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Saufnix  
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Dieses Thema hat 40 Antworten
und wurde 3.675 mal aufgerufen
 Akute Hilfe
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Cellistin Offline



Beiträge: 18

02.01.2011 21:25
RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Eigentlich habe ich diesen Account für meine Freundin angelegt; ich wollte damit erreichen, dass sie sich einfach von "neutralen dritten Personen" Rat holt, die sich mit dem Thema Akohohl -unmittelbar und mittelbar betroffen- auskennen. Nun schreibe ich den ersten Eintrag dazu, dann gebe ich diese "Verantwortung" an sie ab.

Meine Freundin ist 21, ihr Freund (mit dem ich auch befreundet bin) 45. Beide wohn(t)en neben mir; im Moment wohnt meine Freundin bei mir. Die Partnerschaft der beiden besteht seit ca. 3 Jahren; sie ist sehr intensiv, es ist eine große Liebe vorhanden.

Alkohol war zwischen den beiden schon immer ein Thema, wobei man Themen auch gern ignoriert. So habe ich sein Alkoholproblem auch gern verdrängt, es war ja wunderschön, an so manchem Wochenende mit genügend Rotwein und tollen Gesprächen die Welt zu verändern. Nach einer zugespitzten Situation im Sommer wurde klar kommuniziert (innerhalb der Partnerschaft der beiden), dass Alkohol ein Thema ist und hier eine Änderung stattfinden muss. Dies allerdings in der Konsequenz, dass zwischen Freundin und ihm kommuniziert wurde, dass er ab jetzt nur noch ab und zu trinkt und wenn, dann nur Bier. Eine halbherzige Lösung; danach und auch mit (meinem) Abstand kann man leicht reden.

Die Situation hat sich weiter zugespitzt, seit dem 27.12.2010 wohnt meine Freundin bei mir. Hintergrund war ein weiterer Alkoholexzess, der zur Folge hatte, dass ihr Freund wieder sturzbetroffen im Haus lag. Sie wollte ihn nicht mehr decken, sie wollte nicht mehr Verantwortung für ihn übernehmen, sie wollte nicht mehr seine Betreuerin sein. Vielleicht sollte hier noch angemerkt werden, dass meine Freundin auch mit den jungen Jahren sehr reif ist.

Ihr Freund, ich nenne ihn mal der Kürze im Schreiben geopfert X, hat diese "Trennung" zunächst nicht ernst genommen, warum auch, die räumliche Trennung, wenn 2 Wohnungstüren 3 Meter entfernt ist, hält sich in Grenzen. Er hat seit dem 27.12.2010 nichts anderes getan, als exorbitant getrunken. Nicht Wein, wie bisher, sondern Schnaps Flaschenweise.

Insgesamt hat sich dadurch auch die Situation für meine Freundin verändert. Während sie bisher noch glaubte, dass sie einfach mal Abstand benötigt, damit er zur Besinnung kommt, steht ein Auszug vor der Tür; ihre Sachen sind bereits geräumt.

X hat nunmehr seit Sylvster in den Zeiten, in denen er wach war, Terror veranstaltet. Anhaltendes Klingeln, betteln, flehen, drohen, das gesamte Programm. Glücklicherweise konnte meine Freundin davon überzeugt werden, dass sie nun alles machen kann, nur eines nicht: ihm helfen. Er verfügt im Moment über kein/wenig Geld, sie hat es auch geschafft, ihm nichts zu geben, wohl wissend, dass er es dann wieder in Wertsteigerung von 40 Promille investiert.

Es ist leichter gesagt, als getan, nicht zu helfen, auch ich erwische mich dabei, ihm vielleicht eine Schachtel Zigaretten oder auch Essen vor die Tür zu legen; ich weiß aber, ich darf es nicht, wenn ich ihm wirklich helfen will.

Am Neujahrstag mussten wir den Notdienst rufen, da der Freund betrunken und verletzt im Hausflur lag; dies nach 3 Stunden Klingelterror. (Er blieb daheim, da keine ausreichende Eigengefährdung festgestellt werden konnte.) Die zurückliegende Nacht ist er in gleicher Weise verfahren. In der Nacht hat er die Sachen meiner Freundin aus dem Fenster geworfen bzw. weitere Eskapaden veranstaltet.

