Dieses Thema ist mir doch so wichtig, dass ich es zum „Thema“ machen möchte. Geht es euch anderen Müttern auch so, dass ihr auch in euch habt: „wie furchtbar, du als Frau, Alkoholikerin und dann auch noch Mutter?“ Habt ihr auch schon mal die fragenden Bemerkungen gehört „hast du nie an deine Kinder gedacht?“ oder „hast du denn auch in der Schwangerschaft getrunken? Mein Gott?“ Ich persönlich habe an diesem Paket eine Menge zu schleppen. Sicher mache ich mir immer klar, dass ich krank war und bin, es auch eigentlich nicht um eine Schuldfrage geht und doch…kann ich mich nicht von Selbstvorwürfen frei machen.
Kann es sein, dass das auch ein Grund ist, der es Frauen noch schwerer macht, Hilfe von außen anzunehmen? Wie geht es euch anderen Mütter damit?
kann ich gut nachvollziehen, dein "wie furchtbar, du als Frau, Alkoholikerin und dann auch noch Mutter"
- als Mann, Alkoholiker und dann auch noch Vater *gg*
Wenn zu mir jemand sagen würde: "hast du nie an deine Kinder gedacht?“", dann könnte ich nur antworten: "Gedacht schon, aber die Sucht war stärker. Erst kam die Sucht, dann alles andere. Und wenn ich beides vermischte, und sowohl die eine wie die andere Seite befriedigen wollte, dann wurde es mit dem Saufen ganz schlimm." ;-)
Ich habe viele Jahre "daran herumgeknabbert", bin nachts oft wach gelegen, konnte fast nicht atmen vor Bedrückung, durch die miesen Gefühle, die sich "beim Zurückdenken" wie eine Zwangsjacke um und in mich pressten. Ein idealer Nährboden, um ganz schnell wieder dort zu landen, wo ich herkam ...
Heute weiß ich für mich: Zu mir stehen heißt auch zu allem in meiner Vergangenheit stehen. Bestimmt war vieles ziemlich sch ... Aber jeder Mensch sollte seine Chancen erhalten, um sich weiterentwickeln und ändern zu können. Auch Mütter und Väter ... Und nur wer das nicht anerkennen möchte - der oder die sind stehen geblieben. Ich nicht.
Sierra (Ich hoffe, es stört dich nicht zu sehr, dass ich mich trotz meines anderen Geschlechts gemeldet habe ;-) )
wie kann es mich "stören" dass du antwortest. (Finde deine Beiträge durchweg Klasse) Sicher nicht... und ich bin mir auch sicher, dass auch Väter sich mit diesem schlechten Gewissen "rumschlagen" ..und doch... für mich als Mutter ist es noch etwas anderes. Das hat sicher etwas mit der "Rolle" der Mutter zu tun. Ich, die eigentlich für den Schutz im Mutterleib zuständig bin, die während der Stillzeit genau weiß, mein Kind nimmt alles auf was ich trinke..ich, die viel Zeit mit dem Baby verbringt und in dieser Zeit einfach auch eine sehr intensive Beziehung zum meinem Kind habe..ich saufe. Ich, die sich in der heutigen Zeit immer noch dafür zuständig fühlt, das die Harmonie in der Familie und im sozialen Umfeld funktioniert...ich bin abhängig und trinke heimlich. Mich belastet das immer noch sehr stark, auch wenn es jetzt nicht mehr so ist...
Ich bin zwar keine Mutter, sondern ein abstinent lebender Vater. Ahnliche Gedanken gingen mir in meiner noch nassen Zeit auch durch den Kopf. Mein Sohn war 6 Jahre und unsere Tochter war gerade geboren, als auch wohl ausgelöst durch meine schlechte körperliche Verfassung, sich der Gedanke in mir breit machte, was sagen später mal meinen Kindern über ihren Vater. Auch die Angst ich könnte nicht mehr miterleben wie sie aufwachsen und ein anderer würde die Rolle des Vaters übernehmen, haben mich fertiggemacht.
