sehr, dass ich unwillkürlich versuchte, „den alten, gewohnten“ Zustand wieder herzustellen. Weil mit Alkohol, da ging es dann immer recht schnell mit allem bergab …
Deine Suchtkarriere ähnelt insofern meiner, auch was die einzelnen Stationen anbetrifft. Ich weiß heute, dass diese Anlaufstationen zwar ganz sicher einzelne Puzzlestücke in meinem Genesungsprozess waren, aber nicht die einzig ausschlaggebenden. Ganz sicher weiß ich es auch heute noch nicht, was mein „Klick“ verursacht hat. Ob es einfach nur der Gedanke war „das musst du dir einfach nicht antun“ oder ob mich bestimmte Erlebnisse, die erstmalig sehr reale und bewusste Wahrnehmung von Alkoholikern, für die es kein Zurück mehr gibt, zu „darum höre ich auf“ brachten. Ich wusste: Entweder macht es jetzt „Klick“ in die richtige Richtung - oder der „Klick“ in die andere, unumkehrbare Richtung kommt über kurz oder lang …
Vielleicht solltest du mal genau hingucken, was dich so stört und irritiert, wenn es dir gut geht, dass du wieder zum Alk greifen musst. (Natürlich erst, wenn du (mal wieder) nüchtern und trocken bist. Weil den Schritt solltest du eben, weil du bist, wie du bist, schon nochmal wagen.) Vielleicht hilft dir die „ganz harte Tour der Entgiftung“, in dem du bewusst in eine Geschlossene gehst, in der du auch jene um dich hast, für die es kein Zurück mehr gibt? Weil auch die vielen Entgiftungen, und das Wissen, eigentlich ja doch irgendwie immer wieder mithilfe anderer „aufhören“ zu können, wenn es ganz schlimm wird, kann durchaus zur Gewohnheit und zu einer Art von Selbstläufer werden.
„weil ich nicht aufgeben will, weil ich immer und immer wieder nach einem anstoß suche, der mein kleines bißchen wunsch mit dem trinken aufzuhören verstärkt.“
Das ist es, was dich irgendwann (hoffentlich bald) dorthin bringt, wo du (wirklich) hinmöchtest. Nur: Du suchst wohl in der falschen Richtung. Den „Anstoß“, den findest du direkt da, wo du jetzt bist: bei dir selbst, in dir selbst, DICH SELBST! Aus dem „kleines bißchen Wunsch“ sollte dann aber schon „mein dringlichster und (momentan) einziger Wunsch“ werden. Ich wünsche es dir jedenfalls von ganzem Herzen. Sierra