Nachdem dieses Verhalten heute weiter fortgesetzt stattgefunden hat, dazu noch Bedrohungen etc., haben wir die Entscheidung getroffen, die Polizei zu informieren. Diese hat hier nach unserer Schilderung der Umstände noch relativ zurückhaltend reagiert, x dann aber aufgesucht. Der Anruf bei der Polizei war nicht "verfrüht"; x wurden innerhalb von 5 Minuten Handfesseln angelegt und er wurde in dieser Form auch aus dem Haus geführt und mitgnommen. Hintergrund ist seine Agressivität. Es besteht unsererseits die Vermutung, dass er die Nacht in einer Ausnüchterungszelle verbringen wird, was wir als positiv sehen, da damit der Kreislauf wach/saufen nach einer Woche endlich mal unterbrochen wird.

Es bleibt auch dabei, dass meine Freundin ausziehen wird. Ihre Sachen sind auch aus der Wohnung verbracht und sie wird auch nicht weiter in meiner Wohnung wohnen, da die räumliche Nähe nur weiterhin zu Konflikten führen wird.

Unsere (ihre), auch wenn ich ihr diesen ersten Eintrag hier abnehme, ist, was sie noch tun kann. X ist kein schlechter Mensch, sehr intelligent, liebenswert, humorvoll. Der Stand der Beziehung meiner Freundin zu ihm ist auch unklar; sie ist im Moment nicht in der Lage, ihre Gefühle zu definieren und zu reflektieren. Ich befürchte, dies ergänze ich mal dazu, dass sie in der nächsten Zeit auch in große Gewissensnöte kommt. X ist Theologe, beide leben mit dem Glauben, der Bibel, den Geboten daraus, auch entsprechend dem Gebot der Nächstenliebe.

Es tut mir leid, dass der Text so lang gewartet ist. Ich (und dann sie, wie beschrieben) hoffe auf Rat, was man tun kann, auch wenn man nichts tut. Auf Erfahrungen anderer Betroffener und wie sie mit der Situation umgegangen sind.

Vielen Dank für das Lesen und vielleicht auch die ein oder andere Antwort.


Cellistin Offline



Beiträge: 18

02.01.2011 22:33
#2 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Nachtrag:

Die Hoffnung auf eine ruhige Nacht für uns zuzüglich eine Chance für den Nachbarn, aus dem Alkoholkreislauf auszusteigen, hat sich zerschlagen. Nach ca. 6 Stunden wurde er offensichtlich nach Hause geschickt, sein erster Weg danach führte ihn bereits zur Tankstelle. Nun wird es ca. 2 bis 3 Stunden dauern, bis der Klingelterror etc. erneut beginnt.


Lisahh Offline



Beiträge: 142

02.01.2011 23:06
#3 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Hallo Cellistin,
ich habe leider nicht die Zeit allzu ausführlich zu antworten, da ich den morgigen Geburtstag meiner Tochter vorbereiten muss.

Ich möchte dir aber zunächst einmal sagen, dass ich es ganz toll von dir finde, wie gut und zuverlässig du zu/hinter deiner Freundin stehst!
Glaube mir, in so einer Situation ist nichts auch nur ansatzweise so wichtig wie ein solcher Rückhalt.

Und was mir sehr auf dem Herzen liegt:
PASST AUF EUCH AUF UND RUFT LIEBER EINMAL ZUVIEL ALS ZUWENIG DIE POLIZEI!

Bleibt konsequent und öffnet - egal was er verspricht - auf keinen Fall die Tür!

Ich habe bei zwei meinen EX-Partnern erlebt, was es bedeuten kann, wenn Männer in Krisensituationen/ im Trennungsfall austicken können.

Und ich habe leider die Erfahrung machen müssen, dass gerade die ansonsten eher ruhigen, kontrollierten und besonnenen Typen in solchen Situationen umso extremer ausrasten können, wenn man Ihnen (aus ihrer Sicht)den Boden unter den Füßen wegzieht.

In meinen beiden "Fällen" war noch nicht einmal Alkohol im Spiel, was dann passiert wäre möchte ich mir gar nicht ausmalen.

