vielen Dank für die aufmunternden Worte. Mit " alles irgendwie irreal" hast Du meine Gefühle an Silvester auf den Punkt gebracht. Und diese kurzen Momente wie gepard sie beschreibt tauchen immer mal wieder auf und zeigen mir, dass der Teufel noch auf der Lauer liegt und seine chance sucht. Mit dem Rauchen habe ich Silvester 2000 aufgehört und auch da tauchten die Momente der Versuchung in sporadischen Abständen immer wieder auf. Habe das mit einem Hürdenlauf verglichen: mit der Zeit werden die Abstände immer größer und die Hürden immer niedriger. Allerdings hatte ich nach 10 Monaten Nichtrauchen mit dem Thema endgültig abgeschlossen (trotz vorher 60 Roth-Händle), nach 10 Monaten Saufabstinenz beschäftigt mich die Sucht weiterhin recht häufig und ich muss mir des öfteren die ganzen katastrophalen Folgen in Erinnerung rufen, um nicht doch noch mal um zu kippen. Beim Rauchen war es für mich relativ leicht zu realisieren, dass ich an Lebensqualität ( Schmecken, Riechen, Kondition etc.)dazugewonnen habe, beim Saufen fällts mir in gewissen Situationen noch schwer ( ... was habe ich die englischen pubs geliebt, aber nur mit guinness...:sprachlos Und zu realisieren, dass die Alternative wahrscheinlich den Tod bedeutet... da war ich schon immer ein Verdrängungskünstler. An solchen Tagen wie Silvester ists dann schon ein bißchen schwer.
Neujahrmorgen, nüchtern mit Vollspeed auf der leeren Autobahn, wars dann umso schöner.
ZitatHabe das mit einem Hürdenlauf verglichen: mit der Zeit werden die Abstände immer größer und die Hürden immer niedriger.
Genau so ist es, zumindest beim Rauchen.
Das du das beim Alkohol anders empfindest, liegt vielleicht daran, dass der Alkohol ja das Bewusstsein verändert und man das ganz deutlich wahrnimmt. Das ist ja der Grund des Trinkens, dass man das, was man bewusst wahrnimmt, nicht ertragen kann oder will und es deswegen mit Alkohol verändert....etwas wirr, das Ganze
Will heißen, es gibt wahrscheinlich noch einige Baustellen in deinem Leben, die du nicht so gerne wahrhaben willst und da drängt sich Alkohol als Lösungsversuch, nach jahrelangem Training geradezu auf, oder? Zigaretten erfüllen diesen Zweck nicht, auch nicht die 60igste des Tages
ZitatGepostet von Randolf Und Angst macht es dir ja auch, denn wozu sich häufiger an den Rückfall erinnern ?
Nein, Angst ist keine dabei. Deswegen habe ich mit meinen Gedanken auch kein Problem, aber bemerkenswert finde ich schon, was man manchmal so denkt. Natürlich bin ich wachsam. Einige von euch scheinen die Verdrängung zu empfehlen. Ich finde die Meinung aber altmodisch und ungesund, dass man etwas nicht denken soll (oder über etwas nicht reden soll).
Übrigens habe ich diese Gedanken (wiegesagt, sehr selten und nur kurz) erst, seit ich zu rauchen aufgehört habe.
Ich erinnere mich gerne an meinen Rückfall, will heißen: daran, dass beim endgültigen Trockenversuch die Unsicherheit gänzlich weg war, ob es denn ein Leben ohne Alkohol geben könne. Nun hatte ich ja den Vergleich und wusste fortan, was dann ist, wenn ich wieder trinke - dass ich also nichts entbehre, wenn ich konsequent trocken bleibe.
bei mir waren solche Gedanken zwar nicht unängstlich, aber kein einziges Mal dramatisch. Ab 2 1/2 Jahre trocken aufwärts empfand ich das als "aha, wieder einmal, so so" und es wurde seltener, asymptotisch gegen Null mit den Jahren, Max
mit dem "Nichtwahrhabenwollen" irgendwelcher Baustellen und dem Verdrängen mittels Alkohol hast Du sicherlich Recht, ist aber m.E. nur ein Teilaspekt. Die euophorisierende Wirkung, als Belohnung, oder eben in der mir angenehmen Umgebung z.B. einer englischen Kneipe war für mich auch Anlass zum Trinken. Und da habe ich durchaus ne Menge positive Erinnerungen. Das ändert nichts daran, dass die Bilanz insgesamt sehr deutlich negativ ausfällt und ich glaube, dass es für mich sinnvoller, um nicht zu sagen lebensnotwendig ist, die Finger von der Droge zu lassen.
ZitatGepostet von Juma63 da drängt sich Alkohol als Lösungsversuch, nach jahrelangem Training geradezu auf, oder? Zigaretten erfüllen diesen Zweck nicht, auch nicht die 60igste des Tages
Könnte was dran sein, denke ich.
