@juma und @pulsatille: ich bin hier nicht als Fachfrau, sondern sitze im selben Boot wie ihr alle. Das "leider" bedeutet, dass es eben nichts hilft, sich Wissen und Kenntnisse anzueignen. Die Haut, in der jemand steckt, bleibt immer die gleiche. Und die macht es aus, wie man sich fühlt, was man tut und womit man sich eben auch schwer tut. Natürlich war meine Berufswahl kein Zufall. Und ich würde wieder genau das gleiche machen, wenn ich noch mal anfangen würde. Ich denke, dass mein Beruf mir geholfen hat, meine Suchterkrankung noch eine Weile aufzuschieben bzw. nicht manifest werden zu lassen. Bestimmt hat sie mir auch geholfen, mir (vielleicht) weniger lang etwas vorzumachen, als andere Süchtige. Aber am Ende spielte es keine Rolle. Heute ist es so, dass ich zuviel saufe, die Kontrolle nicht mehr habe und Angst habe, dass irgendwann ein crash alles kaputt macht. Ich habe zwei Kids (<10J), eine nicht allzu schlechte Ehe, genug Knete und eigentlich eine Menge Spass am Leben. Also viel zu verlieren. Was mir fehlt ist Wärme, Geborgenheit, innere Zufriedenheit und ein Gefühl von Sinn und Zuversicht. @ Blauäuglein: jap, das schaffen wir!!!
ZitatGepostet von miesmuschel Ich habe zwei Kids (<10J), eine nicht allzu schlechte Ehe, ... Was mir fehlt ist Wärme, Geborgenheit, innere Zufriedenheit und ein Gefühl von Sinn und Zuversicht.
... ist also nach meinem Verständnis keine gute Ehe. In einer guten Ehe findet man meines Erachtens schon Wärme, Geborgenheit, innere Zufriedenheit und ein Gefühl von Sinn und Zuversicht.
wie eindeutig ist Deine Zielvorstellung im Bezug auf Alkohol?
Strebst Du wirklich ein nüchternes Leben an oder hast Du Dich in der Vorstellung verlaufen, daß erst mal die äusseren Umstände passen müssen, bevor Du damit aufhörst?
Und strebst Du wirklich ein nüchternes Leben an oder hälst Du dich noch an der Vorstellung fest, daß Du doch vielleicht doch das eine oder andere könntest?
Oder anders gefragt: hast Du Dir schon mal überlegt, wo Du Dir selbst das Bein stellst?
Sehr viele Trinker - bei mir wars auch so - wären zwar gerne die Probleme los, die sie durch ihre Trinkerei haben, aber deswegen gleich ganz ohne ist halt doch ne Vorstellung, die schnell ihre Attraktivität verliert, wenn der unmittelbare Katzenjammer vorbei ist und der Hunger auf die Droge wieder wächst. Und damit geb ich den Problemen, die ich habe, selbst wieder Nahrung. Genau das gilt es zu durchschauen, und zwar so, daß es auch dann haltbar ist, wenn es mich gerade drückt.
ZitatWas mir fehlt ist Wärme, Geborgenheit, innere Zufriedenheit und ein Gefühl von Sinn und Zuversicht.
Hi Miesmuschel !
Ich frage auch mal wie der Faust, wo soll das herkommen, wenn du dir das nicht selbst geben kannst ? Da scheint ja wohl auch alles Fachwissen nix zu nutzen, wenn du selbst mit dir nicht stimmig bist. Das kann dir auch von außen niemand geben, dafür -- und für dein Trinken -- bist du ganz allein verantwortlich. Du trinkst, weil du dich nüchtern ganz schlecht aushalten kannst ...
Und ich denke, solange du trinkst, wird das auch mit der Zufriedenheit, dem Sinn und der Zuversicht nix.
nö, Minitiger, auf die äussren Umstände zu warten, dafür bin ich nun einfach zu realistisch. Aber meine Zielvorstellungen bzgl. Alk sind, wie Du schon richtig vermutest, nicht ganz klar und "sauber". Ich bemühe mich nach Kräften, kämpfe immer wieder stundenweise mit dem Saufdruck und bin stolz auf jeden Abend, den ich trocken verbringe. Aber ich werde eben auch extrem missmutig, gereizt, in mich gekehrt und "nüchtern", wenn ich einige Tage trocken bin. Ich fühle mich an allen Fronten beansprucht und komme selbst viel zu kurz; immer ist irgendetwas "noch wichtiger". Und dann mag ich mich irgendwann nicht mehr und alles nervt und..., ach, das kennen wohl alle. Es gibt schon Dinge, die mich aus dem Trübsinn herausholen, aber ich kann nu mal nicht jeden Tag arbeiten gehen oder einen stundenlangen Ritt durch Wiesen und Wälder einlegen. Meine Ehe, das ist auch so ein Ding. Ich weiss ja nicht, in welcher Ehe-Liga Ihr alle spielt. Meine ist nicht schlechter, z.T. sogar deutlich besser, als die all meiner Bekannten. Ich schätze, respektiere und achte meinen Mann und vice versa; vielleicht hätte man das vor 100 Jahren sogar Liebe genannt. Wir sind ein gutes Team, wir haben Sex, der über die Jahre zwar nicht häufiger, aber durchaus besser wurde und das gilt meiner Meinung nach für die ganze Beziehung: je länger wir zusammen sind, desto besser, vertrauter und entspannter wird es. Ich bin auch hier Realist genug, die Beziehung nicht mit übersteigerten Erwartungen zu strapazieren. Ich habe auch vor dieser Beziehung genug erlebt, um zu wissen, dass ich hier die besten Wachstumschancen habe. @ Faust: ja, das schreibt sich so leicht, wo denn das nu herkommen soll. Wenn ich das wüsste, wäre ich glaube ich nicht hier. Weisst Du es denn?