Respekt auch an deine Freundin, die aus meiner Sicht - gerade in Hinblick auf ihr recht junges Alter, sehr gut reagiert hat und das einzige tut, was SIE tun kann: auf SICH achtgeben und eine klare Grenze ziehen.

IHM kann Sie nicht helfen und im Moment sowieso nicht, dazu müsste er sich erstmal einkriegen und danach sieht es ja derzeit anscheinend nicht aus... Aber auch hier gilt: VORSICHT! nicht von Versprechungen einlullen lassen, Vertrauen könnte hier brandgefährlich werden, so traurig das auch ist.

Ich drücke euch alle Daumen, dass sich zumindest diese Akutsituation schnell wieder beruhigt!

LG, Lisa

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Cellistin Offline



Beiträge: 18

02.01.2011 23:25
#4 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Hallo !

Hier spricht nicht meine Freundin, sondern die Cellistin höchstpersönlich. ^^

Erst einmal vielen Dank für die Antwort, die mir hilft zu meinem Handeln zu stehen und hoffentlich auch dabei konsequent zu bleiben.
Die letzten Tage waren echt etwas heftig und die letzten drei Jahre gehen mir ununterbrochen durch den Kopf.
Hätte ich in meinem kurzen Leben ein bisschen mehr zum Thema "Alkoholismus" erfahren, wäre ich sicher ein wenig früher darauf gekommen, dass mein Freund ein Alkoholiker ist. Nun gut, jetzt nicht mehr zu ändern, aber dafür umso einiges mehr.

Eine Frage schwirrt mir auch durch mein Hirn, nämlich, was ich machen sollte wegen dem zusammen aufgenommenen Kredit über seine Bank, wo ich mich zu der Rückzahlung meines "Teils" verpflichtet fühle.
Ich weiß auch, dass er ohne meine finanzielle Unterstützung nicht auskommen wird. Ja, ich weiß, dass ich ihn jetzt in seinen eigenen Dreck fallen lassen sollte, dennoch macht mich das scheiß Geld-Thema echt wahnsinnig und ich bitte hiermit höflichst um Rat =) !

Eine schöne Nacht und lieben Gruß, Cellistin.


Lisahh Offline



Beiträge: 142

02.01.2011 23:57
#5 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Cellistin
Hallo !

Nun gut, jetzt nicht mehr zu ändern, aber dafür umso einiges mehr.

Eine Frage schwirrt mir auch durch mein Hirn, nämlich, was ich machen sollte wegen dem zusammen aufgenommenen Kredit über seine Bank, wo ich mich zu der Rückzahlung meines "Teils" verpflichtet fühle.
Ich weiß auch, dass er ohne meine finanzielle Unterstützung nicht auskommen wird. Ja, ich weiß, dass ich ihn jetzt in seinen eigenen Dreck fallen lassen sollte, dennoch macht mich das scheiß Geld-Thema echt wahnsinnig und ich bitte hiermit höflichst um Rat =) !




Hallo, echte Cellistin

Mit ersterem hast du ganz sicher recht, es ist Zeit was zu ändern - für dich!

Wegen der finanziellen Geschichte:
Kreditmäßig muss da sicher über kurz oder lang was geregelt werden, aber nicht heute und nicht morgen. Wenn du den Vertrag mit unterschrieben hast, MUSST du sogar für dessen Abzahlung Sorge tragen, notfalls auch für beide Anteile, wenn dein Freund zahlungsunfähig ist. Soweit, so schlecht.

Hast du nicht unterschrieben oder gebürgt, biste zumindest rechtlich fein raus, allerdings interpretiere ich leider deinen Beitrag so nicht.

Was alles andere finanzielle betrifft:

Du bist nur verpflichtet, das mitzutragen, was du vertraglich mit unterzeichnet hast (Mietvertrag/Telefon/Strom etc...). Läuft alles auf ihn, kannst du dich beruhigt zurücklehnen.

Für seinen Lebensunterhalt bist DU sowieso nicht verantwortlich! Da soll er mal selbst für sorgen, dass er Kohle zum versaufen hat.
Notfalls muss er halt zum Amt rennen, so einfach ist das.

