Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Saufnix  
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 33 Antworten
und wurde 2.954 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Seiten 1 | 2 | 3
polar Offline




Beiträge: 5.749

02.08.2006 09:30
RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

mal ne frage:

wer von euch hat auch nach trinkende eine depression durchgemacht und wie habt ihr in der therapie den alkoholismus einbezogen, resp. wie hat der arzt den alkoholismus miteinbezogen?

und wie seid ihr da rausgekommen.

ich bin auch betroffen, erschöpfungsdepression, burn-out, war die erstdiagnose, nur bin ich langsam der meinung dass das nur der schlussauslöser war, dass mein verhalten, mein wegtrinken, probleme ertränken, eigentlich die hauptursache ist.

erschrocken bin ich dann als ich in meiner montagsgruppe danach gefragt habe, dass 80% z.t. schon über jahre hinweg antidepressiva nehmen.
ich bin jetzt unsicher ob mir das auch blüht, ob mein optimismus, mein leben wieder farbiger zu gestalten, diese depression als einmalige sache zu sehen und zu überwinden nicht zu hoch gegriffen ist.
ich will doch den alkohol nicht mit irgendwelchen medis substituieren.
erstaunlich auch die tatsache dass da niemand von sich aus erzählt hat, sondern unbewusst oder bewusst halt auch den leuten einen vorgemacht hat das leben trocken im griff zu haben. da hatte ich in meiner naivität in ein wespennest gestochen.

LG

rolf


Biene2 Offline




Beiträge: 4.231

02.08.2006 10:06
#2 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Hi Rolf,

das war bei mir nicht anders.
Ich war auch immer der Meinung,ich könne den Alkohol ersatzlos streichen und fortan ohne Krücke mein Leben gestalten.
Das war auch für mich ein Trugschluss.

Die 80%,die Du anführts,habe ich auch in der Tagesklinik gehört.
So sollen,lt.Aussage des Suchtarztes dort,80% der Alkohokranken wegen Depressionen ect.als Primärdiagnose in die Sucht gekommen sein.
Egal ob Männlein oder Weiblein.

Bei mir fing es auch erst nach einiger Zeit der Trockenheit an,daß ich immer schwerfälliger wurde,lustlos,schwermütig,chronisch gelangweilt,Null Antrieb hatte,mich da selbsttätig wieder raus zu holen.
Anfang des Jahres war es dann am schlimmsten und hat danmn in die 2 Rückfälle gemündet,nach denen ich mich kurzzeitig auch besser fühlte.

Ich hab mittlerweile für mich eingesehen,daß ich es allein durch positive Denke,wenn ich denn (noch) welche hatte,da nicht mehr rauskommen würde.
Ich hab den Leuten in der Tagesklinik auch gesagt,daß wenn ich nun wiedermal gesagt bekommen würde,daß ich nur die Flasche stehen lassen brauchte,und alles würde gutwerden,ich nach Hause fahren würde und meinen Quartalstrinkerrhythmus wieder aufnehmen würde.
Ich war verzweifelt.Trinken ging ja eigentlich nicht mehr,aber als Pflanze mehr oder weniger dahinzuvegetieren,das wollte ich auch nicht.

Ich hatte das grosse Glück,daß diese Tagesklinik auf Doppel-Diagnosen spezialisiert ist und der Arzt ziemlich experimentierfreudig meine Dosis Antidepessiva,die ich seit Anfang des Jahres zur Angstdämpfung eingenommen hatte,vervierfacht hat.
Ich nehme die hohe Dosis jetzt seit fast 2 Monaten.Ich laufe zwar auch nicht den ganzen Tag grinsend durch die Welt...hab auch immer mal wieder Phasen,wo ich nicht so gut drauf bin.
Aber das ist normal für jeden Menschen.

Aber,was ich mittlerweile wieder habe,ist ein positives Grundgefühl und genug Antrieb um wieder anzufangen mein Leben positiv zu gestalten.

Ich würd Dir raten,Dir einen Neurologen zu suchen,der sich mit Sucht und Depressionen auskennt.
Ich war auch noch bei einer anderen Ärztin vorher,die davon absolut keine Ahnung hatte und mich im Regen stehn ließ.
Deshalb ,geh ruhig mal an mehrere Türen.

