Am Samstag war ich mit einigen Leuten unseres Freundeskreises, bei einem Selbsthilfegruppentag in der Fachklinik Eschenburg. Seitdem beschäftigt mich ein Thema, welches mir schon bei meinem letzten Seminar, sauer aufgestossen ist: Die Einstellung einzelner Gruppenleiter zur sogenannten „Führung“ ihrer Gruppen. Wie ich den Aussagen einzelner Anwesenden entnehmen konnte, betreiben diese da halbe tiefenpsychologische Arbeit. Der eine erzählte davon, wie er bei einem Neuankömmling in der Kindheit bohrte und auch schwups einen wunden Punkt bei ihm erwischte. Ich war immer der Meinung, das die Aufarbeitung der Kindheit, Bestandteil einer Therapie wäre.
Ich frage mich ob ich den Sinn einer SHG verkannt habe. Bisher dachte ich, die Gruppe hätte eine Funktion wie der Name schon sagt: Die Selbsthilfe. Weiterhin finde ich persönlich so eine Handhabung als sehr gefährlich, ohne jegliche therapeutische Ausbildung. In meiner Freundeskreisgruppe, haben wir zwar auch eine „Gruppenleitung“, jedoch möchte diese als solche nicht angesehen werden. Sie sagt immer im Prinzip ist sie auch eine Betroffene und lernt bzw. kann sich auch von unseren Erfahrungen was mitnehmen. So sollte das doch auch sein, oder?
Wie geschrieben, hat mich das beschäftigt und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das einige ihre Funktion missverstehen oder vielleicht sogar zur eigenen Befriedigung ausnutzen.
Ich werde das heute abend in unserer Gruppe ansprechen und bin schon gespannt auf diese Diskussion.
Vielleicht hat ja einer von euch so etwas schon erlebt. Auf jeden Fall würden mich andere Ansichten interessieren.
Hallo Tina72, was Du da beschreibst ist leider kein Einzelfall. Es gibt durchaus Gruppenleiter die Ihre Funktion lediglich aus Profilierungssucht ausüben. Also auch dort gibt es Menschen wie "DU und ICH" mit all Ihren Facetten (eben auch die eher unangenehmen) Aber Gott sei Dank ist das Gruppenangebot doch so vielfältig, das niemand gezwungen ist eine Gruppe zu Besuchen in der er sich nicht wohlfühlt. Ich bin Gruppenleiter beim Blauen Kreuz, kann aber mit Fug und Recht sagen, das ich in erster Linie ein Mitglied bin wie jedes andere. Und Gott sei Dank ist das auch in den meisten SHG so. Wenn Du dich dort nicht wohl fühlst kann ich Dir nur raten Dir eine andere Gruppe zu suchen. In den seltensten Fällen gelingt das "Absägen" eines Gruppenleiters. Aber das "Problem" erledigt sich eines Tages von selbst, weil er dann wahrscheinlich eine Ein-Mann-Gruppe führt. Alles Liebe Tina
hm. schwieriges thema, so ohne dass ich die anderen gruppen und ihre 'leiterInnen' kenne.
ich 'leite' seit viereinhalb jahren eine von mir selbst gegründete gruppe - allerdings eher im sinne von 'moderieren':
d.h., ich achte darauf, dass die regeln eingehalten werden, dass es pünktlich losgeht und pünktlich aufhört, dass wir uns ausreden lassen usw.;
ab und zu versuche ich auch ein bißchen zu lenken, wenn zum beispiel eine frau bis kurz vor schluss immer noch fast gar nichts gesagt hat - dann frage ich vielleicht noch mal nach.
ansonsten rede ich von mir selbst, von meinem erfahrungen, gedanken, meinungen - so wie alle anderen in der gruppe auch. und wie alle anderen auch habe ich die möglichkeit, mal nachzufragen, wenn ich etwas nicht richtig verstanden habe oder wenn mir etwas 'seltsam' vorkommt.
auf keinen fall bin ich therapeutin und auf keinen fall sehe ich es als meinen job an, bei anderen wunde punkte auszugraben. erst recht sehe ich mich nicht als guru, die anderen sagt, wo's lang geht. und ich gehe davon aus, dass - sollte ich solcherlei unfug auch nur im ansatz versuchen - mein ehrenwerter damen-debattier-club mich gehörig ausbremsen würde. das hoffe ich jedenfalls!
ich bin der meinung, dass in einer selbsthilfegruppe jede sich selbst helfen darf. will sagen, jede ist selbst dafür verantwortlich, ihre eigenen bedürfnisse und grenzen zu äußern und ggf. dafür zu sorgen, dass diese befriedigt bzw. eingehalten werden.
unsere selbsthilfegruppe ist kein supermarkt, in der eine für ein möglichst breites angebot sorgt und die anderen nehmen sich, was sie gerade brauchen können oder mosern gar noch rum, wenn ihr lieblingsthema nicht dabei ist ....
wir sind eher so eine art von thematischer "bottle-party" - wo jede in jeder woche ein neues oder auch schon bekanntes thema mit- und sich einbringt.
ZitatWenn Du dich dort nicht wohl fühlst kann ich Dir nur raten Dir eine andere Gruppe zu suchen.
Hallo RdTina
Das hast Du missverstanden. Ich selbst bin noch nicht in solch einer Gruppe gewesen. Zum Glück. Ich schrieb von Gruppenleitern, die ich kennen gelernt habe. Ich bin in einer Freundeskreisgruppe und fühle mich dort pudelwohl. Bei uns hat die Gruppenleitung auch eher so eine Funktion von moderieren.
Zitatich bin der meinung, dass in einer selbsthilfegruppe jede sich selbst helfen darf. will sagen, jede ist selbst dafür verantwortlich, ihre eigenen bedürfnisse und grenzen zu äußern und ggf. dafür zu sorgen, dass diese befriedigt bzw. eingehalten werden.
Hallo ame
Eben, wo sonst kann ich das so gut lernen, wie in einer SHG. Habe ich nun solch einen „Guru“, wie Du das so schön beschreibst, vor mir sitzen, würde ich für meinen Teil das Weite suchen. In meiner Gruppe möchte ich schon selbst festlegen wann und was ich erzähle und von niemandem auf dem Zahn rumbohren lassen. Dafür ist m.M. nach eine Therapie zuständig.
hallo Tina, das gibt aber auch Leute, die "brauchen" offenbar solch Guru. Meine erste Gruppe hier war solch eine. Der Oberhäuptling, ein Psychotherapeut und selbst Alki, sprach 85 % der gesamten Zeit. Sehr gewandt, aber immer & stets darauf bedacht, dass nur er alleine die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Das war rhetorisch sehr schlau eingefädelt, weil ihm nämlcih keiner gewachsen war. Und so schwabbelte es denn vermutlich über die Jahre dahin. Unter der Woche telefonierte er noch gerne, an sich wie ein Voyeur. Ich kam ihn dann etwas komisch vor, weil man mit mir solche Spielchen nicht machen kann. Da wurde ich dann bald zum "Störfaktor", und aus. Das ist für mich eine Co-Abhängigkeitsform. Die alten Abhängigkeiten wurden bloß umgetauscht, dafür aber alkfrei!! Für mich geht eine wirkliche Entwicklung nur dann, wenn ich meine sachliche Meinung sagen kann und wenn es darauf Gespräch gibt, mit allen Irrtümern und auch Lustigkeiten/Traurigkeiten, aber real, Grüßle Max