Im übrigen kann es ja wohl nicht ernsthaft sein, dass du dich mit deinen etwas über 20 Jahren dafür verantwortlich fühlst, einen Vierzigjährigen durchzufüttern?
Meine Tochter ist knapp jünger als du, wenn die mir mit sowas käme - mir fiele alles aus dem Gesicht!

Cellistin, du bist noch so verdammt jung und willst DEINE Kohle einem Typen in den Rachen stecken, der nichts besseres zu tun hat, als es zu versaufen? Der dich derzeit
belästigt und BEDROHT? Den du von der Polizei abholen lassen musstest? Der mit über 40 sein Leben nicht auf die Reihe kriegt? Vor dem du aus eurer Wohnung flüchten musstest?



Bitte, bitte denk noch mal drüber nach, ob deine Pflichtgefühle ihm gegenüber nicht absolut absurd sind, schöne Vergangenheit hin oder her.

Nächstenliebe gut und schön, aber der allernächste solltest DU DIR sein!

[ Editiert von Lisahh am 02.01.11 23:58 ]

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Cellistin Offline



Beiträge: 18

03.01.2011 00:14
#6 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Danke fürs Antworten!!!
Also ich habe nichts unterschrieben, was den Kredit angeht.
Nichts desto trotz haben wir ihn zusammen aufgenommen und nicht er allein für sich.
Die Wohnung haben wir gemeinsam aufgenommen, also keiner ist zum anderen gezogen, wir haben sie zusammen ausgewählt NACH der Zusammenrechnung unserer BEIDER Gehälter. Das heißt, in diesem Fall hat das nix mit Durchfüttern zu tun, da es ganz logisch ist, dass wenn wir die ortsabhängig teure Wohnung uns nur zusammen leisten konnten, er nach meinem Auszug finanziell in der Klemme sitzt.
´
Verantwortung will ich übernehmen, wenn ich ihm jedoch jetzt Geld gebe, weiß ich dass ers versäuft.

Argh! =(


Lisahh Offline



Beiträge: 142

03.01.2011 00:44
#7 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Cellistin
Danke fürs Antworten!!!
Also ich habe nichts unterschrieben, was den Kredit angeht.
Nichts desto trotz haben wir ihn zusammen aufgenommen und nicht er allein für sich.
Die Wohnung haben wir gemeinsam aufgenommen, also keiner ist zum anderen gezogen, wir haben sie zusammen ausgewählt NACH der Zusammenrechnung unserer BEIDER Gehälter. Das heißt, in diesem Fall hat das nix mit Durchfüttern zu tun, da es ganz logisch ist, dass wenn wir die ortsabhängig teure Wohnung uns nur zusammen leisten konnten, er nach meinem Auszug finanziell in der Klemme sitzt.
´
Verantwortung will ich übernehmen, wenn ich ihm jedoch jetzt Geld gebe, weiß ich dass ers versäuft.

Argh! =(



Gut, nachdem nun denn der rechtliche Aspekt durch deine Antwort positiv geklärt ist, geht es denn "nur" noch um deinen moralischen Anspruch, ihn zu unterstützen.

Da ich jetzt unbedingt ins Bett muss, werde ich darauf morgen ausführlicher zurückkommen, sofern die Feierlichkeiten soviel Zeit zulassen.

Also bitte nicht ungeduldig werden, zumal ich sicher bin, dass sich bestimmt auch noch andere Saufnixe zu Wort melden werden.

Also verabschiede ich mich für heute mit einigen Fragen an Dich:

Wenn Du aus eurer gemeinsamen Wohnung ausziehst, wer kommt dann für DEINE neue Wohnung, Kaution, Einrichtung, Haushaltsausstattung, Umzug etc. auf?

Wie lange stellst du dir vor, möchtest du ihm denn die große, vollausgestattete Wohnung mitfinanzieren, während du irgendwo bei Freundinnen oder sonstwo beengt unterschlüpfst?

Oder bin ich auf einem völlig falschen Dampfer und du siehst das in Wirklichkeit nur als Übergangslösung an und gehst davon aus, in Kürze in eure Wohnung zurückzukehren?

