bin gerade aufgewacht und habe gedacht, "du blödes A*, was war das denn wieder"...
Was mir wirklich Angst macht, ist nicht die Menge, oder mein Verhalten unter Alkoholeinfluss, sondern dass
1. ich nicht aufhören kann, wenn ich mal angefangen habe, 2. ich versuche es vor meiner Frau, meinen Freunden und meinen Nachbarn zu verstecken, und 3. es mir mein Leben raubt.
Punkt 3 sehe ich so klar leider nur am Morgen danach.
Mein ziviles Leben sieht so aus: Ich bin 39, verheiratet mit 2 Kindern, ich bin Ingenieur und habe einen guten Job.
Mein Trinkerleben sieht so aus: Ich trinke nahezu jeden Abend Alkohol. Anfangs, vor - tja keine Ahnung - vielleicht 10, 12 Jahren ein Bier, mittlerweile ziemlich konstant 3 Bier oder eine vergleichbare Menge in Wein, selten Schnaps.
Und dann diese Maßlosigkeit. Wenn ich erst einmal angefangen habe, kann ich nicht aufhören. Ich versuche das zu kontrollieren indem ich mir ein Kontingent setze und spät anfange (also am frühen Abend erst mal alkoholfreies Bier trinke), aber gelegentlich, wenn ich einen Anlass habe (Parties) oder - im Gegenteil - allein bin, so wie gestern Abend, trinke ich ohne Mass, Sinn und Verstand.
Es ist schizophren, wenige Stunden später, jetzt, denke ich was für ein Esel ich bin, ich muss zur Arbeit und schnell nüchtern werden. Schütte Kaffee in mich hinein und verstehe nicht, was da abgelaufen ist. Ich habe einfach nicht aufgehört, und - offenbar - auch keinen Grund dafür gesehen.
Es ist tatsächlich so, recht offensichtlich aber ich erkenne das gerade erstmals in dieser Deutlichkeit: Ich bin ein anderer Mensch, wenn ich trinke. Ich verliere die Kontrolle.
Warum ich trinke? Ich schätze um zu dämpfen.
Tagsüber ist alles in Ordnung, da denke ich eigentlich nie an Alkohol. Aber sobald ich heim komme, wenn ich um die Ecke biege und in der Einfahrt parke überfällt mich das Verlangen nach einem Bier. Dann wird alles sommerlich leicht, dass ist das Versprechen. Die Kinder, die mich nun fordern, das - private - Tagesgeschäft, das auf mich wartet (Schau, was in der Post war, wollen wir dies machen, kannst du das reparieren, hast du jenes getan), die Rückenschmerzen, und, ganz hinten im Kopf, auch, dass das Leben vorbeizieht. Wohlstandskatzenjammer.
Es wäre, für mich, ok, wenn es dann bei diesem einem Bier bliebe, es wäre ja auch genug, ich beabsichtige in dem Moment ja gar nicht, mich auszuknocken. Aber dann, wenn das erste Bier getrunken ist, möchte ich dass dieser Zustand der Leichtigkeit anhält, dieses innere Lächeln, die erhöhte emotionale Intensität der Wahrnehmung, das warme Wohlfühlen.
Und dann saufe ich weiter.
Weil es mir ohne Aufwand gut geht. Und weil ich Urlaub von meinen Ansprüchen machen kann. Naja, zumindest bis zum nächsten Morgen, aber das ist der Punkt.
So, ich muss mich jetzt arbeitsfertig machen, danke für's Volljammernlassen
willkommen an Board und im Kreise der Süchtigen. Denn das, was du schilderst, entspricht den immer wiederkehrenden Suchtmustern. Genauso lief es beispielsweise bei mir ab.
Bevor ich mich jetzt hier hinsetze und einen möglicherweise langen Beitrag schreibe, möchte ich allerdings wissen, ob du aus der Nummer aussteigen willst oder ob du nur mal hören wolltest, was denn mit dir los ist. Und danach, ohne Konsquenzen zu ziehen, einfach weitermachst
ZitatGepostet von kohlenstoff mittlerweile ziemlich konstant 3 Bier oder eine vergleichbare Menge in Wein, selten Schnaps.
ZitatUnd dann diese Maßlosigkeit. Wenn ich erst einmal angefangen habe, kann ich nicht aufhören. Ich versuche das zu kontrollieren indem ich mir ein Kontingent setze und spät anfange (also am frühen Abend erst mal alkoholfreies Bier trinke), aber gelegentlich, wenn ich einen Anlass habe (Parties) oder - im Gegenteil - allein bin, so wie gestern Abend, trinke ich ohne Mass, Sinn und Verstand.
Ääh, auch mal ne Verständnisfrage.
Also normalerweise trinkst Du um die drei Bier am Abend, und gelegentlich lässt Du es krachen. Und wenn Du es krachen lässt und morgens dann schlecht drauf bist, dann hast Du einen Katzenjammer.
