Ich habe eine Frage bzgl. der vielzitierten "körperl. Abhängigkeit".
Annahme man trinkt TÄGLICH einige Flaschen Bier(5-6)...führt dieses Verhalten zwangsläufig zur körperl. Abhängigkeit? (Seelische Abh. vorausgesetzt).
Gibt es Erkentnisse darüber, ob eine regelmäßige Trinkpause (3-Alkfreie Tage im Wechsel mit Trinktag unter der Woche) eine körperl. Abhängigkeit verhindern kann?
Kann ein "Gesunder" sich mit regelm. kontrolliertem Trinken vor der phys. Abhängigkeit schützen?
Hängen solche Auswirkungen immer von einer genauen Gramm- menge regelmäßigen Alk-konsums ab oder ist es immer Personenabhängig (Geschlecht,Gewicht, Alter)- gibt es Erkenntnisse därüber, wann "die Schwelle" überschritten wird?
Hm, wozu ist es wichtig, ob ich körperlich abhängig bin, wenn ich schon seelisch abhängig bin ??
Ich würd` z.B. bei mir annehmen, daß ich "nur" (= GANZ dicke Anführungszeichen !) psychisch abhängig war. Das lag aber wohl daran, daß ich ein Poly bin, Tranquilizer, Alkohol, immer mal auch andere Sachen- Hauptsache "drauf" ...
Ich schweife ab.
Mit solchen Fragen, wie Du sie stellst habe auch ich mich beschäftigt ... in der "Verhandlungsphase". Bin ich süchtig, bin ich`s nicht und wenn dann vielleicht nur "ein bischen" ?
Irgendwann kam der Punkt, an dem mir das alles egal wurde, wo ich nur noch wußte: so KANN es nicht weitergehen. Das war wie eine Last, die von mir abfiel. Solche Fragen waren in diesem Zusammenhang völlig unwichtig geworden.
ZitatAnnahme man trinkt TÄGLICH einige Flaschen Bier(5-6)...führt dieses Verhalten zwangsläufig zur körperl. Abhängigkeit? (Seelische Abh. vorausgesetzt).
Ja, mit 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit!
ZitatGibt es Erkentnisse darüber, ob eine regelmäßige Trinkpause (3-Alkfreie Tage im Wechsel mit Trinktag unter der Woche) eine körperl. Abhängigkeit verhindern kann?
Weiß ich nicht. Aber die (psychische oder seelische) Abhängigkeit verhindert, dass du auf Dauer 3 Alkfreie Tage hintereinander pro Woche durchziehst!
ZitatKann ein "Gesunder" sich mit regelm. kontrolliertem Trinken vor der phys. Abhängigkeit schützen?
So lange er noch "gesund" also physisch nicht abhängig ist, ja. ABER, wie beurteilt er, ob und wie lange er mit kontrolliertem Trinken psychisch gesund ist? Theoretisch könnte er sich schützen, wenn er sehr selbstkritisch wäre und regelmäßig im Kontakt mit anderen Vergleiche zieht. Wenn er nur 1x merkt, dass er den Alkohol nicht aus genuß (1-2 Bierchen mehr wäre das nicht), sondern wegen der Wirkung trinkt, dann müsste er sofort anfangen nachzuforschen WAS er damit kompensieren will. Warum benötigt er z.B. 5 -6 Bierchen mit dem Ziel seine Gefühle, Gedanken, Motorik oder was auch immer nicht mehr adäquat selbst steuern zu können??? Tja, aber so selbstkritisch ist der "Gesunde" nicht mehr nach 5 - 6 Bier. Und das besonders tückische ist, je weiter die Sucht fortschreitet, desto mehr glaubt der Betroffene, dass er alles im Griff hat.
ZitatHängen solche Auswirkungen immer von einer genauen Gramm-menge regelmäßigen Alk-konsums ab oder ist es immer Personenabhängig (Geschlecht,Gewicht, Alter)- gibt es Erkenntnisse därüber, wann "die Schwelle" überschritten wird?