Wenn dies der Fall ist, was ich ausdrücklich nicht hoffe, wovon machst du dann den Zeitpunkt deiner Rückkehr abhängig?
Welche Bedingungen müssten für dich efüllt sein?

Mit diesen Fragen lasse ich dich nun in die Nacht starten und hoffe, es waren ein paar für dich brauchbare Denkanstöße dabei.

LG, Lisa

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Cellistin Offline



Beiträge: 18

07.01.2011 15:50
#8 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Die "unechte" Cellistin schreibt hier mal weiter. Mein "Redebedürfnis" ist ziemlich hoch. Die letzten Tage kommen mir vor wie ein schlechter Film. Täglich Krankenwagen im Haus, Polizei, einmal Großeinsatz der Feuerwehr aufgrund Rauchgeruch; X hatte einen Schwelbrand verursacht, der sich glücklicherweise als "harmlos" herausgestellt hat.

Ich habe unzählige Gespräche geführt, u.a. mit Sozialpsychatrischen Dienst, Hausarzt etc.: es gab keine Möglichkeit, X gegen seinen Willen in ein Krankenhaus einzuweisen. (Mein) Ziel war nicht, ihn zu einer Entgiftung etc. zu bewegen, dies kann ich auch gegen seinen Willen nicht schaffen, sondern dass er aus dem Kreislauf aufwachen, saufen, aufwachen, saufen heraus kommt.Vor 2 Tagen hat er dann wohl aufgehört zu trinken. Die Folge war, dass er Dämonen, Monster und so weiter gesehen hat. Natürlich hat er dann dagegen bei mir Hilfe gesucht. Ich habe ihm hier gesagt, dass ich ihm nicht helfen kann, er in ein KH gehen muss, ohne Erfolg.

Er hat am ganzen Körper gezittert, ich habe so etwas noch nie gesehen und diverse Monster beschrieben. Dabei war es total komisch: Er war ja nüchtern und (ich beschreibe hier meine Wahrnehmung) hat einerseits rational beschrieben, dass er weiß, dass es dies nicht gibt; andererseits hat er mit der Kamera Bilder der Monster gemacht, um diese zu zeigen.

Mit Hilfe des Hausarztes habe ich erreicht, dass er gestern zu ihm gegangen ist. Leider hat dieser ihn nicht von einem Krankenhausaufenthalt überzeugen können und wieder nach Hause gelassen. Wohl (zumindest nach Aussage von X) mit der Verabredung, dass X es die nächsten Tage allein probiert und dann 3 Monate in Therapie geht.

Diee Nacht ist es dann eskaliert. X muss so schlimme Wahnvorstellungen gehabt haben, dass es für ihn nicht zu ertragen war (nochmals, ich schreibe nur meine Wahrnehmungen und was ich hieraus ableite, dies muss nicht richtig sein). Er ist durch das Haus gerannt, hat Schutz in der Kirche nebenan gesucht; teilweise hat er auch in mir den Dämon gesehen.

Wahrscheinlich aus dieser Angst hat er dann wieder Alkohol geholt und auch getrunken. Hätte er hier mal gelesen, dann hätte er gewußt, dass dies nichts bringt. So war es auch. Gegen 3 Uhr hat er hier wieder geklingelt und von den Dämonen berichtet. Allerdings war die oben beschriebene "Verstandeshälfte" komplett weg, die ihm am Tag zuvor noch gesagt hat, dass dies nicht real ist. Er war komplett in dieser Psychose gefangen.

Da es nicht half, ihn zu beruhigen und ihm zu zeigen, dass nichts ist, habe ich das "Spiel" mitgespielt und ihn in seiner Wahrnehmung bestätigt. Damit konnte ich ihn auch überzeugen, dass wir die Polizei rufen müssen. Der Polizist am Telefon hat sich sicher gefreut, als ich mich am Telefon vorgestellt habe und um dringende Hilfe gebeten habe, da mein Nachbar von Dämonen bedroht wird. Entsprechend war seine Nachfrage auch. Er hat es aber relativ schnell geschnallt und einen Krankenwagen geschickt, später auch eine Streife.