Ich wünsch Dir viel Glück bei der Suche.


Grosser Bruder Offline




Beiträge: 5.070

02.08.2006 10:13
#3 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Hallo Rolf ,

ich denke, da bist du etwas auf dem Holzweg: die Therapie von Depressionen mittels Antidepressiva (von innen) und zusätzlichen therapeutischen Maßnahmen (von aussen, die du ja auch machst !) kannst du nicht einfach mit einer Suchtverlagerung gleichsetzen!
Die modernen Antidepressiva greifen in den Neurotransmitter-'Stoffwechsel' ein, beheben da also eine Art Mangel. Die Behandlung mit Antidepressiva muß auch nicht für immer sein, sondern in der Regel so lange, bis die 'äußeren Maßnahmen' (Therapie) greifen.

Sieh' es eher einmal so, als hättest du eine 'heilbare Form' der Zuckerkrankheit. Das Fehlen an Insulin kannst du ja auch nicht durch Willensstärke kompensieren.


Lieber Gruß
Werner


P.S. Wenn du 'Phoenix' empfangen kannst, schau heute Abend um 20.15 mal rein.


felidaela Offline




Beiträge: 796

02.08.2006 10:37
#4 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Hallo Polar,

auch ich kann ein Lied davon singen.

Habe zwei Jahre trocken zum Teil wie ein Wilde gegen diese Depressionen gekämpft (Sport, Freunde, Job, Urlaub....)...nichts. Immer wieder bin ich abgerutscht. War auch oft verzweifelt. Irgenwann ging mir die Kraft aus. Habe zwar nicht zum Alk, aber zur Bulimie "gegriffen".

Auch Depressionen sind wie Alkoholismus eine Krankheit, gegen die man nicht kämpfen kann. Auch hier geht der Weg der Genesung wohl über die Annahme dieses "Mankos".

Eine meiner Therapeutinnen hat mich dann mal aus dem Verkehr gezogen, und erst heute weiß ich, wie nah ich am Abgrund stand (auch wenn das jetzt sehr theatralisch klingt). Sie hat mir ADs gegeben, welche, die beruhigen. Das ging 'ne Weile gut, war dem Ende nicht ständig so nah, aber von Lebenslust spürte ich immer noch nix. Habe viel geschlafen, was erstmal gut war. Aber die kannte sich mit Sucht nicht aus.

Dann habe ich eine verhaltenstherapeutisch geführte Gruppentherapie gemacht, während der ich mit dem Trinken aufhören konnte. Die ADs hatte ich schon weggelassen (ja, habe sie noch während des Trinkens genommen), und aus der Gruppe bin ich nach 2 Jahren ausgestiegen, weil da eine große Fluktuation herrschte und wir irgendwie immer wieder von vorn angefangen haben. Konnte da nicht das nötige Vertrauen aufbauen.

Danach, wie gesagt: Bulimie.

Dann habe ich im Netz gewühlt und was gefunden, das so klang, als könnte es mir helfen (hatte auch schon mit Hormonen experimentiert, weil sich die Wechseljahre ankündigen und das PMS immer schlimmer wurde). Bin dann zu meiner allg. Ärztin u. habe ihr gesagt: Das will ich mal versuchen. Sie kannte mich, meine Alkkrankheit und mein Bemühen, mich aufrecht zu halten (wollte mich oft krank schreiben, was ich immer abgelehnt habe, denn allein zu Hause wird alles nur schlimmer).

Habe die SSRI bekommen und die Dosis selbständig raufgesetzt (3 Tabl. am Tag, 60mg). Aber auch die haben Nebenwirkungen, die mir so gar nicht gefielen . Also bin ich langsam runter auf eine Tabl. und kombiniere das jetzt mit 5-HTP. Das ist eine Vorstufe von L-Tryptophan (also einer Aminosäure), das im Gehirn zu Serotonin "umgebaut" wird. Das SSRI bewirkt, dass dieses Serotonin nicht gleicht wieder abgebaut wird und ich glaube, jetzt komme ich hin.