Nein, sie hängen nicht von einer bestimmten Grammmenge ab. Auch nicht von Geschlecht, Gewicht oder Alter. Die Auswirkungen hängen davon ab, ob man eine "Suchtstruktur" hat, sich z.B. Verhalten angewöhnt hat, dass eigenen Bedürfnisse, Konflikte, Tatsachen unter den Tisch kehrt, weil man nicht in der Lage ist, sich damit auseinanderzusetzen, weil man z.B. ein überzogenes Perfektionsdenken hat - nur als ein Beispiel von sehr sehr zahlreichen.
Die Sucht fängt schon VOR dem Suchtmittelkonsum an. Es ist eine Art Vermeidungsverhalten in deiner Psyche, das aber ein Ventil sucht, weil du sonst irgendwann explodieren würdest. Manche betätigen sich z.B. auch in Kaufsucht, Sexsucht, Internetsucht, Esssucht, Nikotinsucht....
Ich kenne keinen "Gesunden" Menschen, der mehrmals wöchentlich z.B. 5 -6 Bier trinkt. Ich kenne aber einige die das tun und sich für gesund halten.
die gibt's doch tatsächlich, diese Angabe! Ich hab' s nämlich geschafft, das Glas zuvor stehen zu lassen. Ist auch überhaupt nicht schwer für mich, mir die Nummer des Glases zu merken. Bei mir ist es das erste Glas, das ich stehen lasse.
hallo Großer Bruder, Mensch du kannst ja richtig das kleine Einmaleins anwenden. Super! Bis eins sollte wirklich jeder zählen können, wird mein Spruch des Tages, Gruß Max
die gibt's doch tatsächlich, diese Angabe! Ich hab' s nämlich geschafft, das Glas zuvor stehen zu lassen. Ist auch überhaupt nicht schwer für mich, mir die Nummer des Glases zu merken. Bei mir ist es das erste Glas, das ich stehen lasse.
Lieber Gruß Werner
Hallo Werner, scheinst mich falsch verstanden zu haben. Für uns ist das erste Glas das Wichtigste bzw. es nicht zu trinken. Ich meine es aber anders. Die übliche Fragen lauten doch: Ich trinke x Einheiten Alkohol in Zeiteinheit y mit einem Absand von z Tagen. Bin ich Alkoholiker?
Viele Neue suchen hier doch irgendwo diese imaginäre rote Linie - die Grenzen zwischen den "Normalos" und uns.
Was ich sagen will: Wenn es diese Grenze gäbe, hätte doch jeder die Chance exakt ein Glas vorher aufzuhören, die Grenze nicht zu überschreiten und weiter "kontrolliert zu trinken".
Da es diese Grenze aber nicht gibt, stellen viele irgendwann erschreckt fest, dass der Alkohol sie im Griff hat und nicht sie den Alkohol.
Die Sucht fängt schon VOR dem Suchtmittelkonsum an. Es ist eine Art Vermeidungsverhalten in deiner Psyche, das aber ein Ventil sucht, weil du sonst irgendwann explodieren würdest.
Hallo Gaby,
kannst Du das mal näher erläutern? Find ich interessant.
ja, möglicherweise haben wir uns falsch verstanden.
Ich glaube, in der Praxis wird es in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle darauf hinauslaufen, daß man/frau experimentell feststellt: ... Huch ich bin ja Alkoholiker.
Es gäbe m. E. theoretisch eine Methode um (frühzeitig) festzustellen, ob jemand ein potentielles Alkoholproblem hat oder nicht. Dazu müßte die Person aber so früh mit der Methode beginnen, daß sie noch keine 'Vorschädigung' hat - in der Regel also ein Jugendlicher oder gerade volljährig gewordener. Die Methode, die ich meine, ist das 'Kontrollierte Trinken' (KT), aber so, wie sie in 'wissenschaftlichen Abhandlungen' beschrieben ist (1), ALSO das vorherige Festlegen von Ort, Situation, Menge (gemeint ist die medizinisch 'unschädliche Menge' - NICHT z.B. 10 Liter Bier) usw. des zu konsumierenden Alkohols. Da gibt es ja ein komplettes Regelwerk. UND dieses 'Experiment' müßte die Person über mehrere Jahre durchführen, nicht nur für ein paar Wochen oder Monate.