Die Sanitäter habe ich dann auf der Treppe auch "begrüßt" mit der Aufforderung, dass sie uns sofort ihre Ausweise zeigen müssen, damit wir wissen, dass sie auch keine Dämonen sind (Dämonen können nämlich keine Ausweise fälschen). Dies klingt zwar schon irgendwie lustig, es war aber einfach nur erschreckend und gruselig. X hat den Sanitätern dann die Monater gezeigt, die er fotografiert hat und so weiter.

Ich hatte ihm vorher noch erzählt, dass er Schutz nur im Krankenhaus findet, weil dort viele Christen sind und diese sich nicht hintrauen. X ist ehemaliger Pfarrer und dies habe ich für meine Argumentation "missbraucht".

Jedenfalls hat er sich mitnehmen lassen und ist nun in der Psychiatrie. Ich bin einerseits erleichtert, dass er dort ist, andererseits fühle ich mich aufgrund dieses Vertrauensmissbrauches schon recht mies.

Wie ich im Eingangsposting beschrieben habe, halte ich X für einen wertvollen Menschen, ich mag ihn auch, wie seine Freundin. Was er macht, ist furchtbar.

Über den Psychosozialen Dienst werde ich am Montag versuchen, ihm einen gesetzlichen Betreuer zu bestellen, da seine Angelegenheiten geregelt werden müssen. Dies ist auch schon besprochen, hängt natürlich auch davon ab, ob er in der Psychiatrie bleibt. Nach nunmehr 14 Tagen Horror pur möchte ich einfach diese Verantwortung abgeben. Ich hänge ja immer noch mitten in der Geschichte und regel alles. Ich habe kein Helfersyndrom oder ähnliches, es blieb mir nichts anderes übrig.

Meine (seine) Freundin ist zu den Eltern gezogen und untergebracht. Sie hat X auch signalisiert, dass sie für ihn da ist, aber nur ohne Alkohol und nach einer Therapie.

Jetzt nach 14 Tagen fast ohne Schlaf (da X anfangs immer geklingelt hat, zuletzt dann aber nur, wenn er sich in Not sah), hören auf jedes Geräusch, beobachten des Hausflures durch den Türspion, diversen Telefonaten mit Ärzten etc. (es ging sogar soweit, dass ich Papierteile an seiner Tür angebracht habe, um zu wissen, ob er da ist oder nicht), bin ich am Ende meiner Kräfte.

Ich weiß auch nicht mehr, was richtig ist/war und was falsch. Hätte ich die Freundin nicht aufgenommen, wäre er nicht so abgestürzt .... und so weiter. Realistisch sage ich mir zwar, dass er dann vielleicht in einem oder xyz-Jahren so abgestürzt wäre, es ändert aber nichts an meinen Zweifeln und Selbstvorwürfen.

Ich habe in der letzten Zeit viel hier gelesen, auch über kalten Entzug. Dazu kann ich nur schreiben: Es ist viel viel schlimmer.

Danke fürs Lesen, ich habe trotz langem Text nicht mal ein Bruchteil davon geschrieben, was in meinem Kopf kreist.


zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 16:37
#9 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Hi "unechte" Cellistin,

Du hast genau richtig gehandelt. Du hast alle notwendigen Mittel eingesetzt, damit X dort ist, wo er hingehört mit einer Psychose. In der Psychiatrie.
Das ist auch beim besten Willen kein Vertrauensmissbrauch. Sondern für X (lebens-?!)notwendig.

Es ehrt Dich, dass Du Dich so um X gekümmert hast. Nun wird es wirklich wieder Zeit, dass Du Dich um Dich kümmerst. Denn 51% (mindestens) gehören Dir. Und davon warst Du wohl so um die 50% entfernt in den letzten Tagen.

Liebe Grüße
Suse


Mus Musculus ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 16:39
#10 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Hallo "unechte" Cellistin!

Du hast das einzig Mögliche gemacht und ich wünsche Dir in nächster Zeit viel Ruhe und auch Kraft wieder zu Dir zu kommen und Dich zu erholen. Ich kann nachvollziehen wie anstrengend das war und was jetzt ungefähr in Deinem Kopf vorgeht.

Danke für den Bericht, der sicher vielen den Ernst der Lage eines kalten Entzuges vor Augen führen wird.