Finde ich auch, dass der Alk einen viel mehr im Griff hat, weil er erstens im ganzen Körper wirkt und zweitens eine "erfolgreiche" Verdrängungsdroge ist bis zu einem bestimmten Punkt (an dem dann viele von uns gerade noch die Kurve gekriegt haben und trocken wurden). Danach kommt viel Unlust wieder hoch. Ich bin trocken geblieben, weil mein Entschluss sehr fest stand, und manchmal sicher auch, weil einfach die Hemmungen zu groß sind. Die unmittelbaren Konsequenzen nach einem Rückfall sieht wohl jeder vor sich, und die Vernunft ist dann stärker. Jedenfalls bei uns, die wir uns mit der Alkoholkrankheit auseinandersetzen. Nicht wahr?
Dennoch, ich kann mich nicht genug wundern darüber, dass mir ohne Alkohol, mit dem ich mich immerhin ins Verderben gebracht hätte und der mich ja schon voll im Griff hatte, nach einer relativ kurzen Zeit dann eigentlich "nichts" mehr fehlte - im Gegensatz zum Nichtmehrrauchen, wo es jetzt bald ein Jahr her ist und ich immer noch manchmal dieses Gefühl in der Brust vermisse (nicht zu verwechseln mit einem Rauchwunsch - nein, ich möchte absolut nicht mehr rauchen und bin heilfroh). Das Nikotin ist was total Hartnäckiges und ist auch der Grund dafür, dass das Zigarettenrauchen weltweit die größte zum Tod führende Seuche ist, da so viele Menschen so lange Zeit oder nie davon loskommen oder sich durch ihr verzerrtes Suchtdenken sogar einbilden, gerne zu rauchen - bis unweigerlich die tödlichen Krankheiten zuschlagen. Das Rauchen hat aber keine unmittelbar spürbaren schädlichen Konsequenzen (oder hat schon mal jemand nur deswegen Job, Familie, Wohnung verloren, weil er/sie zweimal wieder angefangen hat zu rauchen?). Da verliert man leicht die Wichtigkeit des Nichtmehrrauchens aus den Augen, es gibt weniger Hemmungen und erscheint vielleicht schwieriger, es durchzuziehen als bei etwas, wo das Damoklesschwert über einem prangt.
Ich denke, ein Allheilmittel für jedes Drogenproblem wäre die Möglichkeit, in die Zukunft blicken zu können, weil doch die meisten Menschen, die mit Suchtstoffen in Berührung kommen, der Meinung sind, bei ihnen wäre ja aaaalles gaaaanz anders und das sie sooooo tief niiiieeemals sinken werden.Also solle man ihne doch das bisschen Spaß lassen, oder?
Also, ich stelle mir vor, ich mit 13(!), die ersten Kippen, die einen nicht mehr völlig weghauen, so total cool beim Cliquentreffpunkt im Park....wer denkt da an die Auswirkungen nach 10, 20 oder 30 Jahren?? Richtig, keine Sau!
Und jetzt mache ich mal von der o.g. Möglichkeit Gebrauch und beame mich 30 Jahre weiter, zum heutigen Tag. Ich bin 43. Der Atem rasselt bei jedem Luftholen, beim Ausatmen habe ich das Gefühl als bekäme ich die Luft gar nicht richtig raus aus den verteerten Lungen und es pfeift lauter, als ein Meerschweinchen.
Wenn ich mich abends hinlege, habe ich das Gefühl ein Zentnersack würde auf meinen Brustkorb gelegt und weil ich so nicht einschlafen kann, gehe ich schnell noch eine rauchen
Von den Einkäufen, die ich in den dritten Stock hinauftragen muss, will ich gar nicht erst anfangenund es ist schrecklich peinlich, wenn meine ehemalige Vermieterin -ihres Zeichens überzeugte niemals geraucht Haberin - mich beim Radfahren mit einem Lächelnüberholt...sie ist fast 80 ...
Wenn man dann noch kurz vor Augen gehalten bekommt, wie die eigenen Kinder Angst um einen haben (und wahrscheinlich auch einen gewissen Ekel), weil es sich wirklich scheußlich anhört morgens im Bad, ja, dann.......
wünschten wir uns doch alle zu unseren Anfangszeiten zurück, oder? Mit dem Wissen aus dem Horrorstreifen der eigenen Zukunft, würde ich sofort aufgehört haben.
Leider nimmt man diesen schrecklichen , schleichenden, doch äußerst zerstörerischen Prozess erst wahr, wenn es richtig eng wird. Jede Warnung der Älteren, die ja nun schon in der Falle sitzen, schlägt man überheblich (wie man halt so ist in der Jugend) in den Wind....ach was ihr schon wieder wollt....Sehr vielen Menschen geht es zumindest so, bei mir war's auch so, sonst wäre ich nicht auf diesem Board zugegen, stimmt's?