Gut, es ist auch Sommer, in den Wintermonaten muss ich mir vielleicht wieder was anderes einfallen lassen.

Ich kenne meinen Körper und seine Reaktionen sehr gut, so dass ich da selbst viel allein probiere. Eine Depression kann auch andogen sein, also "selbstgebaut" und nicht von außen kommend. Es ist eine Krankheit, die auch in Familien, wie Krebs oder Alkoholismus, geballt auftritt, also auch irgendwie vererbt wird.

Ähm.... so weit meine Abhandlung dazu

Ich hoffen, du kannst was damit anfangen


Alles Gute!


Pauline Offline




Beiträge: 606

02.08.2006 10:37
#5 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

hallo Werner,

ich finde Deine Antwort sehr treffend, kurzfristig solche Dingsda-Pillen einzunehmen akzeptiere ich, aber für immer....? Würde für mich nie in Frage kommen. Über Jahre hinweg Seelentröster (Antidepressiva) zu nehmen sehe ich als Suchtverlagerung, nur ohne "Fahne". Ich kenne eine solche Damen, sie rennt ständig high durch die Welt, aber sie trinkt ja nicht oder nicht mehr.............

Was macht eigentlich nicht süchtig??????? Zum Beispiel muß ich jeden morgen meine Landeszeitung lesen, wenn ich die mal nicht kriege, fehlt mir was, ist das auch schon so eine Art Sucht???

Gruß die


felidaela Offline




Beiträge: 796

02.08.2006 10:44
#6 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Zitat
Zum Beispiel muß ich jeden morgen meine Landeszeitung lesen, wenn ich die mal nicht kriege, fehlt mir was, ist das auch schon so eine Art Sucht???



Jaaaaa, Pauline, unbedingt!!!!

Ich bin süchtig nach Gesprächen, nach meinem Sohn, nach Saufnix, nach Bücher/Zeitungen/Zeitschriften, nach meinem Job mitsamt den Kollegen, nach meinen Freunden, dem Handy, der Katze....


Ohne dem würde mir irgendwie was fehlen

Auf das andere geh' ich mla nicht ein. Will nicht missionieren.


Faust Offline




Beiträge: 5.520

02.08.2006 11:38
#7 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Mh, interessante Diskussion.

Wenn ich das Wort Antidepressiva lese,
fällt mir ein Witz ein:

"Herr Doktor - ich bin so verzweifelt!
Ich halte das nicht mehr aus!
Jeden Morgen um sechs habe ich Stuhlgang."

"Na und - ist doch prima."

"Aber ich wache erst um halb sieben auf!"

"Na gut, ich schreibe Ihnen da mal was auf."

Wochen später:

"Na - wie fühlen Sie sich?"

"Besser - viel besser, Herr Doktor.
Der Ablauf ist zwar der Gleiche,
aber ich rege mich nicht mehr drüber auf!"



Nee, nee, ich zweifle nicht am Wert solcher Medikamente,
wenn eine gründliche Diagnose nahe legt,
dass eine zeitweilige Unterstützung und Veränderungen bezüglich der Ursachen
und des Umgangs mit diesen zur Genesung führt.

Ich denke aber, das ist ein verdammt dünnes Eis.

An anderer Stelle schrieb Jörg heute vom Alkoholiker,
der sich gern fahren lassen möchte,
aber erst Laufen lernen sollte.


Unzufriedenheit, Frust bis hin zur Depression kannte ich schon, bevor ich mit der Quartalstrinkerei angefangen habe.

Insofern bildetet sich dann so eine Wellenbewegung:

Unzufriedenheit-Frust-Depression - Saufen (nichts mehr wahrnehmen) - Aufraffen, nichts trinken, - and so on

Zweimal haben mich andere im letzten Moment davor bewahrt,
meinem Leben ein Ende zu setzen.
Das war jeweils im betrunkenen Zustand.

Ohne Alkohol im Kopf habe ich mir oft gewünscht,
einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen,
aber dann da nichts aktiv betrieben.