Was ist eigentlich an den Tagen, an denen Du Dein normales Pensum trinkst? Willst Du da auch aufhören?
Kann Dir gleich sagen, daß ich noch lange nix wesentliches geändert habe, solange ich mich nur an den "besonderen Ausfällen" gestört habe. Erst als die dann eher zum Normalfall wurden und ich solche Zustände wie Du heute dreimal in der Woche hatte, eine Entwicklung, die viele Jahre in Anspruch nahm, hab ich dann das Übel an der Wurzel ausgerottet.
Bis dahin konnte man sich an mir den Mund fusselig reden, und bei Dir wird es mir grösster Wahrscheinlichkeit nicht anders sein.
Weitermachen
Falls ich mich in der Einschätzung irren sollte - bin nicht unfehlbar - darfst Du es natürlich richgtigstellen.
willkommen an board. hier bist du richtig gut, dass du dir gedanken machst um deinen alkoholkonsum, denn dein kontrollverlust nummer eins
Zitat... nicht aufhören kann, wenn ich mal angefangen habe
ist ein klares zeichen für die sucht. egal, wieviel du konsumierst.
weniger trinken zu wollen, aber nicht zu können, ist an diesem punkt keine eselei mehr, keine charakterschwäche, nicht selbst verschuldet, sondern ein symptom der alkoholkrankheit. auch aus gründen des veränderten leberstoffwechsels, die irreversibel sind. (ich werde mal versuchen, dazu den entsprechenden link zu finden, falls es dich interessiert)
da hilft kein weniger trinken mehr, sondern nur noch gar keinen alkohol mehr trinken.
je früher dir das gelingt, umso besser. denn mit alkohol geht die spirale nur noch abwärts. auch, wenn du als ehemann, vater und ingenieur noch jahrelang die fassade nach außen hin aufrecht erhalten und funktionieren kannst. innerlich tust es schon JETZT nicht mehr.
kohlenstoff, ich mach sonst keine ferndiagnosen - aber in deinem fall ... es erinnert mich so sehr an meine eigene geschichte.
wäre schön, wenn du die kurve kriegst, bevor familie haus job auto den bach runtergehen ....
Hallo Kohlenstoff und herzlich Willkommen an Board. Kann erst einmal unterstreichen, was meine "Vorredner" geschrieben haben. Ich denke doch, wir werden noch etwas mehr von Dir hören. LG Tina
ein herzliches Willkommen hier, euch beiden mal gewünscht.
Zitat (Schmelzer): Ich hoffe ich schafe es heute
Zitat (Schmelzer): Heute werd ich mal nix trinken.
Das hört sich so an, wie Kaiser Franz es immer sagt: schau 'mer mal ob's klappt (oder auch nicht). Ich wünsche euch ja alles Gute, allein der Glaube will sich bei mir nicht einstellen, dass ihr wirklich aufhören wollt. Da geht's mir wie dem Minitiger. Euer Leidensdruck scheint noch nicht groß genug zu sein, noch ist ja scheinbar alles in Ordnung, bis auf die paar Absacker ab und zu. Aber eins kann ich euch schriftlich geben: die Absacker werden mehr und tiefer mit der Zeit. Kenn' ich aus eigener Erfahrung, ist eine Art 'Eigendynamik'.
Und mit Alkohol aufzuhören geht nur über: "ich lass' das erste Glas stehen" - für immer und ohne vielleicht oder 'hoffen' , das müßt ihr wirklich wollen - auch das kenn' ich aus eigener Erfahrung.
Ich drück' euch die Daumen, dass ihr es frühzeitig schafft.
Immerhin hast Du es geschafft, auf diesem Board zu landen, bevor Du endgültig auf den Brustwarzen läufst.
Ich finde, das ist ein deutliches Zeichen dafür, daß Du sehr wohl um Deine Problematik Bescheid weißt. Sonst hättest Du nicht versucht, im Internet Hilfe zu finden.
Da bist Du schon viiiel weiter, als ich es war.Ich bin damals nämlich erst auf dieses wunderbare Forum gestoßen, als ich fast mein Leben durch den Alkohol verloren hätte.
Niemals hätte ich mich zu Trinkzeiten näher mit diesem "unangenehmen Thema" beschäftigt.Ich war doch keine echte Alkoholikerin!
Ich kann mich meinen Vorpostern auch nur anschließen und wünsche Dir, daß Du für Dich Deine Lage erkennst und die richtige Entscheidung triffst.
Zitat (Schmelzer): Heute werd ich mal nix trinken.
Zitat (Grosser Bruder): Das hört sich so an, wie Kaiser Franz es immer sagt: schau 'mer mal ob's klappt
Genau. Wenn es bei mir 2 oder 3 Tage ohne Alkohol geklappt hat, war die Welt wieder für mich in Ordnung. Denn für mich habe ich bewiesen, dass ich den Alkohol gar nicht brauche, wenn ich mir vornehme mal eine Pause einzulegen...
