aufgrund des artikels gestern online in der taz hab ich mir mal folgende frage gestellt. für wen ist es eine kapitulation vor dem alk/der droge und für wen ist es ein sieg über den alk/die droge? ich bin nämlich der meinung, das wort kapitulation wird irgendwo in gruppen oder sonstigen therapeutischen gesprächen mal aufgeschnappt und dann modelt man sich das für sich selber so hin. ich kenne keinen abhängigen, der - ohne in kontakt zu gruppen oder ähnlichem gewesen ist - das wort kapitulation für sich wählt. wird da in großem stil leuten nur was eingetrichtert? find ich interessant die frage und ich tendiere zu der meinung, daß es den leuten in manchen gruppen eingetrichtert wird.
für mich gibt es keine kapitulation vor meinen süchten. eine sucht muß/will ich bekämpfen, ich muß/will sie besiegen - nur dann bekomme ich sie in den griff und sie bestimmt nicht mehr mein leben und nimmt mir den notwendigen platz für anderes in meinem leben weg.
für wen ist es kapitulieren vor seiner sucht und für wen ist es siegen über seine sucht? gehst du in eine shg? in welche?
ich mach mal den anfang.
ich habe nie vor meinen süchten kapituliert, ich besiege sie. ich gehe in keine gruppe.
spannende Frage das. Gibt schon einige nette Freds darüber. Guckts Du: Fred1 + Fred2
Die Diskussion erinnert mich an das Ablehnen/Annehmen des Wortes 'alkoholkrank' für sich. Für mich war es eine Kapitulation; ich sah ein, daß ich für mich unfähig war, den Alkohol zu besiegen. Ich war endlich bereit, Hilfe anzunehmen.
Das Wort 'Kapitulation' hat einen faden Beigeschmack; hier aber finde ich es positiv. Erst als ich einsah, daß ich hilflos war, wurde ich stark. der Strieder Franz von der Klinik Bad Tönisstein nennt das den 'paradoxen Weg'. Habe lange gebraucht, ihn zu verstehen.
Wie sage ich immer: obiges gilt ausschließlich für mich
ZitatDer Suchtkranke, der seine Krankheit immer mit sich herumträgt, muss sich ein Ziel setzen. Das darf nicht sein, nicht mehr zu trinken, [...s]ondern wieder zu leben.
Bingobingobingo
It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society. J. Krishnamurti
ich habe lange Zeit versucht, die Kontrolle über den Alkohol zu behalten, die verschiedensten Trinkmuster ausprobiert, wie nicht vor 18:00 h, bei einer Sorte bleiben, zwischendurch immer ein Glas Wasser, Montags nie, teure Getränke, weil die mich ja wegen des hohen Preises zur Mäßigung zwingen müssten. Es hat alles nicht auf Dauer funktioniert, endete immer wieder mit Abstürzen.
Als ich zu den AA am, hörte ich zum ersten Mal "Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind..."
Dieser Gedanke war mir nie gekommen, ich war bis dahin der Meinung, gegen mein süchtiges Verhalten kämpfen zu müssen. Das Eingeständnis meiner Machtlosigkeit gegenüber dem Alkohol, was ja Kapitulation bedeutet, war für mich der Wendepunkt. Ich begann umzudenken und verschiedene Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Ich konnte auf diese Weise ohne LZT oder sonstige Therapie trocken werden.
Voraussetzung für Veränderungen war bei mir also die Kapitulation. Was und wogegen sollte ich noch kämpfen, nachdem ich meine Machtlosigkeit erkannt habe? Lieber lege ich mich mit dem Alkohol nicht mehr an und gehe friedlich meinen eigenen Weg.
Friedi
____________________________________________________________________________________________________ Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können. Marc Aurel
Also den Alkohol oder meine Krankheit besiegt habe ich nicht.Ich glaub, das kann ich auch gar nicht
Bei mir war`s am Ende meiner Sauferei tatsächlich eine Kapitulation. Erkennen, daß ich aufhören muß,zu kämpfen. Ich hab'doch sowieso immer nur verloren.