Nach meiner Meinung hätte eine Person, die die Regeln des KT befolgen kann, KEIN potentielles Alkoholproblem. Der suchtgefährdete hingegen würde recht früh beginnen, die Regeln zu brechen und sich seine eigenen aufzustellen.
Aber wie schon gesagt, ich glaube nicht daß sich jemand (z.B. ein Jugendlicher) auf so etwas einlassen würde.
ZitatDie Sucht fängt schon VOR dem Suchtmittelkonsum an. Es ist eine Art Vermeidungsverhalten in deiner Psyche, das aber ein Ventil sucht, weil du sonst irgendwann explodieren würdest.
Ich verstehe es so: ein seelisch gesunder und stabiler Mensch stellt sich in der Regel dem Leben und kann auch negativen Erfahrungen positive Seiten abgewinnen. Jemand, der ein (seelisch nicht als gesund zu wertendes) süchtiges Verhalten zeigt, egal ob stoffgebunden oder nicht, reagiert mit einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Vermeidungsverhalten auf alltägliche Dinge des Lebens - was mit zunehmender Krankheitsdauer immer abstrusere Formen annehmen kann (wie ja wohl die meisten von uns wissen). Er versucht also mittels Droge dem ihm nicht bewältigbar Erscheinenden auszuweichen - was natürlich auf Dauer nicht funktionieren kann.
Die Veranlagung dazu trägst du also schon in dir, bevor du mit dem Suchtmittel deiner Wahl in Kontakt gekommen bist.
ZitatDie Veranlagung dazu trägst du also schon in dir, bevor du mit dem Suchtmittel deiner Wahl in Kontakt gekommen bist.
Über "Veranlagung" kann man streiten. Es gibt wissenschaftliche Theorien (Psychoanalyse), die mehr vorn einer Art "Veranlagung" ausgehen und es gibt wissenschaftliche Theorien (z.B. die auf denen die Verhaltenstherapien begründet sind) die davon ausgehen, dass das meiste "erlernt" ist, dass der Mensch quasi Resultat seiner Umwelt und seiner Lernerfahrung ist und somit sein Verhalten auch durch das Lernen neuer Verhaltensweisen ändern kann.
Also, ich habe das (selbstschädigende) Verhalten schon bevor ich anfange Suchtmittel zu konsumieren, so wie du auch schreibst.
Deshalb sind z.B. Kinder von Alkoholikern auch so gefährdet selbst zu erkranken. Sie lernen das selbstschädigende Verhaltensmuster von den Eltern (und Kinder lernen ca. zu 80 Prozent durch abgucken, durch ihr Vorbild, d.h. wenn z.B. Vorbild den ganzen Tag vor der Glotze hängt und zu Kind sagt: Fernseh gucken ist böse - nützt das nix...). Selbst wenn Kinder sich sagen, so, wie die Alten werd´ich nie, so haben sie z.B. im Alkoholikerumfeld nie oder kaum gelernt konstruktiv mit Konflikten umzugehen, Liebe und Distanz im richtigen Verhältnis, das man Grenzen setzten darf ohne dafür emotional erpresst zu werden..etc.etc.
Aber, das Gute ist, sobald einem das klar wird, dann kann man es ändern, weil es eben nicht ein genetisch angeborenes Schicksal ist.
Ich kenne wirklich viele Alkoholiker, die glauben, wenn sie ihren Kindern den Alkohol verbieten und selbst heimlich "sozialverträglich" (haha...:mauer weitersaufen, dann geben sie ihnen alles mit auf den Weg, was sie brauchen. Aber es geht nicht nur um das saufende Vorbild, dass dann "versteckt" wird. Das süchtige Verhalten, dass kommt quasi aus jeder Pore. Beleidigt sein, überempfindlich sein, nicht Streiten können, Überreaktionen, Klammern, Überversorgen (aus schlechtem Gewissen), Rührseeligkeiten abgewechselt mit Nichtansprechbarkeit, Bedürfnisse der Kinder persönlich nehmen, als Angriff gegen sich....etc.etc.