Und vor diesem Hintergrund habe ich dann kräftig weitergesoffen - immer in der Einbildung, ich hätte kein wirkliches Problem, ich könnte ja aufhören. 2 Tage Trinkpausen könnte ich, wenn erforderlich, immer einlegen. Das habe ich mir ja schon ein paar mal bewiesen...
Doch irgendwann war es zu spät. Da schliesse ich mich meinen Vorschreibern an. Mit den ersten Entzugserscheinungen war nix mit einfach mal 2 Tage kein Bier oder Wein...
Ich habe hier im Forum mal den schönen Satz gelesen:
"Das Problem ist nicht das Aufhören, sondern das regelmässige Wiederanfangen."
vielen Dank für die vielen Reaktionen und den herzlichen Empfang.
@amethysmena, du hattest angeboten, einen link zu den physiologischen Aspekten der Sucht herauszusuchen, ich wäre daran sehr interessiert. Dieses "Nichtaufhörenwollen" ist eine seltsame Sache, gibt es dafür eigentlich auch eine genetische Disposition?
Ich kenne in meinem Bekanntenkreis so viele verschiedene Umgansformen mit Alkohol: Einige hauen sich gelegentlich erbärmlich die Hucke voll, trinken aber sonst keinen Tropfen (und vertragen dabei viel mehr als ich...), mein Nachbar trinkt oft mit uns im Hof, aber immer nur wenig (der kann tatsächlich nach einem Bier auf Wasser umsteigen weil er später noch arbeiten muss), ein guter Freund trinkt nur am Wochenende und nie daheim, weil er weiss wie gefährlich das für ihn wäre. Es scheint doch, dass viele Ihren Weg gefunden haben den Alkoholkonsum zu kontrollieren. Wie geht das?
Ich würde gerne hier im Forum für einige Zeit ein persönliches Konsumprotokoll führen. Es muss niemanden lesen und ich werde es auch nicht tun, wenn es nervt, aber ich merke, dass ich die Mengen vor mir und meiner Frau schönrechne. Hier bin ich anonym und unter Leuten, für die das Thema kein Tabu ist. Zudem schaue ich dann öfter hier rein. Welches Forum wäre denn das richtige dafür?
sorry, ich kann den link gerade nicht finden. bitte google mal selbst, oder suche z.b. bei wikipedia - oder hier im saufnix-portal.
es geht - grob gesagt - darum, dass die leber sich ein leberleben lang daran erinnert, wievel enzym (ich glaube, es war ADH) sie zum schluss produziert hat, um für den abbau der zu erwartenden alkoholmenge 'gewappnet' zu sein. wenn ein süchtiger mensch dann - auch noch nach vielen jahren noch - alkohol zu sich nimmt, wird diese gesamte menge von der leber quasi in 'vorauseilendem gehorsam' produziert. was dann dazu führt, dass das suchtgedächtnis frühestens dann wieder ruhe gibt, wenn soviel alkohol konsumiert wurde, wie die leber sozusagen braucht, um das bereits produzierte enzym "aufzubrauchen".
hoffe das war jetzt nicht zu telegrammstilmäßig...
ich lese seit einigen Monaten hier mit, habe mich aber heute erst angemeldet.
Deine jetzigen Empfindungen und Trinkgewohnheiten haben sich bei mir vor gut 10 Jahren eingestellt. Ich mußte dann bis zur Kapitulation weiter machen. In wenigen Tagen habe ich aber jetzt mein 1. Abstinenzjahr hinter mir, ohne einen Rückfall.
Eine kleine Anmerkung zu deinem letzten Post.
Ich finde deine Beispiele zum kontrollierten Trinken deiner Bekannten hinken leicht.
-Wer sich quartalsmäßig bis zum abwinken betrinkt zeigt einen Suchttyp, nur einen relativ seltenen. Wer viel verträgt, hat meistens eine Gewöhnung an das Zeug.
-Vor dem Arbeiten trinken ist doch auch eher ungewöhnlich. Es euphorisiert zuerst, dann läßt aber doch die Lust zum Arbeiten nach, es sei denn man legt noch ein bischen nach.
Auch weißt du wahrscheinlich nicht genau, ob deine Bekannten dich da ein bischen anflunkern.
Ich habe mir auch meine Freiräume zum Trinken gesucht und verzweifelt ein Bild eines kontrollierten Konsum in der Öffentlichkeit erhalten wollen. Letzten Endes funktioniert das nur über einen bestimmten Zeitraum.
Ich wünsche dir alles Gute und das du die Kurve bekommst. Bauigel
Moin und willkommen Bauigel! zum fast ersten jahr. War mir bislang mein wichtigstes an aufsummierter nüchterner zeit. Denke mal, wir lesen uns. Lieben gruss Mine