Lieben Gruß
Sabine

Edit: Suse hat nun zeitgleich fast das selbe geschrieben... so falsch kann es wohl nicht sein...

[ Editiert von Mus Musculus am 07.01.11 16:40 ]


Cellistin Offline



Beiträge: 18

07.01.2011 16:59
#11 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Vielen Dank für Eure Antworten.

Ich hoffe, dass ich richtig gehandelt habe. X war schon immer dem Wein zugetan; so wie in den letzten Tagen, also ab dem 27.12.2010, habe ich ihn noch nie erlebt. Wenn man sonst in der Runde ein Glas Wein getrunken hat, dann war er witzig, humorvoll etc. Natürlich ist es mir aufgefallen, dass er sehr viel getrunken hat, ich habe mir aber (naiv) nichts dabei gedacht. Man hat eben rotweinschwanger die Welt geändert, immer mit sehr guten Gesprächen.

Die letzten Tage war er ein ganz anderer Mensch, verdammte Axt und ehrlich: Allein nur davon, also ihn so zu sehen, konnte man sich den größten Ekel vor dem Alkohol holen. Es waren doch nur 10 Tage und er ist in dieser Zeit völlig verwahrlost. Jegliches natürliches Schamgefühl hat er verloren, ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll.

Als ich die Feuerwehr rufen musste (die in Summe mit Polizei und Krankenwagen mit 20 Leuten ca. zu Gange war), ist er abgehauen. 1 Stunde später war er wieder da und sein erster Gang führte ihn in den Supermarkt, Alkohol besorgen.

Danach hat er ja, wie beschrieben, allein versucht, nichts mehr zu trinken. Obwohl ich dies im Detail nicht weiß, ich war ja nicht dabei, nur nebendran. Es war grausam. Er hat am ganzen Körper gezittert, also nicht nur die Hände, sondern Arme, Beine, sogar der Bauch. Und diese Nacht war er nicht er.

Ich verstehe nicht, warum nicht vorher extern Hilfe zu bekommen war. Einleuchtend ist, dass man niemanden zwingen kann, nichts mehr zu trinken. Allerdings haben sowohl Polizei als auch Rettungssanitäter täglich gesehen, dass er jenseits von gut und böse ist. Er hat sich verletzt (mehrfach gefallen), er hat in der Wohnung gezündelt, im Hausflur gezündelt... es hat nicht gereicht.

Wobei ich hier sagen muss, dass sowohl Polizei als auch Rettungssanitäter extrem geduldig, höflich und bemüht waren. Nach 10 Tagen "kannte man sich". Sie sind teilweise bis zu 2 Stunden hier gewesen, haben sich von x beschimpfen lassen und sind dennoch mit großem Respekt mit ihm umgegangen.

Hat hier jemand Erfahrung mit einer solchen Psychose? Erholt er sich davon? Wird er wieder "normal"?


Mus Musculus ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 17:14
#12 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Ich habe Erfahrungen mit Psychosen, sowohl selbst (allerdings nicht angesoffen) als auch bei Mitpatienten. Ich bin kein Arzt, aber mit den richtigen Medikamenten holen die ihn da schnell wieder "runter".

Erschreck Dich nur nicht falls Du ihn besuchen möchtest. Die Medikamente in solchen Fällen sind recht heftig und verändern die Persönlichkeit sehr. Das gibt sich aber nach einer Weile wieder.

Lieben Gruß
Sabine


Ralfi Offline



Beiträge: 3.531

07.01.2011 17:14
#13 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Hi Cellistin,

was du beschreibst war IMHO ein Delir. Schon bei ersten Anzeichen von Halluzinationen im Entzug besteht ein Notfall und ich würde die Notfallnummer wählen.

Wen ich lese:

Zitat
Jetzt nach 14 Tagen fast ohne Schlaf (da X anfangs immer geklingelt hat, zuletzt dann aber nur, wenn er sich in Not sah), hören auf jedes Geräusch, beobachten des Hausflures durch den Türspion, diversen Telefonaten mit Ärzten etc. (es ging sogar soweit, dass ich Papierteile an seiner Tür angebracht habe, um zu wissen, ob er da ist oder nicht), bin ich am Ende meiner Kräfte.



frage ich mich ob du nicht profesionelle Hilfe in Anspruch nehmen solltest.