Meine Körperliche Verfassung und diese Angstgedanken, haben in mir den Wunsch nach Hilfe geweckt. Ich hatte wohl meinen persöhnlichen Tiefpunkt erreicht. Ich hab mich um einen Termin in der Suchtberatung bemüht und mit ihrer und der Hilfe einer Selbsthilfegruppe gelernt die Krankheit Alkoholismus anzunemen und mich so zu akzeptieren wie ich bin.
Die letzten Leichen wurden dann bei meiner Langzeittherapie aus dem Keller geholt und beerdigt. Heute nach vielen Jahren der Abstinenz kann ich sagen, dass sich der Weg mehr als gelohnt hat.
Ich kann nur jedem raten der etwas gegen seine Krankheit tun will, sich Hilfe bei Fachleuten der Suchtberatung und einer Selbsthilfegruppe zu suchen. Nach dem Motto: "Nur Du allein schaffst es, aber Du schaffst es nicht allein." Sei ganz lieb gegrüßt von Günther.
ich habe mehrmals zu hören bekommen: "sind deine kinder es dir nicht wert, aufzuhören zu saufen?!" und ich dachte daraufhin über mich selber: "was bist du nur für eine mutter, die es nichtmal schafft, für ihr eigen fleisch und blut die sauferei zu lassen!?" wie ich mich dabei fühlte, kann wohl jede(r) nachvollziehen.
gefühlsmäßig bin ich z.b. schuld daran,dass meine 24-jährige tochter auch suchtkrank geworden ist. und obwohl mir vom kopf her klar ist, dass das so nicht der fall ist, lastet das sehr schwer auf meiner seele, und ich weiss nicht, wie ich mit dieser last umgehen soll/ kann...
Hallo Ruby, sicherlich fällt es auch in der heutigen Gesellschaft den Frauen noch immer schwer Hilfe von außen anzunehmen. Bei Frauen wird es meistens auch spät oder oft gar nicht erkannt, dass sie krank sind. Ich denke das es das Wichtigste ist, das man trotz seiner Krankheit, versucht hat das Beste zu geben. Man sollte nicht vergessen, das es auch andere Krankheiten gibt die eine optimale Fürsorge auch nicht gewährleisten. Inwieweit die Kinder dann darunter zu leiden hatten, kann nur die Zukunft zeigen. Aber Mutter oder Vater bleibt man immer und so hat man als Elternteil glaube ich noch viele Chancen. Man muss sie nur versuchen wahr zu nehmen. Liebe Grüße Dorte
ich persönlich hab mir dieses Thema schöngesoffen.
Meine Mutter ist ja auch Alkoholikerin(seit über 20 Jahren trocken)...und ich hatte es überlebt..also konnte es doch sooooo schlimmm nicht sein.
Wie schlimm es war...das wurde mir erst mit zunehemender Trockenheit bewusst,als ich anfing mein Leben bewusst mit meinen Kindern zu leben und sie nicht nur als Mitläufer zu betrachten. Da merkte ich wie schlimm das Alles damals für mich war und wie schlimm es für meine Kinder gewesen sein musste.
Ich bin froh,daß ich dei Kurve noch rechtzeitig kratzen konnte,als meine Kinder noch allesamt klein genug waren,um sie wieder umzupolen. Mit Ausnahme meines Grossen,der auch schon eine Suchtkarriere hingelegt hat...allerdings im illegalen Bereich. Mit Alkohol hat er Nichts am Hut.
Ich gebe aber meiner Mutter nicht die Schuld an meiner Sucht...ich denke eher,daß es ein Phänomen ist,daß sich schon seit Generationen durch unsere Familie zieht. Meine Grossmutter z.B. stand auf Tranquillizer.
