Ich muss jetzt endlich meine Geschichte loswerden Ich kam eigentlich schon als kleines Kind mit Alkohol in Berührung, als ich damals Opas Wein getrunken habe und alle es ganz putzig fanden, als ich unter dem Tisch meinen Rausch ausgeschlafen habe. Da war ich glaub ich 5 oder so. Aber den eigentlichen Kontakt bekam ich mit 14 auf einem Schulball (ja, damals gabs das tatsächlich! Alk für 14jährige).
Ich kann mich erinnern, dass es meinen Eltern eigentlich recht egal war, zumal bei denen ja auch keine Party ohne recht regen Alkverbrauch stattfand. Im weiteren dann in der Clique, später in der Disco mit schöner Regelmäßigkeit am Wochenende. Wobei ich sagen muss, dass damals sich das Unmaß auf Partys oder Fasching und ähnliches beschränkte. Da sich meine (jobmässige) Situation immer mehr verschlechtert hat, zog ich 1982 wieder nach Speyer, hatte da ja das Angebot meiner Tante, bei ihr wohnen zu können. Auf was ich mich da eingelassen hatte, kam mir allerdings erst später. Es war nämlich der pure Eigennutz. Ich muss dazusagen, dass genau diese Tante mich bis zum 6. Lebensjahr erzogen hat, da meine Eltern mich aus welchen Gründen auch immer zu meiner Oma gegeben hatten, wo auch besagte Tante wohnte, die schon immer alles besser wusste und konnte.
Schon immer dazu erzogen, ja nicht aufzufallen und es immer aller Recht zu machen, wurde mir dann natürlich von ebendieser Tante Dankbarkeit hoch 2 abverlangt. Ziemlich bald lernte ich dann meine erste Frau kennen, zog schnell zu ihr, um dem Drachen zu entkommen, und ein halbes Jahr später war Heirat. Das hatte zur Folge, dass ich für meine Tante der wohl egoistischste und undankbarste Mensch der Welt war. (Was nicht gerade mein kaum vorhandenes Selbstvertrauen aufgebaut hat) In dieser Zeit trank ich eigentlich ‚normal’, d.h. ab und an mal ein oder zwei Biere. Einige Zeit später jedoch stellte ich fest, dass meine Frau ein gestörtes Verhältnis sowohl zum Alkohol als auch zur ehelichen Treue hatte. Das war dann der Punkt, als ich bemerkte, dass der Alkohol ein wunderbares Mittel zur Betäubung jeglicher Schmerzen ist. Das ging dann eigentlich die ganzen Jahre weiter, wobei zwischendurch auch immer wieder Phasen waren, wo es keinen ‚Grund’ zum trinken gab. Die Beziehung gipfelte dann in der endgültigen Trennung. Für sie ging es von da an rapide bergab, ich hatte mich auf einem bestimmten Pegel ‚eingesoffen’ ohne Abstürze oder ähnliches zu haben. Nur wenn der triste Abend kam, mussten halt die bösen Gefühle weggespült werden. In der Zeit verlor ich dann auch zwei mal den Führerschein. Aus der Ehe gingen 2 Kinder hervor, wobei ich bei meinem Sohn, er ist jetzt 16, erst nach 3 Jahren erfuhr, dass er nicht von mir ist. Die Kids holte ich an den Wochenenden zu mir und nach einem Jahr hat sie meine Frau dann ganz zu mir gegeben, ohne jedoch das Kindergeld bzw. den Unterhalt für den Sohn an mich zu zahlen. Dazu muss ich sagen, dass ich die Herkunft meines Sohnes bis heute vor meiner Familie verschwiegen habe, weil ich nicht einsehe, dass er plötzlich persona non grata wird. Das wäre nämlich genau der Fall, so gut kenn ich die Leute. Schon zu der Zeit kam mir manchmal der Gedanke, Alkoholiker zu sein. Dann habe ich einige Zeit nichts getrunken und die Zweifel waren beseitigt. Ich kann ja aufhören ... Nach der Trennung war ich, weil’s ja sooo einfach war, wieder zu besagter Tante gezogen, womit das alte Spiel von vorne begann. Dann kam der Tag, als mir meine Tochter mehr oder weniger das Messer an den Hals setzte umzuziehen, oder sie wäre weg. Im Gegensatz zu mir, liess sie sich nämlich Tantes Eigenarten nicht gefallen und es gab daher dauernd Unfrieden. Ich habe dann auch bald eine Wohnung gefunden (Ruine wäre der bessere Ausdruck gewesen), die sowohl vom Platz her als auch von der Miete her einigermassen gepasst hat. Die nächsten Monate hab ich dann mit arbeiten und renovieren verbracht, natürlich beständig weitergetrunken. Wer arbeitet darf ja schliesslich auch was trinken ... Nach einem halben Jahr in der Wohnung lernte ich dann meine jetzige Frau kennen. Sie gab nach kurzer Zeit dann ihre Wohnung auf und zog zu mir (über 300km). Bald darauf heirateten wir dann. Während ich, aus meiner Sicht, ‚normal’ trank, stellte ich jedoch bei meiner Frau bald fest, dass sie wohl auch ein Problem mit dem Alk hat. Anfangs versuchte ich das vor den Kindern zu vertuschen, aber das gelang auf Dauer nicht. Das ohnehin gespannte Verhältnis zu meiner Tochter wurde immer schlimmer und mein Sohn zog sich immer mehr zurück. Dann kam der Tag, als meine Frau von heute auf morgen einfach aufhörte zu trinken. Das sie zuhause entzogen hat, war sie stellenweise wohl dem Tod näher als dem Leben. Schlimm war nur, dass ich daraus absolut keine Konsequenz gezogen habe und munter weitergemacht habe mit meinem ‚normalen’ Trinken. Nach etwas mehr als 2 Jahren der Trockenheit und nach einigen Abstürzen meinerseits, eröffnete sie mir, dass Sie eine Wohnung hat und in 2 Monaten ausziehen wolle. Ich hatte mich davor die Monate durch schon bemüht, nicht mehr viel zu trinken, hatte aber trotzdem zwischendurch diverse Abstürze. Ich nahm das als wohl unabänderlich hin. In der Zeit danach habe ich es dann geschafft, wirklich gar nichts mehr zu trinken, allerdings mit der geballten Faust in der Hosentasche. Es kam dann auch wie es kommen musste. Es fing an mit ein bis 2 Radler und steigerte sich kontinuierlich bis zum Spiegeltrinken in den letzten 10 Tage. Das natürlich heimlich und weil alle dumm ausser ich, dachte ich, merkts ja keiner. Am 4. 10. 2006 trieb mich dann irgendein Engel dazu, mich zu verraten. Die Folge war, dass ich mir diesmal vorbehaltslos eingestand, dass ich alkoholkrank bin. Ich habe es dann am. 5. meiner Frau und den Kindern eingestanden und war beim Hausarzt. Der empfahl mir als erstes eine SHG, die ich seither auch besuche. Im März hab ich mich dann endlich hier angemeldet, was ich viel früher hätte machen sollen. Aber vergangenen Chancen soll man nicht nachtrauern. Nach vorne geht der Blick. Und was mir sehr hilfreich ist: ich muss ja nur heute das erste Glas stehen lassen...
So, das war jetzt eine lange und konfuse Schreibe, aber das musste einfach sein.
danke für deine Geschichte und dein Vertrauen. Wie immer berühren mich unsere Geschichten, die doch immer unterschiedlich sind und doch so viel gemeinsam haben. Wünsche dir und uns alle Kraft der Welt, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Dazu natürlich auch noch die Portion Kraft und Glück...
Hallo Speyrer, möchte mich Ruby gerne anschließen. Vielleicht schaffe ich`s dann doch auch mal mein "altes Leben" auf 3000 Wörter zu beschränken und ne offene Leitung zu reinstellen ins Board zu finden.
Geh deinen Weg mit der gleichen Konsequenz weiter wie bisher, ich werde auch mein Bestes geben.
LG Petra
Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich
auch ich danke dir dass du deine Geschichte mit uns teilst. Auch mich beruehrt es immer wieder tief die Lebensgeschichten anderer Alkis zu lesen - immer erkenne ich mich (zumindest stellenweise) darin wieder und das verbluefft mich immer aufs neue.
Ich wuensche dir auch weiterhin auf deinem neuen und vor allen Dingen richtigen Weg alles, alles Gute.
Speyrer, auch ich wünsche dir viel Kraft weiterhin auf deinem Weg, er ist richtig und du wirst sicher bemerken um wievieles schöner das Leben ist ohne Alkohol. Elke
der speyrer es ist immer gut seine geschichte zu schreiben oder sie zu er zählen, ich weiß dazu gehört immer etwas mut. Betroffen machen mich alle geschichten und sie spiegeln unser leben wieder wobei viele sich gleichen oder ähnlichkeiten da sind. auch wünche ich dir viel erfolg bei deinem vorhaben und alles gute gruß fitti
Liebe Grüße Friedhelm:Ich bin ein Mensch und nicht der Alkoholiker:gut: :grins2:und schreibfehler bei eby versteigern:sly:
du hast einen langen und beschwerlichen Weg hinter dir, auch wenn er zukünftig sicherlich nicht immer stur geradeaus geht, wünsche ich dir, dass du den für dich richtigen Weg findest. Danke für deine Geschichte.
vielen Dank, dass Du uns ein Stück Deines Lebens gibst ! Ich finde Parallelen und auch Unterschiede zu mir und kann mich so leichter reflektieren . Wer kein Ziel kennt, braucht keinen Weg zu suchen; Wer eins hat, findet auf jedem Weg dahin. Mir scheint, Du kennst Dein Ziel und gehst einen geraden Weg, .
GLG Thomas
Das Leben ist keine Generalprobe; Es ist die Uraufführung!
Zitatauch wenn er zukünftig sicherlich nicht immer stur geradeaus geht, wünsche ich dir, dass du den für dich richtigen Weg findest.
ZitatGepostet von natter
Wer kein Ziel kennt, braucht keinen Weg zu suchen; Wer eins hat, findet auf jedem Weg dahin. Mir scheint, Du kennst Dein Ziel und gehst einen geraden Weg.
soooo, lieber Thomas, ist denn jetzt 'jeder' Weg, der zu einem Ziel führt gerade, hmmm?!?!... pardon...
schön, dass du uns an einem nicht unwichtigen Teil deines Lebens Einblick gegeben hast. Ich glaub, dieser Schritt ist sehr wichtig. Und nachträgliches Löschen gilt net ...
@natter: ich muss auch sagen, dass ein konkret gerader Weg zwar die offensichtlich beste und einfachste Lösung scheint, aber sicher der eine oder andere einen Umweg braucht, um auf diesem Wege des "Ums" vielleicht für sich die richtigsten und wichtigsten Eindrücke erkennt. Sich erkennt, nicht direkt, aber bald und umso intensiver ...
Toi, toi, toi, für alle, die es überhaupt schaffen, jeder auf seinem individuell richtigem Wege ....