Gruß Ralf

Zufriedenheit hängt nicht davon ab, wer du bist oder was du hast;
es hängt nur davon ab, was du denkst.


Cellistin Offline



Beiträge: 18

07.01.2011 17:37
#14 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

Danke für die Antworten.

@Ralfi

Ich genieße es im Moment, hier zu schreiben. Dies auch in dem Wissen, ich muss jetzt nicht aufpassen. Es ist einfach etwas heftig gewesen, da ich gleichzeitig an 2 Fronten gekämpft habe. Einerseits wollte ich meiner Freundin beistehen, andererseits auch x; x aber in der Form Hilfe zur Selbsthilfe.

Die Anspannung (hören auf jedes Geräusch etc.) resultierte zunächst aus seinem Klingelterror (alle 10 Minuten, bevorzugt ab nachts 2 Uhr) und dann daraus, dass er 2x gezündelt hat. Hinzu kamen Aktionen, wie die Sachen meiner Freundin aus dem Fenster werfen, Müllberge vor meine Wohnungstür plazieren etc. Das war aber nicht er als Mensch, sondern nur er als alkoholkranker Mensch.

Bzgl. der Wahnvorstellungen: Diese sind ja, vorher abgeschwächt, seit Mittwoch vorhanden. Er war gestern 15.30 Uhr beim Hausarzt, diesen hatte ich in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag angerufen. Allerdings funktionierte bis gestern Abend noch diese Verstandeshilfe, denn der Arzt hat ihn laufen lassen. Und der Arzt ist ein guter Arzt. Er ist auch hier erschienen, x hat ihn aber nicht eingelassen. Er hat dann seine Telefonnummer hinterlassen mit der Maßgabe, dass man ihn auch nachts 3 Uhr anrufen könne; dies habe ich auch getan. Er ist also engagiert und nicht oberflächlich. Seine Erfahrungen im Bereich Alkoholkrankheit kann ich nicht einschätzen.

Erwähnen sollte ich vielleicht noch, dass x nicht nur Pfarrer war, sondern auch Telefonseelsorge gemacht hat und eine psychologische Zusatzausbuldung über ein Jahr absolviert hat. Er kann also sehr gut Menschen manipulieren. Insofern war es (wenn man dies behaupten kann) sogar gut, dass es diese Nacht so schlimm geworden ist.

Ich weiß, dass ich jetzt nach Spekulationen frage, bitte aber dennoch um eine Antwort. Meint Ihr, dass er heute schon wieder normal sein könnte und dann auch entlassen wird? Mir wäre es wichtig zu wissen, dass er nachts nicht kommen kann, ich muss dringend schlafen. Und mal mehr als 1, 2 Stunden. (Ich habe ein Kind im Kindergartenalter, welches glücklicherweise nichts mitbekommen hat, da die Aktionen immer nachts waren. Der Rest konnte hoffentlich erfolgreich vertuscht werden. Aus diesem Grund, also Beschützerinstinkt, war ich auch besonders aufmerksam.)

Im Moment habe ich noch viel zu viel Adrenalin im Körper, um schlafen zu können.


zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 17:45
#15 RE: Wie nun weiter? Zitat · Antworten

DU hast alles getan.

Wenn er jetzt wieder aus dem Krankenhaus rauskommt und Terror macht, dann gibt es eigentlich nur noch eines zu tun: Eine einstweilige Verfügung zu erwirken, dass er Dich nicht mehr belästigt.

Wenn Du weiter "Rücksicht" auf Xsens Befinden nimmst, dann bist Du auf ganz heftigem Wege in eine böse Co-Abhängigkeit.
Jetzt ist es "erstmal" eine Ausnahme - da können die wenigsten sofort rational handeln.
Aber jetzt ist Zeit wieder die Verantwortung zurück zugeben. Immerhin ist er ein - wenn auch kranker - aber erwachsener Mensch. Und wenn er meint, dass er sich selber entlassen kann, dann sollte der Rest ab jetzt auch sein Problem sein.


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