Was mir zutun bleibt,ist eine neue Generation in unserer Familie heranzuziehen,die sehr kritisch mit Alkohol,Drogen sowieso...aber auch Medikamenten. Die Tage musste ich beispielsweise meinen 10jährigen darüber aufklären...daß seine Fussballmannschafft garantiert nicht gewonnen hat,weil der Trainer sie vor dem Spiel mit "Dextro Energen" getuned hat *kopfschüttel*. Der Trainer dachte sich Nichts dabei...ich find es unverantwortlich den Kindern schon zu verzapfen,nur "gedopt" seien sie fähig zu gewinnen
hallo Ruby, ganz gewiss hast du keine Schuld wegen Krankheit. Auch wenn es noch dauern sollte mit der Erkenntnis. Zur Beruhigung: Meine "kleinsten" Kinder kennen mich nur trocken, und 'er ging immer in seine Gruppen'. Beide stehen dem Alk absolut normal gegenüber, fragen auch gelegentlich, auch seltsame Dinge, und somit denke ich Erziehung war Vorbild und Beispiel. Was anderes ist - da kenne ich jemanden - wenn die Mutter als Spiegeltrinkerin die s´gesamte Schwangerschaft weitrtrank, und mit 3,5 Promille zur Entbindung fuhr, damit sie nicht ins Delir fällt bei Abbau des Alks. Leider kannte ich den Knaben dazu nur bis er 17 war. Danach kam er aus der ´Bahn, aber aus anderen Gründen. Gruß Max
du hast geschrieben... Was anderes ist - da kenne ich jemanden - wenn die Mutter als Spiegeltrinkerin die s´gesamte Schwangerschaft weitrtrank, und mit 3,5 Promille zur Entbindung fuhr, damit sie nicht ins Delir fällt bei Abbau des Alks. Leider kannte ich den Knaben dazu nur bis er 17 war. Danach kam er aus der ´Bahn, aber aus anderen Gründen.
genau da sehe ich den Unterschied.... hätte der werdende Vater seine Frau mit den Promille zur Geburt begleitet, hätte das so mancher abgetan mit..."na ja die Aufregung, der junge Vater" Bin mir ganz sicher, bei der Frau war das anders und ich möchte nicht wissen, was sie sich anhören musste...oder noch schlimmer was sie fühlen musst... Danke dir für das Beispiel Gruß Ruby
Also bei Alkoholikern, die sich nachträglich selbst dafür bemitleiden, was sie getrieben haben, muss ich immer schwer an mich halten. Auch wenns Alkoholikerinnen sind.
hast du das wirklich als Mitleid aufgefasst? Eigenartig, sowas habe ich nun wirklich nicht in mir. Vorwüfe ja aber kein Selbstmitleid.... aus meinem Beitrag: Ich persönlich habe an diesem Paket eine Menge zu schleppen. Sicher mache ich mir immer klar, dass ich krank war und bin, es auch eigentlich nicht um eine Schuldfrage geht und doch…kann ich mich nicht von Selbstvorwürfen frei machen.
ich schleppe an dem Paket, als Mutter, "Hüterin der Kinder", zu einer Zeit als sie mich brauchten betrunken gewesen zu sein. Sie waren mir ausgeliefert und hatten keine Chance zu gehen, wie es vielleicht ein Partner oder Mann tun kann.
Wenn, dann schleppst Du höchstens an Dir selbst, denn es war nun mal niemand anders und ein Paket schon gar nicht. Und Du kannst doch laufen, oder?
Jeder Alkoholiker muss sich nun mal damit abfinden und sogar anfreunden, daß er selbst seinen Mist verbockt hat. Solang ich meine, ich hab da einen Teil, mit dem ich nur schwer leben kann, könnte es ja leicht sein, daß ich mal wieder versuche den zu ersäufen.
du hast geschrieben: Jeder Alkoholiker muss sich nun mal damit abfinden und sogar anfreunden, daß er selbst seinen Mist verbockt hat. Solang ich meine, ich hab da einen Teil, mit dem ich nur schwer leben kann, könnte es ja leicht sein, daß ich mal wieder versuche den zu ersäufen.
Ich muss mich mit nichts abfinden. Wenn das bei dir so ist ist es doch ok. Ich möchte mich damit beschäftigen was ich getan habe um es zu verarbeiten und damit leben zu können. Darum habe ich das hier auch zum Thema gemacht. Das ist mein Weg um nichts ersäufen zu müssen.