Dahinter steckte bei mir, denke ich,
dass ich lange nicht in der Lage war,
die Probleme zu ordnen.
Einige, die ich für groß hielt, waren überhaupt nicht meine.
Andere, die von Bedeutung für mich waren, habe ich als solche nicht erkannt.
Für Lösungen hatte ich nur sehr begrenzte Methoden zur Verfügung,
weil ich andere Wege und Sichtweisen nicht kannte.
Und ich wollte alles immer gleich und sofort.

Die letzten Runden meiner nassen Zeit brachten dann auch noch Panikattacken und Angstzustände mit,
was sicher dazu beitrug,
dass ich aus diesem Teufelskreis endlich heraus wollte.

Ich habe die Psychopharmaka für mich abgelehnt,
weil ich überzeugt war,
dass mit dem klaren Kopf und dem Aufarbeiten in den therapeutischen Maßnahmen der Weg sichtbar wird,
wie ich mein Verhalten ändern muß, um zufrieden trocken werden zu können.
Und sehr wichtig dabei war, dass ich Geduld mit mir habe,
ein Problem nach dem anderen angehe
(das schließt ein bißchen Multitasking nicht aus)
und dabei nicht starr(sinnig) nach einer Lösung suche.
Es ist ein sehr langer Weg.

Von außen betrachtet, ist meine Situation in vielen Punkten kaum besser,
als vor zwei Jahren,
aber von innen sieht das völlig anders aus.
Ich mache jeden Tag etwas für mich,
manchmal kaum sichtbar, manchmal fluppt es auch.
Mit der Trockenheit habe ich ein gutes Fundament gefunden,
dass mein durchaus schwingungsfähiges System nicht so leicht aus der Verankerung gerissen werden kann...
Es bedarf aber der ständigen Wartung.

LG
Bernd


Maja82 Offline




Beiträge: 5.096

02.08.2006 12:16
#8 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

bei mir kamen keine Depris ( bissle vielleicht aber doch sehr gering ) Ich bekam Ängste die ich wohl aber schon vorher hatte und mit Alk halt versucht habe zu beteuben . Ich leide unter einer Soziophobie ( Angst vor Menschen ) und bin in Therapie. Tut mir sehr gut geht auch langsam vorran.
Ich habe schon seid meiner Kindheit einen Kontrollzwang. ( gucke nach ob Herd aus ist, Tür zu und das bis zu 10 mal ) mal mehr mal weniger. diese handlungen so wie ich jetzt weiß sind wohl auch eine Art Angstbewältigung.
Was jetzt vor nem viertel Jahr dazu kam sind Gedankenzwänge ( will mich damit wohl selbst verletzen und wieder von den Ängsten ablenken. )
Die Gedanken sind das schlimmste was ich meinem Leben je durch gemacht habe und ich bin froh das se mich zur Zeit los lassen


vicco55 Offline




Beiträge: 2.649

02.08.2006 12:23
#9 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Hallo Ihrs,

daß ich das noch erleben darf, dem Faust Recht zu geben - whow

Im Ernst: ich bin das erste Jahr meiner Trockenheit auch antriebslos, mit Watte im Kopf, halt so a bisserl wie ein Zombie durch die Gegend gelaufen. Nach einem Jahr wars dann ok, konnte mich wieder spüren, hatte Spaß am Leben. Dann hörte ich ein halbes Jahr später mit dem Rauchen auf. Das Ergebnis: siehe oben.

Fazit für mich: vielleicht wäre es manchmal gut, a bisserl seine Frusttoleranz zu erhöhen. Die Zahl von 80%-Pillenuser, die einige nennen, ist für mich absolut erschreckend. Ich habe so ein vages Gefühl, daß die Pharmakrücken zu leicht verschrieben werden. Bitte, ist mein Gefühl, muß für andere nicht so sein.

Gruß
Viktor, der nicht gedacht hätte, mit seiner Meinung gefährlich nahe mit Harcore-AA-Meinung übereinzustimmen :frage3Nein: Faust, Du bist damit nicht gemeint:grins2


gepard Offline




Beiträge: 851

02.08.2006 12:26
#10 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Wenn ich nicht vorgewarnt gewesen wäre, würde ich vielleicht auch glauben, dass ich Antidepressiva brauche. Es ist zwar nicht das Depressivsein mein Hauptsymptom im ersten Jahr gewesen, aber dieses dünne Nervenkostüm, die "Langeweile", das Einsiedlertum in meiner Freizeit, und einiges mehr, da hätte ich auch mal einen Arzt gefragt, ob das Depressionen sein können.