Sorry, ist was lang geworden, aber so seh' ich den Verlauf und die einfachste Lösung der Welt, die leider, leider Utopie ist.
das sehe ich auch so wie du. Aber ich glaube, das hätte mich nicht vom Rauchen abgehalten, wenn ich weit in die Zukunft hätte blicken können. Ich hätte sicher geraucht mit dem Vorsatz, mit Ende 20 dann sowieso aufzuhören. Mit Ende 20 hätte ich dann das Aufhören hinausgezögert, genau wie ich das beim Alkohol gemacht habe.
ZitatGepostet von Max mX bei mir waren solche Gedanken zwar nicht unängstlich, aber kein einziges Mal dramatisch. Ab 2 1/2 Jahre trocken aufwärts empfand ich das als "aha, wieder einmal, so so" und es wurde seltener, asymptotisch gegen Null mit den Jahren, Max
Von solchen Erfahrungen zu lesen ist hilfreich. Danke. Auch wenn es individuell sicherlich große Unterschiede gibt, macht es mir Mut und bestärkt mich auf meinem Weg. Wünschte mir mehr davon. Aber hier gibts ja noch reichlich zu lesen
hi Buster, der "große" Unterschied besteht durchaus, aber nicht so sehr (denke ich) durch die Zeitdauer der Abstinenz, sondern eher durch die Konsequenz der Kapitulation vor dem Alk. Da war bei mir immer & stets stärker 'heute trinke ich nicht', und mit nicht soooo viel Mühe. Allerdings hatte ich das erst nach meinen ersten 2 1/2 Jahren gemerkt. Deshalb war ängstlich im Sinne von scharf aufpassen schon das richtige, Max
Habe Silvester ganz ruhig mit einer Freundin und deren Freund und meinem großen Sohn beim Spieleabend verbracht. Bevor wir hingegangen sind hab ich mir schon Gedanken darum gemacht, wie es sein wird, Silveseter nicht zu trinken. Bin jetzt seit 9 Monaten trocken und an solchen Abenden war es sehr sehr üblich, zu trinken. Ich habe mich davor gefürchtet; vor dem möglichen Gefühl, trinken zu wollen. Hatte sogar überlegt, vorsichtshalber abzusagen. Die ganze Furcht stellte sich aber als bloße Erwartungsangst heraus. Es gab kein Gefühl, trinken zu wollen. Über Weihnachten waren wir bei meiner Mom, und eine andere Freundin hütete solange meine Katzen in meiner Wohnung und feierte mit ihren Söhnen hier Weihnachten. Davon standen noch zwei Flaschen Sekt herum, die ich dann Silvester der anderen Freundin mitbrachte. Es ging auch gleich los, mit den Sektrunden. Und als ich dankend ablehnte, meinte sie, ach ja, du trinkst ja nichts mehr. Auch Silverster nicht? Aber anstoßen tust du doch? Ja, hab ich auch, mit O-Saft und Selters. Es war überhaupt kein Problem. Sie fragte noch ein paar mal; und irgendwann meinte mein Sohn; Mensch, wenn sie nicht will, ist doch gut. Laß sie doch. Er trank ein paar Glas Sekt mit. Um Mitternacht draußen liefen alle möglichen Leute mit ihren Sektflaschen durch die Straße; und ich dachte, genauso bist du letztes Jahr hier auch langgelaufen. Schon leicht hinüber, etwas taumelig, dumpf im Kopf und hyperaktivgutgelaunt. Der letzte Kick kam, als eine mir nur sehr entfernt bekannte Frau sich an meinen Hals warf, sich wahnsinnig freute, mich zu sehen, mir mit ihrer Sektflasche vor dem Gesicht rumwedelte, weil da darf jeder mal dran nuckeln "brrrrrr", und unverständliches Zeug brabbelte. Anschließend beglückte sie damit meinen Sohn, der sich wegdrehte, als hätte er eine Erscheinung gehabt; und fragte, Mama was war das denn?
Ich dachte nur, hoffentlich bin ich nie selber so rübergekommen! Und da kam so ein tiefes Dankbarkeitsgefühl, dass es mir tatsächlich möglich ist, Silvester und auch sonst nicht mehr trinken zu müssen.
Ein gesundes und glückliches neues Jahr wünsch ich euch allen hier. Hier zu lesen und auch zu schreiben hat mir sehr geholfen auf dem ganzen Weg. Dafür mal ein dickes fettes Danke.
ZitatIch dachte nur, hoffentlich bin ich nie selber so rübergekommen!
wenn ich da so manche heute sehe, wie sie bierseelig-taumelnd versuchen, das Schlüsselloch zu finden, kann ich mich gut reinfinden, dass ich oft auch so vor der Tür stand im festen Glauben, die Tür problemlos aufbekommen zu haben.
Denkste.
Wie schön war da doch dein Erlebnis zu Sylvester und sooo motivierend für deine Zukunft: Trocken.