ZitatGepostet von miesmuschel Aber ich werde eben auch extrem missmutig, gereizt, in mich gekehrt und "nüchtern", wenn ich einige Tage trocken bin.
als Fachfrau weisst Du ja wahrscheinlich, daß sich Abhängigkeit auch dadurch auszeichnet, daß ohne die Droge immer weniger Glücksgefühle (oder überhaupt das Erleben von heiterer Normalität) möglich sind, weil in den entsprechenden Hirnzentren einerseits die Gewöhnung an das Stimulans eintritt und ohne immer weniger geht und andererseits auch die entsprechende Erwartungshaltung immer mehr in Fleisch und Blut übergeht.
Und das Problem dabei ist, daß auch nach ein paar Tagen Nüchternheit dieser breite Weg mit der Droge für das liebe, gute Hirn immer noch leichter zu gehen ist, wie sich das mühsam wieder beizubringen, daß es auch ohne geht. Deswegen bringen Dich die Pausen überhaupt nicht weiter, wenn Du immer wieder von vorne anfängst.
Die Alternative muss gangbar gemacht werden, auch wenn Du erst mal die Dornen raushauen musst. Das Hirn muss lernen, sich seine Stimulation wieder selbst zu verschaffen. Sonst kann sich Deine Umwelt über kurz oder lang ändern, wie Du das möchtest, und Dir wird das dennoch nix helfen, weil Du es gar nicht mehr gut finden kannst, ohne Dir Alkohol oder sonstwas zuzuführen.
Ja, wahrscheinlich weisst Du das alles, aber ob Du es Dir bewusst machst, wenns drauf ankommt, ist ja nochmal was anderes.
hallo Miesmuschel, "Was mir fehlt ist Wärme, Geborgenheit, innere Zufriedenheit und ein Gefühl von Sinn und Zuversicht." // Eine Ehe kann man glaube ich nicht machen, ein Verhältnis auch nicht, weil da 2 dazu gehören. Erst mal alleine bei sich aufräumen, völlig o.k., dann auf eigenen Beinen stehen also aus eigener Kraft leben, völlig o.k. Aber glücklich (man kann dieses Wort ja heutzutage kaum noch in den Mund nehmen ohne in den Verdacht zu geraten sentimental zu sein :hallo1 werde ich durch eine Beziehung. Du bist für mich ein Geschenk - wegen deines Berufes - weil du ja alles weißt, und trotzdem geht es nicht wie du willst. Da fehlt eben die bedingungslose Kapitulation. Auch noch so gut Bescheid wissen reicht allenfalls für den Geist, aber nicht für die Seele. Bist du eigentlich in deinem Psychogestrüpp irgendwie hängen geblieben? Weil das Einzige richtige der Dioalg auf gleicher Ebene ist. ?! Gruß Max
find ich nicht gut, dass du bier im keller hast. auch wenn es den laden oder die tanke um die ecke gibt, wenn ich solchen druck und jieper bekommen hatte, musste ich ja erstmal losgehen. auf den weg zum laden dann wurde es besser, bin dann ne runde spazieren gegangen, meine unruhe und der druck waren weg.
Und das Problem dabei ist, daß auch nach ein paar Tagen Nüchternheit dieser breite Weg mit der Droge für das liebe, gute Hirn immer noch leichter zu gehen ist, wie sich das mühsam wieder beizubringen, daß es auch ohne geht. Deswegen bringen Dich die Pausen überhaupt nicht weiter, wenn Du immer wieder von vorne anfängst.
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Gibt es eigentlich Richtwerte, ab wann sich das Gehirn daran gewöhnt hat, ohne Alk zu leben?
Ich frage nur nach weil es mir gefühlmäßig irgendwie komisch geht. Als wenn ich mein Leben irgendwie durch Watte oder Nebel schaue. Stellenweise habe ich das Gefühl, das es keine überschäumenden Gefühle mehr gibt. Weder Freude noch Trauer, alles irgendwie eintönig. Und das ich in letzter Zeit vergesslicher werde (Kurzzeitgedächtnis). Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein?
Düster meine ich mich zu erinnern, das ich ähnliches in meiner KT-Phase vor Jahren auch schon hatte, und es mir mit ein oder zwei Glas Wein am Wochenende besser ging. Das möchte ich aber jetzt nicht ausprobieren... Ich frage mich nur, ob das auch an den Gehirnsynapsen oder was auch immer liegen kann und sich irgendwann bessert?
Miesmuschel und Blauäuglein: Ein willkommen on Board von mir.
hallo Peregrine, ". . ab wann sich das Gehirn daran gewöhnt hat, ohne Alk zu leben?" // Mein Obermeister damals meinte, dass im ersten Jahr das gröbste repariert wird, im zweiten Trockenjahr noch die 2-3 Dinge, um die man sich im ersten Jahr immer so herumtat, um im Verlaufe des dritten Jahres dann in Ruhe leben zu können. D.h. dann kreischt es nicht mehr, und schwappt nicht mehr über die Ufer usw., der/diejenige könnte nun auf eigenen Beinen vorankommen, ohne weitere notwendige Hilfen (d.h. heißt nicht, dass nützliche Hilfen wie Kontakte mit anderen nicht positiv sind). Das war der ehemalige Chef des Blauen Kreuzes Berlin, nach Jahrzehnten seiner Gruppenerfahrung. Gruß Max