Allerdings hatte ich schon gehört, dass nach dem Trockenwerden die Gehirnchemie aus dem Gleichgewicht ist und es lange dauert, angeblich mindestens ein Jahr, bis wieder merklich diese körpereigenen Glücksbotenstoffe produziert werden können, die man zuletzt fast nur noch mittels Alkohol hergestellt hat und die körpereigene Produktion stillgelegt war.

Ich habe das voll bewusst in Kauf genommen, dass erst mal alles eher zäh sein wird. Ich glaube, dadurch bin ich ganz gut über die Zeit drübergekommen. Die Selbstzufriedenheit in Bezug auf das Trockensein überwog, trotzdem ich mich oft dumpf fühlte. Ich versuche mich immer wieder zu erinnern, dass ich mich mal danach gesehnt habe, ein Leben zu leben, in dem ich keinen Alkohol mehr brauche und wo all diese Probleme wegfallen, die der Alkohol mit sich brachte oder noch hätte bringen können. Und da kommt schon so etwas wie Freude auf.

In letzter Zeit hatte ich zwar einen Rückschlag in Sachen Glücksgefühle (Rauchen aufgehört - mir kommt vor, die Rauchentwöhnung macht noch depressiver), doch ich merke schon, dass die Durststrecke hinter mir liegt.

Aber ich finde es voll ok, wenn nicht lange gezögert wird, den Arzt darauf anzusprechen. Moderne Antidepressiva können sicher über die Zeit hinweghelfen, egal ob primär oder sekundär oder sonstwie depressiv. Es wird ein geeignetes Medikament ausgewählt, da gibt es ja verschiedene Wirkungsweisen und Nebenwirkungen. Muss jeder selber ausprobieren.


amethysmena ( gelöscht )
Beiträge:

02.08.2006 12:55
#11 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

sálü polar!

ich bin auch eine von denen, die pillen nimmt ...

bei uns in der selbsthilfegruppe bin ich nicht die einzige. wir tauschen uns regelmäßig und offen darüber aus: was wir nehmen, wieviel, wie die wirkungen und nebenwirkungen so sind und ob es ein suchtpotential gibt bzw. die gefahr einer suchtverlagerung.

ich weiß, dass es gruppen gibt, die strikt gegen jegliche medikamente sind. ich habe die einnahme meines selektiven serotonin-wiederaufnahmehemmers sehr gründlich überlegt, das für und wider abgewogen und nach dem alkoholentzug mich anderthalb jahre mit schlimmsten kopfschmerzen, depressionen und ängsten gequält, bevor ich mich dann von meiner ärztin quasi dazu überreden ließ. ich nehme eine ziemlich hohe dosis. in regelmäßigen abständen - etwa einmal im jahr, mit begleitung meiner ärztin - versuche ich, die dosis zu reduzieren. die alten symptome sind immer ziemlich schnell wieder da, und ich kehre zu meiner 'gewohnten' dosis zurück, die sich nun über gut fünf jahre nicht geändert hat. also keinerlei gewöhnungseffekt, keine suchtverlagerung.

das medikament ist auch kein 'glücklichmacher'. ich kann genauso heulen, mich ärgern oder wütend oder verletzt sein wie früher. das medikament führt meinem gehirn einen stoff zu, den es selbst nicht in ausreichender menge oder nicht in der richtigen form produzieren kann.
dadurch schmeisst mich nicht gleich alles 'doofe leben' um ins schwarze loch hinein, und ich habe eine andere energie, die aufgaben meines lebens angemessener zu bewältigen. das gibt mit mehr stabilität, mehr lebensfreude und auch mehr kraft, auf die droge alkohol konsequent zu verzichten.

da stimme ich dem großen bruder zu: wenn ich diabetes hätte, müsste ich auch insulin künstlich zuführen. so what?

an anderer stelle (klick!) habe ich darüber mal ausführlicher geschrieben.