Seit mir selbst das klar wurde, war das meine größte Triebfeder den Alkohol wegzulassen und neues Verhalten zu lernen. Und ich bin so froh´, dass ich es noch gemerkt habe und mir nicht noch 10 Jahre einen vorgemacht habe und lerne immer mehr dazu. Ich kann schon richtig gut Streien inzwischen ohne auf die persönlich, beleidigten Ebene abzurutschen und wenn mein Sohn rumtrotzt, weil er nicht noch einen "Wickie" gucken darf, dann kann ich darüber lächeln und freundlich, aber bestimmt bleiben, weil ich weiß, er muss "Frustrationstoleranz" lernen.
So, nun habe ich aber weit ausgeholt...
Und was is nu mit bernard? Suchst du eine Lösung für das "sozial verträgliche" Trinken?
ZitatDas süchtige Verhalten, dass kommt quasi aus jeder Pore. Beleidigt sein, überempfindlich sein, nicht Streiten können, Überreaktionen, Klammern, Überversorgen (aus schlechtem Gewissen), Rührseeligkeiten abgewechselt mit Nichtansprechbarkeit, Bedürfnisse der Kinder persönlich nehmen, als Angriff gegen sich....etc.etc
Das Verhalten, dass Du hier als süchtig beschreibst, konnte ich auch bei Menschen feststellen, die nicht von einem Stoff abhängig sind und hat vielleicht auch etwas mit Sozialisation, Erziehung und einer bestimmten auch gesellschaftlich geprägten Persönlichkeitsentwicklung zu tun. Sicher stimme ich Dir zu, daß dieses Verhalten bei vielen aktiv Süchtigen zu beobachten ist, konnte ich auch schon bei mir beobachten. Jedoch dieses Verhalten als typisches und ausschließliches Suchtverhalten zu definieren, geht mir persönlich zu weit.
ZitatAber, das Gute ist, sobald einem das klar wird, dann kann man es ändern, weil es eben nicht ein genetisch angeborenes Schicksal ist.
Und dann gib es ja noch die Theorie, die sicher, wie alle anderen auch nicht wirklich wissenschaftlich bewiesen und fundiert ist, daß bei manchen Menschen ein bestimmtes Enzym anders, als bei anderen Menschen ausgebildet ist und durch Alkoholgenuss sozusagen aktiviert wird und sich dieses Enzym durch Alkohol oder andere Drogen sozusagen wächst (wie ein Geschwür). Sobald der Stoff weggelassen wird, bildet sich das Enzym zurück. Jedoch, auch wenn nach Jahren wieder zum Stoff gegriffen wird, wächst das Enzym mit steigendem z.B. Alkoholkonsum. Wahrscheinlich kann dieses Enzym oder die besondere Eigenschaft dieses Enzyms auch vererbt werden, daher vielleicht auch *Familienkrankheit*.
Bei anderen Menschen wiederum ist das Enzym nicht so ausgebildet, reagiert das Enzym also nicht in der Form, so daß bei diesen Menschen ein Alkoholkonsum oder anderer Drogenkonsum nicht zwingend zur Abhängigkeit führt.
Ob das stimmt, weiß wahrscheinlich nur Gott oder der Papst...
und spielt auch vielleicht nicht wirklich eine Rolle, denn vielleicht kommte es ja gar nicht so sehr darauf an, zu verstehen, warum, wieso, weshalb, sondern vielleicht ist eher entscheidend das tiefe innere Bedürfnis an seinem Leben etwas ändern zu wollen und dem Leben eine neue Richtung zu geben, z.B. ohne Suchtstoffe, um die eigene Lebensqualität und die seiner Liebsten zu erhöhen, oder das Bedürfnis, sich persönlich weiterzuentwickeln, was im Verharren einer Abhängigkeit von etwas ja oft gebremst wird, oder eine stärkere innere Zufriedenheit zu erlangen....oder oder oder... die Frage ist vielleicht, was die eigene Motivation ist, etwas an seinem alltäglichen oder gewohnheitsmäßigen oder körperlich oder psychisch gesundheitsschädlichem Verhalten ändern zu wollen.