Heute, eine ganze Weile später spüre ich , daß ich jetzt tatsächlich in Frieden mit mir und dem Stoff losgelassen habe.
Dat hört sich so schön pazifistisch an,kann ich super mit leben!
[ Editiert von Yonka am 16.04.09 9:59 ]
„Ein Psychotherapeut ist ein Mann, der dem Vogel, den andere haben, das Sprechen beibringt.“
spannende Frage das. Gibt schon einige nette Freds darüber. Guckts Du: Fred1 + Fred2
Die Diskussion erinnert mich an das Ablehnen/Annehmen des Wortes 'alkoholkrank' für sich. Für mich war es eine Kapitulation; ich sah ein, daß ich für mich unfähig war, den Alkohol zu besiegen. Ich war endlich bereit, Hilfe anzunehmen.
Das Wort 'Kapitulation' hat einen faden Beigeschmack; hier aber finde ich es positiv. Erst als ich einsah, daß ich hilflos war, wurde ich stark. der Strieder Franz von der Klinik Bad Tönisstein nennt das den 'paradoxen Weg'. Habe lange gebraucht, ihn zu verstehen.
Wie sage ich immer: obiges gilt ausschließlich für mich
Gruß Viktor
Strieder Franz ist immer noch in Tönnisstein bei uns gab es auch immer Debatten um den pradoxen Weg brauchte auch meine Zeit um ihn zu verstehen.
Wer es mit kämpfen schafft ist ok für mich zu anstrengend.
ZitatDoch das Wichtigste: Wenn er weiß, dass er stabil ist, kann er sich denen zuwenden, die er wieder und wieder enttäuscht hat und von denen er darum verlassen wurde. Sie werden ihn nicht zurückweisen.
Nochmal zum Artikel
Das war und ist für mich das Quälenste mit, der Selbstschutz eine meiner Töchter, die mich bis heute gefühlsmäßig immer wieder in meine Schranken weist, die mir immer noch mit Mißtrauen begegnet. Ich merke das doch, selbst wenn sie in Gesprächen sagt, das es nun okay ist. Ihre Körpersprache sagt was anderes.
Und ich persönlich kenne das auch: meinem Vater habe ich bis zum Ende seines Lebens nie vertraut. Deswegen stimmt für mich dieser oben zitierte Satz nicht
„Ein Psychotherapeut ist ein Mann, der dem Vogel, den andere haben, das Sprechen beibringt.“
kapitulation ist ein wort, das ich so gar nicht mag, wegen des kriegerischen hintergrundes. dieses testosteronhaltige militärische vokabular ist nicht das meine.
trotzdem: eine kluge frau entscheidet selbst, wann sie wo mit welchen mitteln gegen wen/was kämpft.
ich kämpfe nicht gegen den alkohol. ich weiß auch gar nicht, ob ich das jemals getan habe. weder nass noch trocken.
ich war noch nicht einmal in ihn verliebt. aber ich ließ mich gern verführen. ja. vielleicht war es das? ich wollte mich fallen lassen und wäre gerne aufgefangen worden. statt dessen hat er mich immer und immer wieder hart auf den boden knallen lassen.
als sich dieser perfide liebhaber nach vielen jahren endgültig als untauglich herausstellte .... da habe ich ihn .... in liebe losgelassen.
haha! das ist jetzt aus der rückblickenden ferne von fast zehn alkoholfreien jahren mal kurz und knapp als anekdote fürs poesiealbum zusammengefasst.
ganz so einfach war es natürlich nicht!
einen weiteren ziemlich spannenden themenfaden zur sogenannten kapitulation "als prozess" gab es im august 2008[clic]
Hm, ich kapituliere nicht, aber ich kämpfe auch nicht. Jedenfalls empfinde ich keines von beidem.
Ich bin süchtig, diese Tatsache ist für mich nicht mehr wegzudiskutieren. Das bedeutet für mich nicht Kapitulation, sondern es ist einfach ein Punkt, den ich beachten muss, wenn ich wirklich leben will. Tue ich das nicht wird das Leben mehr und mehr an mir vorbei ziehen und ich werde an meiner Sucht sterben. Kapitulation bedeutet für mich, etwas hinzunehmen ohne die Möglichkeit zu entscheiden. Die habe ich aber. Ich kann trinken wann immer ich will. Wer oder was sollten mich daran hindern? Ich kann mich entscheiden für`s Leben oder Nicht-Leben, wie immer ICH es will. Die einzige Kapitulation ist vielleicht die vor der Tatsache, dass ich nicht beides haben kann - trinken UND Leben.
Ich habe auch keine Sucht "besiegt", weil ich nicht mehr trinke. Die Sucht an sich wird mich ein Leben lang begleiten. Es ist sonnenklar für mich, dass ich mit Alkohol nicht umgehen kann und dass, wenn ich wieder trinke ich mich in die Abwärtsspirale begebe. Genauso ist mir klar, dass mein Suchtverhalten nicht auf den Alk beschränkt ist. Der war nur das Mittel zum Zweck, die "richtigen" Pillen hättens genauso getan. Ich muss dies Suchtverhalten nicht bekämpfen. Was sollte das auch bringen? Es kostet nur unnütz Kraft finde ich. Aber ich KANN, wenn ich WILL lernen. Ich kann lernen, meine Bedürfnisse zu befriedigen, ohne Suchtmittel. Und ohne Kampf.
Ich habe übrigens mehrere SHG`s ausprobiert, aber irgendwie nicht gefunden, was für mich passen würde. Mag sein, dass diese Form der Unterstützung mir auch nicht so liegt. Die Worte "Kapitulation" oder "Kampf" kamen in keiner vor. Ich habe mittlerweile einige Menschen, mit denen ich über diese Dinge gut reden und mich austauschen kann.
Interpunktion und Orthographie dieses Beitrages sind frei erfunden. Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt. :zwinker1:
ich habe lange Zeit versucht, die Kontrolle über den Alkohol zu behalten, die verschiedensten Trinkmuster ausprobiert, wie nicht vor 18:00 h, bei einer Sorte bleiben, zwischendurch immer ein Glas Wasser, Montags nie, teure Getränke, weil die mich ja wegen des hohen Preises zur Mäßigung zwingen müssten. Es hat alles nicht auf Dauer funktioniert, endete immer wieder mit Abstürzen.
Als ich zu den AA am, hörte ich zum ersten Mal "Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind..."
Dieser Gedanke war mir nie gekommen, ich war bis dahin der Meinung, gegen mein süchtiges Verhalten kämpfen zu müssen. Das Eingeständnis meiner Machtlosigkeit gegenüber dem Alkohol, was ja Kapitulation bedeutet, war für mich der Wendepunkt. Ich begann umzudenken und verschiedene Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Ich konnte auf diese Weise ohne LZT oder sonstige Therapie trocken werden.
Voraussetzung für Veränderungen war bei mir also die Kapitulation. Was und wogegen sollte ich noch kämpfen, nachdem ich meine Machtlosigkeit erkannt habe? Lieber lege ich mich mit dem Alkohol nicht mehr an und gehe friedlich meinen eigenen Weg.
Friedi
Hallo Friedi, schöner Beitrag, den ich zu 100% unterschreibe. Genau so empfinde ich auch, wenngleich ich keinen Kontakt zu den AA habe.
Als ich in die Entgiftung bin und das erste Mal das Wort Kapitulation hörte, habe ich mich sehr schwer getan damit.
Aufgeben? Ich? Niemals!
Aufgegeben habe ich auch nicht. Nicht mich. Ich habe einen sinnlosen Kampf eingestellt den ich einfach nur verlieren konnte. Was habe ich gekämpft. Immer wieder versucht, gepflegt, kontrolliert oder sonstwie zu trinken - am Ende war ich doch wieder komatös weil ich nur saufen kann. Anstrengend war das. Und selbstzerstörerisch. Irgendwie habe ich es geschafft, für mich anzunehmen, das ich dem Alkohol gegenüber machtlos bin und bedingungslos Hilfe anzunehmen. Mir war es in der Therapie schnuppe ob die Klos sauber waren, ob ich in einem viel zu kleinen Vierbettzimmer lag, ob ich Frühsport machen muss oder sonstwas, es war mir schnurz weil das einzige was ich wollte, wirklich wollte, war nicht mehr saufen zu müssen. Hätten die mir dort gesagt ich soll nackig um den Block rennen und dann bleibe ich mit Garantie für immer trocken - ich hätte es gemacht. Ich war nicht mehr in der Lage, Bedingungen zu stellen.
Heute nenne ich das für mich Kapitulation, ich habe dieses Wort in der Entgiftung gelernt, noch bevor ich AA kannte, ich finde es passt und hat für mich nichts Negatives sondern eher etwas ganz gesundes, vernünftiges. Ich versuche nicht mehr, mit dem Alk klarzukommen, ich gehe ihm aus dem Weg. Für mich etwas ganz positives.
Liebe Grüße Uta
"Großer Gott, laß meine Seele zur Reife kommen, ehe sie geerntet wird!"Selma Lagerlöf
also mit kämpfen meine ich kein kontrolliertes trinken oder ähnliches. ich kämpfe jetzt auch nicht, alles läuft ziemlich entspannt was den alk betrifft. mit kämpfen meine ich z.b. die versuche, ganz aufzuhören. oder auch z.b. wenn man suchtdruck hat. dann muß ich in irgendeiner art dagegen ankämpfen, also etwas dagegen unternehmen. oder die ganzen versuche aufzuhören, waren immer wieder ein kampf. das sagen und schreiben ja auch viele. warum wird dann der letzte kampf, der bis jetzt ja ein erfolg bei denen ist, die trocken sind, nicht als sieg und damit eigener erfolg gesehen? viele kämpfe gegen den alk verloren, aber diesmal einen gewonnen sozusagen.
wenn man es als eigenen erfolg sieht, stärkt man sich meiner meinung nach gleich wieder selbst. vielleicht ist man durch die ganzen kämpfe vorher gegen seine sucht innerlich so stark geworden und hat sich selber gedanklich dahingebracht, daß man den letzten kampf gegen seine sucht gewinnen konnte?
wiegesagt, ich kämpfe nicht, alles läuft zum glück gut und ohne irgendein verlangen nach alk, aber der weg bis zum ausstieg war kampf. man muß ja eine gewisse psychische anstrengung unternehmen. im umkehrschluß wäre doch dann bei denen, die ihren sieg über ihre sucht als kapitulation sehen, keine rückfallgefahr - oder kommt man dann einfach wieder raus, wenn man sagt, ich kapituliere nochmal? eine kapitulation bedeutet, daß ich meine kräfte dem gegner, also dem alk, übergebe. und dann entscheidet also zukünftig der alk nach seinem belieben? nee, dann muß man schön selber entscheiden, sich bei einem rückfall wieder zum ausstieg kämpfen und was unternehmen.
jeder, der es aus einer sucht schafft, ist ein sieger in meinen augen, weil er gegen seine sucht kämpfen mußte, selbst aktiv wurde und etwas dagegen unternommen hat. mit einer kapitulation gegenüber seiner sucht räumt man der droge oder dem alk meiner meinung nach einen viel zu großen platz und zu große macht ein. wenn dann der alk oder die sucht keine kapitulation erlaubt, was dann? schriftlich anfragen? wie man sich aus einer sucht rauswurschtelt, bleibt letzlich egal. aber jeder unternimmt irgendwas gegen die abhängigkeit. und das ist doch schon ein großer erfolg, ein sieg, den man sich ruhig zugestehen sollte. mach dich größer als die droge oder den alk.