das ist ein sehr indivuduelles thema. für mich ist es stimmig so, wie ich es für mich gelöst habe: ich nehme das medikament, und es hilft mir, frei nach der alten asiatischen weisheit

"was heilt, hat recht"

ich kann nicht allgemein sagen, ob ich psychopharmaka allgemein gut oder allgemein schlecht finde. es ist für jedeN anders. es gibt unterschiedliche präparate und es gibt unendlich viel mehr verschiedene menschen, mit unterschiedlichen konstitutionen und lebensgeschichten - die unterschiedlich reagieren. es gibt ärztInnen, die sich besser oder schlechter auskennen. und es gibt patientInnen, die dazu neigen, einfach ALLES als suchtmittel zu missbrauchen.

keine ferndiagnose.

was immer du tust: sei wachsam!
und sei gut zu dir selbst

(das ist, extra für dich rolf, der amethysmenische kategorische imperativ )


clara3 Offline



Beiträge: 115

02.08.2006 16:12
#12 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Hallo,

ich möchte noch etwas zum Suchtpotenzial der Antidepressiva sagen.
Was meint Ihr wie schnell ein schwarzer Markt für diese
Pillen entstanden wäre, wenn sie glücklich machten.

Ich war auch strikt gegen die Einnahme von SSRIs, bis ich gemerkt habe, dass sie ein einigermassen normales Leben mit Kraft zur Bewältigung des Alltags leisten.

Als es mir dann besser ging, habe ich die Einnahme
dauernd vergessen. Das wäre mir mit Glücksbringern niemals passiert, das weiss ich genau

Gruss von
Clara


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

02.08.2006 16:39
#13 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

hi polar,
bei uns (früher) gab es noch keine Antidepressiva ohne Suchtpotential. Mein SHGruppenhäuptling hatte uns eingetrichtert, dass wir nicht erwarten sollen binnen 1-2 Monaten (oder auch Jahren) perfekt rumzulaufen, wo wir doch jahrelang unbesonnen gesoffen hatten, so wie autogenes Trainíng aber falschlang. Das wirkt nur ganz allmählich, hätte mit Depressionen selten was zu tun sondern sei unbescheiden. Mag nun stimmen oder nicht. Aber auch daher meine "langen Jahre", d.h. ganz ganz allmählich, und niemals überheblich, nicht über andere Menschen und nicht über eine mir 'zustehende' Zeit. Gruß Max


Wuchtbrumme Offline




Beiträge: 1.291

02.08.2006 21:00
#14 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

Hallo Polar

Mir bzw. unserer Gruppe wurden zu Beginn der ambulanten Therapie Antidepressiva angeboten.

Ich habe mich entschieden, keine zu nehmen. Aber eher aus Unwissenheit. Dachte: "habe keine Depris, also ... was soll ich damit?"

Nun, ich habe die Entscheidung trotzdem nicht bereuen müssen. Geht bei mir ganz gut "ohne".

Und meine Auf und Ab´s ... mit denen kann ich (meistens) ganz gut leben.

Gruß
Wuchtbrumme


Pauline Offline




Beiträge: 606

02.08.2006 23:06
#15 RE: trocken + depressionen Zitat · Antworten

hei,

auf und ab´s sind doch normal. man bedenke, jede Tablette (egal was jetzt) hat eine gewisse erwünschte Wirkung und in jedem Fall auch Nebenwirkungen, nur die machen sich evtl. erst in Jahren danach negativ bemerkbar.Merke; Die Gehirnzelle vergißt nichts....
Ach ja, mir sagte mal ein Arzt: wenn ein Arzt zu Ihnen sagt, diese Pillen können Sie unbedenklich nehmen, die haben keine Nebenwirkungen, dann hat sie garantiert überhaupt keine Wirkung!
Ich glaube, heute lief auf Phoenix über dieses Thema was...

so nun eine gute Nacht und viel Spaß noch den Nachteulen.
Die

[ Editiert von Pauline am 02.08.06 23:07 ]

[ Editiert von Pauline am 02.08.06 23:08 ]


Seiten 1 | 2 | 3
 Sprung  
disconnected Saufnix-Chat Mitglieder Online 0
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz