Hallo ihr Lieben, möchte Euch kurz auf den neuesten Stand bringen. Ich bin nüchtern und fühle mich toll damit. Irgendwie sind die Tage wieder viel länger und ich schaffe plötzlich so viel. So habe ich heute eben meinen Vortrag vorbereitet und bin mit meinem Hund eine Riiiiiiesenrunde gelaufen. Die frische Luft, die Sonne,man was tat das gut!!!!! Anschließend habe ich etwas leckeres vom Siamesen gegessen und auch das war ein Genuss. Naja, fühle mich wirklich sehr gut und will das HEUTE einfach geniessen. Wie es morgen sein wird weiß ich ja nicht.Ich meine stimmungsmäßig. Euphorisch bin ich allerdings nicht, so wie es sonst der Fall war. Ich denke, dass ich vorsichtiger bin. Freue mich einfach, dass ich einen schönen Tag hatte und Dinge machen konnte, die mir Spaß machen. Werde jetzt noch den Oktober-Dienstplan in Angriff nehmen, denn von Müdigkeit keine Spur. Fühle mich aufgetankt, ja das ist die richtige Beschreibung.
Habe auf meine Mail an Club29 noch keine Antwort erhalten, aber wahrscheinlich haben sie auch Wochenende. Werde sicher Montag etwas hören.
Und......ich bin ein Alkoholiker wie ihr und hoffe bald trocken zu sein, wie die Meißten von Euch. (Ging jetzt schon leichter über die Tastatur!!!)
Liebe Lotte, danke für Deine aufbauenden, bzw.motivierenden Worte! LG Seele
ich fand Deine Worte an Seele recht aufmunternd. Seit 52 Tagen bin ich trocken, aber am Samstagnachmittag war ich ziemlich frustriert und mir kam der Gedanke, am liebsten würde ich mir einen Sixpack Bier holen und den zu Hause reinfüllen, der Rausch als Abwechslung. Aber es war kein akuter Saufdruck, ich habe es nicht gemacht, war auch hinterher noch einkaufen und hatte kein Problem an den entsprechenden Regalen vorbei zu gehen. Jetzt bin ich froh, es nicht gemacht zu haben. Ich war auf einer Veranstaltung, von der ich mir bezüglich der Findung eines neuen Arbeitsplatzes mehr versprochen hätte. Die Woche über schon Behördenärger, ich würde lieber wieder arbeiten als von der Staatsalimentierung abhängig zu sein. Auf Dauer fehlt mir auch eine sinnvolle Aufgabe, Kollegen etc. Ein Freundes- und Bekanntenkreis ist vorhanden, kann das aber nicht ersetzen. Ich ernähre mich gesund, gehe spazieren etc., genieße auch schöne Sommertage etc. Aber es ist halt manchmal frustrierend, dass man über 40 keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt hat und Hartz IV entgegen sehen kann oder einen Job für 5 Euro brutto pro Stunde annehmen muss. Sogar auf Bewerbungen, wo ich überqualifiziert bin, erhalte ich nicht einmal eine Einladung. Aber mit dieser schlechten Situation muss ich leben, ändern kann ich sie nicht.
52 Tage ist doch schon ein sehr guter Anfang. Glückwunsch! Alkoholgedanken sind doch noch ganz normal in dieser Zeit. Auch nach längerer Trockenheit tauchen sie ab und zu mal auf. Nicht mehr so häufig und so lange, da man mit jedem Mal besser lernt, damit umzugehen. Das gehört zur Suchterkrankung eben dazu. Der Körper lechzt eben ab und an noch seinem Stoff. Kein Grund zum Verzweifeln. Ich persönlich habe das für mich akzeptiert und Alkoholgedanken jagen mir schon lange keinen Schrecken mehr ein.
Der Frust über Deine persönliche Situation ist völlig verständlich und nachvollziehbar. Ich selbst kenne ähnliches doch zur Genüge.
Aber, anderen Menschen geht es doch genauso. Nur wir müssen lernen, einen neuen Umgang damit zu finden. Für nicht süchtige Betroffene ist es normal, existentielle Probleme, Herausforderungen des Alltages, Konflikte, Schicksalsschläge ohne ein bestimmtes Suchtmittel zu bewältigen. Wir müssen das erst noch lernen. Unsere Strategie Alkohol zu trinken, wollen wir nicht mehr anwenden, also gilt es neue zu suchen und zu finden. Das dauert alles eine Zeit und ist ein Lernprozeß und funktioniert nur, wenn man alte Denk- und Verhaltensmuster hinter sich läßt und anfängt in neue Richtungen zu Denken und zu Handeln. Diese neuen Strategien für sich allein zu finden, fällt sehr schwer ohne die Hilfe derjenigen, die schon wissen wie es geht. Ich meine damit vor allem die trockenen Alkoholiker, die heute schon ein dauerhaft zurfriedenes Leben führen. Ich persönlich habe mich an diese gehalten, weil ich begriffen habe, dass ich nicht geringste Ahnung davon hatte, trocken zu leben. Nur im Einrichten eines für mich perfekten Lebens in dem ich ganz in Ruhe meine Sucht ausleben konnte, war ich unschlagbar. Doch das nutzt mir heute nichts mehr, da ich nicht mehr trinken will und auch nicht mehr brauche. Dass ich nicht mehr trinken muß, macht mich jeden Tag auf's neue glücklich, obwohl auch ich sehr viele Probleme zu bewältigen habe.
Ich glaube, trocken sein heißt auch, sich und das Leben einfach so zu akzeptieren, wie es ist. Mit allen Fehlern und Schwächen und allen Höhen und Tiefen.
Das was man ändern kann, zu ändern und was man nicht ändern kann, anzunehmen. Heute sage ich mir oft, mir geht es gut, auch wenn nicht alles gut ist.